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Jer RllhrrällMllligstausch. Frankreich will -ie Ruhr erst ein Jahr nach Ausführung -es Gutachtens Uebermähige wirlschasttiche Forderungen der Franzosen für -ie Ausgabe der Ruhrbesehung. verlassen. Auhrriiumung, MiMärkonlroUe, deutsch - französisches Handelsabkommen. <D u r ch K u n k s p r u ch.) Paris, 12. August. lieber die HaiiptverhandlungSgegen- stände des »estrige» Tages i» London. uiilitärisclx Räumung des iliuhrgebketes, Ptilitärkontrvllc »nd deutich iranzösische WirtschastSbezichungcn. meldet der Sonderberichterstatter dcS „O.uotidien": Der französische Plan tiber die militärische Räumung des Rohrgebietes stellt kein Tauschgeschäft l?i dar. Die französische Regierung stellt ans den, Standpunkt, das, inan erst in einem Jahre misse, vb der Sachnerständigenplan anaemessen durch- gesührt wird. Sie wird das Rnhrgcbict spätestens ein Jahr nach der Ausführung des Lachverständigenplancs räumen. Gestern abend untcrliiclt sich Herriot mit Dr. Llrcsemann län gere Zeit über diese Krage, alsdann nntcrrichtetc Herriot den englischen Ministerpräsidenten von seiner "Besprechung init den» deutschen Außenminister. Was die Militärkontrolle anlangt, so »abm Macdonald obnc weiteres den Vorschlag Herriots an. bei Deutschland die Annahme der von der Botichaslerkonscrenz gestellten Bedin gnngen durchznsetzen, ehe das Protokoll der Konferenz unter zeichnet wird. Die Kölner Zone wird von den englischen Truppen ge räumt werden, sobald die Abrüstung Deutschlands durchgeführt ist. Alsdann wird die Interalliierte Koniiollkommission in Berlin ihre Bollmachtcn auf den Völkerbund übertragen. Hinsichtlich der französisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen überreichte der sranzösiiche Kinanzminister Elc'mentel Dr. Ltreseman» ei» Dokument, in dem die leitenden Grundsätze dieses Abkommens nach französischer Auffassung niedcrgelegt sind. Das Dokument soll aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung mit t^egenscitigkeit für Frankreich und Dentschland aufgcbant sein. So ivird Dentschland durch langfristige Ver träge Krankreich z. B. im Austausch von notwendige» Erzen den nötigen Koks liefern müssen. Desgleichen wird auch im Jahre 192', das Saargebiet im Austausch gegen zollfreie Ein fuhr deutscher Waren seine Waren nach Deutschland ausführen können. Der leitende Gedanke besteht darin, die Wieder herstellung normaler Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ost- srankreich und Westdeutschland anznstreben. Was Elsas, und Lothringen anlangt, so handelt es fick um eine Ver längerung des derzeitigen wirtschaftliche» Verhältnisses über einen noch zu bestimmenden Zeitpunkt hinaus. Hierbei kommen zwei oder drei Jahre in Krage. lW.T.V.l Zur Frage der militärischen Ruhrräumung teilt der Londerdienst von der Londoner Konferenz nach folgendes mit: Bei der Beratung der großen Sieben, sic ist nicht zn verwechseln mit der gleichfalls stattgebabten Be ratung der grasten Vierzehn, bat der französische Premier minister einige allgemeine A » d e n t n n g e n über seinen Standpunkt über die militärische Rilhrräiunuiig gemacht. Man schliestt daraus, das, der französisch-belgische Plan, der vor 1t Tagen aiiögcnrbcitet worden ist, fallen gelassen wurde »nd das, man bisher keinerlei »e»cn ins einzelne gehenden Plan Die Bedingungen für Uebernahmepreis S1V, Prozent. sTonderdlcnst von der Londoner Konferenz.) London. 12. Aügust. lieber die Bedingungen für die Reparationsanleihe verlautet ans .Kreisen der Bankwelt, das, die Zinsrate 7 Prozent, der Ausgabeprcis »2 Pro zent und der U c b e r n a h m c p r c i S 91,'-t! Prozent betrage» würde. Ergänzend erfährt man von sehr gut unterrichteter deutscher Seite, das, an der Unterbringnngsmöglichkcit für die Anleihe nicht zu zweifeln sein dürste, sofern die gegen wärtigen politischen Verhandlungen ein positives Ergeb nis zeitigen. ES wird also Ausgabe der Verhandlungen sein, möglichst günstige Bedingungen zn erzwingen. Eine Zinsrate von 7 Prozent »nd ein Ucbernahmepreis von 91^ Prozent, was in Wirklichkeit 8 Prozent bedeutet, erscheint recht hoch und der Ausdruck einer nicht unerheblichen Risikoprämie. Diese zu beseitigen, wird Aufgabe der Politik sein. Es wird also die Höhe des ZinSfustcö der Ausdruck des Erfolges unserer Politik sein. Hausse deutscher Werte in London. lEignerDrahtbericht der »Dresdner Nachrichten".) London. 