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Dresdner Nachrichten : 02.09.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192209025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19220902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19220902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-09
- Tag 1922-09-02
-
Monat
1922-09
-
Jahr
1922
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 02.09.1922
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Ler Reichsstreit mit Bayern im UeLerwachungsausschntz. > was wtp nicht haben akzeptieren können. HA Nelle fest. Latz vkS L»e«YS«k»Ngrrrs» de» schriftlichen Beretubarnngen -- und achdtte gjot es Artedensmahnungen Ä r a b t« »l.d u n g n n l r « r v « r l t n«r < < r t I t l e t t« n g.> V-rlt». k. «ept. Hm Reichstage trat heute der Ueber. »achuugbau»schuß zur Besprechung über die DurÄ. jübrung de« Gesetze« »um Schutz« der Repu blik zusammen. Vor Eintritt in die Tagesordnung erklärte Reichskanzler Dr. »Irth. daß die Beschlüsse der ReparatiouSkommisstou tp-mtschen durch dt« Presse bekannt geworben seien, daß er «S aber für verfrüht halt«, darüber schon jetzt amtliche Mit. tetluugen zu machen. Die Herren, die in Paris mit der Reparationokommission verhandelt hätten, kämen Gonnabend früh nach Berlin zurück, und es wäre notwendig, sie erst zu hören. Sie könnten über den Ginn und den Geist der Ent scheidung der Neparattonskommissivn zuverlässige Auskunft geben. Alsdann werde der Reichskanzler so bald wie möglich die Parteiführer zu sich bitten, um mit ihnen die außen politische Lage zu besprechen. Ob das morgen abend schon geschehen könne, sei im Augenblick noch nicht sicher. Abg. Rosenfcld sUnabh.s begründet nunmehr seinen An trag auf Einberufung des Ueberwachungs-AuSschusseS wegen der Berhandlungen der Reichsrcgierung mit der bäurischen Negierung. Der Redner kam zu dem Schluß, baß die Vereinbarungen den bestehenden Gesehen durchaus widersprechen und deshalb ungültig seien. Das Reich müsse sich endlich auch gegen Bayern behaupten. — Abg. Dr. Reyerle iB. Bp s betonte die Mängel der Retchsgesetzgebung der letzten Zeit, die streng unttarisch gehalten set. Es bestünde in Bayern allgemeines Einverständnis darüber, daß die Mordtat an Rathcnau mit ayer Energie geahndet werden müsse. Aber bei der Frage der Abwälzung von Zuständigkeiten, die seitens der Reichs regierung erstrebt wurde, habe in Bayern Einmütigkeit dar über geherrscht, daß die Hohettsrcchte Bayerns nicht immer weiter geschmälert werden dürfen. Im Interesse einer ge deihlichen Weiterentwicklung des Verkehrs zwischen den, Reiche und Bayern müsse die Bayrische Boltopartei ver langen, dab unbedingt eine loyale Dnrchsühruug der Zu sicherungen seitens der Reichsrcgierung geschehe, gemäß dem Verlangen seiner Parteileitung nach einer Innenpolitik im Geiste eines guten Föderalismus. Reichskanzler Dr. Mrth betonte zunächst, daß cs sich bei den Verhandlungen der Reichsregierung selbstverständlich nicht darum handeln konnte, erst ctne Anerkennung des Gesetzes durch die bay rische Negierung zu erzielen. Nachdem nun ein gewisse: Frieden erreicht worden sei, richtet der Reichskanzler an die Bayrische Pvlkspartet die dringende Bitte, auf die th: nahestehende Presse maßgebend einzuwirkeu. Der Reichs kanzler wies dann auf den Ernst der gegenwärtigen außen politischen Situation hin, die wahrscheinlich ans lange Jahre hinaus entscheidend für die deutsche Nation sein werde. Nur ei» völliq einiges deutsches Volk könne solch schwere Lage übersteiheu. Ter Reichskanzler werde das, was er jetzt bereits vereinbart habe, loyal dnrchstthrcu. Den Ausführungen des Abg. Roscnfeld gegenüber er klärte der Reichskanzler, daß