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KS. Jahrgang. 331 Freilag, 22. August 1924 Gegründet 1838 Dnldlanlchrlft: liochrtchlrn Dr«»»«». F«rnlprech«> -Sammelnummor 28 241. Aur iür «Uachlgelprücho: 22 Oll. Hochdruck nur mil deuUicher Qu«N-»anr,»ve >.»,rsdn»r Nochr.-> »ulSMq. — Nnverlan«!» SchrMNücke werden nicht ouldcwadck, Schriftlettvng und KciupIgeichdussteUe: M»rI«nIIrade 3S/4O. Druck u. Verlag von vlepsch » Velchardl m Dresden. Paftlcheck-Konlo 1OSS Dreede». p,/Es Wolttrsmm ii-osei. Weltmsfks. Verkauf nur VIXI'Okl^t'IHUL, kringZtrsks ^tr. 18. Wellmsricv. Annahme der Gutachtenaefetze im Reichsrat. Die Verteidigung -es Londoner Abkommens durch die Reichsregierung. Die Regierungserklärung Kerriols in -er französischen Kammer. Zweidrittelmehrheit für das versassungs- ändernde Gesetz. B'erlin, 2l. Aua. Der Reichs rat beschäftigte sich heute mit den Guiackstcngesehen. Angenommen wurde neue» die beiden Mecklenburger das Bankgesetz. ebenso das «vesctz über die Privatnntenbankeu und das Gesetz über die Jndnstrie- belastuug. An besonderer Abstimmung wurde mit allen gegen zwei Stimmen die Eisenbahnvoetage angenommen, nur die Eiertreter Ostpreutzcns ui-d Pommerns stimmien dagegen. Der Mist im in »ng enthicüen sich Bauern. Wiiritemberg, Thüringen und die beiden Mecklenburg.r. Die erforderliche ZiveidrUtelmehrheit für das ver- fassnugsändcrnde Gesetz war damit oorkanven. Angenommen wurde fernerhin mit Mehrheit der Elesctz- entwurs über die Personalverhältnisse bei der Reichsbahn, die Vorlage über die Liquidierung der Rentenbank, das Münzgesetz und das Mantclgesetz. Weiter »ahm der Rcichs- rat die Novelle znm Reichswahlgesch an. Die wesentlichste Bestimmung ist folgende: Die Abgcordnetenzisier wird aus !!!>!> scstaesetzt. Aus je 75 llil» Ltimmci«, bisher Kl! IM. soll ein -ldgcordncter entfallen. IW. T. B.> Eine Denkschrift an den Reichsral. Älertin, 21. August. Dem Neicherat ist znm Eniivnrsc deö Gesetzes über die londoner Konferenz eine erläuternde Denkschrift zugegangen. Die Denkschrift betvirt. dass cs sich beim londoner S ch l n tz p « o I o k o l l uin ein einheitliches «Ganzes handelt und das, eines der darin enthaltenen Ab kommen ohne die anderen in Kraft treten und dnrchgcfiihrt werden kann, ferner, das; die Konferenz in ihrer Schlußsitzung vom Notenwechsel zwischen der deutschen, französischen und belgischen Delegation über die militärische Räu mung Kenntnis genommen hat. Am einzelnen bcmerlt die Denkschrift zu den vier inhaltlich bereits bekannten Abkommen dann noch, das; zur Vermeidung icden stweiscls im Schlutz- protokoli die Schuldsummen für die verpfändeten Zölle und Li nern für die nächsten fünf Jahre genau sestgelcgt sind und das Kontrollrecht des Kommissars für die ver pfändeten Einnahmeanellen in der Nvrmalstufc lediglich auf das Recht aus A n S k n n f t S e r t e i l n n g beschränkt bleibt. Der Eintritt einer schärferen Kontrolle ist an ganz bestimmte Vvranstctznl'grn gekmipst, so das; eine willkürliche Steigerung der KonirvLc ausgeschlossen ist. Weiter hebt die Denkschrift hervor, das; für die Durch führung des Lach verständigen planes eine ge wisse Elastizität dadurch erzielt wurde, das; ein beson deres Verfahren zur Acnderung des Planes bestimmt wurde. Durch die Bestimmungen über die w i r t s ch a f t l i ch e R ä u - mung wird für alle Zweige der denischcn Verwaltung künf tig ausschließlich das R h e i n l a n d a l, k v m in c n maßgebend sein. Die unbehinderte Ausübung der deutschen Ge richtsbarkeit im Rheinland ist sichergcstellt. Die mit der A m n e st i e in Znsainmenhang stehende Frage der anö den besetzten Gebieten a » s g e w i c s e n e n Deutschen soll bei