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AteWD. 1V. November 192S — Nr. 544 S-Ne S Der Aouvel-Prozetz In Leipzig. -el»»»-. IS. November. >« ö. verhandlungstage amrbe zunächst über die Welh»»ch4Ap«»k,t« de» Rvvvel ßefproche». Rouvel behauptet. daß er alle« gekauft und ae» schenkt erhalte« habe. auch «tu Paket, da« Mandartnen Im Werte von 120 Mark enthielt. Der Vorsitzende verlieft ein« RechnunsSkovie, wonach Rouvel Delikatessen. Pralinen. Süd- frücht« und Wei» im Verte von SöSchö Mark erhalten Hab«. Rouvel behauptet, auch dies« Aachen habe er all, gekauft. Der Vorsitzende bezwetfelt, datz «hm da» au« eigenen Mitteln möglich gewesen sei. Hierauf gelangt et» »eitere, Kall zur Verhandlung. >m 3. September 1V24 wurden abends in der elften Stund« auf dem Hauptbahnhofe Leipzig im V.Zug Leipzig—Köln von der Kolonne Amster. zu der damal« Ru. bin gehörte. Taschenbiebstälile auSgeslthrt. SS wurden in», besondere dem Kaufmann Webrmann eine Brieftasche mit 4L Mark, dem Kaufmann West he im eine Brieftasche mit Inhalt und dem Ingenieur Hagedorn eine Brieftasche mit 18^6 Franken gestohlen. Hierbei wurde Amster von den Bestohlenen abaesaßt und der Krtminalstelle Hauptbahnhos zugeführt. Kühl« nahm dt« Anzeige auf. von ihm und Granbke wurde Amster jedoch wieder entlassen und von Rouvel. der in den nächsten Lagen den wahren Sachverhalt erfuhr, wurde di« Sache so weiter bearbeitet, daß sie lediglich zur Kenntnis an die Staatsanwaltschaft gelangte, obwohl Rouvel wußte, daß e« sich bei Amster um einen Bandendteb handelte. Kühl« erklärt hierzu, er habe gesehen, wie ein uni. formierter Beamter Amster der Wache zusührt«. Er wisse bloß, daß er Amster hätte einliefern müssen. Im übrigen habe der Angeklagte Grimm die Sache beobachtet, Der Angeklagte Rouvel weift nur. daß er ein« Anzeige erhalten habe, aus der er ersehe» konnte, daß Amster sestgenommen worden war. Sr habe sofort gewußt, daß bi« «»zeige friste,« mar. Im Wachbuch der Bahn ho so wache fehlen die Blätter über die Eintragungen während der Zeit vom M, August bi» zum 7. September 1024. Der Angeklagte Rouvel behauptet, diese Blätter müßten von Grimm aus dem Buche entfernt worden sein. ^ ^ ^ Al» nächster Fall wird ein Diebstahl des An geklagten Rubin erörtert. Am 22. Oktober 1024 arbeitete die Diebeskolouue Rubi«. Davidge «ud Grünblatt auf dem Hauptpostamte ln Leipzig, wobei sie von Rouvel, Kühle, Schäfter und Srrbntrk gedeckt wurden. Bei dem Bersuch, dem Kaufmann Rzepkoivttz am Schalter kMO Mark zu entwenden, wurde Rubin gepackt. Zunächst versuchte Schäfter, Rubin zu decken, da er aber zu ungeschickt arbeitet«, griff Rouvel ein, brachte Rubin zur 8. Polizeiwache am Io» banntSplatz und entlieft ihn dort, obwohl er wußte, daß Rubin versucht hatte, «inen Taschendtebstahl a>u»,»führen, ohne An- zeige zu erstatten. Im Anschluß hieran trafen sich Rouvel, Kühle und Schäfter mit Srebntck und den Taschendieben im »Panorama" und »echten -an« im »Prager Bierlunnel" am JoHannisplatze weiter. Der nächste Fall spielt i« Leipziger Operettentheater. Am Abend des 14. Dezember 