Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 07.09.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270907016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927090701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927090701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-09
- Tag 1927-09-07
-
Monat
1927-09
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 07.09.1927
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Ar. 420 Seite S — »Dresdner Hochrichten" — r Retchsvvrkührung von Aübenernle- Maschinen. Unser Wirtschaftsleben befindet sich seif einem Jahr« in erfreulichem Aufstieg. Die Arbeitslosigkeit der Jndustrte- arbeiterschafi ist auf ein Viertel der Ziffer deS Vorjahres urückgegangen. Damit ist bereits wieder die Beschaffung er Arbeitskräfte für die Landwirtschaft zu einem Problem ernster Sorge für die matzgebenden Stellen geworden. Schon für die Bergung der Getreide-Ernt« konnte» die Arbeitsämter nur in den seltensten Fällen die angeforderten Arbeitskräfte in ausreichendem Matze ver. Mitteln,' ernste Befürchtungen werden vielfach laut für die Einbringung der Kartoffel- und Zuckerrttben-Ernte. Für die folgenden Jahre ist noch mit einem Wachsen dieser Schwierigkeiten zu rechnen, da selbst die Beschaffung aus ländischer Wanderarbeiter für Rübcnpflege und Rübenernte bei dem durch die Nachwirkung des Krieges bedingten Mangel a» jungem Nachwuchs immer mehr auf Schwierig keiten stoßen wird. Aus diesen Gründen sind alle Bestrebungen zur Mechani- siernng des Zuckerrübenbaues, bei welchem die Handarbeit bislang »och eine überragende Rolle spielt, zu fördern. Im vorigen F»hrc wurde vom ReichSanSschutz zur Entwicklung wirtschaftlicher Zuckerrüben - Erntemethoden in einer An zahl Prüfungen sestgestellt, datz es verschiedene mechanische Zuckerrllben-Ernteverfahren gibt, welche unter mittleren Ber- bültnissen brauchbare Arbeit leisten. Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat sich daher entschlossen, der Landwirtschaft von den Fortschritten der technischen Ent- Wicklung, welche in den letzten Jahren auf diesem Gebiete gemacht worden sind, Kenntnis zu geben. Man will damit einem Rückgang des Zuckerrübenanbaues, welcher ohne Lösung der Arbeitsfrage unvermeidbar wäre, vorausschauend entgegenwirken. Im Laufe dieses Herbstes, von Ende September bis An fang November werden in den rübenbauenden Teilen Sachsens insgesamt fünf Vorführungen von Rübenernte maschinen abgehalten. Es sind zwei Kolonnen vorgesehen, von denen die eine Kolonne, die drei Vorführungen abliilt. mit folgenden Maschinen ausgerüstet ist: der Maschine der Firma SicderSleben, der Maschine von „ Knsfer. dem Pommritzer Erntegerät, sowie der S^'''"''"-''admaschine System Doering. Die andere Kolonne, die zwei Bor- sührungen abhält, ist mit der Maschine von Walter u. Kuffer fowie dem Pommritzer Erntegerät ausgerüstet. Die Kolonnen reisen auf Lastwagen von einem VorführungSort zum andern. Die Vorbereitung und Durchführung dieser Vor führungen hat die Versuchsanstalt für Landarbeitslehre, Pommritz, übernommen. Die einzelnen Betriebe, in denen die Vorführungen stattfinden, sind je »ach der Stärke des Rübenbaues in den betreffenden Kreisen und den jeweiligen Verkehrsverhältnissen entsprechend so ausgewählt, datz es jedem Landwirt