Unterzeichnung des Schlutzprotokolls durch besonderen Notenwechsel geregelt werden, über den bereits ein Ein verständnis erzielt ist und durch den alle Ausweisungen grund sätzlich rückgängig gemach« werden. Ferner soll gelegentlich der Unterzeichnung am M. Aug. von der deutschen Regierung an die Konferenz eine im Wort laut bereits mit der Gegenseite festgeiegte Note abgesandt werden, in der die deutsche Negierung betont, daß sie die im Abkommen zwischen den alliierten Negierungen vor gesehene Anwendung des 8 22 Anlage 2 zn Teil 8 des Fric- dcnsvcrtragcs nicht als gerechtfertigt ansche und das,, wenn sie im vvrliegeiwen Falle keine Folgerungen daraus ziehe, dies für die Zukunft nicht als Präsudiz angesehen werden dürfe. Der Denkschrift tst der Notenwechsel zwischen der französismen und belgischen Delegation einerseits und der deutschen Delegation anderseits über die N'ililärischc Näninung des NuhrgrbieteS innerbalb einer Hvchstfrist von einem Fahr sowie hinsichtlich der mililärischen Räumung der Zone Dortmund — Hörde beigcfngl. Ferner erhält sie ein zwischen der deut schen, französischen und belgischen Delegation vereinbartes Memorandum über die Erklärung von Herriot und Theunis, das; sie sich nicht widcrsctzcn werden, das, die im Frühjahr IW! besetzten rechtsrheinischen Sank- tionsgebiete gleichzeitig mit dem Ruhrgcbiei geräumt werden. Als letzte Anlage ist der Denkschrift der Brief MacdoualdS an Herriot und Theunis beigcgcbc», in den, der englische Premierminister erklärt, das; die Ncchtmästigkcit der Ruhrbesctzung von der britischen Negierung niemals anerkannt worden sei, und mit aller Ltärkc darauf dringt, das; die beteiligten Regierungen jeden nur mögliche» Lchrili tun, um die Räumung z» beschleunigen. Die Deulschnalionalen bleiben sesl. Die ablehnende Fraklionssihung der Deulschnalionalen Volksparlei. iDraht Meldung unsrer Berliner Schrlstleitung.s Berlin, 21. Ang. Tie D c u t s ch » a t l o n a le Volks- vartei hielt heute nachmittag im Reichstag die angctündigtc F ra k t i v n s s i tz n n g ab, um sich mit dem Ergebnis vvn London zn beschäftigen. Der Parlctvorsitzende Exzellenz Hergt erstattete das eingehende Referat über die politische Lage. F» dem über die Sitzung ausgegebencn partcivffiziöscn Bericht heisst es: Die dentschnationale NcichStagsfrattion spricht zu der bis herigen Haltung der Parteileitung, insbesondere zn der Ver öffentlichung vom 15. August 1021, einmütig ihre Zustimmung ans. Sie stellt einstimmig fest, das; sie nach wie vor aus den in ihren siebe» Punkten vom 22. Juli IWi und in der Rede des Abgeordneten Tr. Hoetzsch vom 2«i. Fnli st>21 fcsigelegten Standpunkt verharrt. Sie ist sich dabei ihrer Verantworinng voll bewusst und ist überzeugt, das, sie mit dieser Haltung den Interessen und der der Stimmung ihrer Parteifreunde im be setzten Gebiet entspricht. Nach dieser Erklärung lehnt also die dentschnationalc Reichstagssraktion das Ergebnis von London ab. Die Er klärung lässt aber die Frage, die ausschlaggebend ist. nämlich die. ob die Regierung die Auslösung des Reichstags »verde vornehmen müssen oder nicht, osscn- Es wird nicht darauf ei,«gegangen, wie sich die Fraktion z» de» vcrsassungsändern- drn Gesetzen über die Umwandlung der Reichsbahn stellt. Man glaubt daher in den Kreisen der iidrigc», namentlich der Regierungsparteien, damit rechnen zu können, das, die Deutsch- nationalen zwar die Londoner Vereinbarungen ablchnc» wer ben. dagegen die Annahme des Eisenbahngesctzes und damit die Lebensdauer des Reichstags nicht gefährde» würden, weil das Eiscnbahngcsctz jq immerhin sür Deutschland ziemliche Verbesiernngen der gegenwärtigen Lage im besetzten Gebiet bringt. Eine Ablehnung der andere» (besetze würde die Kon ferenz von London nicht in die Gefahr bringen, vergeblich ge wesen zn sein, und könnte deshalb, so erklärt man von den MchrheitSparteien, ruhig mit i» Kauf genommen werden. Sollten sich diese Vermutungen als falsch erweisen, so wäre allerdings die Auslösung des Reichstags der Schlussstrich unter die Londoner Episode. Die Berliner Abenüpresse zur Kalkung der Deulschnalionalen. Berlin. 