12. Ana. „Dailn Mail" meldet: An der Londoner Börte sind seit I. August sür 2 Milliarden Schilling deutsche Werte nmgcscvt worden. Die .Kaufaufträge, die täglich den Banken zngehcn, lasten eine weitere Hausse in deut schen Papieren erwarten. Die Auswärtsbcwcgnng ist die stärkste- die ausländische Werte seit Kriegsende an der Londoner Börse erfahren haben. Sic verteilt sich aus alle deutschen Papieren ohne besondere Bevorzugung von Spezial- werten. Steigen Ves Pfunds in Neuyork. Berlin, 12. August. Der HandelStcil der »Times" bringt folgende Ausführungen z» dem Steigen des Psund- kurseS in Neun ork: Seit einigen Tagen gibt Rcunork Beweise des Vertrauens in die Zukunftsaussichten c anSgearbcitet hat. Die Haupt- und kritischste Krage ist die grundsätzliche Entscheidung, ob sür die Ruhrräumnng ein b c st i m in t e r Tag oder Termin festgesetzt werden soll oder vb sie abhängig gemacht werden soll von dem Be weise des guten Willens oder der Vertragstreue Deutschlands und ob man die Räumung stufenweise vornehmen soll. Der deutsche Standpunkt in dieser Hinsicht ist im allgemeinen bekannt Die deutsche Delegation kann angesichts der Stimmung in Dentschland keinerlei Konzessionen insbesondere gegenüber dem Stand punkt der bedingungsweiscn Räumung des RuhrgcbietcS machen. Die Räumung sowohl in w i r t s ch a s t l i ch c r als in militärischer Hinsicht ist mit dem Datum der Unterschrift und dem Beginn der Ausübung des Dawesplanes fällig. Die Ruhibesctzung ist wirtschaftlich von Pvincarö damit begründet worden, das, sie als Schut) sür die Ingenieure zur Er langung von Reparationszahlungen cingcsührt wurde. Sobald Reparationszahlungen gesichert sind, darf die militärische Be setzung nicht fortgesetzt werden. Der Kortgang der Kon ferenz lässt sich mit einem Ringkampf vergleichen, in dem augenblicklich beide Parteien keinerlei Kortschrittc zn machen scheinen, obwohl gerade augenblicklich der Höhepunkt erreicht ist. Immerhin betrachtet man die Ankunft des belgischen Handclssachvcrständigen von Langcnhvven als besonderes Kennzeichen. Plan nimmt jedoch an, das, die gegenwärtigen Verhandlungen zwischen Deutschland, Krankrcich und Bel gien einen Handelsvertrag «icht sosort zeitigen werden, da die zur Verfügung stehende Zeit zu knapp ist. Die Krage der Versorgung der französischen Eisenindustrie durch Nuhrkohle und die Meistbegün stigt! n g s k l a u s c l werden zweifellos im Vordergrund der Beratungen stehen. Zn gleicher Zeit werden auch von Krank reich gewisse Sicher hcitsfordcr urigen gestellt. Kür die deutsche Delegation liegen hier sehr starke Be denken vor. die aus dem Lebensrecht der eigenen Industrie heraus geboren sind. Sie wird aber wohl in ihrem Gegen- vvrschlag darauf zukommen, das, sie für eine kurze Ueber- gangszeit bereit ist. auch über die Kristcn von Versailles hin aus der französischen Industrie Gelegenheit zu geben, sich wieder aus normale Verhältnisse einzustcllen. Hier wird es nicht ganz leicht sein, meitcrzukommen. ES besteht, im ganzen gesehen, der Eindruck, hast in politischen Kragen eine Einigung möglich ist. das, in wirtschaftlichen Kragen dagegen die fran zösischen Korderungen weit über die Grenzen dessen hinaus- gehcn, was Dentschland zngcstcheu kann. Am Dienstag nachmittag werden darüber, während sich vormittags II Uhr die Voll- kvnfcrcnz mit dem Bericht des dritten Ausschusses befasst, die Verhandlungen sortgesührt, an denen auf deutscher Seite die Minister Strcsemann und Luther und Staatssekretär