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Dresdner Nachrichten : 12.03.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192203124
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19220312
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19220312
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-03
- Tag 1922-03-12
-
Monat
1922-03
-
Jahr
1922
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 12.03.1922
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Des Engels Stimme. Äu» dem ÜXusstschrn von Pfarrer Dr. 2(a«ft. Ein Engel flog nächten» durch» Atmmelezelt — <3elu tZlugeu füllte dt» schlummernd« 'Welt. Bl« Wolken, dl- Stern», der Ivlond so schön. Sie horten da» heilige Lobgetöu. Er sang von dem Glück der sündlvsen Geister, Er saug von Gott, dem erhabenen Mteister. Ein» FLlndee fiele hielt er im Ärm, 'Bestimmt für der Erd» Leid und Harm. Ba» Lied de» Engel«, dem Ghrr verklungen, War tles in de» -5-lude» Seel« gedrungen. So trägt sie nun ihr irdische» Lttetd. Doch fühlt sie sich fremd in der Zeitlichkeit. Sie träumt von dem Liede au» Eugelvmnnd, IRnr wird ihr sein klarer Sin» nicht mehr kund. Sie plagt und plagt sich in der Welt, — Eta seltsam Sehnen thr Snnere» schwellt» <J>» de» Leben» trauriger ^Melodie Verstummen die himmlischen -klänge uir. Kriegserinnerungen söchs. Truppenteile Die Teilnahme -es 4. Kgl. «ächs. Feld-Arltllerie- Regimenls 48 an der Ersltirmun- des Berges von La Dille aux Bois. 1V. M«r., liilk. Von Tr. Gerhard Elterich. Oberleuinant d. Res. a. D. »Zur Abwehr eines drohenden feindlichen Angriffes", so lautete das Eingangswort des tciltischen Befehls, der intter dem Deckwort „Frühlingsanfang" der Artillerie des SlellungSabschnittes der 23. Infanterie-Division 'Anfang Mär; 1010 gegeben wurde. Tic Kampftage dcinete zwar rkicht ans ein grüneres feindliches Unternehmen hin, wie etwa zurzeit der Fosfrcscyen Scptcmbcrofferisine im Jahre suvor. Dessen ungeachtet wurde,-, die in ihren Stellungen längs der Straße Juvincvur> —Evrbenn stehenden vier Balterien des 1. Kgl. Sachs. Feid-Art.-stigis. ,18 «4., 6., 3., 2.) -- die ä. nnd 1. waren auf dem linken und rechten Ringel — und die gleichfalls dem Regiment«: untersiellic Batterie -177 s-Führer Oberleutnant Miillerl und der Zug Hs 'irich IV. Zentimeter-illingkanviien sFührcr Leutnant Thallwitz, durch Einschiebe» von drei Verstärknngsbatterien an Zahl 7ast verdoppelt. Das Einsetzen weiterer Feldbaitcrien auf dem rechten und linken Flügel, sowie schivcrer Artillerie, das Anfahren gewaltiger Munition sincrigen, wobei bei den Fzckdbatterien das erste Mal die Tckußzahl Tausende über schritt, sowie der angeordneie rasche Ausbau der Fernsprech verbindungen licsten valo keinen Zweiscl mehr darüber, dast auf unserer Seite ein Vorstoß aeplanr lvar. Tie Be- sehlsvcrhältnisse wurden durch Eimchiebcn mehrerer Unter gruppen neu gereaclt, und nun blieb es dem Untcrsübrer bald nicht mehr geheim, dast das Ziel der Division die Er stürmung des Berges von La Bitte aux Bois war, wovon zwar vorwitzige „Latrinen" im Prvtzenanartier lange schon zu munkeln wiistten. Der Berg von La Bille aux Bois — eine kleine kaum IM Meter über dein Meeresspiegel sich erhebende, früher bewaldete, senk stark gelichtete Doppelkuope in Ausdehnung etwa eines Quadratkilometers — war dem Kommando dcS 