21. Aug. Die Nücndprcsse beschäftigt sich in ein gehender Weise mit der Haltung der Dcntschnativnalen Vvlks- pariei ln der Frage der dem Reichstag vorliegenden Dawcs- «stcsetzc. Tie „Denischc Zeitung" vertritt nach wie vor einen schürfen ablehnenden Standpunlt und erklärt, das; mindestens an der Ablehnung deö Etscnbahngesetzes nickst mehr zn zweifeln sei. Die .Frcnzzeitnng" führt aus, dasi die von Linksblättcrn vertretene Meinung eines Umsalls der Deutschnationalen sich immer mehr verflüchtige. Das Blatt wendet sich im übrigen gegen die von Locbe vertretene Ansicht der Herbeiführung eines Volksentscheids. Die „Zeit" schreibt in ihrem Leitartikel, sie «volle hoffen, das, von der Dentschnationalcn Partei der Rausch der Volks versammlungen und der Presse durch die Politik der Verant wortungsbewußten überwunden iverden möge. Die „Germania" beschäftigt sich eingehend mit der Lage der Dentschnationalc» Partei, die sic als sehr schwierig bezeichnet, »nd ist der Ansicht, das;, «vcnn bie Dcntschnatioiialc Partei ihre Qualität retten wolle, sie ihre Quantität bedrohe, >»« andere» Falle sich aber sür die nächste Zeit ans der Politik überhaupt ausschaltc. Das „Berliner Tageblatt" charakterisiert die allaemeine Auffassiing dahin, die Sozialdemokraten seien davon über zeugt, das, die Dcnisck,nationalen sich ablehnend verhalten mürdcn. Ter gleiche Eindruck bestehe beim Zenirnm. Die Demokraten erivartctcn. das, die Dentschnativnalen nach einen« Ausweg suchen, und die Deutsche Volksvartci hofft nicht nur ans Annahme des Eisenbahngeseves. sonder» auch auf Annahme des Mantelgcsetzcs. Das Blatt bclcnckstet die Möglichkeit eines Zerfalls der Deutschnationalcn Partei und hebt als milbcsiiinincnd für ihre endgültige Haltung das Kreditbedürsniü der Landwirtschaft hervor. Die „Vvssiiche Zcitnng" erwartet, das, der radikale Flügel der Deutschiiatioiialcn Partei das Uebcrgcwicht behält, und die Einsichtigere» um Hergt im Interesse der Einlicit der Partei sich fügen würden. Das Blatt fordert in diesen, Falle Auslösung und Volksentscheid. Der „Berliner Börscncviiricr" stellt fest, das, sich der Widerstand der Deutschnationalen verhärte. Schiedsgericht und lnleralMerle Schulden. Wie eng eine befriedigende Lösung der Frage der inter- alliicrle» Schulden auch mit den deutschen Belangen ver knüpft ist. haben die Vorgänge ans der Londoner Konferenz erwiesen, als Herriot plötzlich die Schwenkung in der Stellungnahme zur Nnhrränmniig vollzog und England mid Ainerika zur allgemeinen Ucbcrraschung den veränderten sranzösischc» Standpunkt billigten. Unmittelbar nach der Rückkehr Herriols aus Paris schien dieser geneigt zu sein, die deutsche Mindestforderung der militärischen Näninung des Ruhrgcbicts bis zum 10. Januar 1025 zu erfüllen, und Tr. Strcsemann glaubte ans Grund seiner Anssprache mit dein französischen Kabincttschef eine dahingehende Zusage bereits in der Tasche zu haben. Inzwischen hatte aber Loucheur, der ehrgeizige und unermüdliche Verfechter des Gedankens einer Verschmelzung des französischen Eisens mit der deutschen Kohle, im Elps-'e mobil gemacht »nd erreicht, da« der Präsident der Republik sich zn der Meinung bekannte, Herriot dürfe das Nuhrgebict keinesfalls „so billig" hergcber«. Loucheur