weiter« Schritte zum deutschen Einheitsstaat in dem Sinne, daß Hoheitsrechte der Länder auf daS Reich übertragen werden sollen, keinesfalls getan würdem Die Lebensnotwendigkeiten des Reiches seien jetzt in erster Linie vom politischen Standpunkt aus zu betrachte», und da genüge vollauf das in der Weimarer Verfassung Er reichte. Auf die Vereinbarungen der Reichsregicrung mit -er bayrischen Regierung zurückkommcnd, wies der Reichs kanzler darauf hin, daß sie keinesfalls ein Aufgebcn der Hoheitsrechte des Reiches oder eine Bevorzugung Bayerns gegenüber den anderen deutschen Ländern bedeute. Neichsjustizministrr Dr. Radbruch betonte, daß ln den Berhandlungen zwischen der Rcichsregierung und der bayri schen Regierung bei aller Schonung, die man den bayrische» Wünschen zuteil werden lassen wollte, dennoch in zwei Punkten die Rcichsregierung sich nicht habe umstimmcn lassen. 1. Hätte es die Reichsregicrung abgelehnt, daß die Schranke der Schutzgesctze in irgendeiner Weise durchbrochen werde, und 2. sei jeder Neservatpolitik energischer Widerstand ge leistet worden. Der Auffassung des Abg. Dr. Rosenseld. daß die Rcichs- sesetze durch die Verhandlungen mit der bayrischen Negie rung ihrem Inhalt und ihrem Geiste nach verletzt worden seien, müsse aber energisch widersprochen werden. Reichsminister des Inner» Dr. Köster führte auS: Wir haben nicht über die Anerkennung, sondern über die Aus führung »er Schutzgesetze verhandelt. Das Kabinett ist dem Reichspräsidenten betgetreten in der Auffassung, mit der for malen Aufhebung zu warten, bis der Weg gegenseitiger Ver ständigung sich als gangbar erwies. Die getroffenen Ab machungen gelten für alle Länder. Ich will hier nicht im einzelnen auf das eingehen, was wir gefordert haben, und daneben nicht — die Gesetze nicht verletzt worbe» sind. ES ist lediglich damit ausdrücklich festgelegt, wo« »um Teil sch»« tn den ReichStagsveryandlunge« mündlich sür dt« An«. Übrung »ugesagt worden ist. Die Exekutive nach dem Reichs- rlptiualpolizeigesetz besteht nach wie vor. Daß bei der Er» nennang und Entlassung von Beamten die Regternng mit Leu Ländern ins Benehmen tritt, ist selbstverständlich. ES galt, ein übergroßes Mißtrauen Bayerns tn die Absichten der Retchsregterung und die Zwecke der Gesetze zu beseitigen. Das haben mir hoffentlich erreicht. Abg. Dr. Braun-Franken (So-.) wandte sich gegen die Ausführungen des Slbgeordneten Bcyerle. Redner stellte fest, daß seine Partei durchaus unbefriedigt set über die Tatsachen der Verhandlung mit der bayrischen Regierung, wie über die Art und das Ergebnis dieser Berhandlungen. Frei lich würde die Reichsregierung, insbesondere die sozialistt- scher» Minister, tn normalen Zeiten, wenn Deutschland nicht unter so hartem Drucke und mitten tn Gefahren stünde, nie mals daran gedacht haben, derartige Verhandlungen zu führen. Seine Partei bedaure diese Verhandlungen und ihr Ergebnis, aber sie begreife vollständig die großestaats - män Nische Leistung der Retchsregterung und füge sich in den gegebenen Zustand: doch dürfe nicht ver gessen werden, daß Bayern in der Art. wie eS jetzt regiert wird, eine ständige Gefahr sür Deutschland bilde. — Abg. Unterleitner ill. S- P.i stellte fest, daß die sogenannten vater ländischen Verbände in Bayern auch jetzt noch eine unge- z st gelte Propaganda gegen die Republik be trieben. Die bayrische Regierung schließe hierzu beide Augen und greise nicht ein. — Abg. Sergt iD.