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Dresdner Nachrichten : 10.05.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189605100
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18960510
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18960510
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Unvollständig: S. 21-22 fehlen.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-05
- Tag 1896-05-10
-
Monat
1896-05
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 10.05.1896
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^ ... daß Witte einem von ihm. Witte, ak« unecht erkannten Briese Stöcker S an den christlich-sozialen Agitator Gruneberg au» dem Jahre 1878 durch Korrekturen ven Anschein eine» echten ge geben »nd dann mit diesen» gefälschten Brief die öffentliche Mein ung irre zu führen versucht habe. Pfarrer Witte hat in der vor liegenden Schrift sich der Aufgabe unterzogen, die näheren Um stünde. unter denen Stöcker seinen Brief an Grüneberg geschrieben bat. sowie die weiteren Ereignisse, welche sich daran geknüpft Hoden, darzulegen. Der Leser gewinnt so die Uebcrzenauna, daß die Behauptung, jener Briet sei gefälscht, völlig haltlos ist. Wenn der Brief aber echt ist. so ist damit bewiesen, daß in der Tyat Holprediger Stöcker im Jabre 1878 den Schneider Gruneberg be auftragt hat, den Pfarrer Witte in einer Volksversammlung ehren rührig amugreisen. und daß seine eidliche Aussage im Prozeß Väcker-S locker. welche dies in Abrede stellte, der Wahrheit nicht entsprach. Vor dem Landgericht in München begann die Verhandlung gegen den Notar Biehler wegen 32 Unterschlagungen im Amte im Geinmmtbelraa von MO.OM Ml. Die Unterschlagungen be- ircsscn Staatsgebühren. Vcrlasscnschastsgelder ldarunter auch ein Betrag aus der Verlasscnschast des Kultusministers von Müller) und den Vollzug von Rechtsgeschäften, mit welchen Vichler als Notar betraut war. Der Angeklagte ist geständig. Er will da durch ans die schiefe Bahn gekommen sein, daß er für den Bau unternehmer Horch bei der Münchener Bank eine» Kredit erwirkte »nd hiuicrhrr dafür habe anskommen müssen. Biehler war oft wegen Ungehörigkeiten in Disziplinaruntersuchung gekommen Biehler wurde zu siebenjährigeni Gesängniß und fünsiöhrigem dlirverlust veruitlirilt. Polnischen Blättern zufolge hat der Papst de» Posener Erz bischof v. Stablcwski zum römischen Grafen und Assistenten des päpstlichen Thrones ernannt. Der Fcstzng der Berliner Künstler zur Feier des Mhähnqcn Zul'ilänms der Akademie fand gestern bei herrlichstem Wetter in »ollster Ordnung statt. Voran kam ei» Prachtzug von als Bl»»»» gekleideter Theilnehnier. Dann folgten diel einzelnen Gruppen der Malerei. Bildhauerei und Architektur In den Trachten der verschiedensten Völker und Jahrhunderte. Hieran schloß sich der Prnnlwngeii der Architektur, der eine» prachtvollen Eindruck darbv». Besonders hervorragend in Ausstattung und Durchfuhr nng war der dann folgende historische Zug in altbrandenburgifchen Drückten ans der Zeit des Kurfürsten Friedrich III. Den Schluß bildete ein Phantasicwanen, ans dem das deutsche Märchen und deutsche Sagen dargestcllt waren. Die Straßen. Fenster, Ballons, sowie die Dächer der Häuser in den Straßen, welche der Zug passirtc. waren von einer zahlreichen Menschenmenge beseht. In Königsberg i. Pr. brach in einem der Stadt gehörigen Lagerhause ein Schadenfeuer ans. Ter Brand entstand in einem Bannie, welchen die Firma Lcvithan und Co. gemielhet hat. In folge des scharfen Nordwestwiitdcs wurde der Brand ans die andere Seite der Straße übertrage» und kniriss vier in Farbwerk ansgesübrte