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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 23.04.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030423025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903042302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903042302
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-04
- Tag 1903-04-23
-
Monat
1903-04
-
Jahr
1903
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Diese- Blatt wird den Leiern von Dresden und Umgebung am Tage vorher bereit» al» Abend-Ausgabe zilgeslellt, während e- die Post-Abonnenten am Morgen m einer Gejaintousgabe erhalten. öerugsgeMr: Lt, .Dresdner Nack>rirr,rc»" eiMinen Uillch «»»»>««; dt« >Ne»>kl,er in Dresden und der »aailte» llni>,ed»,in. nun» durch eigene 'Polen llonare rriolat. ert,alten a» Woclnittaae». die platt aufSo»», oder Keikliniie lolgen. u> «ivei TelianSanben «den«» »„d moraen« »uaeliclU. Nachdruck alter Mluel u. Orlainal. Mmeilunae» nur mii deutlicher Du et lenaiiaabe i.Dresd. Nact>r.-j »ulaitio,. ?>achimaliche L-noiar- anivruche bleiben unbeinanchiiat: unvcrlluniti Mquuinwte werben mcht auideivatirt. Lolearamm rldress«: eara «achktcht»» »re«d,n. Nerlcro von Liepscti Sr Netrhardt. /lnrei'gen-tanf. Nnnadme von ?liilüi!dlanna»n bis nachinittaad 3 Ul»'. Soun- und NeicriaoS nur Marienllrabe 33 von II did ',,1 Mir Tie l'patliaeüiruiiü- «eile lca. s Lüben. L> Ps» . An kündiannakn am der Piwal'e te Zeile W Pla.i die LivalliaeZeile als „Cin- aeiandl" oder ans Tertieüc so Pia. Ln Nummern nach Sonn- und Leicr- laaen i- bez. Llvalliae Grundicilen so. eo be». eo und so Pi», nach be. londerem Tarif NuLwarliie Ans- träge nur gegen L!orau»be»ablung. Bclcgblätlcr werden mit lo Pfg. berechnet. Sernlvrechanschlu^! «mt I Sir. U uiw Nr. 20W. llie voidrüglielikli klsseliLlikiei'k vi'Lilkl'Lj llekmilr icei»em üsosdsüe fsiiien! Rr. 112. Zur sächsischen Pkrionentaristesorm. Neueste Trnhtbeiichtc. Hoffiachrichte», Z»r Reichstagswahlbeweginig, Evangeiischer Bund, Gcr>chlkvert,a»plii»gen. „Fi.eiio", „Coralie L Co." Donnelstarl, 23. April LW3. Zur sächsischen Personetttarifreform. In einer soeben an die Mitglieder des sächsischen Eisenbahn- ratcs verteilten rnderweiten Vorlage über die Personcntaris- reform erklärt die König!. Sächsische StaatSregierung folgen des: Nach den Erklärungen der preußischen Regierung stehe in Aussicht, daß diese in nicht zu ferner Zeit selbst neue Verband- llingcn zur Erzielung einer möglichst weitgehenden Tarifglcich- hcit im Personenvcrkehrswesen aller deutschen Bahnen cinleiten werde, und daß die dabei zu gründe zu legenden Vorschläge wesentlich von dem Preußischerleits ausdrücklich ab gelehnten sächsischen Nesormprogramm abweichen werden. Die Voraussetzungen, von denen die Staalsregicrung bei Inangriff nahme einer selbständigen Neuordnung für Sachsen ausgegangen «st, lägen daher zur Zeit nicht mehr allenthalben vor: vielmehr sei jetzt allerdings mit der Möglichkeit zu rechnen, daß nach Durch führung einer Reform nur für Sachsen über kurz oder lang an Uebernahme einer neuen, vielleicht auf ganz anderer Grundlage beruhenden gemeinsamen deutschen Reform hcrangctreten werden müßte, der