-N.s begrüßte die Ver einbarungen, die Bayern mit dem Reiche wieder auoaesöhnt hätten, und vat die Reichsregierung, zu diesen Abmachungen selten Schrittes zu stehen, damit das einmal in Bayer» er wachsene Mißtrauen gegen die Reichsregicrung nicht von nenem entstammt werde. An den Vereinbarungen selbst lei nichts abzu 8 ndern. Nachdem nun aber die Reichsregierung eine so verhäng nisvolle Politik gegenüber Bayern geführt habe, solle sie ebenso ruaonhaft die von ihr ausgegebeue falsche Parole zurncknehmen, die in dem Rnse gipfelte: „Der Feind steht rechts!" Ein solcher Rückzug, der das dentsche Bolk zu einigen und gegenüber den anßenvolitischen Be drohungcn znsammenznschließen geeignet sei, könne der Reichsregierung nnrznrEhre gereiche«. Es sei dringend notwendig, endlich diele falsche Parole zurückzuziehen. Abg. Spahn iZ.) sprach seine Zustimmung und daS Ein verständnis seiner Parteifreunde zu den Richtlinien aus, die zwischen Ncichsregicrung und bayrischer Regierung ver einbart worden seien. — Abg. Dr. Kahl iVp.s nntcrsuchte die Frage, ob die Reichsregierung dnrch ihre Verordnungen mit Bayern eines der Reichsgesetzc verletzt habe. Er ver neinte vorbehaltlos im Namen seiner politischen Freunde diese Frage. — Abg. Erkelenz sTem.s war der An sicht, daß der ganze Konflikt hätte vermieden werden können, wenn man bei der scinerzeitigcn Durchberatung der Ichutz- gesetze im Reiche auf die bayrische Eigenart Rücksicht ge nommen hätte. — Der Vorsitzende Abg. Scheidcmann tSoz.j stellte nunmehr fest, daß Anträge nicht Vorlagen, und daß der Ausschuß die Angelegenheit mit dieser Aussprache für zu nächst erledigt halte. Minister Schweyer gegen Sie „Kraftmeier". München, 1. Sept. Die Führer dcS bayrischen Ord- nungSblockS Tr. Vurkelcy und Dr. Tafel hatten am 28. Aug. an den Minister Schweyer einen offenen Brief ge richtet, in dem sie das Verhalten der bayrischen Regierung bei den Berliner Verhandlungen und das Verbot einer Kundgebung auf dem Kvnigsplatze kritisierten. Der Minister hat min mit einem offenen Briese geantwortet, aus dem hervorzuhcven ist: Der Abbruch des Kampfes gegen die Notverordnung bedeutet nicht eine Anerkennung der Schutz gesctze. Diese werden von der bayrischen Regierung nach ivic vor bekämpft. Die bayrische Regierung ist überzeugt, daß diese Gesetze an ihrer Unnatur und am gesunden Sinne des deutschen Volkes zugrunde gehen werden. Bezüglich dxr Berliner Verlautbarung wartet die bayrische Regierung ab. Die bayrische Not verordn» na kann jederzeit wieder ein geführt werden. Ich bestreite mit aller Entschiedenheit, baß das bayrische Volk mit Ihrer Demonstra- tionsvexsammlung identisch ist, und lehne es ab, von solchen Versammlungen Weisungen entgegenzunehmen. Es ist eine U c b er t r c i b u n g, wenn Sie die non Ihnen in Bewegung gesetzten Massen immer wieder als das Bolk bezeichne». Tic Regierung wird keiner Gewalt nachgebc.n, mag sie kom men, woher sic will. Wenn Sie glauben, daß die Regierung nicht an ihren, Platze sei, so sorgen Sie verfassungsmäßig dafür, Laß sie abtritr. Die Drohungen, die Sic in Ihrem Briese an die Regierung richten, beüaure ich gerade von Ihnen als verdienstvollen Leitern vaterländischer Ver einigungen. (W. T. B.) vertttches und Sächsisches. vandlagsarrflöfuug und Verfassungs änderung. Die Geschäftsstelle der Deutschen Demokrat.«, schen Partei, DreSden-A., Gedanstraße st, schreibt uns: In einem durch die Presse gegangenen Berichte der Verhandlungen de« Rechlsausschufles über die Landbags- auflösung wird mitgetetlt, daß die Demokraten erklärt hatten, sie würden einer befristeten Auslösung ^»stimmen, wenn tn der Zwischenzeit nur von zwei Dritteln der Abge ordneten für dringlich erklärte Angelcgeuhctien erledigt würben. Diese Darstellung ist irrtümlich und erweckt eine falsche Vorstellung von -er Haltung des demokratischen Ver treters zu dieser Frage. Im Nechtsausjchuß lag vor der Antrag Arztauf befristete Landtagsailflösuug. Im Namen