leicht möglich ist, ohne großen Zeitverlust die Vorführungen zu besuchen. Nähere Angaben über Zeit und Ort der einzelnen Vor führungen werden Ende September bekanntgegeben. ES soll bei diesen Vorführungen in keiner Weise etwa eine Reklame für die eine oder andere RUbenerntemaschine gemacht werden, vielmehr soll durch die Demonstrationen den einzelnen Landwirten die Möglichkeit gegeben werden, sich selbst ein Bild über die Zweckmäßigkeit der verschiedenen Verfahren unter den in Frage kommenden Bodenverhält nissen zu machen. Es darf erfreulicherweise festgestellt werden, datz überall, sowohl bei Organisationen, Zuckerfabriken, wie bei den Landwirten, die Vorführungen die bereitwilligste Unterstützung finden. Ist sich doch sowohl die Landwirtschaft wie die Zuckerindustrie darüber klar, welch große Vorteile an sich eine mechanisierte Rübenernte, sofern sie brauchbare Arbeit leistet, haben würde. Man braucht nur an die Be schleunigung der Ernte und das dadurch ermöglichte längere Wachsenlassen der Rüben mit seinem Gewinn an Ertrag und Zuckergehalt usw. zu denken. Die erste Vorführung für Mittel- und Ostsachseu findet am 23. September in Pommritz statt. — DaS Königshos-Thcater wartet im September mit einer sehr gefälligen Revue auf: „Sag's weiter". Den Text, wie die melodienreiche, ansprechende Musik schrieb Harrn Waldau. AlS Hauptstütze der leichtgefügten Handlung ist Grete Gallus, mit ihrer Mädchentruppe aus Süd amerika zurück, gewonnen worden. Neben sie treten Else Evers iMetropoltheater, Berlin), deren zwitscherndes, launiges Sviel eS ganz begreiflich macht, datz sie am Schluß den Erwählten kriegt, ferner Erni Bert, (Wallner- Theater, Berlin), deren kunstvolle Tänze sogar dem Buddha das Herz erwärmen, und die Herren Walter Günther (Operettenhaus Hamburg), der zugleich alS Spielleiter z''chnet, Will» Karn lNelson-Theater. Berlin), und Conrad Menerhoff sVolksoper Berlin!. Auch ihnen stehen Humor, Sviellaune und gepflegte Singstimme mit bestem Erfolg zu Gebote. Gesteigerte Aufmerksamkeit finden auch die Liliputaner Elli und Robert Baum, die gereiftes Können in ihren kinderhaften Körpern und Sümmchen zeigen Die zu einer Revue gehörigen Massenszenen liefern die leichtfüßigen und leichtverpackten GalluS-GirlS, Mtkvoch. 7. September 1927 Was bringen die Kinos? Eapitvl (Prager Stratze »1). Datz ein so prtckelnd.r«tz. voller Stofs, wie er in Earl Sternheim«: »Die Hose verarbeitet morden ist. nicht schon längst der Bersilmung an- heimgefallen ist, mutz eigentlich wunbernehmen. Run aber hat die pikante Geschichte von dem verlorenen Damenhvschen, das gleich in drei Männerherze» die Liebe entfacht, in Franz Schulz ihren Filmtextverfasser und in HanS Behrendt einen sehr geschickten Regisseur gefunden, und so können sich nunmehr auch alle Kinvsreunde an der Verschämtheit der kleinen Frau Kanzleisekretär Maske und ihren au« der Hö». chenkatastrophe erwachsenden kleinen Liebesabenteuern er bauen. Wenn auch mancher feinere Zug de« Original« aus der weißen Leinwand verwischt worben ist, so haben doch anderseits Manuskriptverfasser und Regisseur auch mancherlei hinzuerfunden, daö gar nicht Übel wirkt und die Spannung aufrechterhält. Geblieben ist der stark satirische Einschlag, mit dem schon Sternheim gewissen Subalternbeamten zu Leibe