1924 deckten Granbke und Schäfter di« Kolonne Amster dort nach der Vorstellung. Amster und der Amerikaner Herschltkowttz wurden dabei abgefatzt. Polizei- beamte der v. Wache schritten «in. Als «rändle und Schäfter die» merktrn. übernahmen sie di« angeblich« Weiterverfolgung »er Angelegenheit und entließen die Fcstgenommeue«. ohne Anzeige zu erstatte«. Da sich aber die uniformierten Polizvibeamten nicht bestimmen ließen, eine Anzeig« zu unterlassen, begab sich Rouvel einige Tage daraus zum Poltzelinspektor der 8. Wache und redet« diesem ein, daß die Angelegenheit von ihm weiter behandelt werde. Er dreht« die Lache dann fo. daß e» bei den verdacht- losen Anzeigen blieb. Rouvel erklärt zu diesem Fall, daß kr sich wegen de» Verhalten» Granbke» beim Inspektor der K. Wach« habe entschuldigen wollen. Ein« Anzeige Hab« Grandk« erst geschrieben, nachdem die Verhaftung RouvelS erfolgt war. In der Lat seien zugleich mit der Mitteilung iyrandke» von dem unangenehmen Vorfall drei Anzeigen Über vollendet« Diebstähle einaegangen, darunter eine Anzeige Über den Diebstahl einer Tasche mit 4M Goldmark. Zinn Schluß der Verhandlung Uber diesen Fall kommt es zu erregte« Austritten. Granbke behauptet, man würbe in diesen Tagen von allen Seiten gedrängt und geschoben. Darauf erklärt der Angeklagte Amster: Granbke stellt sich hier hin wie ein kleiner Junge. Ich habe immer gesagt: Machen Sie das nicht. Die kommen ins Gefängnis und sind doch Famtlenvater. Daraus erklärte Granbke: Ich kann nur sagen, daß ich in diesem halben Jahr ein vollständig »tllenlvse» Werkzeug her Verbrecher gewese« hin und getan habe. w«S mir gesagt worden ist. ^ lv«> R,daktlon>lchluß bauern bi» Berbandlunaen no« an.« g«r»raa<1»»ale Taschendiebe ieitgenoinme«. Zu» Rau»versuch t» »er Adca teilt da« Krlmtnalamt noch folgende» mit: Fn überaus dreister Weis, versuchte» aester« gegen 11 Uhr vormittags »wei russische international, Taschen»»«»^ vö und S4 Fahr, alt. tu einem hiesigen Bankhaus, »inen Diebstahl aus,»führen, der aber durch die Geistesgegenwart ihre» au», ersehenen Opfer», der Kontortstin einer hiesigen vauftrma, vereitelt wurde. Diese «ar im Begriff, einen größeren Gelb- betrag abzuhebrn und zählt« dt« erhalten« Summ» durch, um sie auf ihre Richtigkeit »u prüfen In biesrm Moment traten zwei Unbekannt« von recht» und link» an sie heran und „er- suchten, sie in rin Gespräch zu »erwickel«. Hierbei «rgrlli der eine ein Bündel Geldscheine und wollte damit flüchten Aus die Hilferufe der Bestohlenen wurde er an der Drehtür der Bank von einem Bankbeamten ausgehalten und der iosort herbeigrrusenen Krimtnalvoltzei übergeden. Auch lein Komplice, der ebenfalls an der Flucht verhindert worden war, wurde festgenommen. Beide sind den Polizeibehörden als internattonaleTaschendiebe bekannt und haben be- reit» mehrfach GesängniSftrafcn hinter sich, vermutlich kom- men sie auch noch zu anderen Straftaten in Frag«: die Erörterungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen. —* KvMWUuiftisch« Demvuftratteue» gegen de« Hiuden- d«rg.ves«ch fanden gestern ln zwei