der demokratischen Fraktion führte Abgeordneter Dr. Dehne aus, daß die Gründe der Sozialdemokraten lür eine befristete Auslösung zum Teil berechtigt seien. Die landtagSlose Zeit müsse möglichst gekürzt werden, aber daS könne nicht auf dem Wege des An trages Arzt erreicht werden, sondern nur durch einen Zusatz zu Artikel k> der Sächsischen Verfassung, etwa folgenden Inhalts: „Im Falle der Auflösung endet die Wahlperiode mit dem Tage der Neuwahlen. Die Neuwahlen müssen späte stens am sechzigsten Tage, nach dem der Landtngsbeschlnß oder der Volksentscheid aus Auslösung ergangen ist, erfolgen. In der Zwischenzeit darf der Landtag nur noch Angelegenheiten erledigen, deren Dringlichlcit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten anerlannt worden ist." Da jedoch nach den Erklärungen der übrigen Parteien zurzeit im NechtsanSschuß keine Mehrheit sür einen solchen Antrag vorhanden war, verzichtete Abgeordneter Tr. Dehne darauf, ihn zu stellen. Er lehnte den Antrag Arzt ab und stimmte dem Antrag auf Auflösung zu. Bei ihrer Haltung zu dieser Frage ist die demokratische Fraktion von der Erwägung ausgegangen, daß gewichtige Gründe dafür sprechen, die Verabschiedung von unansschieb- baren GesetzcSvorlagen auch in der Zeit zwischen der Auf lösung des alten und der Neuwahl des neuen Landtages zu ermöglichen. ES sei nur an gegebenenfalls notwendige Er ledigung von Besoldungsvorlagen erinnert. Auch im Falle von schweren inneren Unruhen erscheint es zweckmäßig, die Möglichkeit zu einer Einberufung des Landtages mr eröff nen, so lange der neue Landtag noch nicht gewählt isi. Die in dem demokratischen Vorschlag enthaltene Bedingung der Dringlichkeitscrklärung von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten würde die Täiiglett des aufgelösten Landtages aus solche Fälle beschränken, deren Dringlichkeit auch von den Oppositionsparteien anertcmnt wird. Die nächste Landtagsftyung wird, wie schon ermähnt, am 11. September stattfinden, nicht am 6. September, wie ursprünglich vom Präsenten in Aussicht genommen war. Auf der Tagesordnung steht die Landtag Lauflösung. Die Regierung zur Umwandlung des Ortsznschloges in ein Wohnungsgeld. Auf eine Eingabe des Landesverbandes Sachsen beS Deutschen VeamtenbunbeS. in der eine Reihe von Vesoldungsforberungen, u. a. die Beseitigung dcS OrtszuschlagSsnstems und dessen Ersatz durch ein veredel tes WohnungSgeld, die Beseitigung der Ilebcrteuerungs- zuschläge und die Erhöhung der Grundgehälter gefordert wurden, hak das Personalamt u. a. folgendes ge antwortet: „Die Umwandlung des O r t s z u s ch l a g e S in ein Wohnungsgeld wird sowohl von der sächsischen Regternng wie von der Reichsrcgierung angestrcbt. Tie Maßnahme setzt aber, wenn sie nicht wiederum zu erheblichen Beschwer den der Beamten führen soll, gründliche und gewisscnhaste Erhebungen über die Wohnungsprcise voraus, die ein brauchbares Ergebnis erst dann werden können, wenn das Rcichsmietengcsetz durchgeführt sein wird. Da dies erst nach dem 1. Oktober allgemein der Fall sein kan», war cs nicht möglich, bei der jüngsten Erhöhung der Beamteu- bezüge aus eine solche grundsätzliche Aendernng zuzu- kommen. Die Wirts chaftsbeihilsen so ball» als möglich aus dem System der Beamteribesaldung wieder zu beseiti gen, ist ebenso daS Bestrebe» der sächsischen Negierung wie der Reichsregierung. Die Umgestaltung des Orlszuschlagcs wird voraussichtlich dazu Gelegenheit bieten. In gegen wärtigen Zeitpunkte wäre die Zustimmung der Gewerk schaften zu einer Beseitigung der Wirtschaftsbeihilfen und Uebcrteuerungszuschüsse zweifellos nicht zu erlangen ge wesen. Ein einigermaßen befriedigender Ausbau des Systems der WrrtschastSbeihilfen erscheint weder der sächsi schen Regierung, noch der Reichsregicrung möglich. Tie Abgrenzung von Wirtschaftsgebieten begegnet im wesent- a» „Michael Kramer." Drama von Gcrhart Hauptmauu. Neueinstudierung im Schauspielhaus. 