geht, d. h. ihrem dünkelhaften Herrentum nach unten und der kriechenden Unterwürfigkeit nach oben. Wie Werner Krauß gerade diese Seite seine» Kanzleisekretärs Theobald Maske in der Charakterzeichnung hcrvorkehrt, ist so einzig in seiner Art. datz sich schon um dieser schauspielerischen Meisterleistung willen ein Besuch im Capitol lohnt. Ganz hervorragend gestaltet aber auch Jenny Jugo die Roll« der kleinen, lieben Verlustträgerin der Unaussprechlichen aus. Ihre schönen, unschuldsvollen Augen söhnen den Zuschauer selbst mit ihrem Fehltritt au», der ja nichts anderes bedeutet als den kurzen nächtlichen Flugversuch eine« eingesperrten VögleinS aus dem allzu engen Käfig hinan» in die goldig schimmernde Freiheit. Olga Limburg al» die moderne Frau Marthe Schwcrdtlein sdie nachbarliche GelegenheitS- macherin) und Christian Bummerstaebt als ber elegante Faust auf dem Fürstenthrone bieten ebenfalls Vortreffliche», während Rudolf Forster als der Mephisto des Stücke» sder Philosoph und Hofnarr Scarron), und Beit Harlan iFriseurgehilse) mehr schlecht als recht ihre Rollen auSsüllen. Das volle HauS amüsierte sich am ersten BorführungSabend sichtlich über das verlorene Frauenhöschen und den daraus folgenden Skandal in einer kleinen Residenz. Nicht minder aber gefielen auch die ausgezeichnete Ausführung der „Fleder- maus"-Ouvertüre sKapellmeister W. Wilke), die schönen Naturaufnahme» „aus dem Lande Don Quichottes" und die reichhaltig« Deulig-Woche. » Zentrum-Lichtspiele sSeestratze 18). Wenn ein Film „Männer vor der Ehe" heißt, so weitz man im voraus, daß nicht gerade ein Moralkodex vor einem aufgeschlagen werden soll. Aber man ahnt kaum, datz man «ln ganz reizendes Film l u st s p i e l zu sehen bekommt, da» feine heiteren Wirkungen wett mehr mit seinen als mit derben Mitteln erzielt. Selbstverständlich sind die vier Junggesellen, von denen das Stück in Bildern erzählt, keine Engel: zwei von ihnen, der „unerschütterliche" und ber „leichtsinnige" Junggeselle, sind sogar mehr Ekel als Engel. Aber die beiden anderen, ber »reiche" und ber „arme" Junggeselle, sind bei aller überschäumenden Lebenslust doch grunbgute Menschen, die auch tieferer Gefühle fähig sind, und daher auch, als sie die richtige, ehrbare Evastochter gefunden haben, mit ihr in den friedsamen Hafen der Ehe einfahren. Constantin I. David, der Regisseur des Films, hat glänzende Einfälle gehabt, nicht minder auch die Verfasser der meist recht witzigen Zwischentexte, A. Zelsler und V. Abel. Eine prächtige Augenweide für alle Männer, gleichviel, ob vor oder in der I«h« stehend, dletet die lange Reihe bildhübscher Dar. ktellerlnnen, die die mehr ober weuiger hin und her flackern, den Flammen ber vier Junggesellen mtmen. Unter ihnen besinden sich Namen wie Eva Held. Grete Schmidt, Han ni Weitz«, Hilde Maross; ganz ungeteilte Sym. vathten aber gehören vor allem der schönen, ernsten Nina Vanna und dem entzückend echt verkörperten niedlichen Backfisch de» Lustspiel«, Kät« v. Naay. Dieser weiblichen DchönheitSgalerie stehen al» deren Bewunderer die erprob, testen männlichen Kilmschiverenöter, wie Curt Vesper, mann, Jujtus Falken st «in. Charles Lincoln und Anton Pointner gegenüber. Sie alle sorgen für beste Lustspielstlmmuna unter glücklicher Vermeidung aller bur. le«ken Uebertreivungen. — Im