Sachsen selbstverständlich, soweit cS die Interessen des Landes irgendwie zulasscn, bcitretcn würde. Die Ctaats- rcgierung sei daher der Ansicht, daß unter den jetzigen Verhält nissen von Weiterverfolgung ihres Nesormplancs zur Zeit abzusehc» sein werde. Tie Negierung be dauert eS auf das Lebhafteste, wenn hiernach die dringend er wünschte Vereinfachung des Fahrkartcnwesens vorerst nicht zu stände kommt und vor allem auch, wenn dem Publikum die mit der Reform verbundenen Vorteile, also namentlich die Verbilligung der einfachen Fahrkarten und die größere Freiheit in der Wahl der Reisewege zur Zeit nicht geboten werden können: doch werde ihr die Entschließung dadurch erleichtert, daß die erwähnten Vor- teile von der Allgemeinheit und gerade auch von den jenigen Kreisen, denen sic am meisten zu gute gekommen sein würden, anscheinend wenig gewürdigt werden. Dagegen habe die Regierung die Ueberzeugung, daß, da die jetzigen Fahrpreise zur Deckung der Selbstkosten des Personenverkehrs nicht ausrcichten, eine weitere Leistung von Zuschüssen zum Eisenbahnbetriebe aus Mitteln der direkten Steuern aber kaum mehr möglich sei, eine Erhöhung der Sätze für die Rückfahrkarten sich nötig mache, zumal diese ungeachtet der in Sachsen notwendiger weise aufzuwendenden höheren Ban- und Betriebskosten, zur Zeit niedriger seien, als die preußischen Rückfahrkarteupreise. Die Re gierung hält eS daher für angczeigt, diese Erhöhung als eine vorübergehende Maßregel — bis zur späteren Durch führung einer gemeinsamen deutschen Tarifresorm — in gewissem Umfange durchzuführe». Denn wenn auch der Rechnungsabschluß für 1902 wahrscheinlich einen wesentlichen Mehrüberschnß ergeben werde, als im Etatvorcinschlage vorgesehen ist, so erachtet die Regierung diesen Umstand doch schon deshalb nicht als ausschlag- gebend für eine andere Entschließung, weil unabweisbare große Ausgaben, namentlich für die schon in Aussicht genommenen dringend nötigen Umbauten der Bahnanlagen in Leipzig und Chemnitz bevorstehen, die das Anlagekapital erhöhen und die Eisenbahnrente nundern. Tie Regierung beabsichtigt die Er höhung der Rücksahrkartenpreise um 6'/z Prozent, das ist um die Halste des Unterschiedes zwischen den sächsischen und preußischen Sätzen. Der Fahrpreis sür Rückfahrkarten stellt sich hiernach bei Personen zügen ans 11.99 Pfg. in 1., 8,5 Pfg. in 2. und 5,67 Pfg. in 9. Klasse in Sachsen, gegen 12 Pfg. in 1.. 9 Pfg. in 2. und 6 Pfg. in 9. Klasse in Preußen. Da in Preußen die Rückfahrkarten auch für Schnellzüge ohne Zuschlag gelten, während in Sachsen auch künftig ein Zuschlag von 1 Pfg. sür das Kilo meter bei Benutzung von Schnellzügen zu bezahlen ist, so ergibt sich folgendes Verhältnis: Mehr als 90 Prozent aller Reisenden fahren auf Rückfahrkarten in Sachsen auch künftig noch billiger als in Preußen, während die auf Rückfahrkarten die Schnellzüge benützenden Reisenden im Binncnvcrkehre einen geringen Mehr betrag bezahlen. Dies trifft kaum 5 Prozent aller sächsischen Reisenden überhaupt. Die Preise der Monats- und Neben karten schlägt die Regierung vor, unverändert zu lassen; auch sollen die Gesellschaftsfahrkarten, Arbeiterrückfahrkarten und