8 1. August 1» 2 2. DaS Dresdner Schauspiel ist am Werke, seinen Hanpt- mann-Spiclplan zu erneuern und zu erweitern im Hinblick auf den SN. Geburtstag des Dichters im 'November, den aller dings die Breslauer Feier schon um ein Stück seiner Festlich keit gebracht hat. Die Pflege der Hauptmannschen Werke ist am früheren Hostheater mit begreiflicher Zurückhaltung und Vorsicht betrieben worden: doch hat man ein anfangs so wenig erfolggekröntes Werk wie den „Ai ichaclKrame r" sehr bald nach seinem Erscheinen gespielt. Man hat damals wohl besonders deutlich hcrausgcfühlt, daß die peinigende und peinliche Alltagsschilderung und seelische Elcnds- malerei der Hauptmannschen Dramen hier durch den Schluß mit überraschender Wendung ins seelisch Bedcntnngsvollc, ins Weltanschauliche hinauf gerissen wird. Es ist ein un erwarteter Aufschwung da, eine Transzendenz und Trans parenz der irdischen Gestalten, durch die das Drama über sich selbst Htnausgehoben wird. Diese Ueberwindung des Elends dnrch die Verklärung im höheren Glauben mag vor zwanzig Jahren besonders bestechend gewirkt haben. Heute müssen wir das Stück noch viel mehr von seinem Schlüsse her rückwärts durchleuchten, um cS ertragen zu können. Mit quälender Breite hat Sauptnw.un die Kluft ge schildert. die zwischen dem Vater und dem Sohne liegt, deren Seelenwesen doch vom gleichen Stoffe ist. Auch Arnold, der Sohn, der Böcklins Vornamen trägt, ist innerlich voller Ge sichte und hat „den Blick" des geborenen Künstlers, ja den Funken deS Genies, der dem Pfltchtmenschcn und Ärbeits- fänatiker Michael Kramer versagt ist. Aber er ist körperlich und seelisch verwachsen und die Verbitterung gab ihm den bösen Blick und die harte Verstocktheit. Wenn Ibsens Bild hauer Rubel am Schluffe seines Lebens und Schaffens tn allen Menschengesichtern das Tier erblickt, so ist Arnold Kramer schon am Beginn seiner Künstlerschast dieser Er- kenntniSqual verfallen. Aber Liebe könnte ihm die Augen öffnen und ihm den Blick der Versöhnung geben. Der Barer wirbt jedoch um seine Seele trotz aller Güte mit den Mitteln Süherlicher Erziehung und läßt ihn allzuschnell voll Ekel fallen. Ihm löst daher erst der Tod des Sohnes die Augen ttbsr die Erhabenheit auch dieses Seelenwesens und leine erschütternde Klage am Sarge stößt ins Leere. Um diese Tragik, daß Menschen nicht über die Kluft zueinander herüberkünnen, ganz zu verdeutlichen, müßte der Vater in seiner Enge und der Sohn in seinem Suchen besonders ver deutlicht werden. Um das herauszuschälen, bedarf es einer bestimmten Rhythmik der Aufführung. Der erste Akt ist Vorspiel und darf in der Auseinandersetzung zwischen Mutter und Sohn Nicht «t gewichtig werden. Sie verschwindet ja dann ganz aus dem Stücke. Der zweite Akt bringt daS Werben des VaterS »m den Sohn. Dessen innerliches Wcichwerdcn, Zer fließen, Nahegefühl muß unter der starren Maske durch leuchten. Der Wirtshausakt darf nicht in den Episoden steckenbletben, sondern muß darüber hinweg z» dem stürmischen Schlüsse eilen. Im vierten endlich herrscht ge hobene Stimmung, nicht die übliche Trauerssaus-Atmospssäoc. Michael Kramer ist ein anderer, ein Gelöster, über seine Enge Hinansgehvbener. Ter Ballast der kleinen Dinge fällt ab, seine schwere Zunge ist gelüst, sein ringender Geist frei: Be kanntlich schwingt die Sprache dieses Monologen, den Michael Kramer an Lachmann hinredet, in einer rhythmisch gegliederten und gehobenen Sprache. Stilistisch die Ucber- windung des Naturalismus