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** —» Nnvar'ciii-ftz n,f*b?" n<«s>* Kusbewabrt. ' - . s» ri» iss« Sonntag, I. Mai IBS »r-chi-MchNftr »achUHion vr-88«» >«nlprecher-r»mmel»umm«r: LSS<41 «» U-chls-ipr»«»«! S0 011 Gegründet B-Mas.Gebühr MUiLE'N »'! »»»8 d»t tL,uai »wetmaliger Monat «-> ,.«v Matt ahn- «oft,uIte»unM.bübr. 1» »lenat,. »ahk^al» »--»»-»« « HIfenät«. >»n «eid«. Nach Goldmari brr«»««,: di, einwattige «o mm breit« ufteUung Irrt Hau» t.70 vtarl. >ulleilung«g,b" «iS. geile Anz-lgm-Preiss: 8 L: I»0 Vlll. Ltlertengebühr 80 Ws,. «u8n,triige «utirLge gegen «orau»be,ahiung. Dresdner Nackir ^chriftleitung und eauptgelchrfttflelle» «arienlirabe SS/»S Druck und Verlag von dievtch ck «etchardt tu Dresden Poslicheck-ikonto lOSS Dresden Nachdruck nur mti »euiiicher Quellenangabe 0ak4 Hülkerl prsxvr 8traÜv, Lvlcv Siäonlenstraüv. tiupkelä >Vsi8enkkiU88trake 24 ?kono1a l'ri-kkonola Vorillkiung unvardinckllük KÜNl8cK833l I-IRVH ÜS80>TSIf clokann-Ssorgen-^Ilss S 5«,»,,,. /^narkanni gut» pr«l»>n,«fiG XUo»,« Neue Wege zum Weltfrieden. Das Nationale als Grundlage der internationalen Verständigung. Stresemann vor -er Universilitt Aei-elberg. Heidelberg, S. Mat. Bet der Ueberretchung deS Ehren doktorüiploms der pHtlosophlschen Fakultät an den deutschen N e i chS a u ß e n m i n t st e r und de» amerikanischen Bot. schafter Dr. Schurman hielt Tr. Stresemann eine Rede über baS Thema: „Neue Wege »nr internationalen Der ftändtguug*. der wir folgendes entnehme»: Ich erblicke in dem Beschluß der staatSwissenschaftlicheu Kommission der philosophischen und juristischen Fakultät nicht nur eine vo» mir mit besonderer Dankbarkeit empfundene An- erkennnng außenpolitischen Wirkens, sondern darüber hinaus ein Bekenntnis der Wissenschaft zn dem Glauben an die I dee ein Bekenntnis oer Wissenschaft zn dem Glanven an o«e r, oee als entscheidender Faktor im geschichtlichen Leben der Völker. Auf zwei große Ideen weist die Urkunde hin, in der di« Kom. isf Mission ihren Beschluß begründet hat. Idle geip reiheit* «n» l»»»S -recht »er Nationen onf Lobe« U»ß Freiheit ,eip7ge Anttäheiung^nd^llch« GM! Damit ist ausgesprochen, daß diese beiden Probleme nicht im Gegensatz zueinander stehen, sondern einander ergänzen, ja einander geradezu bedingen. Es ist unseliges Mißverständnis, das Nationale und das I n te r n a t i o n a l e als Gegen satz htnzustellen und mit dem Begriff des Internationalen den Vorwurf des Nichtnationalen zu verbinden. Damit möchte ich in keiner Weise jenen politischen und geistigen Strömungen daö Wort sprechen, die sich auf der Ansicht ausbauen, daß das Internationale das Höhere der Gestaltung des menschlichen Dasein» darstelle und die in dem Nationalen nur eine vor. läufige Form sieht. Das ist ein schwerwiegender Irrtum. Auch bei höchster geistiger Entwicklung wird der Mensch sich niemals von de» Blntströmen lösen, die sei« eigen sind ans Grund der Traditionen seines Volkes. Dt« größte» Denker und Dichter, die alle» Völkern Großes und Mächtiges zu sage« hatten, habe« das Höchste ihrer Kraft nur da gegeben, wo sie im natio» nalen Bode» «nrzelten. Shakespeare ist ohne England, Goethe ohne Deutschland, Dante ohne Italien und alle ohne die Zeit, in der sie lebten, nicht zu verstehen. Ebenso wird niemals eine Weltorganisa tion aufzubauen sein, ohne die feste natürliche Grundlage, die in den zu nationalen Staaten zusammengcschlossenen ein- zelnen Völkern besteht. Sowie die Wurzeln der Kraft der einzelnen Staaten in der Kraft der ihnen angehörenden ein zelnen Persönlichkeiten liegen, so werden di« Wurzeln deS internationalen Lebens in der Gesundheit der einzelnen Staate« der Weltgemeinschaft liegen, und das Völkerrecht wird, wie K nt ansspricht, nur aus einem freien Föderalis mus der Völker ausgebaut «erden können. Wer die Ver, einigten Staaten von