12. Armeekorps schon längst als äußerst günstiger Arnllcrie- bevbachtungsposten des Leindes ein Dorn im Auge. Das Schützenrcgiment Nr. 108 und das 2. Grenadierrcaiment Nr. 101 erhielien daher den ittefehl. am 10. März ISIS den Bera nach ans-ttebiaer Artttterievorbcrcitung zu nehmen " nnd ihn. sowie das südöstlich davon gelegene Waldstück .zu besetzen. Wenige Tage nur hatten die Batterien Zeit. sich unauf fällig mir Bevbachlnna ans vorderster Linie und unter Zu hilfenahme deS im Abschnitt der Division befindlichen vor- Sügksth geleitcren McsttrnvvS aus die Ziele der im einzelnen vorgesehenen Kampfabschnitte einzinchießen. Unermüdlich war Hanptmann d. Res. Arndt als Artillcrieverbindnngs- osfizicr beim AbichnittSkommandenr in der Hcnenhöhle mir -en ihm zuaeicktten Beobachrcrn tätig, die neueingese "ten Batterien und die StellunaSbatterien aut wichtige Ziel- punkte, Maschinengewehre, Minenwerfer. Betvnstände der Beobachttinasposten mit direkter Beobachtung für das Wirkungsschießen einzusclfießcn. Die Vorbereitungen drängten sich infolge schlechter Sichtverhättuisse» der Lchioierigkeiten beim Ausbau deS FernsplechlictzeS und der uilgeivvhnten Gesamtarbeitc» linuptsächlich auf den Vortag des StnrmcS zusammen. Und was muhte nicht alles noch bedacht sein! Hast den ganzen Tag über war Fcuertatkgkelt zu erwarten. Hielten das unsere alten Bohle ans? Und die Geschützbedienung? Was würde der Feind tunWürde er das Heuer kräftig erwidern? Wie svlire sich der Unter führer und zwar jeder einzeln« weiteisiliden. wenn die Be- sehlsübermittclung versagte? Was tun. wenn der Feind mich? Würden wir folgen? Wie sollten wir über das Grabengewirr des Stellungsshstems komme»? Wie kam die genügende Mi'nitionse'gänznng heran? — Das alles wurde an der Hand der Richtlinien des Arlillerlebriaadc-Komman- dcnrs in den unteren Stäbe» und von de» Battericssthrern mit ihren Ossizieren gewissenhaft durwaachi nnd beraten. Und am Abend, als wider Erwarten dichter Schnee gefallen war. weicher, nasser Märzschnee, war alles voller Zuver sicht: „Eö wird schon klappen!" Der Morgen des 10. März brachte fast undurchdring lichen Nebel. Die Beobachter konnten die Infanterie Stellungen kaum erkennen. 7,30 Uhr vormittags begann planmäßig das Wirkungsschießen. Tie Granaten der Haubitzen und Kanonen richteten im Verein mit den Ge schossen der schweren Artillerie in der stark ausgcbauten Stellung deS Feindes große Verwüstung »n. Ais der Nebel wich, lag die Stellung am Hange des Berges in undurch dringlichen Pulverdamps gehüüt Das Krachen der bersten den Mine», das Zischen und Sausen der Geschosse und das Dröhnen der Einschläge verdichtete sich zu einem an- und ab- schwellendcn chaotischen Getöse. Sv ging cs stundenlang. Die heißen Rohre wurden durch Auflegen nasser Lappen ge kühlt: trotz Schnee nnd Feuchtie>-st arbeitete die Bedienung ln Hemdürmeln. Und der Feind anlwortctc nur schwach; ab und zu bellten in sich überhastenden Feuerüberfällcn die französischen Feldgeschütze. Einige Minenwerfer waren noch in blind wütender Tätigkeit. Sie zu bekämpfen, war Leutnanl Alexander Bracht in einen BeobachtnngSstand in vorderster Linie geeilt. Eben noch hatte er Hauptmann Arndt den noch unbekämpsten feindlichen Minenwerfer ge zeigt, als er kurz daraus durch den Luftdruck einer in der Nähe planenden Mine in die Luft geschleudert und zerrissen wurde. Allmählich »«'schoß der Feind auch mit stärkerem Feuer das unmittelbare Hintergelände, nm die Vordere! tungen zuin Sturm zu stören. Unablässig trachten nun die feindlichen Granaten in dem durch den Schnecsall und den starken Verkehr schlammig gewordenen Waidbvden, vor nehmlich um die Wasserburg herum. 