Speicher. Ein weiteres Umsichgreifen des Feuers wurde durch die energischen Anstrengungen der Feuerwehr mit Dampssprihen re. verl»»dcrt.rJn»»crhiir dürfte der Schaden bereits anderthalb Millionen betragen. Der Ausstaiid in der Miisik-Jiislrnmenten-Jndnstric in Berlin bat sich derart ausgedehnt, daß >eht über 3000 Arbeiter feiern. Oesterreich. Der vom Miiiislcrpräsidentcn Grasen Badens empfangene nengcwähltc Wiener Bürgermeister Strohbach erhielt die Znsicbciiing der baldigsten kaiserlichen Bestätigung. Italien. Ter Minister des Aeußeren Sermoncta gab in der Kammer die bestimmte Erklärung ab, daß die Regierung weder die Foryctzung der kriegerische,r Politik in Afrika noch die Aiisgebung der Kolonie plane. Es sei vorailsztisehen. daß Menclik gegen Ileberlassiing Tigrcs schließlich in einen annehmbaren Frieden willigen werde, der die gedeihliche Entwickelung der Kolonie ge statte. Auch die Frage des Besitzes Knssalas, das für Italien weniger Werth habe als für andere, werde bald geregelt werde». Abeismien werde sich stets gegen jede Spur einer italienischen Vorherrschaft aiislehnc»: wolle Italien es vermeiden, im Falke cine-s europäischen Konfliktcs durch Schwierigkeiten in Afrika ge lähmt zn werden, so müsse die Kolonie so organisirk werden, daß ,edcs Mißtrauen und Ucdclivollen Abessiniens ausgeschlossen werde. Tic Regierung werde einen Gesetzentwurf zur Be förderung der Kolonisirung Erbthraeas vorlcgen. Kriegsminister R'icott! bestätigte in der Kgmmer, daß die Linie Adiqrat- Adua ansgcgebeir werden müsse, weil ihre Festhaltnng 5,000 Mann und jährlich lecbo Millionen mehr erfordere, zu einem entscheidenden Kriege gegen Abessinien aber 15-0.000 Mann und anderthalb Milliarden »ölhig sein würden. Äaldisscra habe daher Befehl Himer Mareb und Velesa zurückziigehen, diese Linie aber unter allen Umständen zu halten, nölhigentalls die Angreifer auch darüber hinaus zn verfolgen. Zehn bis zwölf Bataillone werden alsbald narb Italien zirrncktehrcii, im Bedarfsfälle aber wieder nach Afrika gochickt werden. Auch diese R'cde fand nur gclheilten Beifall und wird von der Opvosition heilig angegriffen. Spanten. Eine Develche «ins .Hnvminah meldet einen l»e- dcntendin Wassclicrlolg der Spanier über den Führer der Aus ständigen, Macev. welcher dabei sehr große Verluste gehabt hak. m Spanier sind verwundet. Belgien. Tie Untersuchung über dir Ermordiing der Baronin x-rrr:, in Brüssel ninimt einen immer größeren Umfang an. Tie t ! ri w!, Ergebnisse lassen cs als ausgemacht erscheinen, daß der ul.. orü das Werk einer ganzen wohiorganisirtcn Bande ist. r :in Eouriois. der ehemalige Brüsseler Polizeiossizicr, die Haupt- olle picltc. Dcr eigentliche Mörder der Baronin scheint ein A irlh ans der Vvrsladtgemeinde Forest Namens Smet zu iein, cm Bertranier des Eourtois. bei dem das Gericht ein Messer be- icbiagna'inne, dessen abgebrochene Spille sich in der am Thatortc .nrnOgelnsiciie» Geldtasche dcr Ermordeten vesand. TaS öffentliche .chlcrc'w wendet sich nicht weniger der Frage zu, ob die Entdeck ung der Bande auch de» vor zwei Jahren bei dem Grasen o Flandern verübten Jnwclcndicbstahl nusklären wird. Wie er innerlich wurden damals der Gräfin v. Flandern an einem Abend, als sie sich mit ihren! Gemahl und ihren Töchtern ans dem Hof balle im Inniglichen Palast befand, ans ihrem Schlafzimmer für tvO'i'X) Franco Diamanten und andere Schninckgegenslände ge- 'iohlcii. Alle Welt glaubte damals und bis jetzt, die außerordent lich freche Thal sei von wahrscheinlich einer englischen Diebesbande angchvrendeii Fremden ansgesührt und die geraubten Kleinodien seien auch in England