Trendelenburg tcilnehmen. Unmittelbar daraus wird der Ansiciiminister die militärisch-politische Diskussion mit Herriot fortsetzen, cs ist aber kaum wahrscheinlich, dast am Dienstag schon ein Abscbinst erzielt wird. Die Lcnidoner Kon ferenz bietet ge >rtig das Bild einer Wage, bei der die beiden Schalen, also militärische Räumung und Handels beziehungen, solange gegeneinander abgewogen werden müssen, bis daS Glcichgeivicht hcrgestellt wird. die deutsche Anleihe. Europas, indem eS Pfund Sterling und Kranken kaust, wäh rend zugleich englische Operationen für deutsche Rechnung stattgefnndcn haben. Die Tatsache, das, eine weitere Abschwä- chung der deutschen Währung, ansgedrückt in Pfund Sterling, stattsindet, darf nicht als ein Ausdruck der ungünstigen Be urteilung der politischen Lage ausgesasst werden. Es must be rücksichtigt werden, das, die Rente „mark ans den ameri kanischen Dollar aufgebaut wurde, und da das Pfund Sterling eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Dollar gezeigt hat, ist es nun natürlich, das,, wenn auch alle anderen Kaktvrcn gleich sind, der deutsche Wechsel etwas zugunsten Englands sich verändert hat. Hughes in Neuyorlr gelandet. Reste Eindrücke über ganz Europa. lEigncr Drahtbcricht der »Dresdner Nachrichten".) Gens, 12. August. Der Pariser „Hcrald" meldet aus Ncunork: Hughes ist gestern in Neunork gelandet. Er begab sich »ach kurzem Aufenthalt sofort nach Washington weiter. Von den zahlreichen. Pressevertretern fand nur der Vertreter von der »Associated Prcst" Gelegenheit, Hughes wenige Augenblicke zu sprechen. Hughes sagte u a., er habe den besten Eindruck von der Kriedsertigkcit der Alliierten erhalten, aber auch von dem ernsten Willen Dcntschlands, seinen Verpflichtungen soweit nachznkommcn, als dies angesichts der wirtschaftlichen Rot des dcntschcn Volkes möglich wäre. Seine Eindrücke in London, Paris, Brüssel und Berlin seien gleich gute und vortreffliche. Davis für Eintritt Amerikas in den Dölkerbnnd (Durch Funkfpruch.) Neuyork. 12. Aug. In Elarksbnra in Ostvirginien hielt der demokratische Präsidentschaftskandidat Davis eine Rede, in der er sich für den Eintritt Amerikas in den Völkerbund aussprach. Amerika werde bald im Völker bund vertreten sein und rS habe rin Anrecht daraus. lW. T. B.) Die englisch-türkische Spannung. Von unserem Korrespondenten. Konstantiuopcl, Anfang August 1921 Die Beziehungen der neuen Türkei zu den Großmächte» und zu ihren Nachbarn schwanken zwischen leiser Verstimmung und leichter Spannung, aber in keinem Kall sind die Gegen sätzc so tiefgründend, so nahezu unheilbar, wie zwischen der jungen Republik und Großbritannien. Rur wer in steter Kühlung mit leitenden türkischen Politikern lebt, kann be urteilen, wie tief und leidenschaftlich die anglo-türkischc Inter- essendivcrgcnz hier empfunden wird. AIS vor einigen Mo naten der englische Außenminister die Lausanncr Lösung der Meerengcnsragc als Erfolg des Korcign Office ver merkte und Ismct Pascha, deshalb von der türkischen Kam- nicroppoution angegriffen, sich in großangclegter Rede vcr, teidigtc, blieb es liier unausgesprochen labcr nicht vergessen!,, das, der Kriedc von Lausanne dennoch ein Sieg EurzonS ivai. dem cs nicht nur gelang, die alliierten Rivalen in Kleinasicn restlos auszuschalten, sondern England dortselbst eine doini- nicrende Position zn verschaffen. Und zwar wegen der Mossulsragc. Als auf der Kriedcnskonfercnz Eurzvn und Ismc> Pascha wegen des WilajctS Mossiil gegeneinander stießen hatte es den Anschein, als würde cs sich um die bekannten Pctrolenmvvrlvmmen in dieser ehemaligen türkischen Provinz handeln, trotzdem England daS Wilajct zur Gründung des in Sdvrcs geplanten Staates „Kurdistan" reklamierte. Es würde aber ein Unterschätzen der Großzügigkeit englischer Politik bedeuten, anzunehmen, daß cs sich tatsächlich nur um die Pctroleumvorkvmmen gehandelt habe, um so mehr, als eine Ausbeutung derselben durch englisches