Nebenprvgramm: die n.ue Opel-Wochenschau, ein sehenswerter Gpvrtsilm .ist vielen Zritlupen-Aufnahmen: »Die Schnellen und Starken", und ein sehr lustiger Trickfilm mit origi. nellen Einfällen. » Olympia - Theater. Wen» Menschen reis zur Liebe werden. Warum diese Uebcrschrist? Wtlbrnbrnchs Drama »Die Haubenlerche" braucht im Film doch wahrlich nicht unter falscher Flagge zu segeln, zumal dann, wenn dar Filmwerk vorzüglich und woblgclungen ist. Nicht» Gesuchter ist in ihm. Schlicht, natürlich verläuft die Handlung, die Max Jnngk zu einem wirklichen Idyll gestaltet hat. Lene Schwalenbach, da» einfache Arbeiterkind, eine Waise, sür die ihrem Versprechen gemäß alle Arbeiter der Langenthalschen Fabrik in rügender Treu« sorgen, kommt nach bestandenem Lehrerinneneramen zurück in» Fabrikborf. Hier lebt sie bei der Großmutter, umhegt von rührender Liebe. Diese erwacht in dem jungen, unberührten Herzen, als sie den Fabrikhcrrn kennenlernt, ber ihr in offener, gerader Wesensart entgegen, tritt. Auch in seiner Brust regt sich die Empfindung für da» frische Naturkind. Mancherlei Hindernisse stellen sich in den Weg. Der jünger« Bruder, ein Lebemann, heimgeholt, damii er arbeiten lerne, türmt diese durch sein unbesonnenes Handeln auf. Bis schließlich nach stürmischer Nacht in ihm die Erkenntnis dämmert. Er hält Einkehr bei sich, gelobt Besserung und führt die sich im stillen Liebenden zusammen. Begeistert jubeln dem Brautpaare die Arbeiter zu. Die» isi in Kürze der Inhalt. So einfach er isi. so geschickt ist die Handlung aufgebaut. Regie und Produktionsleistung haben sich vereint zu eindrucksvollem Schassen. Entzückend sind die Bilder gestellt. Unter ihnen sind auch eine Reihe ganz her- vorragender Landschaftsaufnahmen. Sie werden belebt durch da» feinsinnige Sviel der Darsteller. Evelyne Holt stellt eine Lene aus die Breiter, die man liebgewinnen mutz. Des. leichen geben Henry Stuart und Egon von Jordan alS irüderpaar ihr bestes Können. Daneben mutz man seine Freude haben an den Charaktertypen Sophie PagyS (Groß, mutter), Hugo DöblinS (Lumpensammler) und Fritz K a m. perS (Werksührer Eichinger). Der Film will wertvolle« deutsches Litrraturgut dem Volke nahe bringen. Er hat es voll erreicht. Recht so! Mehr solcher Filme! » Fürftenhos-Lichtspiele. Datz der von südlicher Glut durch, pulste Film „Valencia, schönste aller Rosen" ver- längert werben würbe, war nach dem riesigen Erfolge der vergangenen Woche vorauszusehen, denn Aufbau und Ver lauf der Handlung ist raffiniert bis dahinaus und bi» zum Schluß fesselnd, nicht zum wenigsten Dank ber Gestaltung«, kraft der Dalbaicin und Dorothea Wieck. Valencia ist jeden- falls ber kassenfüllenbe Publikumsfilm. einstudiert von Elln Noriac, (Grande Ovsra. Pari»), Besonders reizvoll sind sie im Blütenballett und bei den koreanischen Tempeltänzen. Unter der sorgsamen Stabführung des Kapellmeisters Georg Vaick (Komische Over Berlin!, rauschen (oder plätschern) durch dreißig Bilder allabendlich des Meeres und der Liebe Dauerwellen, unterbrochen durch ein Svikensolo „Donauwellen getanzt von Mosel Kath. DaS Hau» wieS schon an den ersten Abenden außergewöhnlich guten Besuch auf. Nachdem Auge und Ohr so reichlich mit Genüssen versehen waren — auch der Magen braucht nicht zu darben —, durften die Hände