Sälen statt. Dies, Gegen, kundgebungrn wurden dann aus der Straße fortgesetzt. Aus dem Altmarkte hielten die Demonstranten Ansprachen gegen Htndenburg. stimmten kommunistische Lieder an und durch, zogen singend und lärmend die innere Stadt. Dt« Polizei erschien mit »wei Ueberfallkommando». die bis gegen 11 Uhr beschäftigt waren, die Prager Straße, die WatlenhauSftraße. de» DtppoldtSwalbaer Platz, die Strafte Am See zu säubern. Auf der Prager Strafte gelang «s den Demonstranten, eine an einem GcschäftShause tief herabhängende Jahn« herunter- »»reiften. Zu ernsten Zwischenfällen ist e» nicht gekommen. —* Oelaemälde-Diebstahl. Auf der Fahrt zwischen Leip- zig und Zschornewitz bei Bitterscl» jst am 22. Oktober 192« im Lause de» Nachmittag» nu» einem Lastkraftwagen, in dem sich eine Anzahl Gemälde für eine Ausstellung befanden, ei» Gemälde gestohlen worden. Da» Bild ist von einem Golb- rahmen umgeben, stellt einen alten Geige spielenden Mann bar und ist 60 mal 70 Zentimeter groß. VS ist signiert „A. Krüger". Bor Ankauf de» Diebesgutes wirb gewarnt,' sachdienliche Mitteilungen erbittet die Kriminalpolizei. 190. SSchMche Landeslokkerte. 1. Klaff«. ZIehp», »»« i» N»»««Ser t»r«. «Ohne Wewäbr.i ««M Markt M«1 »i> M Mark; SMS» »M Mark: »04!« »oft» Mark: S7M MM kM Mark: Mftft ias»«7 NSE IM Marti IMSV 14WS »IStS L0M8 7KM ia?»7« 1IM7S lsm«a IS8184 M Mark! »M 48» mm 11740 iNSSll KIM M8S S71S4 SM47 SS7S0 7110S 7VM »IMS UkM 120078 1SIS64 ISSMt Wellernachrtchlen aus Deutschland vom 19 Novemde, 1926 Slafton 1 bis v von 7 Uhr morgen, übrige Stationen von 8 Uhr morgens Station Dresden Riesa Zitl.-Airschf. Lliemnih Annaberg Temperatur« 7 »,«».« Uhr vöchft» d. ,»Ir. loa— ««»Ist« 0. oerg-n« Na»« Wind rrichiu«,» 80 80 80 80 881V 80 8 850 050 0 830 880 080 80 UNO 80 Stör»« Weiter 7 .»zw. 8 uh» mora Lß hocken Börßum Samburg Aachen Swtnemünde Danzig Berlin Breslau Frandsurl München »«tla»«r»»a k» , » 4i»a»n. 6 Schnee. 7 Sraup»« ob« Kagei, 8 Dzmft adn 71,de« «Sichlwetl, weniger «l« 7 km>, « «ewiiie». ramparaiiir»«»! Wärmegrad,. - AsUegrad» * tza de» letzten 74 sionden von au da» vnadralmeler. Lustdruckverteiluag. Depreffton Westeuropa; Zentren unter 7»o Millimeter Irland, unter 7SS Millimeter südlich von J-land: hoher Druck über 7t>ü Millimeter Elldofteuropa, über 7SS Millimeter äußerster Norden EurapaS. Vetterlase. Der allgemeine Luftdrucks«» über einem großen Teile Europas hält an. Die glstern bei den »rttischen Inseln gelegene Depression hat etwa» nach Osten an Raum gewinnen können. Während in >»bete. WrtleriU wpldenl»». > »eüer. 7 dald»»d»chl, Z w»ld«a, ^ dedech. 6 Schnee. 7 Sr ihre« Bereiche über England, Nord- und Weltirankreich trübe«, regnerische» Wetter herrscht, verursach» abglcitende Lultbeiveauna im östlichen bt« südlichen Borderleitenstram« über Deutichlan» heule noch vielsach heitere» Himmel. Mit der weiteren Ost>värt»v«riag> rung der Störung ivird »nser Gebiet voraussichtlich in den Bereich der Trübung einbezogen werden. WitteruugtzauSstch««». Temperaturen ichw»nk»ud, uach utchi durchgreiseud aeänder«: ,»» Wefteu her