Kapital, etwa wie der südpersischcn Vorkommen, denkbar gewesen wäre. In dieser Hinsicht waren und sind die Türken noch heute zn wcitgehen dem Entgegenkommen bereit. ES handelt sich !m Grunde wirklich um diesen ominösen K u r d c n st a a t — welcher vorläufig nur rudimentär als „knrdinisches Komitee" in Bagdad existiert — oder besser ge sagt, um die Kurdenfrage. Jahrzehntelang versuchte man, die Türkei, diese Hoffnung der unruhigen islamischen Welt, durch die Armeniersrage zur Strecke zu bringen. Durch Schaffung eines vom Schwarzen Meer keilartig weit südwärts vorge schobenen unabhängigen Armeniens sollte der klein- asiatische Ast von seinem grvßasiatischen Stamme abgetreniu und zum Verdorren verurteilt werden. Das ist nicht gelungen. Tie Türken haben die Armcnierfrage, unter stützt vom Krieg, Bürgerkrieg, Hunger und Epidemie, nahezu restlos liquidiert. Als Ersatz scheint nun die englische Politik die Kurdenfrage koustruiert zu haben. Die Kurden, ein aus einer erstaunlich tiefen Stufe der Zivilisation stehendes "Bauern- und Hirtenvolk — sic haben cs nicht einmal zu den Ansätzen einer Schriftsprache gebracht —, spielten in der inneren Geschichte der Türkei und Persiens ihrer wilden Tapferkeit wegen, besonders als Söldner des Sultans und des Schahs, eine bedeutende Rolle. Dieses Volk indogermanischer Herkunft, einige Millionen Köpfe stark, Südvstanatvlien und Siidwestpcrsien bewohnend, war einst der Gegenstand heftiger europäischer Abneigung, als die Ver anstalter großzügiger Armenicrmassakers und die Veranlassung musterhafter Drohnoien der europäische» Großmächte an die Türkei. Diese selben Kurden sind heute die Schoßkinder der englischen O r i c n t p v l i t i k. Offiziell sollten sie den Staat Kurdistan, der unter englischer Leitung gedacht war, als Angebinde erhalten, einen Staat, welcher unter andern, die türkischen Wilajcts Mvssnl, Diabckir, Bitlis, Wan und Hckkiare lungcsähr dieselben Provinzen, welche einst dem ins Wasser gefallenen „Grvßarmcnicu" gehören sollten!t umfassen sollte. Inoffiziell erfreuen sich die kurdischen Stammesführer scheinbar einer weitgeltenden Protektion des Koreign Office. Wenn türkische O.nelleu behaupten, daß der berühmte ekurdcn- führer Ismail Agha Simkv englisches Geld und Kriegs material erhalten habe, so weisen russische O.ucllen darauf hin. daß die einst von persischen Herrschern weit im Osten als Grenzschutz gegen die Turkmenen angcsiedclten Knrdenstäminc regelmäßig englische Subventionen erhalten. Da es in Lausanne zu einer Einigung nicht komme» konnte, denn Ismct Pascha vermochte in einer Krage, welche in ihrem tiefsten Wesen eine Lebensfrage der jungen Türkei darstcllt, keine Konzessionen zn machen, obwohl sein Land der Ruhe nach langen erschöpfenden Kriegen bedurfte, wurde die Lösung der Mossnlfragc bekanntlich einer späteren englisch- türkischen Sondcrkonscrcnz Vorbehalten. Dieses Offenbleibcn einer gefährlichen Wunde am Körper des jungen Staates ist eben der große Erfolg, den Lord Eurzon errungen hat. Die vereinbarte Sondcrkonferenz» welche am 19. Mai erstmalig zusammentrat, mußte nach wenigen Sitzungen, ohne das geringste Einvernehmen erzielt zu hakvn, anseinandergehe», da Sir Percn Evx ans der Konferenz über raschenderweisc und nach bewährtem Rezept, jede Diskussion über Mvssnl selbst ablehnend, Anspruch aus die bisher unbe strittene türkische Provinz Hckkiare erhob und an diesem An spruch hartnäckig fcsthtclt. Ekvnso lehnte Sir Evx den tür kischen Vorschlag eines Plebiszites ab mit der Bcluiuplung. daß die Türkei in diesem Kall, »in eine Beeinflussung der ab- stimmcndcn Bevölkerung auSznfchlicßen, ihre angrenzende» Provinzen räumen müßte. Vom Staate Kurdistan und den Kurden sprach Sir Evr allerdings nicht mehr, dafür aber reklamierte er sür das britische Mandatsgebiet daS Königreich Irak lMesvpo- tamie»), was den türkischen Unterhändler Krtih Ben vcran- laßie, daraus hiuznwcise», daß es kaum im Interesse de»