nniergebracht worden. Zwar beschuldigte damals gleich ein aller Buchsnhrcr und ehemaliger Unteroffizier, dcrEvnrlois kannte, diesen der Urheberschaft: seine Aussagen boten aber dem Untersuchnngsrichtcr keine genügende Handhabe. Recht chliiiint erging es sogar drei Andere», die gleiche Beschuldigungen regen den damals noch in Amt und Würde stehenden Polizewfsizier 'iientlich aiiöiprache». Sie wurden wegen Verleumdung zu em- 'sindlicben Geiaiigniß- und Geldstrafen vcrnrthcilt. Am Wtchkig- ten ist dieAnSsage eines der letzteren Männer, der. selbst ei» echter tznn'scler Marvlnen. d. h. Bewohner des Viertels, das der Schlupf- oiiilel oller lichtscheuen Gestalten der Hanvtstadt ist. haarklein näblt. wie er von Eourtois und seinem Helsershclier, einem Nann Namens Nestiary, der auch setzt z» den Verhnjteten gehört, »gegangen wurde, Helfersdicnsle zu leisten. Thatsache ist es enigsiens. dnß bei den Verhafteten eine Menge zweifellos ge- vhlener ichwcrer Sikbcrgcrälhschafteir gesunden wurde. England. Die letzte Sitzung des Unterhauses war überfüllt, rschiedenc Vertreter auswärtiger Mächte waren anwesend. Harconrt ies im Hinblick ans den Einsall Jaiiieson'S >» Transvaal darauf n. dnß dw ursprüngliche Ansicht Ehamberlain's. die Ehartercd ompan» und Eecil Rhodrs seien der Betheikigiing an dem Zuge amcwii's in keiner Weise schuldig, sich durch die chtssrirken Delc- amme als falsch erwiese» habe. Letztere hätten vielmehr gezeigt, iß die gaine Angelegenheit in Johannesburg und Kapstadt durch e Leute znsanmieiigcbralit sei, welche die ersten und vernntwort- brn Direltorcii der Ehartercd Eompaiiv seien und welche die irllichcit Urheber und Leiter dcS Anschlages gewesen seien. Dr. imeson sei nur ein untergeordneter Agent gewesen, man habe es Shaw in dicser Sache mit de» Direktoren der Ehartercd Compan» lhii». Tie Echtheit der chisfrirten Telegramme stehe außer vestcl. lind Inas die Stellung der Ehartercd Company betreffe, könne die britische Negierung, wie sic die Autorität derselben schassen, ihr dieselbe entziehen, wenn die Handlungsweise der »npmch unehrenhaft sei und wenn die Regierung rinwilligte, sich r Mitschuldigen zu machen, würde sie cbenso entehrt werden, ic niedrige Moral und dcr gemeine To» der chissrirten Tele- amtnc sei empörend tBeisall), ein schmntzlgcs, nnsnubcres Bild >cr Jobber-Rcichspolitik. (8tc»el< iobluug imporinlinnr) Die Lage eine schreckliche. Ter Einfall Jameson's »nd der Matabele- ssland hätten die Zukunft jenes Landes schwer geschädigt, berall in Südafrika lei ein Gefühl des Mißtraue»? in die Treue d die Ehrlichkeit Jener erzeugt worden, welche bis jetzt die tische Herrschaft verwalteten. Der Ruf des britischen Namens sei ganzen Welt gegenüber plötzlich bloßgestellt worden. Harconrt fraat«. wa» die Regierung nunmehr thun werde: er Achte setzt nicht die Frage, ob die Thartered Company weiterbestehen solle, sondem ob sie m den Händen derjenigen Männer weiterbestehen solle, welche da» Vertrauen ko stark mißbraucht hätten. In dem Direktorium der Gesellschaft scheine eine Reihe von Männem ehr lich zu sein, eine andere Gruppe scheine wohl fähige, aber nicht ehrliche Männer zu sein. Wenn die Charteret» Compan» in dm Händen dieser Männer weitergesührt werde, wie könne die Regier- nng eine freundschaftliche Einianng mit Transvaal er hoffen? Wenn die Leute, welche Transvaal angegriffen haben, durch dm Suzerän Transvaals i» ihrer Autorität weiter erhalten werben, wie könne man überrascht sein, wmn Präsident Krüger sich anverSwo nach Hilfe umiehe. lRuse: Oh! Oh!) Machenschaften dieser Art hätten das Schimpfwort vom „perfiden Albion" geschaffen. Alsdann