3,80 Uhr nachmittags begann der Sturm. Die Batterien verlegten planmäßig das Feuer vorwärts. Kampsesfrendlg stürmten die Schützen und Grenadiere den Berg hinan lind in den Waid hinein, ivo schon die Granaten der Artillerie so gute Arbeit geleistet hatten. Und mit ihnen gingen die Leutnants Dietrich und Frö.'ich je mit einem Trupp schnei digcr Fernsprecher vor, um von der im Sturm erreichten Linie das Feuer weiterlcnicn zu können. Einige von der stürmenden Truppe überraschte Franzosen, die sich in den Resten der zertrümmerten Unterstünde hielten, leisteten schwachen Widerstand. Vielfach kamen sie mil verängstigtem Gesiäu und erhobenen Händen den Stürmenden entgegen. Da und dort leisteten noch ein Maschineiwewehrtrupp »ud eine Mincnwerferbedicnung energischen Widerstand. Mit verbissenem Gesicht be-wcmte sich manch tapferer Proveuxale in die Schmach der Gefangenschaft. Arg verdutzt war ein Trainkutscher, der samt Mauleseln und Wagen, auf einer Fahrt in vorderste Linie begriffen, in die Gcfangcnschasr ge riet. Der Transport der erschrecktest Vierfüßler durch das Granatscuer im Deckungsgraben war eine schwierige nnd zugleich humorvolle Aufgabe. Schulter a» Schulter mir den Schützen ainaeu die Fernsprecher. Gefreiter Greis und Frei williger Leon, voran, bis zur feindwärts gelegenen Kuppe, der nachmaligen Köniashöhe, vor, wo eine Beobachtungs stelle eingerichtet wurde, da von dort aus sich ein Ausblick aus das bisher dem Blicke ständig verborgene Pontavert bot. Nicht Zeit gab es, jetzt sich umzusebc», wo bisher der Franzose gehaust nnd wohin mit Falkcnangen der Be obachter von La Ville aux Bois und vom Bcobachtungs- oder Avtcilnngöwäldchcn aus monate-, ja säst jahrelang er kundend geschaur hatte. Fetzt galt es. das Feuer der Batterien weiter nor- zulegen. da die Jnsan-terie den Angriff weit über das Ziel hin-ans getragen halte. Munkelte doch sogar ani Abend ein Gerücht davon, daß einige Vorwitzige bis nach Pontaverr rorgedrungen ir'en und möglicherweise dort abaeichnitten würden. 6.30 Uhr nachmittags konnte die Gcfechlslettung mit den Verbindungsoffizieren in vorderster Linie, in neu- croberkem Waldgelände, durch den Draht sprechen. Das war die Tat wackerer Fernsprecher der 2. und 4. Batterie. Nun brauchten die auch zu Fuß hurtigen Husaren des Husaren- Rcgiinenis 2». die den Beobachte, n zugclcilt waren, nutzt l'ede Meldung mehr zu tragen. Erß nach u Uhr abends ver. stumntte allmählich das Feuer der Batterie» — nach einem ersvlgreicheu Tage, der bewiese» hatte, daß auch in dem Slelllingsdivisiviicn der oit als „schlafendes Heer" be krittelten 7. Armee der alte Angriffsgeist noch wach war und k: ae ist er l frisch ausslaclerie, wenn ein Angriss besohlen war. Und zäl, hat die Division den La Biller Berg trotz heftigen Gegenstoßes kurz nach Pfingsten 1010 beyaumei. Er sollte nicht wehr uns in eigenes Gelände mir Fein-eS- äugen -chaucn und den Aufmarsch vorgeschobener geanerischei Feldgeschütze verbergen, die niil schneller