den Beifall nicht schuldig bleiben. Also sag's weiter! — Herbftblnmenscha». Die 1. BezirkSgrup»« de« SrelSverbandev Dresden der Garten» und Schrebervereine, e. V., ver anstaltet nächsten Lonnabcnd, ab 5 Ubr nachm., im Gasthos zu Ali» Kadttz eine Dahlien-, Rosen- und Herbstblumenschau zugunsten ihrer Jugendpflege. Tie Dahlienzlichterei' Reichel au« Kötzschen- broda, die Rosen- uud Landschaftsgärtnerei Hcckmann au» Stetzsch und Schrebergärtner au« den 18 Vereinen der 4. Bezirksgruppe werden eine Uebersülle von Blumen (mit RamenStaselnj auSstellcn. Bon 8 bis 10 Uhr große musikalische Unterhaltung und Kinderausführun- gen der Gartenkolonien Rudolvhia. HubertuS, Elbtal und Seewiesen (bei günstiger Witterung im Gartenlokal!. Abend» Verkauf der Blumen und Basen zugunsten der Jugendpflege. — Sin« Dahlieuschau veranstaltet von Freitag bi« Montag in den Räumen des Faunpalastes „Stadt Leipzig", Leipziger Straße, der aus gemelnnütziger Grundlage aufgebaute Gchrebergartenoeretn „ErholungSvel m", e. B., Sanonenftraße. Der Natu» und Blumenfreund wird erstaunt und erfreut sein über die Reichhaltig keit und Farbenpracht ber hier gezeigten lieblichen Snollenblumen, dt« lediglich Eigenerzeugnisse ber etwa E Kleingärtner dieser Kolonie sind. Beginn wochentags 2 Uhr, Sonntag 10 Uhr vormittags. — Der verband dentlche« Zither-Berein«, dem auch einig« hiesig« Vereine angeboren, hält vom 10. bis 1». September seinen die», jährigen Kongreß, verbunden mit der bvsäbrigen Jubelfeier In Berlin ab. Den Höhepunkt bildet eln großes Festkonzert tn der Berliner Sing-Akademie unter Mitwirkung bedeutender Solisten. E n guter Deutscher „a..,, leine franMchen Waren, so lange die Rheinlands besehl sind. 8 rl«r 0«ul»eF« <)uSlI<Sl»A,»gsn Hrtkur ^»«>«7» L Lo. § O «utomvdiie- u. ll«p,r»run»»tkii»ii « ollkSokä-ä., Sauüner Sie. N. 7,1. b»44S S sehen: auch wer eigentlich Interesse dafür hätte, nimmt ohne besonderen Anstoß kaum die Gelegenheit dazu wahr. Wie wenige Dresdner ahnen, welche Kostbarkeiten das Japanische Palais birgt! Deshalb seien jene Leser der „Dresdner Nach richten". die vielleicht noch eine Reise nach dem Süden vor sich haben, nachdrücklich aus eine Ausstellung hingewiesen, die unter dem bescheidenen Namen „zurGeschichteder beut- scheu Schrift" gegenwärtig im Fürstensaal der Bayrischen Staatsbibliothek dargeboien wird. Im Anfänge des 19. Jahrhunderts sind bei ber Ein verleibung zahlreicher fremder Gebiete in das zum Königreich erhobene Bayern wie durch die Aushebung der Klöster und selbständigen geistlichen Herrschasien literarische Schätze nach München zusammcngeströmi, wie man sie sonst nur an ganz wenig Orten in der Welt findet. Nus ihnen ist unter Leitung des Univcrsitäisprofessvrs und Biblioihekdirektors Dr. Georg Leidinger eine Auslese zusammengestelli worben, die nicht, wie o viele andere Sehenswürdigkeiten hier und anderwärts durch hre Massenhafügkeit erdrückt, um so mehr aber durch die hohe Qualität und Einzigartigkeit des Dargebotenen anzieht. Der nächste Zweck der Ausstellung ist, zu zeigen, waS der bekannte Streit um deutsche oder lateinische Schrift eigentlich bedeutet: sie bietet aber außerordentlich viel mehr. Zunächst werden durch eine Reihe von Handschriften aus dem 7. und 8. Jahrhundert die beiden Wurzeln klargelegt, aus denen alle