ergriff derSkaatsiekretärChamberlain das Wort zur Erwiderung: Eecil Nhodes' jüngste Aktion wird allgemein verurtheilt, aber das darf nicht seine Vergangenheit ver gessen machen. Wenn es nicht Engländer wie Rhodcs gegeben hätte, würde die englische Geschichte viel ärmer, der britische Besitz viel kleiner sein. Sowohl die Engländer wie Afrikaner am Kap schm in Rhodes den größten Wohlthäier, den die Kapkolonie je gehabt hat und sie sind nicht geneigt, ihn mit Härte zu behandeln. Aber in Folge der von der britischen Regierung getroffenen Maß regeln ist Rhodes außer Stande, künftig Unheil zu stiften. Nicht ein Soldat kann ohne Zustimmung der Offiziere des Reichsheeres in Bewegung gesetzt werden, und wir sind bereit, dem Präsidenten .Krüger jede Bürgschaft zn geben, die er billiger Weise verlangen kann, eine Bürgschaft, die jede Spur von Verdacht beseitigen würde. Die Politik der Negierung ist daraus gerichtet, eine Wiederholung der lüngsten bedauerlichen Vorfälle durchaus zn ver hindern. sowie durch alle legitimen Mittel, bcwnders auch durch einen Druck auf die öffentliche Meinung i» Südafrika die Bestreb rinnen fortzusetzen. deren Ziel die Sicherung billiger nnd gleicher Behandlung dcr britischen Unlcrthaiicn in Transvaal nnd die Her strÜiing eines freundschnsllichen Verhältnisses zwischen den zwei großen dort lebenden Stämme» ist. Slnierika. Senator Sherman in Washington äußerte sich, nach seiner Meinung werde Mnc Kinlc» einstimmig von der republikanischen Partei als Kandidat für die Präsidentschaft be stätigt werden. Seine Wahl sei sicher. Persien. Es werden neue Unruhen in Schiras gemeldet. Dienstag Nachmittag seien mehrere Personen hingcrlchtet worden. Mittwoch seien die Lehcnsmittel sehr knapp nnd die Bazare ge- schlossc» gewesen^ Kuusl nnv Wissenschaft. 1 Kvnial. Ho ssch an spiel. Ein seltsames Schauspiel! eine Goethe Premiere am Ausgang niiseres Jahrhunderts! „Stella" und »Tic Mitschuldigen", zwei Stücke, die beide schon ihren hun dertsten Geburtstag Iiintcr sich habe», erschienen vorgestern ans dem Theaterzettel mit dem lakonischen Vermerk „Zum ersten Male". Waren cs wirklich zwei Novitäten ? Für Manche im Publikum vielleicht mehr, als man denkt, und Vielen wird ihr Titel so un- hekaniit gewesen sein, wie ihr Inhalt. Und der Ersvia?! Nn». der war natürlich ganz selbstverständlich. Man wird doch eine» „neuen Goethe" nicht diirchsallen lassen, denselben Goethe, den man mit Schiller in einem Alhem nennt, wenn von deutscher Litteratur die Rede ist, denselben Goethe, den die Kritik für ewige Zeiten mit Sophokles und Shakespeare, mit Homer und dcm Nibeiungendichler zn den Größten der Großen ans die schwindelnde Sonncithöhc des Göttlichen i» der Poesie gehoben hat. Und man klatschte wirklich nach de» beiden Stücken : aber es galt doch wohl neben den Schauspielern nur dem Dichter und nicht der Dichtung — vox rx-puli, vox De!. Alles Applaudircn nützt leider nichts: denn alles Loben heißt sic nicht leben: weder die traurige Stella, die an gebrochenem Herzen stirbt — eine TodeS- art. von dcr die Welt schon längst nichts mehr wissen will — noch die Mitschuldigen, denen der große Gvclhc, dcr Dichter des „Jaust", selbst die schälfste nnd gerechteste Kritik geschrieben hat. da er von ihnen sagt: sie verletze» in gleicher Weise das ästhetische und mo ralische Gcsühs. Ter Zeit ihrer Abfassung nach gehören die beiden Stücke nicht neben einaitdcc: sie waren von dcr Regie willkürlich — das ist übrigens die Anordnung des ganze» Gocthe-Evklus — so gestellt worden. Die „Mitschuldigen" gehören in dcS Stu denten Goethe früheste dichterische Periode: die