Rasanz zun, Acrgec manches Schütze» unerwartet die Gräben flankierend bc strichen. Hellen Zorn konnte der Soldar aus diese ..Brnnin satick" - Artillerie haben. Das drückte sich auch in einem Gespräche aus. üaö einst «ns Posten belauscht wurde. De erzählte ein Schütze dein anderen: „Tu. wenn ich mal später wieder in Paris bin und ircsse einen Franzvien, dev die „Bumm-salich" bei Pvniavcrl bedient Hai, dem haue ich eine runter, auch wenn er sonst ein guicr Kerl ist." Eine Slunde täglich. Bon O. S. Marden*j. Weicher junge Mann Hütte soviel zu lun, baß er nicht eine Stunde im Tag der Sclbstverbrsscrnng und Lclbst- ! bercichcrung widmen könnte? Eine Stunde täglich, nur aus kurze Zeit vorteilhaft angewcndet. würde einen Meirichen ^ von durchschnittlicher Begabung instand setzen, eine ganze ! Wissenschaft zu meistern. Eine Stunde täglich würde m , zehn Jatzren aus einem unwissenden einen wohlunter richteten Mann machen. In einer Stunde tonnte ein junger Mann oder ein junges Mädchen täglich zwanzig Seiten nach deutlich durchlesen — mehr als siebentausend Seiten na Jahre oder achtzehn große Bände. Eine Stunde täglich ' könnte einen unwissenden Mann berühmt, einen wenig taug lichen zum Wohltäter seines Landes machen - ja hat dieS schon geran. Bedeute, welch gewaltige Möglichkeiten i.» den zwei, vier, ja sechs Stunden täglich liegen, die von jungen § Leuten oft in leichtsinnigen Vergnügungen verschwendet werden! Was für ein gewaltiges Werl des Wissens Hai der Philosoph Kant vor der ganzen Well anfgerichlei, indem er die tiefsten Fragen des menschiichen Geistes, die schmierigsten Probleme der Philosophie mir einer Geistesschärfe, Gründ lichtest und Vollständigkeit behandelt und zu einem geival Ligen System ausgcbaut bat wie noch inner ver rhiitt Un geheuer ist die Geistesarbeit, die er in seinen Werten de- wältigt hat. Aber vvn denen, die über seine Leistung A staunen, bedenken wohl die welligste!,, daß das große Ge- 7* heimnis seines Erfolges nicht nur in der Größe seines Geistes, sondern auch im gewissenhaftesten und sparsamsten ^ Gebrauch der Zeit zu suchen ist. Die Stunden deS TageS waren bei ihm so genau geregelt, und seine Entteilnng der Jett wurde vvn ihm so pünktlich eingehalten, daß, wie man sich erzählt, die Einwohner von Königsberg in dem Augen blick, wo er seinen täglichen AuSgang machte, die Uhren nach A seinem Erscheinen regelten. Mo hat je einer den Sieg rin 8 H Lebcnskampi dauongetragcn, der mit der Zeit achtlos um- A I ging? Tie Morgenstunden haben nicht nur Gold im Mund » K — das sagt noch nicht genug. Sie sind um vieles kostbarer? Z als Gold. ^ »» Von den Gewohnheiten, die man in der Jugend annimmt, M erweist sich in späteren Jahren keine so hilfreich wie die. übrige Zeit auf Selbstveredclung zu verwe.iden uno nicht«"5 wcgzuwerfcil. wie andere cs tun Wird diese GewohnheitA H. der Natur des jungen Menschen tief eingeprägt, bevor dieser » x dem Einfluß der Heimat entzogen wird, so wird sie ihn 8 « festigen, seine Kraft stärken und ihn davor bewahren, den ^ ungezählten Versuchungen zu unterliegen, die aus ihn warten, wenn er zum Lcbeiislampf ausrücki. Einer der beklagenswertesten Mängel in den Familien, besonders in den großen Familien, ist die schädliche Gewöhn- 8* heit des Zcitvergeudcns. Gewöhnlich versammele man sich 2, da nach dem Essen im Wohnzimmer und verbringt den j» Abend fast ganz mit Plaudern, das meistens völlig belang ^ ioö ist. Es besteht vielleicht aus fortgesetztem Klatsch, aus albernen Scherzen, ohne eigentlichen Witz, bloßem Gerede, das für die Uebung deS Geistes wenig oder leinen Wert hat. Die einen von den Kindern spielen, andere lesen. In all dem liegt kein Plan. Niemand weiß recht, was tu.