festen Rundreisekarten. sowie die zusammenstellbaren Fahrschein hefte, sowie die Sonntagsfahrkartcn unverändert beibehaltcn wer den. Tie geplanten Erhöhungen betragen 5 Pfg. sür Fahrkarten im Preise bis zu 80 Pfg. stvobei jedoch reichlich der dritte Teil der Preise bei Entsernungen bis zu 14 Kilometer überhaupt un verändert bleibtj, 10 Pfg. für Fahrkarten im Preise von 60 bis 160 Pfg. und 20 Pfg. sür solche im Preise von 160 bis 320 Psg usw. Die Regierung beziffert den Mehrertrag der Erhöhung aus 1238 000 Mk: er würde noch um 219000 Mk. höher sein, wenn die Rücksahrkartenpreise auf die preußischen Sätze erhöht und die Schncllzugszuschläge in Wegfall gebracht würden. Bei einer solchen Erhöhung würden aber 00 Prozent der Ressenden in Pcrsonenzügcn zu gunstcn der die Schnellzüge benützenden 5 Prozent fühlbarer und ungerechter belastet. Die Regierung er sucht den Eisenbahnrat um sein Gutachten über diese Vorschläge: er wird deshalb, wie bereits mitgcteilt, zu einer außerordentlichen Sitzung sür Mittwoch, den 6. Mai. einberusen. Neueste Drahtmeldunneu vom 22. April. Berlin. Der Kaiserist heute vormittag 8 Uhr nach Gotha abgereist. Gleiwitz. In den Nachbardörfcrn wurden 4 imSchnee - sturm erfrorene Personen unter Schneewehen aufgesunden. Elbing. In den Stürmen der letzten Tage sind, wie die yElbinger Ztg." berichtet, an der pommcrrchcn Kutte 5 Tolkemiter Schuner gestrandet, die von Pillau nach Rügen bezw. Born holm in See gegangen waren, wobei die aus 3 Personen bestehende Besatzung eines derselben umkam. Zwei andere gleichzeitig von Pillau abgegangene Tolkemiter Schuner werden noch vermißt. Lemberg. In dem Vorort Zastacas der Stadt Grodek wurden gestern durch eine Feuersorunst über 60 Häuser ein- geäschert. In Lanczyn im Regierungsbezirk Nadwoma wütete gestern ebenfalls ein großes Schadenfeuer, bei dem über 300 Häuser niederbrannten. Lesneven sDepartement Finisttzrei. Die Bewohner meh rerer Ortschaften des hiesigen Bezirkes haben beschlossen, die sür Freitag anberaumte Ausweisung der Benediktiner und anderer Kl oft er geistlichen zu verhindern und große Kundgebungen zu veranstalten. Kvnstantinvvek: Nach einer Konsularmeldung hat am 19. d. M. nordöstlich von Radolischte ein Zusammenstoß zwischen 50 Mann türkischer Truppen und einer 91 Mann starken ! Bande stattaeftinden. Letztere verlor 20 Mann, erhielt aber Ber- stärkuua und tchloß die Truppen ein. Nacktem auch die Truppen Verstärkungen erhalten hatten, wurde die Bande vertrieben und verlor hierbei 2 Fiihrer und 20 Mann. Die Türken verloren 2 Offiziere und 11 Mann. Nach Angabe der Pforte kam cs im Kreise Petscholo zu einem größeren Zusammenstöße, woran sich angeblich 500 bulgarische Dorseinwohner beteiligten. Wahrschein lich beziehen sich beide Angaben aus denselben Vorfall. Konstantinopel. Einer Meldung aus Skutari zufolge ist dort einer der beiden vor einigen Tagen von einem Albanesen durch Revolverschüsse verwundeten Richter ge storben. Syrakus. König Eduard ist an Bord seiner Nacht nach Neapel abgereist. Pera, Auf den Bahnlinien Makedoniens finden lebhafte Truppenbewegungen statt, von denen man annchmen darf, daß sic einem Angriff auf aufständische