beiden ältesten Handschriften davon stammen zwar ans dcm Jahre 1760, die Ent stehung des Werke? darf aber vielleicht noch einige Jahre früher anaesctzt werden. Dcr Dichter steht in ihm »och völlig unter franzö sischem Einfluß: in dcr Thcatertcchnik, — sie ist freilich recht einfach und nillthct nliserer Leichtgläubigkeit daS denkbar Unmöglichste zn —. in der Form — die Verse sind im Ganzen flüssige Alexan driner, — nnd nicht zum Mindesten in der Moral — da Alle nichts taugen, muß allen verziehen werden. Daß das Stückchen trotz aller seiner Schwächen, von denen für unser realistisch ge schultes Gefühl immer die die bedenklichste bleiben ivird: daß seine Motive, weil sic fast durchaus niedrige Krimiiialvergeheir streifen, sich ganz und gar nicht süc die scherzhafte und splclendeBchandiuiig eignen, vorgestern nicht völlig eindiiickslvs an den Hörer» vornberging, liegt an der glücklichen, freilich imitier direkten Charakteristik der vier Figuren und seiner Situationskomik, die allerdings mit sehr l»c scheidene» Mitteln arbeitet. Gespielt wnrdc das- Wcrtchcn recht nett. Den Vogel ichoß Herr Sivoboda ab mit seinem drolligen Wirlh ziiiii Hären, narb ihm kamen Herr Tettmer als Alcest, den einst Goethe 1706 bei dcr Erstuustlihrnng deS Lustspiels ans dem Licbhaberibealcr in Weimar crrirkc. und Herr Bauer als Söller. Frl. Tnlliiiger sah als Sophie „sehr artig" ans — wie Goethe gejagt haben würde — nnd sprach auch ihre Alexandriner recht glatt: im Ganze» hat aber die Künstlerin zu wenig Farben ans der Palette — Und min zu „Stella", dem Hanpiwerke deS Abends- Es liegt zeitlich zwar nach dem „Weither" und nach dem „Elavigo". aber es ist noch ganz diirchlräiikt mit dem Geiste dieser Dichtungen, die in der Epoche einer Gc-nhlSühcrschwrnglichkeit ohne Maß und Ziel, des Stürinens und Drängens sondergleichen ent standen sind, die niv'er nüchternes Zeitalter kaum noch begreifen nnd verstehen kann, und für die des Dichters Wort charakteristisch ist: „Ich ginge zu Grunde, wenn ich letzt nicht Dramas schriebe". „Stella" hat die gleiche Achillesferse wie das Trauerspiel „Elavigo": hier wie dort ist die Hauptfigur des Dramas als Held »iimöglrch, mir dnß die Schwäche Elavigo's in Fernando bis zur avswßcnden Unleidlichkcit gesteigert wird. Ist Elavigo ein halb kleiner, halb großer Mann, so ist der Geliebte Stella s ein ganz kleiner, ein verächtlicher Meirich. Jener verläßt treulos nur eine Geliebte, dieser setne Frau nnd seine Geliebte; was bei Jenem als jugendlicher Leichtsinn entschuldigt werden kann, istbei diesem.dcm gereiften Manne, vorvedachtt Büberei; Jener ist ein hcdcntendcS Talent, ein feuriger Schöngeist, von Diesem erfahren wir nichts weiter, als daß er i» den Kolsenkrieg zog, »m eine Weile Soldat zn spielen und dann wieder in die Arme seiner Geliebten zmückz»kehren. Und die weiblichen Charaktere deS Stückes?! Man muß sie Goethe glaube», wenn cS Einem auch schwer wird, und man soll dem Dichter nicht mit „wenn" und „aber" kommen. Eäcilie und Stella, Beide ganz rührende Hiiigebiing. ganz Edeimnlh. ganz Resignation, sie hänge» diesem schurkischen Phrasenhelden an. auch als sie. noch dazu ans seinem eigenen Munde, ersahrcn haben, daß er sie Beide betrogen hat in dec allcrerbärmlichslcn Weise. Und die poetische Gerechtigkeit? Ein Schuß, dcr den zwiefachen Ver- rätherFernando tödtct, soll sie bringen. — und Stella stirbt „allein". Aber Niemand wird durch diese Lösung befriedigt; und ob das Stück, wie bekanntlich in seiner ursprünglichen Fassung, nicht mit Stella's Tod endet, oder ob sie, die Unschuldige, zu Grunde geht — gleichviel: der Eindruck wird immer