wurde daher Herriot auf die Fersen geschickt und machte ihm in London kurz und bündig begreiflich, dost er cntn'eücr ein Entgegenkommen Englands mit Bezug auf die Regelung der interalliierten Schulden nach Hause bringen oder clne» „P«estigccrsvlg" in der Frage der Nuhrräumung erzielen müsse. Herriot sprang nun glalt über de» Stock und zeigte sich von da an im Punkte der einjährigen Räu- mnngssrist »ncrbiiilich. Macdonald mackste dann den Ver such, Herriot mit halben Zusage» in der Schuldenfrage ab- znspeisen, «vorauf dieser aber nicht cinging, sondern erklärte, Maedonald könne die Zusage -er Nuhrräumung binnen 21 Stunde«: haben, wenn er wegen der französische«! Schulden an England einen entscheidenden Schritt tue und das Ver sprechen gebe, sie zn streichen. Von einer Vernichtung des französischen Schuldbiiches wollte aber Macdonald nichts wissen, »nd er konnte sich »m so weniger darauf cinlassen, als auch von amerikanischer Seite scdes Entgegenkommen abgclehnt wurde. Die französischen Schulden an England und die englischen an Amerika aber stehen insofern in Wechselwirkung, als die Engländer wiederholt erklärt habe», sie konnten sich ans einen Verzicht ihrer Anleihcsvrderungen nur unter der Bedingung einlassen, das, ibre eigene Schuld an Amerika, die ungefähr doppelt so grvst ist wie die fran zösische an England, um einen entsprechenden Betrag ge kürzt würde, ein Verlangen, das die Amerikaner bisher rnndweg abgelehnt haben. So n»ar das Ende vom Liede, daß Deutschland, wie gewöhnlich, zum Prügelknaben gemacht «vurde, der sür die Uneinigkeit der Alliierten büßen mutzte. Der ans englischer und amerikanischer Seite mangelnde gute Wille, ebenfalls tin Interesse der Befriedung Europas ein pekuniäres Opfer zu bringen und dadurch die Lösung der Rcparaiivnssiagc von einer wesentlichen Hemmung zu be freien, führte zu dein Ergebnis, das, dem notleidenden Deutschland auch noch die einjährige Riihrräumnngssrist ans gepackt wurde. Es ist aber bekanntlich ein Matz in allen Dingen, und so «vird man annchmcn dürfen, das, man in London und Washington schließlich doch einmal unter dem Drucke der Verhältnisse gezwungen sein dürfte, der Frage der Streichung der interalliierten Schulden ernstlich nähcrzntrcten. Soweit Frankreich in Betracht kommt, besteht gar keine Aussicht, das, es jemals imstande sein könnte, seine Schulden an England zurückzuzahlcn. Die sran.zösische Presse hat dies noch in den letzten Tagen anläßlich der Erörterungen über die Londoner Konferenz klipp »nd klar ausgesprochen. Sobald aber Eng land einmal erkannt hat, daß es von Frankreich »icksts er langen kann, weder Kapital »och Zinsen, «vird cs auch be strebt sein, auf Amerika eine» nachhaltigen Druck anSznnbcn, um seinerseits Erleichterung für seine amerikanische Schuld zu erhalte». Damit wird dann die ganze Frage dein Punkte genähert, wo sich als natürlicher Weg zur Schlichtung des Streites ein schicdsgcrickstliches Verfahren darbictet. Diese Art der Regelung liegt für die interalliierten Schulden be sonders nahe, nachdem der in London geschlossene Vertrag zwischen Dcntschland und den Alliiertci« überall mit dein schiedsgerichtlichen Gedanken durchsetzt worden ist. Das schiedsgerichtliche Prinzip hat bei den Bestimmungen über die Ausführung des Dawes-Gnlackstcns in wetten« Matze Be rücksichtigung gesunden. Insbesondere ist hervorzuhcbe», daß eine schiedsgerichtliche Entscheidung stattziiiindcn hat, wenn die Reparalivnskommissivn bei der Feststellung einer deut schen Verfehlung nicht zu einem einstimmigen Urteil gelangt. Dadurch, sowie durch die weitere Einschränkung, das, eine Verfehlung Dcnlschlands „BöSwilligkett", also ein schuld-,