Europa ausbauen will ans irgendeinem MenschheitStypuS, der seinem theoretischen Denken vorschwcbt, der verkennt die realpolitische Entwicklung Ser Dinge und stößt diejenigen zurück, die in der wirtschaftlichen und poli tischen Verbundenheit selbständiger Völker einen Fort schritt zu sehen vermögen. Gleichwie die Persönlichkeit nichts von sich aufgibt durch Einordnung in die Volksgesamtheit und in die Ordnung des Staates, sondern wie dadurch erst der Impuls sich entfaltet zur Konzentrierung aller Kräfte und zu der eigentlich sitt lichen Betätigung, die nur in dem Streben nach einem höheren Ziele liegen kann, so gilt dasselbe für die Einord nung der Völker in die organisierte Gesamtheit der Kultur, weit. Freilich ist noch nicht zwischen de« einzelnen Staate« bersenige Ausgleich erfolgt, den die Natur der Dinge gebietet und der ein gleichberechtigtes Nebenetnanberlebe« gewähr leistet. Ebenso müssen die Forme« für den internationalen Zusammenschluß selbst noch gefunden «erden. So ergibt sich die Aufgabe für die internationale Politik und in besonderem Maße für die deutsche Politik: Die Sicherung eine» freien, gleichberechtigten Deutschland» mit ollen anderen Staaten zusammen in einer stabilen internationalen Form. SS ist eine ungeschichtliche Betrachtungsweise, die Formen Heu Beziehungen, wie sie waren, als etwas krltcheS hinzunehmen. Kaum eine Genera, unerhört« Umwälzungen menschlicher Bor. stellungSkretse erlebt, wie die unselige. Ich brauche hier nicht näher auszuführen, wie tiefgehende Pläne für die Formen internationalen Zusammenlebens innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit entworfen worben sind. Man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, aus welch verschiedener GeisteSver. fassung heran» dir Völker zu verschiedenen Zeiten einander bekriegt haben, um sich darüber klar zu werden, daß auch, das friedlich« Verhalten der Völker zueinander einem ttefgehe«. den Wan' Zum bewußten Aufeinanderprallen von Ideen, die schon ' lich>' ' " " ein friedliches und glückliches Zusammenleben der Nationen de di als Ziel zusammenfaßten, wurde dann di« europäische Krieg führung in dem Zeitalter der französischen Re volution und der heiligen Alliance. Freilich glaubten die damaligen Staatmänner ein solches System nur auf der Gemeinsamkeit der dynastischen Interessen anfbauen zu können. So war e» eine geschichtliche Notwendig, keit. daß dieses Problem tu dem Augenblick scheiterte, als wieder um di« innerpoltttschen Ideen zwischen Dynastie und VvlkSsouveränität gestritten wurde. Neue Wege der FriedenSsichernng hott dann erst wieder BiSmarck befchritte». BiSmarck stellte zuerst die Macht- Politik t« den Dienst, einer planmäßige« Förderung deS Zusammenlebens der Nationen, beschränkte die Auswertung de» StaatswesenS ans ein hem Ermessen «ine spät, menschlich«.-. ett mit dem Gegner von heute ätere gestatte Zu tete. ES «st eine unges der zwischenstaatlicher schlechthin Unabänder tton hat so unerl Wandel unterworfen sein muß. ^ > flep ,. _ heim ein unvergleichliches Denkmal gesetzt hat. aß, das na sammeuar vekannt ist BiSmarck» weitauSschauend« Borbrrei. tnng einer deutsch-österreichischen Verstän digung bet bdn Ntcolsburger Verhandlungen. Die gleichen Gesichtspunkte leiteten Bismarck-schließlich auch mitten im größten Triumph der deutschen Waffen vor Paris, obwohl Frankreich neben der als selbstverständlich angesehenen Zahlung einer Kriegsentschädigung und der Rückgabe Elsaß- Lothringens noch auf drei Bedingungen gefaßt war: Auslieferung der Flott«. Abtretung der Kolonien. Beschrän kung des französischen Rüstungsstandes. Bismarck hat sich auf solche Wege nicht eingelassen. BiSmarck war kein Freund der Zerteilung in Bllndnisgruppen Erst durch den histori schen Brief des Zaren an Wilhelm k., in dem Deutschland in fast ultimativer Form