derselbe peinliche sei», a» dem inneren Widerspruch seiner Charaktere geht das Trauerspiel kläglich zu Grunde. Daran können auch die Darsteller nichts ändern, die sich vorgestern redlich Mühe gaben, dem Stück zn einem großen, des Dichters würdige» Erfolge z» verhelfen, dessen Atisblriben um so mehr zn bedauern ist, als es sich durchaus um Riesenrollcii handelt, die zu bewältigen enormen Fleiß verlangt, und die kaum wieder — außerhalb eines Gocthc-EvklnS — ans der Theater- bibliothek herbvrncsnchl werden dürsten. Uneingeschränktes Lob verdient diesmal Frl. Salbach. die mit ihrer Stella eine hinreißende Gestalt in den echten Farben des Wcrlher-Goethcstils jchns »nd ganz nntertanchte in die Woogen ihrer überschwenglichen Liebe für Fernando, um den sich Herr Waldeck verlor ne Liebesmüh' gab. Die Verkörperung dieses Schwächlings ist nie nnd »immer die Ausgabe des- geletzten Helden: sie durfte bei einiger Einsicht »nd Vvrsichl dcr Regie in der Besetzung nur Herrn Wiccke. oder noch besser Herrn Franz nnvertrarit werden. Würdig der Stella Fri Calbach s war die Eäcilie dcs Frl. Ulrich: hier, wo es galt, in großen Züge» das Bild dcs schwer geprüften, unendlich beleidigte», noch immer liebenden, aber alternden Weibes darzustcllen, war die Künstlerin vollkommen, wie man sich ihr ähnlich leine zweite denke» kann. Solch' gewaltiger Tarstellungskraft gegenüber konnte Frl. Gasnv (Lucic) nichts Besseres thun. als bescheiden in den Hintergrund des In teresses zu treten; das fortwährende Trippeln muß sie sich aber trotz dem abgewöhnen. — Die Regie zeigte sich ihrer Aufgabe in den „Mn- schuldiaen" ganz gewachsen, während in „Stella" im fünften Akte die BeleuchrungSapparate recht unsicher sirnktionirten und in der Gartenscene des vierten Aktes das Durcheinander von gemalte», gemachten und natürlichen Blumen empfindlich störte. Den Zell aechmack der Costume und Möbeln hatte man mit ziemlicher Sicherheit getroffen. VA. Wolfs. tz Im Nesidenztheater ist vorgestern ein Gast von l»c deutendem Rufe elngezogrn, Herr Franz Tewele vom den« schen Bolksthcater in Men, del.en liebenswürdige Bekanntschaft die Dresdner vor längerer Zelt bereits gemacht haben. Herr Tewele ist indeß nicht allein gekommen, er bringt uns zugleich einen zweiten Gast mit, den „Herrn Direktor", eine flotte, echt französische Figur auS den Ministerien Frankreichs, den Spiritus rootor einer amüsanten Pariser Komödie nach Bissau nnd Earr<. Der Witz der bekannten Boulevard-Poeten läuft diesmal aus eine Satire des sranzösi'chen Beamtenthums hinaus, dessen Protektion? wirthschast mit Humor und Behagen geschildert wird. Im Mittel Punkte der Handlung steht der Direktor im Ministerium dcs Innern, de ln Mare, ein Ritter der Damen, dessen Herz und Ohr dem Bitten schöner Frauen stets offen stehen. Tic Kosten dieser verschwenderische» Galanterie tragen leider die Beamte», die nur dann prolegirl nnd zum Avancement vorgeschlagen werden, wenn deren Frauen sich znm persönlichen Fürbitten bei dem mächtigen und einflußreichen Herrn Direktor verstehen können. Das Direl torialburea» im Minsteriiim bient infolge solcher galanten Bezieh ringen denn auch mehr dem Zweck gcheimnißvoller Stelldicheins, als ministeriellen geschäftlichen Erledigungen. Im Verlaufe dieser riskanten, hier und da etwas gepfefferten Vorgänge, die eine Ver letzung des guten Tones indeß vollständig nilsschließen, wird dem verliebten ^Löwen eine allerliebste Falle gestellt. Nicht die Frau eines brsörderniigshedürstigkn Beamte», sondem die Schwägerin desselben, eine iniige, reiolnte Wittwe von amerikanischen Erfahr iingen übernimmt an Stelle ihrer Schwester