spätere Schrisientwicklung der abendländischen Welt erwachsen ist. Neben der unmittelbar an die antiken Inschriften an- knüpsendcn Großbuchstaben-iMasuskel-sSchrift Hai das prak tische Bedürfnis eine geläufiger skursiver) auSzusührenbe Schrift in kleinen (Minuskel-sBuchstaben entstehen lassen. Die Majuskeln zeigen uns — übrigens schon tn der abgewandelten Form der Unziale — gleich die älteste Hand schrift der Bibliothek, das sogenannte Zrevisrium ^Isricisnum, ein aus Anordnung deS WestgoienkvntgS Alarich II. her- gestellter Auszug aus einem römischen Rechtsbuche. Gegen die in den folgenden Jahrhunderten einreihrnde Verwilderung aller Sprache und Schrift wandte sich eine gleich zeitig an verschiedenen Orten einsetzende Reformarbeit, bei der die karolingische Palastschule führte. Bon deren Erzeugnissen sind zwei Evangelien büch er ausgestellt, das eine auf Purpurpergament mit Ggld- und Silberbuchstaben geschrieben, das andere der sogenannte coclex sureus, der durch eine vor. zügliche Kaksimileausgabe allgemeiner bekannt geworden ist. Diese „schönste Bilderhandschrift der Karolingerzeit" ist sür Kaiser Karl den Kahlen angefertigt worden, durchaus mit goldenen Nnzialbuchstaben geschrieben und reich verziert mit Randleisten, Initialen und Vollbildern. In der gleichzeitigen Minuskel sind uns die hervor- ragendsten unter den wenigen erhaltenen Denkmälern der alt hochdeutschen Literatur ausbewahrt, und zwar ist sowohl daS berühmte Wessobrunner Gebet wie auch da» Gedicht vom Wettende: MuSpilli allein in dem ausgestellten Münchner Exemplar überliefert. Dabei sind für Muspillt in gleicher Weise wie sür die Münchner Handschrift der nieder sächsischen Messtade Heliand persönliche Beziehungen zu Ludwig dem Deutschen nachweisbar, der ja lange in RegenS- burg residiert hat. Handelt eS sich bis in die Karolingerzett auSschltetzltch um sogenannte lateinische lAntiqua-sSchrtft, so setzt vom 10. Jahr hundert ab — unverkennbar im Zusammenhang« mit ber Architektur — eine zunehmende Neigung zur Brechung <Fraktur) der Buchstaben ein. und um 1399 finden wir bi« „gotksche" Schrift voll entwickelt. In ihr sind uns die Meisterwerke der mittelhochdeutschen Literatur überliefert. Zwei Handschriften des Nibelungenliedes, drei von „Parzisal", Gottfrieds „T r t st a n", der „Schwaben spiegel" u. a. m. bezeugen den hohen Stand der Gchreibkunst im 19. bis 15. Jahrhundert. Vergegenwärtigt man sich dazu, daß tn der deutschen Kaiserzeit das Gebiet ber germanisch romanischen Völker eine kulturelle Einheit bildete, wie nie zu vor oder nachher, so überrascht e» nicht, baß auch die gotisch« Schrift keineswegs eine deutsche Besonderheit war, sondern die allgemein« Weltschrift deS Abendlandes. DaS bezeugen die ausgestellten Handschriften aus Italien, Frankreich usw. Selbst lateinische Text« wurden Im hohen und späten Mittelalter mit gotischen Buchstaben geschrieben. Unter diesen Umständen ergab es sich naturgemäß, datz auch Gutenberg für seine Druckedie gotische Schriftform über nahm. Die ersten, sogenannten Wtegen-Druck« — aus Pergament — unterscheiden sich äußerlich kaum von Hand» schritten, zumal die Initialen noch mit der Hand gemalt sind. DaS prächtigste Erzeugnis dieser UebergangSzeit ist das be- kannte Gebetbuch de» Kaiser» Maximilian, nur in wenigen