zuuedmend, BemStkua« uu» »uniichst n»ch »»rmiegeni, tra«,u: Älachl.ud mäßig» östlich, »t« «»dliche. hdher, «»«,» lrbha„e südlich, dt, sSddftltch, wind«. Anmerkung Di» Weuervaraudlagr gilt ständig »am Spät« nachmittag de» AuSga-etage» di» »um Abend de« iolgendeu Tage«. Nachdruck und anderweitig» Beroreirung dieier Wetternachrichien nur mit Genehmigung der Tälistlchen LandeSweiterivarte staithak». Wasferflund der Eide «ud ihrer luflüii«. Aa- male Mo- >" «iovbr s tu t«, Ä»,d» I 4 I. —»d —»« A«m> dran »ura u»»n Lrand »i» Met n«I> Auliig l Dresden pelr-ftlseken in xroker ^usivakl ru reilgemSken ?rei8en Reusokorlixunxvo, OmarbsitunE«», tduabeaverunxen AsreSlnmrdeS»»»»«,»« <«, krüksr Oalerlesir. l Los/e As/eue/tlllny /Ü7 fkst«tVte7/äck67r u. - Kaum Sttzäkslanct Le L». /19 c-z/iaa» -roz^Lo/eg'a,»« /ü Laftaa/enetae - 7«7^s i. ülSntel 8oIIcie lillrrctinerardait ^ ru vortelibskten Preisen kmil Wnüvtiss ^i'STiSNSffi'Str« ffff, naU« tzlvumarkl Oaxrüncket 1865 ---- - k- 8ekfsnll-, -ulo- uni! Loupzi»ster, sllllekvn unll kinrioklungrlioffsk. 8onckerantorti^uoztvn u. lieparsturen. I7ur beete. «Igane padrtkat» »u lladrtkprelren älrekt In äen Werlielötlen siaialmatr. 4 linckanauetr. 14 VarUau tm eeoto. r«Iop»>on aio»». Lätzen sorgt für Einheitlichkeit nnd Geschlosiensetn de» Ganzen, tziiidner verstand eS, den Ausbau in klaren Linien zu zeigen und romantischen Geist im Rahmen klassischer Formgebung auileben zu lassest. Nicht alles kam wunschgemäß. DaS Orchester machte nicht immer recht mit. wenn es aalt, die raschen Lätze mit leidenschaftlichem Leben zu füllen. Freilich kommt hinzu, daß Schumann zu massig instrumentiert. Dir Bläser- liruppe» gaben sich alle möaltche Mühe, ihre Ausgaben restlos zu crsüllen. Und doch wuroe man den Eindruck beS Schweren, Alciigen nicht loS. Nennung verdienen Roth iBIoltnrj, ?luber sCeuo) und Thiel lOboe) als Solisten. Daß Lindner mit allen Mitteln zu Werke ging, .glänzend« Schlüsse in des ihm eigenen Art auszubauen, braucht kaum erwähnt zu wer» den. Im übrigen ist er in seinen Bewegungen maßvoller ge- worden, ohne an rhnthmischer Bestimmtheit Irgendwie etwas herzngrben. Als ausgezeichneter Cellist brachte sich Arnold Földesn ans Eharlvttcnburg mit Dworschaks H-Moll-Kon- zcrt in Erinnerung. Der ungarische Meister ist allwärt» ge» schätzt als trefflicher Musiker und hervorragender Techniker. !>cr leinvcramcntvoll gestaltet und der bet allem Zug inv Große dcr Durchführung von Einzelheiten nichts schuldig bleibt. Die drei Sätze des Werkes mit wechselvolle» Stimmungen kamen ll»I zur Geltung, soweit dies bet der begrenzten Beweglichkeit des Beglcitorchester» möglich war. Der Künstler wurde aufs khrcnvollstc ausgezeichnet. Btzet» erste Suite L'Arl^stenne stand am Schlüsse. Der Besuch diese» ersten Konzerte» war schivach. Für das 2. Lindner-Konzcrt kommenden Donnerstag ist Björn Talän, dcr 1. Tenor dcr Berliner StaatSoper, als Lolist in Aussicht genommen. L. P. t* Kirchenkonzert. Die Oppelvorstadt ist für kirchliche Iwccke ein schwieriges Kampfgebiet. Um so tapferer war eb vom Fra »«»verein und dem Kantor zu St. Pauli, Ha uns A n d e r-D o n a t b. datz sie ein so gelungenes Kirchenkonzert zu veranstalten vermochten. Das Gotteshaus zeigte sich erfreulich gut besticht, hätte aber schon im Hinblick auf die gebotene» künstlerischen Hlaven noch voller sein dürfen. Ikl doch dcr Kantor und Organist der Gemeinde einer dcr besten Orgelspieler unserer Stadt, was er erneut bestätigte in der Fantasie »nd Fuge O-Moll von Bach, dcr Fantasie über,.