das Wagniß. den Minotaurus im ministeriellen Labyrinthe anszusnchen und sich zum Wähle der Familie zu — opfern. Tie Art. wie dies geschieh!, wahrt üideß immer den Ausland und die Sitte nnd trotz manches vapricirlcn Einzelznges bleibt der scheinbar gewagte Vorgang im Rahmen des feineren Lustspiels, wenn auch Nebensächlichkeiten öfter in das Genre dcs Schwankes überschlagen. Nach zahlreichen Hindernissen, die vorgestern laut und herzlich belacht w-urden, ge lingt die Jntriaue. Herr Lamberti», ein unbedeutender Beamter, wird Nitter-Prüfekt und in dem Netze, das die schone und unter nehmende Wittwe »m den tikivvalisi' rls« äawe8 gesponnen, fängt sich dieser schließlich selbst zur endlichen ehelichen Verbindung. Der heitere», von tollen Einfällen erfüllten Handlung einen litterari schen Werth beiznlegen. wird Niemand versuchen wollen. Leicht »nd lose geschürzt, hat die Komödie lediglich den Zweck, für ein paar flüchtige Stunde» zu fesseln, die Lache zn reizen, dein Spiele der guten Laune »nd dcs Humors zn dienen. Diese» Zweck hat der „Herr Direktor" denn vorgestern auch in jeder Beziehung erfüllt, es ist vst und herzlich gelacht nnd der Komödie eine Am nähme bereitet worden, die zahlreiche Wiederholungen voranssehcn läßt. Ist die Komödie demnach an und für sich sehenswerth und der allgemeinen Anthcilnahme zu empfehlen, so verdient Herr Franz Tewele als Träger des Stückes den Löwenanlheil dcs Erfolges. Mit der Figur des de la Mare stellt er einen Bonvivant vom reinsten Wasser dar. einen Lebemann van Weltund nusgezetch ncte» Manieren, das Prototyp eines Salon-Ton Juan, dessen Erscheine» ans der Scene immer eitel Sonnenschein verbreite:. Tie ihm eigene zündende Komik ist dazu stets absichtslos, natürlich und gleichsam selbstverständlich und ganz vortrefflich stellt ihm der Zug der Herzlichkeit, mit dem er die Leichtfertigkeit des Charakters sozusagen adelt. Das allgemeine Interesse ist diesem de la Mare vom Momente des ersten Auftretens sicher, er fesselt in Allem waS er thut und läßt, nnd er ist selbst dann noch von bezwingender Liebenswürdigkeit und echtem, goldenem Humor, wenn die Situation nnfängt. gewagt zu erscheinen. Tank dieser virtuosen Darstellung kommt der Znschaner ans dem Lachen nicht heraus und gewinnt Eindrücke, wie solche nur berufene nnd auserwälilte Künstler chervor- znriifcn vermögen. Jedenfalls ist dieser de la Mare eine Sehens-! Würdigkeit, der wärmsten Empfehlung werth. Die übrigen Dar steller befleißigen sich der Hingebung und Sorgfalt nicht ohne Erfolg. Dcr Pariser Chic der Gilberte geht Irl. Scholz zwar in Manchem ab. das etwas spröde Organ macht die Rede hart und breit, aber sie findet dabei doch die Allüren einer Dame der guten Gesellschaft von Haltung und Eleganz. Die Susanne Frl. Krona's ist reizvoll nnd maßvoll, wen» auch zurückhaltend in dec breiteren Entfaltung des ihr vorgezeichncten kosmopolitischen Charakters. Frau Messt geriete sich als rontinirte komische Darstellerin mit gutem trockenem Humor, dcr man die energische Schwiegermutter und frühere Kartenlegerin ans das erste Wort glaubt. Die Herren Friese und Frank liefern als Bougnet und Bunel sorgfältig studirte Tyven ans dem Beamtcnleben und Herr v. Klinkowström giebt den Lambertin mit zufriedenstellenden Aciißerlichkeiten. Unter den Episoden steht Herr Morlvay in der brillant chargirten Rolle des Gentil obenan. L. 8t. s Im König!, .