zu einer Option zwischen Rußland und Oesterreich aufgefordert wurde, ist Bismarck auf den Weg des Zwei, und dann des Dreibundes gedrängt worden, und er bat sich bis zum letzten Tage seiner Amtszeit bemüht, diesem Bündnis jeden friedcnstörenden Charakter zu nehmen. Die Generation nach BiSmarck hat diese Politik nicht mehr verstanden. Der Weltkrieg hat dann das gegenseitige Mißtrauen ins Riesenhafte vergrößert. Er hat aber zugleich in allen Völkern die Erkenntnis zur Reife gebracht, daß es so nicht weitergeht, wenn es nicht gelingen sollte, aus dem System der internationalen Anarchie, der unbeschränkten Herrschaft des nationalen Egoismus, der Bündnisse und Gegcnbündnissc hcrauSzukommen. Bolschasler Dr. Schurmann hatte in seiner Rede folgendes auSgeführt: Als mir im vorigen Sommer der Doktortitel verliehen wurde, hatte ich zunächst versprochen, im Oktober nach Heidel berg zu kommen, um das Diplom in Empfang zu nehmen. Unvorhergesehene Umstände machten eS mir jedoch unmög- lich, das Programm innezuhalten. Inzwischen haben sie den Titel eines Doktors k. c. meinem guten Freunde Dr. Stresemann, dem hervorragenden deutschen Außen minister und — wie ich. wenn er nicht anwesend wäre, hinzu- fügen möchte — einem der allerersten aufbauenden Staats. Männer der Welt, verliehen. Es Ist mir ein seltenes Ver gnügen, zusammen mit Herrn Dr. Stresemann hier zu sein. Herr Dr. Stresemann und ich sind auch in Berlin inge - metnsamer Arbeit verbunden. Als Herr Dr. Stresc- mann den Herrn Rektor informierte, baß er im Mai an dieser Universität eine Rebe halten würbe über das Thema „Reue Wege der internationalen Verständigung*, konnte er nicht ahnen, daß in der Zwischenzeit dieses scheinbar so akademische Thema einen äußerst aktuellen Charakter an- genommen haben würde. Staatssekretär Kellogg hat jedoch nunmehr den Regierungen der Großmächte den Ent. wurf eines vielseitigen Vertrages zurAechtung deS Krieges übersandt. Das amerikanische Abkomme» gegen den Krieg schlägt vor, daß zunächst die Großmächte und dann alle anderen Nationen ans de« Krieg als ei« Mittel natio naler Politik verzichten und Übereinkommen, ihre Streitig keiten ans friedlichem Wege z« erledigen. DaS ist der Bor» schlag, den ich die Ehre hatte, namens «einer Negierung am 1». April Herrn Dr. Stresemann zu« Zwecke der Erwägung durch die deutsche Regler««- zu unterbreite». Während der drei Jahre, die ich als Botschafter der Ber- einigten Staaten in Deutschland bin. bin ich in immer steigen dem Maß« von der Aehnltchkeit der grundlegenden inter- nationalen Ideale ber Regierungen und der Völker unserer beiden Länder durchdrungen worden. Und setzt ist die Iden- tttät ihrer Stellungnahme zu der großen Frag« ber Aechtuug de» Krieges ei» weitere» Beispiel und «m« wettere vestätt. gung dieser internationalen Sameradschast. Deutschland und die Berelnigte« Staate« marschiere« vorwärts ln «ine« große« «nd edlen Kamps« sür die Sache der menschlichen Kultur. Ich hoffe ernstlich «nd erwarte auch zuversichtlich, daß alle Nationen der Welt sich bald diese« glorreiche» Zuge «»schließe» »erde«.- , , Fist die grvße Aechke. Worum geht eigentlich dieser Wahlkampf, der nun seit Wochen mit steigender Wucht in den Versammlungen tobt und der in den nächsten Tagen auch noch die Straße er obern und in die Häuser dringen wird? Schlagworte schwirren in Massen durch die Luft, schreien von den Anschlag säulen, erhitzen die Debatten. Meist allbekannte Parolen, die schon in so und so vielen Wahlkämpfe» ihre Zugkraft erprobt haben und offenbar immer noch der Erfüllung harren. Das verwirrende Getöse löst sich aber in einer einfache« Formel, nach der sich die Reihen ordnen lassen, die eine klare Front mit großem Ziele ermöglicht. Sie heißt: Union der Linken gegen die große Rechte. Wir haben nun in nahezu 10 Jahren de» Bestehen- ber