^<1 nns Nil «»lutarem uvck»m" von Liszt, der Passacaglia i» >>Moll von Reger und der Begleitung der Sologesänge. ,>ur Frau VIereck-Ktmpel ivar Hertha Böhme «in. ftktnic», deren schöner, voller Mezzosopran mit vrabmient .O Tod, wie bist du bitter". Draeseke« nnverwelkltch schönem ..lim Mitternacht" und Gesängen von Rheinberger tiefe Ein drücke erzielt«. Dankbar mußte istan auch dem Kammer- »irtnoS Hermann Götze sein, bas, er selten zu hörende Loli von Mozart und Weber für Fagott so weich und beseelt zu Gehör brachte. Der klein«, straff disziplinierte Ktrchenchor lang rein und sicher zwei dankbare geistlich« Lieder von O. Thomas, und eine Ouartettvereintgung versucht« sich an Bachs „Komm, süßer Tod". — o — 1* Universität Leipzig. Der neiternannt« ordentliche Pro, fesfor für ZeitungSkunoe an der Universität Leipzig, Dr. Erich Everth. hält am 20. November seine Antritts»«,!, cktzfung in der Universität Leipzig über da» Thema „Dir ZeitungSkund, tm UniversttätSuuterrtcht". 1* RcichSmusen« für Gesellschasiö- «ud MrtfchastSkuude. Am 1ü. November findet in D ü f sel d o r f die Gründung de» RetchSmusc-ums für Gesellschaft», und WtrtschastSkunb« statt, da« bestimmt ist. dt« umfangreichen Bestände der „Gekniet" in dauerhafter Form zusammenzuhalten. An der Gründung ist OSkar von Miller, der Begründer de» Deutschen Museums in München, hervorragend beteiligt. Ein deutschcr Iuduftrtevertreter amerikanischer Pro. fefsor. Nach amerikanischen Meldungen ist Dr. A. S. Hei. land, Vertreter brr Berliner Askania-Werke in den Ber einigten Staaten, zum Professor und Letter einer neuen Ab teilung für Geophysik an der Bergbauschule für Colorado be rufen worden. Mussolinis deutsche Literaturstudien. Mussolini, der sich in seinem ereignisreiche» Leben schon aus so vielen Gebieten versucht hat. ist auch «in Kenner des deutschen Schrifttums. Datz sich der Sozialistenführer mit den Schriften von Marx und Engels in der Ursprache beschäftigte und sie -um Teil ins Italienische ützersetzt«, ist erklärlich, zumal er während seine» Aufenthaltes in der deutschen Schwei» auch mit deutschen Sozialisten viel in verührwng kam. Ebenso begreiflich ist e«, daß der Schöpfer de» Faschismus den Kronzeugen seiner StaaiStheorie in Nietzsche fand. Dcr Prophet des „Ucbcrmenschen" bat sein« Weltanschauung autzer- orbentlich stark bestimmt, und sein« Studie „Die Philosophie der Gcivalt" beruht völlig auf Nietzsches Werken. Aber Mussolini hat sich auch mit deutschen Dichtern beschäftigt, deren Wesensart sich viel weniger mit seinen Anschauungen berührt. Dabei wird meisten» nur seine Untersuchung „U « b c r die Poesie Friedrich