Albanesen bei Jpck und Djakowa gelten. Newyork. Der neue Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyds „Kaiser Wilhelm II" ist gestern abend 6 Uhr hier eingclrofsen. des Gardasees nicht lehr günllig. Ein heftiger Nordsturm brachte winterliche Tempetalur. Geilern »irleuiahm der König mit Ge folge eine Waaenfabrt nach Brescia, der Haupsitadt der Provinz, zu der die Riviera des GardzserS gehört Die Herrschaften besuchten zunächst da? Rathaus, einen prächtige» Nencussniiee- bau, mit einer ausgedehnten, auf 24 Säulen ruhenden Loggia tni Erdgeschoß. Sodann begaben sie sich zmn Bcolelio. dem Sitze der städtischen Behörden, als BreScia noch fiele selbständige Rcvublik war. Der trotzige, altersgraue Waittutm des Broletto stammt aus dem Jahre iOM und hat die Belagerungen der Stadt dnich Barbarossa und Kaiser Heimich VIl. mit crlclit. Nayebei liegt der alte Dom. ein Rundbau aus lougobardischer Zelt. Des Nachmittags wollten die Hcrilchastcir eine Wagenfahrk nach der doch gelegenen Boca von BreScia untcinelimen, doch herrschte ans dem Burgbügel solcher Sturm, daß sie ihren Vorsatz aiiigeben muyleir. Sie kehrten deshalb »ach der Stadt znrück und besichtigten hier zunächst das Allcktumsmuleuiu, das in einem antiken Teiuvcl mit schönem Säulenovchof uuiergebracht ist. Nachdem die hoben Herischaften noch die Gemäldegalerie und inehiere Kirchen be sichtigt bcuteu, brache» sie kurz vor 5 Uhr nach Gardone-Riviera aus, wo sic um 7 Udr wohlbehalten eiutraseu. —* Se. Königs. Hoheit der Kronprinz traf gestern abend in Begleitung des persönlichen Adjutanten, Herrn Hauptmauns von Zeschau, in Moritzburq ein und stieg in Adams Gasthose ab. Heute früh begab sich der Kronprinz auf Steinbacher Revier, erlegte daselbst einen stattlichen Birkhahn und kehrte alsdann nach Dresden zurück. —* Der Prinz Michael Tolgorouky und der Prinz Michel Hilkosf trafen heute hier ein und nahmen im Hotel Bellevue Wohnung. Daselbst war auch Staatssekretär des Neichs- schatzamtes Freiherr von Thielm ann mit Gemahlin obgestiegen, die Dresden gestern wieder verlassen haben. —* Der Kaiserliche Senatspräsidcnt beim Reichsgericht, Herr OertUches »md Sächsische-. Dresden, 22. April. —* Ueber den Aufenthalt Sr. Majestät des Königs am Gardasee wird der „Mngdeb. Ztg.' unter dem 10. d. M.- ge schrieben: Der Ansentbalt des sächsischen Hofes in Gardoue- - Riviera nähert sich seinem Ende. Nächsten TonnecStag erfolgt , die Abreise »ach Venedig wo die königliche Familie der Grunv- steinlcgung deS neuen GlockenlurmeS von San Maico belzuwvbnen ^ gedenkt. In den letzten Tagen war das Wetter an der Riviera Wohnung des Jubilars zahlreiche Gratulanten. An der L-pitze von Mitgliedern des Reichsgerichts überbrachte Herr Reichs- gerichtspräsident Dr. v. Oeylichläger die herzlichsten Glückwünsche rm Namen des Reichsgerichts, der Reichsanwaltschast, des Reichs- iust'-amts und der Rechtsanwaltschaft beim Reichsgericht. Am Schlüsse seiner Ansprache überreichte der Reichsgerichtspräsidcnt dem Jubilar den Stern zum Noten Adlerorden 2. Klasse. Weiter war erschienen von der Universität eine Abordnung der juristischen Fakultät, deren Ehrendoktor Herr Senatspräsidcnt Dr. Locwcn- stcin