demokratischen Republik Erfahrung genug, um zu wissen, daß Wahlprogrammc und Versa,nmIungSversprechnngen nur schmückendes Beiwerk sind, Der ganze Spuk zerstiebt, wenn der Zettel in die Wahlurne gefallen ist. Worauf es dann ankommt und was vier Jahre lang bleibt, schicksalbestimmend für Volk und Vaterland, das ist die neue Verteilung der politischen Macht. Von diesem praktischen Gesichts punkte aus gesehen, hat die Linke ihr Wahlziel viel klarer herausgestellt als der In allzuviel Teile zerfallende Block der Rechten. Ihr Nufer im Streit, der Abgeordnete Dr. Wirth, hat es seit Jahr und Tag verkündet mit der Forde rung: 80 Republikaner mehr! Wobei das bester klingend« Wort Republikaner euphemistisch sür Sozialdemokraten ge braucht wird. Und der Marxismus aller Schattierungen Hirt den „Kampfmai" eröffnet mit dem noch eindeutiger klingende« Feldgcschrel: Nieder mit dem „Bttrgerblock"! Das heißt also Rückkehr zu den Zuständen, die uns in den ersten Nachkriegs, iahrcn an den Rand des Abgrundes gebracht haben. Zer störung ber Aufbauarbeit, die in vier Jahren von sozialisten reinen Regierungen geleistet worden ist, Ausschaltung de» Bürgertums von der Ausübung der Macht, Entwicklung zur proletarischen Diktatur und zur neuen Revolution. WaS uns erwartet, wenn am Wahltag die Bltttenträume ber sozialistischen Kampfmaien reifen würden, das wäre eine Negierung, wie wir sie unter roter Führung zur Genüge kenncngelernt haben: nach außen utopisch würdelos — mau denke an die neuerliche Anbetung Potncares als Versöhnung», engel durch den „Vorwärts" —, nach innen unduldsam und brutal — Brauns Prcußenregicrung hat dafür einen Vor geschmack gegeben —. wirtschaftlich aber hirnlos demagogisch, wie in diesen Wochen die wirtschaftswürgende und preis- treibende Entwicklung der großen Arbettskämpfe beweist. Wenn man sich recht überlegt, sind baS Aussichten, die niemanden verlocken könnten, abgesehen von den Millionen, die nun einmal durch gewerkschaftliche Organisation oder sonstwie auf das marxistische Dogma eingeschworen sind, weil sie es eben nicht anders wissen. Trotz dieses festen Stammes von Linkswählern, den keine Propaganda und keine Be lehrung erreichen kann — auch nicht eine so vernünftig aus die Bedürfnisse der Arbeiterklasse zugeschnittcne. wie die der altsozialistischen Partei —, bedarf cs noch eines weitere« Millionenzustromes aus anderen, nicht gebundenen Volks schichten, wenn das Ziel der LtnkSmehrheit erreicht werden soll. Um sie zu erfassen, rechnet der Marxismus auf die durch die Arbeitskämpfe der letzten Zeit aufgepeitschte Un zufriedenheit weiter Kreise, auf die Beeinflußbarkeit ber Jungwähler, die zum ersten Male zur Wahlurne schreiten, und nicht zuletzt aufdteVergeßlichkeitdeSBürger» tu ms. Leider nicht mit Unrecht, wie die trotz aller schlim men Erfahrungen immer weiter um sich greifende Zer. splittcrung in der politischen Mitte und im Rechtslager Ve- weist. Der Trost, baß auch im roten Heerlager nicht eitel Brüderlichkeit herrscht, ist gefährlich: denn es ist kurzsichtig im höchsten Grade, wenn man vom rein parlamentS-artth. metischen Standpunkte aus sehend, etwaige ManbatSverluste ber Sozialdemokratie zugunsten der Kommunisten auf der Gewinnseite für das Bürgertum bucht. Eine solche Er- scheinung würde doch nur für die wettere Radikalisierung ber Massen sprechen, die sich — ob sie nun Sozialdemokraten heiße« oder orthodoxe Kommunisten oder auch Lenin- bünbler — in ihrem politischen Wollen einig sind, wenn sich auch die Führer noch so sehr in den Haaren liegen. Die anläßlich de» Meinungskampfes um da« Rotfront-Berbyt auch in bürgerlichen Blättern oft geäußerte Ansicht, die Kom. munisteu^rissen bloß da» Maul auf und würden im Ernstfall glatt versagen, ber Bolschewismus bilde für un» kein« Ge fahr mehr, weil Deutschland nicht Rußland fei, ist darnut