« und so raubt man nur einander die Zeit mit törichten Dingen. In wievielcn Familien wird ein Abend nach dem andern aus diese Weise zugevracht. Ni-nnand lernt etwas, mchts Nütz liches kommt zustande. Die Zeit ist buchstäblich ver loren. Nicht einmal bekömmliche Erholung wird erzielt. -7, Mit Genehmigung dcS Verlages aue L C. Morden: „Tat- Geheimnis des Glücks". Verlag von Julius Hvfsmann. Stuttgart. Die Reise. Humoristnche Skizze von Georg Per sich. Der alte Herr wunderte sich, daß ihm statt der Wirt schafterin seine verheiratete Tochter die Tür öffnete, als er LÜends aus dem Geschäft heimkchrte. „Du hier, HedeD' Er gab ihr einen väterlichen Kuß. »Dein Mann auch?" „Nein, Hugo mußte plötzlich verreisen nnd da wollte ich Dir ein wenig Geseiischafl leisten." „Reckst so. Und nun komme ich gerade heute abend sväter als sonst!" „Ich habe mich nicht gelängwcrlt," metrite sie. und half ihm beim Ablegen des UcbcrzicherS. „Dann wirst Du alio mit mir abenbbroten?* „Ja. Frau Schmidt Hai schon für mich mitgedcckt, ob wohl ich eigentlich gar keinen Hunger habe." „Du hast keinen Hunger?" Er schob die von der Woh- nungslust beschlagene Brille hoch nnd sah der Tochter ins Gesicht. „Dir fehlt doch nichts? Kviiimst mir ein bißchen blaß vor, airch Deine Stimme klingt nicht recht frisch. Hast Dich erkältet?" „Aber nur unbedeutend, ganz nnbcdcnlcnd, Väterchen!" Sic nahm feinen Arm und so gingen sie zusammen ins Wohnzimmer. Der Tisch war gedeckt nud Frau Schmidt brachte den Tee. „Das ist wirklich sehr nett, daß io, armer, eimau-.er Klosterbruder heute nicht allein cm meinem Wurstzipfel z« vagen brauche. „Ich habr doch immer für Dich c'orgcn wollen. Papa!" „Herzlich gut gemeint, mein Kind, doch zum Unter- kriechen bei Euch ist's noch Zeit. Ich kann mich non meinem eigenen Heim, tu dein ist, doch auch io viele glückliche Stun den verlebt habe, iwch nicht trennen. Aber leine mclancho- lischen Betrachtungen! Setz' Dich und greise zu! Es sind ja sogar zwei Wurstzipfel da! Frau Schmidt hat sich an gestrengt. Und dann erzähle mir alle Ncuigkclteu, die Tu weißt." Sie strick) ihm »in Brötchen. „Vielen Dank! Ist das Deine Tasche dort auf dem Stuhl? S it wann mackst T« Deine Spaziergänge denn mit einer so großen Hand tasche?" Plch. ich batte allerlei Mtlzunehmerr. Darf ich Dir Tee ettlschelicken, Väterchen?" „Bitte. Aber nur einen Süffel Zucker! Ich trinke nicht mehr so süß und cs ist außerdem billiger." Er lachte und sie stimmte mit ein, aber es war ein gezwungenes Lachen. „Also Hngo hat plötzlich verreisen müssen? Erwartest Tu ihn bald zurück?" Sie goß auch sich Tee ein und ihre Hand zitterte dabei. „Es kann einige Tage, es kann auch länger dauern. So lange will ich bet Dir bleiben." „Nun er wird schon so schnell als möglich wiedcrkommen, Daö Reisen ist ja heute kein Vergnügen. Oder wärest Du doch lieber mit ihm gefahren?" „Nein, nein!" „Sehr vernünftig! Aber nun lang', bitte, auch zu? Du bist doch zu