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Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. HL 75. Montag, den 1«. März. 1857. Erscheint täglich Morgens 7 Uhr. Inserate die Spaltenzeile oder deren Raum zu b Pf. werden bis Abends 7 Uhr (Sonntags von II-2 Uh») «naenommen. 1. Abonnementpreis » Vierteljahr 1 Thlr., (monatlich 2V Zeilen unentgeldliche Inserate); 2. Abonnementpreis s Vierteljahr IS Ngr. bei unentgeldlicher Lieferung in's Haus. — Für auswärts durch die Post s Vierteljahr IS Ngr — Einzelne Nummern 1 Ngr. ' Expedition: Johannes-Allee Nr. 6, sowie auch Wai(»nhausstraße 6 pt. Local- und Provinrial-Nachrichten. Dresden, den 16. März. Durch ein Generale vom 30. April 1810 wurde be kanntlich, damals jedoch mehr für das platte Land und versuchsweise auf ein Jahr, auch, da die Lausitzer in ihren Polizeijägern bereits Aehnliches besaßen, nur für die Erb lande daö Institut der Gensd'armerie nach vorheriger sorgfältiger Berathung auf den ständischen Kreisconventen in Sachsen eingeführt. Man hatte bei der Bildung die ses Instituts die Landgentry Englands vor Augen und setzte daher auch nicht besoldete, sondern patriotische Män ner, Rittergutsbesitzer u. dgl. als Gensd'armeriedirectoren und Commlffare an die Spitze. Das Probejahr lief ab, und das Institut blieb. Ein Generale vom 7. April 1828 erhob endlich »wegen des nützlichen Erfolgs" die Anstalt zu einer beständigen Landespolizeianstalt, übertrug die Lei tung den Kreis- und Amtshauptleuten und gab demgemäß anderweite umfassendere Jnstructionspunkte. Im Laufe des mehr als 30jähr. Zeitraums haben nun mehrfache Modifikationen und Zusätze stattgefundcn. Einen solchen haben wir in den soeben veröffentlichten „Dienstlichen Vor schriften für die Gensd'armen, die Anzeigen von Verbrechen und Vergehen betr.,« vor uns. An der Spitze steht der sehr vernünftige Grundsatz, daß diese Anzeigen blos auf die Verbrechen und Vergehen zu beschränken seien, welche von Amtswegen zu untersuchen seien. Zu solchen Anzei gen gehören nicht: Störung des Hausfriedens, leichte Kör perverletzungen, Entführungen von Frauenspersonen, Nö- thigung und Bedrohung, Verleumdung, Beleidigung und Pasquill, unerlaubteSelbfthilfe, Ehebruch, böslicheVerlassung, Entfremdung und Fundunterschlagung, Entwendung von eß- und trinkbaren Gegenständen zum alsbaldigen Genuß, leichtsinniges Aufborgen, Gebrauch fremder Waarenbezeich- nungen, Bevortheilung nicht Dispositionsfähiger, Verlei tung Bevormundeter zur Flucht, betrügliche Ehe, Ver führung unbescholtener Frauenzimmer, Hinterziehung öffent licher Abgaben und Täuschung der Behörden, Entwendung ; unschätzbarer Gegenstände und widerrechtliche Benutzung ! fremder Sachen, Beeinträchtigung fremden Eigenthums, Beschädigung fremden Eigenthums, Verbreitung nachthei liger Gerüchte über Andere, Ansteckung durch den Bei schlaf und alle im Eapitel 18 des Strafgesetzbuchs an geführten Verbrechen und Vergehen; ferner die in den Art. 8—13 des Gesetzes vom 11. August 1855 aufge führten, die Forst-, Feld-, Wild- und Fischdiebstähle be treffenden Uebertretungen. Jndeß darf doch der Gensd'arm die Verletzten von den Vergehen in Kenntniß setzen, auch davon, wenn der Verletzte dem Gensd'armen ein Vergehen angezeigt hat, amtliche Anzeige machen. Diese In struction ist jedenfalls für die Gensd'armerie, wie für das Publikum von großem Vortheil und verdient wohl weitere Verbreitung. — Die Verbesserung der öffentl. Armenpflege durch die Mittel der Armenvereine tritt nach einer Mittheilung des „Dr. I." demnächst in ein neues Entwickelungssta- dium. Herr Kammerherr v Erdmannsdorf auf Schönfeld, dem das Verdienst gebührt, dieselbe durch eine dein Land tage vom Jahre 1855 übergebene, auch als besondere Druck schrift veröffentlichte Petition bei diesem zuerst eingeführt und in umfassender Weise angeregt zu haben, hat in Ver bindung mit dem durch seine erfolgreiche Thätigkeit für das Armenwesen seines Verwaltungsbezirks bekannten Herrn Gerichtsamtman» Friedrich in. Chemni«) und mit der zu gesagten Unterstützung einer Anzahl patriotisch gesinnter, für den Gegenstand erwärmter Männer aus verschiedenen Landesgegenden, die Idee aufgefaßt und zur Ausführung vorbereitet, die sämmtlichen dermalen bestehenden Bezirks armenvereine des Landes (224) zu einer durch Abgeordnete zu beschickenden Versammlung nach Dresden einzuladen, zu dem Zwecke, die in der zeitherigen Wirksamkeit der Ver eine gemachten praktischen Erfahrungen gegenseitig auszu tauschen, die äußern und innern Hmdernisse, denen man dabei je nach der Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse begegnet ist, näher ins Auge zu fassen und über die zu weiterer Förderung des gemeinsamen Werks erforderlichen , Maßregeln, sowie über die zu dem Ende nach Befinden > an die Regierung zu stellenden Anträge gemeinsame Be-