ist, bestehend aus den Herren Geb. Rat Professor Dr. Wach, Rektor der Universität. Geh. Hosrat Professor Tr. Holder, Dekan der juristischen Fakultät, und Geh. Rat Professor Dr. Äinding Ferner bemerkte man unter den Erschienenen die Herren Ober- rcichsanwalt Dr. Olshausen, Geh. Iustizrat Patzki, Scnatspräsi- dcnt Bolze und Oberpostoircktor Rührig. —* Im Saale des „Bürger-Kasino" hatte sich gestern abend eine groge Anzahl von Vertrauensmännern der Rcformpartei eingefunden, um Zeuge der Vorstellung des Reichstags kandidaten für den 5. Wahlkreis zu sein. War es doch ge lungen, in Herrn Archidiakonus Reichel einen Mann zu sinken, der durch seine langjährige Tätigkeit als Seelsorger und sein Wirken in der evangelischen Arbeiterbewegung sich allgemeiner Beliebtheit in den weitesten Schichten der Dresdner Bevölkerung erfreut. Nachdem der Vorsitzende der Deutschen Rcformpartei zu Dresden, Herr Stadtrat Dich, die zustimmcnden Schreiben des Konservativen und und Nationallibcralen Vereins zu Dres den zu der Kandidatur Reichel verlesen, nahm, stürmisch begrüßt, Herr Pastor Reichel das Wort und entwickelte in volkstümlicher, zu Herzen gehender Rede sein Programm, besonders seine Stellung gegenüber kirchlichen, nationalen und wirtschaftlichen Fragen be tonend. Minutenlang anhaltender Beifall bezeugte das Einver ständnis der Versammlung mit den Ausführungen des Redners, der hierauf einstimmig als Kandidat der Deutich-sozialen Reform- Partei für den Rcickstagswahlkreis Dresden-Altstadt proklamiert wurde und die Kandidatur mit kurzen Dankeswortcn annahm, lieber Ziel und Aufgaben des Reformvereins und der Partei in den Wah'kämpfen der nächsten Zeit sprachen darauf noch Herr Reichstagsabgeordneter Lotze, Herr Oswald Zimmcrmann und Herr Bezirksdircktor Ahlhelm. —* Der Evangelische Bund veranstaltete gestern im „Keglcrheim" einen Familien-Abend, der sich eines zahl- reichen Besuches zu erfreuen hatte. Nach einer kurzen Begrüßung Kirnst und Wissenschaft. Aötiigl. Hosover. Tie Großherzoglichc Hofopernsängerin Frau Rocke-Heinol von Mannheim hals gestern über einen Berlegenheitsmoment hinweg, indem sie, m Vertretung der krank gemeldeten Frau Wittich, aushilfsweise die Leonore in Beethovens „Fidelio" übernahm. Eine Künstlerin, die den Mut hat, in einer so überaus verantwortungsrcichen, von den höchsten Idealen erfüllten Aufgabe vor ein ihr total fremdes, anirruchsvolles Publikum hinzutreten und sich in dieser zum ersten Male vorzu stellen, empfiehlt sich im vorhinein als eine durchaus ernst zu nehmende Erscheinung. Als solche hat sich Frau Rocke denn auch in der Hauptsache bewährt, und, namentlich in gesanglicher Hin sicht, befriedigt. Die Mittel, über die sie verfügt, entbehren zwar bereits der lugendlichen Frisch«, der einwandfreien Trag- und Leuchtkraft, aber die stimme spannt trotzdem mühelos bis zum H der hohen Loge, sie klingt kräftig, gesund und gewinnt in der Nob lesse eines sorgfältig abgetönten Vortrages nicht unwesentlich an künstlerischem Reize. Ein anderer musikalischer Vorteil ließ sich in der fast tadellos reinen Tongebung beobachten, im künstlerischen Spinnen des Tones, bei dem die Stimme immer fest und sicher