Hause. Und nachher kannst Du mir eine Sonate von Mozart oder Beethoven aus dem Klavier Vorspielen Das Instrument wird so fetten benutz;. Auch für eine Partie Schach bin ich zu haben." „Vermiß! Du mich hin und wieder, Papachen?" „Na ja, die Schmiötcn kann weder Klavier noch Schach spielen." „Ich Härte Dich nicht allein lassen sollen!" „Tn hast Dich verheiratet, da mußtest Du mich allein lassen. Aller jetzt werde ich Dir ein Brötchen streichen und belegen, damit Dn ißt. Glaubst Di», daß Hugo sich freuen würde, wenn er sähe, daß Dich die kurze Trennung von ihm schon um allen Appetit gebracht hat?" „Er sollte sich nur nicht einbilden, daß ich seinetwegen — Und wenn ich am Nordpol und er am Südpol wäre, sollte mir daS Essen schmecken." „Tu denkst wohl an Lachs nnd Bärenschinten? Dar über könnte man freilich inauckes vergessen. Doch da ihr nun beide Euer gemütliches Heim verlassen habt — wer bc wacht cs denn inzwischen?" „DaS ist mir gleichgültig. Ich habe zugeschlossen und bin gegangen." „Aber Du wirst wenigstens vorbcr' in der Wohnung nach dem Reckten gesehen haben, zum B lsptel danach, daß die Gas- und Wisserhöhne fest zugcdrcht sind. Du weißt ja. ich bin in dem Punkte immer ein Licherheitskandidar ge wesen." „Dafür mag Hugo sorgen!" „Hugo —. der auf Reisen ist? Wir wolle» doch lieber morgen mal zusammen in Sure Wohnung gehe» und uns überzeugen. Ich las erst gestern wieder, daß jemand durch Unachtsamkeit beim Schließen des GashalmS in Lebens gefahr geraten ist. und von zerstreuten Leuten, die vor de: Abreise einen Wasserhahn nicht geschlossen und dadurch eine fürchterliche llcberschwemmung angerichtet haben. Aber was hast Du —?" Die junge Frau war autgcstanden. ,F)ch bin auch zerstreut," meinte sie beunruhigt. -,»nd könnte auch etwas versäumt haben " „Bist Du denn in solcher Eile fortgegangen?" „Ja, ich habe nichts überlegt, habe nur rasch mmur Tasche gepackt." „Und warum so eilig?" Sie schwieg. „Weil Dein Mann verreist ist? Nein, weil Lu relsen wolltest, aus einem Stadtteil nach dem anderen — zu mir. Duldete das denn gar keinen Aufschub?" Sie kämpfte mit ihren Tränen. „Er ist ,a schrecklich rechthaberisch!" „Das sind wir Männer ja alle. Und da Iiabr ihr Euch gezankt? lind da meintest Du, es bei diesem rechthaberi schen Menschen nicht länger ausbalten zu können —?" Sic nickte. „Und alS er ins Bureau gegangen war, stelltest Du Dir vor. weich einen heilsamen Schreck es ihm einjagen würdett wenn er nach Hause käme und Dich nich> vorfände?" „Woher weißt Du denn daS alles, Papa?" „Gewisse Dinge pflegen sich im Level! fast im»,er in der selben Weise abzuspielen, weil die Gcdankengängc der handelnden Personen dieselbe» sind. Und als ich die Reise rasche sah, Tein verändertes Wesen bemerkte, habe ich mir gleich den richtigen Vers gemacht." ^ck würde Dir ja alles nachher erzählt haben! D» lalltest nur erst in Ruhe Abendbrot essen, Papa." „Und das werden wir auch in Ruhe zu Ende offen." „Entschuldige mich, aber ick muß sofort nach Hause Du hast mich selbst ängstlich gemacht." Der alte Herr lächelte. Die Korridorglocke hatte angeschlagen. Draußen ein fester Schritt. Die Tür öffnete sich, ein gutmütig auSsehenber Manu stand auf der Schwelle. „Ausreißer!" sagte er und breitete die Arme Sie flog ihm entgegen. — — —
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