^v so per» Hause gelangt heute „Der Evan- gclimnnn" zur Aufführimg. Das König!. Hofichauspiek giebt „Das Hans dcs Majors" und nencinstiidirt die Ballet- Pantomime „Die Eifersucht in der Küch e". Die Vorstell ungen beginnen halb 8 Uhr. V Wochenspielplan der König!. Hostbeater. Altstadt. Sonntag: Ter Evain.ielüiiaii». Montag: Falstaff. Dienstag: Siegfried. lAnfang halb 7 Uhr.) Mittwoch: Orpheus und Eurydike. Donnerstag: Der Freischütz. Freitag: Die Götterdämmerung. tAnfang 6 Uhr.) Sonnabend: Oper. Sonntag: Der Bajazzo. Die Puppenfee. — Neustadt. Svimtag: Das HauS oes Mawrs. Die Eifersucht in der Küche. Ballet. Montag: Mein Leopold. Tienstaa: Torquato Tasso. iGoethe-Cyklus^ 5. Abend.) Mitt woch : Besonderer Umstände halber. Ter Mrlitärstaat. (Anfang 7 Uhr.) Donnerstag: Egmont. sGoethe-Chklus. 6. Abend.) (An fang halb 7 Ubr.l Freitag: Renaissance. Sonnabend: Faust (I. Theil). (Goekhe-Cykliis, 7. Abend. Anfang 6 Uhr.) Sonntag: Grat Waldemar. (Herr Mitterwurzec n. G) s- Im R>:sche»ztheater finden heute zwei Vorstellungen statt. Nachmittags geht zn ermäßigten Preisen zum letzten Male die Tragikomödie „Das Lu m p en g es i n d el" in Scene: Abends tritt Herr Franz Tewele in dcm französischen Lustspiel „Der Herr Direktor" ans. Der frühere Tenorist des Breslauer Stadttheaters. jetzige Obercantor der Breslauer Synagoge. Cer in i. hat dem Vor stände der Synagogengcmeinde mitgethcilt, daß er einen Ruf nn die Dresdner Hofvpcr erhalten hat nnd ihm zn folgen ge denkt, wenn ihm nicht eine Gehaltszulage von 1000 M. oder freie Amtswohnung gewährt Ivird. -s- Sächsischer K » nstverei n. Neu ausgestellt sind : M. Bartl» tDreSdens „Aus der Lausitz". N. Bötmi fDresden) „Zwei Damenbildnisse', A. Diesscnbacher «München» „Abschied", „Morgen an, Chiemsee", .E. Leister Wiens „Die vier Fal»re--zeitci>" nnd „Süße Träumereien", .v. Müller (Dresden) „Topsschlüger" «Driginalsigur in Kups), L. Naumann (Dresden» „Dresdner L-aide" nnd „An der Prietznitz". 6». Dpitz (Dresden) „Fischer bans ans Mönchgut". M. Paschte (Dresden) „Frnliting im Birkenwald" und „Mottv bei Lohme an» Rügen", A. Reinhardt (Loichivitz) „Winler- abend". Lidia .»trahmer (Berlin) „Gelbe Rosen »nd Päonien". Tie immer noch lebbaites Jnleresse erwecienden Beichinmgen von 5). Vogel (Loschwitz) können nur dis nächste Woche in der Aussiebung verbleiben. „>m Lause vergangener Woche »vurde verknust: A. Lteamnn» „Krerqgang zu Königs- lütter". Die internationale P o r t r a i t a us st e l I u n g von Ernst Arnold. König!. Hosklinsthandlung (Wilsdnisserstratzes bleibt in Folge des großen Zuspruchs noch die nSäine Woche geöimet und ivird am Sonntag den 17. ds. M. geschlossen. Von den in letzter Zeit ausgestellten Werken sind 2 Gemälde besonders bervorzulieben: W. Leibt, „Baucrnbub" und Franz Stuck: Litton Sanverson. Von Karl Mediz ist ein neuer Steindruck, das Bildniß Sr. Königl. Holieit des Prinzen Georg ausgestellt worden. Von Montag den in. ds. bis Sonnabend den 2:1. Mai bleibt die Ausstellung geschlossen. Am 10. Mai 1806. J»'s Schloß zn FricdrichSrnh der Frühling lacht. Und Park und Wiese prangt im Blütbenschimmer; Ein gold'iier Strahl der Maieivomie lacht Turch's Fenster in ein hohes, stilles Zimmer Und küßt dorr eines greisen Mannes Hand — Der blickt hinaus und lauscht gedankenschwer. Wie durch den Wald nnd über s grüne Land Zieht Glockcnklang so seierlich daher. Sind heut' doch sünsirndzwanzig Jahr' vergangen. Seit ans der alte» Reichsstadt sein am Mai» Zurrst der Glocken Heller Ruf ergangen: „Lobt Gott, im deutschen Land soll Friede iein!" WaS heute durch des Alten Seele geht, Da noch die Welt im Moraenschliimmer liegt? — Sein Auge andachtsvoll wie im Gebet Ter Lerche folgt, die auf z»m Himmel fliegt! — Marie Rasch. , Dresdner Nachrichten. R«. ISN. Sette 3. »W Sonntag. Itt Mai L8»6
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