steht, ohne von dem, für ein sensibles Ohr unerträglichen Tremolo oder Btbrato beeinflußt zu werden. So gewann man die lleber- zeugung, daß man in Frau Rocke eine gereifte, routinierte Künst- kenn, zweifellos eine gute und zuverlässige Repcrtoirsängerin vor sich hat, der leider, soweit die Darstellung in Frage kommt, eine nicht zu verkennende Nüchternheit der Empfindung anhängt. Am Fühlbarsten trat diese in der Gestik und Mimik hervor, ganz de- sonders stark in den Dialögszenen, die fast nur von der Noutine und dem rein theatralischen Gehabe getragen wurden. Es fehlte der persönliche Charme im allgemeinen und hier insbesondere vcr für die Leonore unerläßlich« Heiligenschein der Märtyrerin, die der Gattenliebe selbstlos die höchsten Opfer bringt, das undefinier bare EtwaS, das speziell diese rührendste aller weiblichen Bühnen- simiren wie m Verklärung erscheinen lassen muß. da« sie zu den höchsten nnnschlichen Hohen emporhebt. Allerdings, wo finden wir beute die Sängerinnen, die olle diese Bedingungen restlos erfüllen! Nickt zu ubersthen war ferner, daß Frau Rocke einige der be- deutsamsten Momente der Rolle, wie „Tot' erst sein Weib" - „Sieh hier Leonoren" auffällig fallen und sich die großen unsehl- baren Wirkungen entgehen lieh, die sich aus diesen hochtragischen und erschütternden Augenblicken ganz von selbst ergeben müssen, wenn die Leonore sich hier im höchsten Affekte mit überyuellcnbem .Herzen, der ganzen Seele eines in ihren heiligsten Gefühlen ge folterten Weibes gibt. — Herr v. Vary hat sich in der Dar stellung des Florcstan bereits wesentlich vervollkommnet, aber auch ihm geht noch der zündende Funke, die unmittelbar an sprechende Größe der unsagbaren Tmdung ab, wie sie mit dem Hcrzblute eines Auscrwählten hier in Musik gegossen ist und im Duett mit Leonoren den denkbar höchsten Ausdruck findet. Die rühmenswerte Vielseitigkeit des Herrn Grcder ließ sich wieder in der gesanglich guten und dorftellerifch charakterischen Wiedergabe des Pizarro schätzen nnd treffliche Leistungen boten Frln. Na st, die Herren Wächter und Jäger in den gewohnten Rollen der Marcellinr, des Rocco und Iaquino. H. 8t. -f* Refidenztheater. Seit den seligen Tagen von .Alt Heidel bergs" rauschenden Pnblikumseifolaen hat man in dem Theater an der Cireusfliaße nicht solch' stürmischen Beifall gehört, wie gellem abend, da Carl Friese in dem tollen fianzösischen schwank „Coralie u. Cre." lein Benefiz festlich beging. DaS Hans war auSverknnst, das Orchester geräumt und die Stimmung von A bis Z die denkbar günstigste für das Stück wie für seine Daisteller. Dieser „Stimmung", die man sich natüiltch in erster Linie dem Benefizianten und seinem Ehrenabrnd zu Liebe „an getan" hatte, war wohl zugleich der durchschlagende HeilrrkeitS- crfolg zu danken, den die Novität von Vaiakneque und Henneauin auch als diamatische Atbeil unter sieghaftem Lachen verzeichnen dinste. ein Erfolg, der au sich selbstverständlich völlig unverdient war. Denn bei Lichte besehen bat .Coralie u. Cle." mlt oll' dem. was man gemeiniglich unter Kunst und Literatur versteht, verteufelt wenig z» tun: kritisch nach einer von diesen beiden Richtungen hin dem Stück