Stücken auf Pergament gedruckt. Das Münchner Exemplar hat seinen besonderen Wert tn den zarten eigen- änbtgen Randzetchnungen von Dürer und Eranach. neben enen der wundervolle Druck leicht nicht genügend beachtet wird. DaS Werk gehört zu den Stücken der Ausstellung, die sonst zu ihrer Schonung den Besuchern der Bibliothek über haupt nicht gezeigt werden. Nur beiläufig sei erwähnt, datz die Betrachtung aller ber erwähnten Seltenheiten gleichzeitig rin höchst interessante» Bild von der Entwicklung ber Buch- maleret gibt, von den einfachsten, unbeholfenen Versuchen bi« zur Meisterschaft eine» Albrecht Dürer. Die vorgesührten Eiublattdrucke und Streit- schrtften aus der Reformationvzett lassen deutlich erkennen, wie sich die gotische Schrift mit dem Holzschnitt »« einer sonst nicht erreichbaren künstlerischen Einheit zusammen, findet. Wie zäh aber gegenüber dem Vordringen des Drucke» die Handschrift alS daS Vornehmere ihre Stellung behauptete, zeigt deutlich ein 1559 in Augsburg hergcstellieS Werk des Han« Jakob Fugger. Dieser hat seinen „Spiegel derThren de» Hauses Oesterreich" in zwei Foliobänben noch mit der Hand auf Papier schreiben lassen: ein Gegenstück zu den Drucken aus Pergament. Bon den Humanisten war inzwischen die Antiqua schrift gewissermaßen neu entdeckt worben. Zwar stammte kaum eine der von ihnen an» Licht gezogenen Klassikerhand« riften wirklich au» der Antike. Doch waren sie meist in der önen karolingischen Minuskel deS 9. und 19. Jahrhundert« geschrieben. So ergab sich ungezwungen ber Gedanke. klas> sische Texte nun auch wieder im stilgerechten Gewände der Antiqua wieberzugeben. Unter solchem Einfluß erfuhr auch die gotische Schrift eine Abschwächung ihrer Eigenart zur so- genannten Rotunda, die sich eng mit der Schwabacher berührt. Beide stehen unserer heutigen Fraktur schon recht nahe und erlangten zunächst noch einmal allgemeine Welt- bedeutung. Wie sich dann von ihnen aus die Mehrzahl der europäischen Völker und in gewissen Grenzen auch da» deutsche wieder der Antiqua zuwandte, kann jeder am besten selbst an den schönen Drucken deS 17. und 18. Jahrhunderts verfolgen. Die Gchriftentwicklnna wirb uns vorgcsührt bis herab zum bewußten Aufgreifen der alten schönen Vuchstabensormen und zur Erneuerung auch der farbigen Schrift in unseren Tagen. Beiläufig sei hier daran erinnert, datz die großen englischen und französischen Zeitungen noch heute ihre Namen unbedenk lich In ber „veralteten" Fraktur drucken. Wer tn diesem regenreichen Jahre einmal tn München ei« Stündchen unterzubringen hat, lenke seine Schritte tn den Renatssancepalast neben der LudwigSktrche: Besucher auch ohne etgentltch Itterarlsch-gravhischeS Interesse werden sich reich be lohnt finden, sei e» auch nur durch den Anblick ber wunder- vollen Drucke und Miniaturen, der Dürerschen Holzschnitte und Zeichnungen. Und Bücher z» sehen, auf denen die Blicke eine» GotenkvnIgS. zweier Enkel Karl» deS Großen oder Mari- nitlian« de» „letzten Ritter»", oft geruht haben, bedeutet doch eine unmittelbar« Berührung mit der deutschen Geschichte, die gerade heut« jeden nicht ganz Gefühllosen nicht nur zur Ehr furcht stimmen mutz, sondern auch vaterländischen Stolz und Zuversicht zu stärken geeignet ist. ff. ff.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)