KlopstockS" genannt: er hat aber ebenfalls eingehende Arbeiten über Schiller und Plate» verfaßt. Näheres Uber diese deutschen Literaturstudien findet sich in der »ach autobiographischen Unterlagen verfaßten Bio- graphir des Diktators von Margherita G. Sarfattt, die so» eben in deutscher Uebevsetzung erfchetnt. Mussolini ist stolz darauf, daß er den ganzen „Messias" von Klopstock geleicn hat. und wenn er dies wirklich getan, so hat er selbst viele Deutsche in den Schatten gestellt, die diese Geduldsprobe nicht ausgehalten haben. Mussolini beschäftigt« sich besonder» als Chefredakteur d«S „Popolo" mit den deutschen Dichtern und wollte damals einen Band „Kritische Studien über die deutsche Literatur" veröffentlichen. „Es war die sentimental« Seite seiner Seele," sagt die Verfasserin, ,Hte diesen Schüler Machia- vclllS und Nietzsches veranlatzte, den räuberischen Pessimismus dieser seiner Lehrer durch menschliche Empfindungen zu mil dern und zu ergänzen: und eben dieses sentimentale Gefühl flößte ihm auch eine ganz besondere Liebe für die optimistische u»»d Idealistisch« Dichtung Schillers ein." E- verfaßte damals «ine Arbeit über: „Die FrauengesiaOtrn in Schil ler» „Wilhelm Teil"", und er erinnerte sich an diese Arbeit, als ihm ein Priester die „Jungfrau von Or- läanö" brachte, während er tm Kriege verwundet im Laza rett lag. Mit leuchtenden Angen las er diese Dichtung Schil lcr» und wollte sich gar nicht von ihr trennen. Er fand be stätigt tm Bilde der Hcldcnjungfrau, was er von den Frauen im „Tell" geschrieben hatte: „Geringschätzung SeS Lebens und FrethettSdurst — das sind die charakteristischen Züge bei Bertha wie bei Gertrud: sie sind beide Heidinnen der glühen den Vaterlandsliebe und können nur mit Adelaide Eairvli und Luise Michel vergliche» werden." In derselben Zeit ent stand sein Essay „P l a t e n und Italien", in dem er die Liebe dieses Dichters zu Italien zu einer Verherrlichung seines Vaterlandes benutzt .Italien ist kür Platen". schreibt er, ,/daS Land der Verheißung, wo alles heilig ist: nnd er begnügt sich nicht damit, nur die Orte zu beschreiben, sondern er erweckt Erinnerungen verknüpft die Vergangenheit mit der Gegenwart, lässt sie Wiederaufleben und erlebt sie dann selbst wieder. In seinen Gedichten und Epigrammen finden wir die btamen aller unserer Städte " Uebrigens hat sich Mussolini in seiner RedakilonSzelt auch als Romanschriftsteller betätigt und eine» überaus umfangreichen Schmöker verfaßt, der den Titel „Claudia Parttcella oder die Geliebte des Kardinals" führte und im UnterhalttingSl'latt des „Popolo" erschien. Die Fortsetzungen dieser blutrünstigen Geschichte wurden von den Lesern mit ungeheurer Spannung pcrsolgt. nnd wenn Musso lini. d«S grausamen DvtclS" satt, die Heldin töten wollte, dann beschwor ihn dcr Chefredakteur mit Bitten: „Bringe sie nur ja nicht um. um Himmels willen! DaS Abonnement mns, erneuert werden. Gib ihr nvch ein wenig Sauerstoff denn da» BezugSjahr läuft ad." So mußte er di« Heldin «chonon nnd seinen Mordtnstinkt an den Nebenpersonen schadlos hakten...