belkommen zu wollen, hieße, es nindweg adlelmen müssen. Denn es lebt eigentlich nnr von einem sehr hübsch erfundenen und originell angewandten DekoratlonSIrlc Im zweiten Akte und von den gehäuften Unanständigkeiten in de» BonniSfetzungen und Vkiwlckelungkn der geschickt ansaesponnenen Jabel; nlleS übrige ist Schwankschabtone. wie sie verbrauchter gar nicht gedacht weiden kann mit all' den zu Dutzende» von Malen ausvroblerten Brr- lkgenbeirrn unmöglicher Situationen» in die Männlein und Weib» lein von den Herren Dichtern nach einander gestürzt werden, bis sich endlich am Schluß alles in eitel Freude und Wonne anflöst. Nnr eins könnte an dem Erfolge von .Coralie u Eie." nachdenk lich stimmen: das Wohlgefallen, das das Publikum immer ent schiedener an einer derartig gepfefferten Kost findet, wie sie da in drei Gängen, rul^o Akten, von Valabmauc und Henneqnrn lrrvirrt wird. Man braucht ganz gewiß kein Tugcndvnndlcr z» lein, oder sich gar in Mischer Prüderie gefallen zu wollen, aber was gestern zwilchen kalb 8 und IO Ubr auf den Brettern, die »war nicht die Welt, aber doch die Buhne deS Rcsidenztheaters bedeuten, vor einem wohlerzogenen Publikum gesagt, gemimt und angedeutet wurde, bas ging doch bisweilen — eit renia eerdo — aus keine Kukbant. Viel weiter darf man jedenfalls nicht mehr aus dieser Bahn vorwärts schreiten. — nnd die Bankcrotterkläriing deS guten Geschmackes muß ans der Bühne ordi st nrki verkündet tvechen. mag man das an und für sich erheiternde Moment derartiger Scnwankfnbrikntc auch noch so hoch cinschätzen. Merkwürdig ist nnd bleibt nur. daß selbst ein in künstlerische» Dingen sonst sehr em pfindliches Publikum sür das Theater sich ein völlig anderes ästhetisches Gewissen zuchlrgen geneigt ist und an Situationen. Wendungen und Pointen kernen Anstoß nimmt, deren bloße Erwähnung es sonst zum Gruseln bringen würde. Fast scheint es. als iolltc wieder — allerdings in wesentlich anderem Sinne! — Beaumarchais Recht behalten: von der Süime herab ist alles mrd jedes zu lagen erlaubt. Freilich: guoci liest ckovj. von liest dovi: was Figaro recht, ist Coralie noch lange nicht billig. Doch was wollen all' diese Erwägungen besagen gegen den Erfolg von gestern abend: das Publikum bog sich förmlich vor Lachen, jauchzte vor Vergnügen nnd applaudierte nach beiouvcrs gesalzenen Stellen sogar stürmisch bei offener Szene. Ein Glück nur. daß der Schwank den dar stellerischen Mühen wenigstens ein paar gute Rolle» bietet, unter denen sich übrigens die deS Benefizianten nicht befindet. Hcir Friese svielte den männlichen Teil der Firma Coralie u. Cre.. den in all'seiner Tr oddliakeit kerzcnsauten Elienne. eine Evisode, der stärker heworzntreten erst im letzten Akte knapp Gelegenheit gegeben Ist ES wäre grichmacklos, an dieser Roll« Herrn Frieses schau spielerisches Könne», reinen kirnfflerffchen Ernst und seine große Äewissenhastigkeit i» der Ausgestaltung selbst der Ausgaben, die seiner besonderen darstellerischen Wesensart fern liegen, messen zu wollen. Der Künstler bat z» Hunderten von Nailen, wie man wohl sagen dark noch dam oft auf halb veriorrnrn Posten be-
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