durch den Rhythmus, lieber jede Umwelt hinaus steigen die ewigen Mcnschhcitsfragen von Leben und Tod, Tod und Verklärung in den idealen Raum der Gottheit auf. Mit diesen Andeutungen ist gesagt, worin die Sptel- leiiung Georg Kiesans Wesentliches verfehlt hat. Zu nächst darf und muß man ihr viel Gutes nachrühmcn. Von der Bindung ans Einzelne ausgehend, hat Kiesan mit Fein fühligkeit und Sorgfalt das Drama als peinliche und pein- volle Umwclts- und Elendsschildcrung tu mitleidsloser KIcinmalrrci, ganz wic's im Buche steht, durchgeführt. Dem Buchstaben nach hat er also recht. Er gab eine der anälen- dcn Hauptmannschen Familicntragödten, die ganz im Seelcn- ditnkel spielen. Er ließ sich dadurch verführen, alles gleich wichtig zu nehmen, alles Episodische gewissenhaft durchzu- feilcn, alles Nebensächliche mit derselben Liebe zu bedenken. Erdrückend schwer lastete der erste Akt mit allen Schleppun gen deS Wirklichkeitsspiels. Ganz in die Breite ohne Hebung und Senkung verlief der Wirtshausakt. ln dem das Gespräch zwischen Michaline und Lachmanst, leider auch durch die Ueberdeullichkeit Paulscns, der im letzten Akte so sein verhakten war, die Entwicklung aushielt. Vor allem aber kam der Schlußakt um allen rhythmischen Aufschwung, weil Lothar Mehnert von der sür den zweiten Akt meisterlich gefundenen Linie der zerlegenden Charakter schilderung sich nicht Hinüberfan- in den bindenden, strömen den, sich ergießenden Fluß einer seelischen Entrückung aus der Wirklichkeit. ES ist schmerzlich, genötigt zu sein, vom Sinn des Ganzen und von dem Ausfall der Wirkung her an Melmerts wundervolle Gestaltung des Michael Kramer eine entscheidende Einschränkung zu hängen. Sie kommt aber eben nur halb ans seine Rechnung. Was Mehnert aber in Eharakterzügen im einzelnen bot, überzeugte wieder einmal von der vollen Künstlerschast dieses großen Könners. So schildert eben v»r ein echter Künstler das Wesen eine« anderen Kunstmenschen, die Mischung von Kind und Mann, Güte und Härte, die Keuschheit des Schassenden und die Leiden des Einsamen. Der prachtvolle deutsche Künstler kopf. der gütige Blick durch die goldene Brille, das Ringen um den Ausdruck, die lachende Einsalt, der Stolz auf Böck lins Besuch, die Seelenangst um den verlorenen Sohn — hundert und tausend durchgesühlte Einzelheiten, deren schattterungsreiche Nebergävge dort, wo sie noch mosaikssast wirkten, allmählich zur farbigen Fläche eines Seeien- gemäldcs verschmelzen werden. Der Dichter freilich hat seinen Michael nicht so sympathisch gesessen, sondern schildert issn als absonderliche, aus den ersten Blick eher abstoßende, als anziehende Erscheinung. Ich glaube aber, daß durch Mehncrts Gestaltung reiner zum Ausdruck toinmt, was Vater und Sohn im Aenßercn und Inneren trennt. Den Arnold spielte Ernst-Josef Ansricht in der Kenn zeichnung der Merkmale körperlicher »nd seelischer Ver krüppelung sehr deutlich und treffend, aber in der innereu Durchleuchtung zu wenig offenbarend, sowvssl im zweiten wie im dritten Akt. Entscheidende seelische Nüaneen blieben noch ans. Im übrigen gab cs gut gesessene Einzelgcstaltcn. Die verkümmerte, eingeengte Bürgerlichkeit der Mutter durch Iba B a r d o u - M ü l l e r, die küsslc, entsagende Strenge der Michaline, durch Olga Fuchs dargeftcllt, die Liefe Bänsch der Hedwig Herder, die liier erfreulich eine Gabe der Schilderung eitel-koketter Weiblichkeit kirnd- tat, der nur anfangs jener leise Zug eines chargierende» Zuviel noch anssastctc, die Stamintischtypcn der Herren Schröder, Posse, Fa recht, Martens, Episoden von Lotte Crns!US und Eugen Hufs -- all das stand sicher da. Hauptmanns schwerblütiges, dassci locker und undramatisch gearbeitetes Büssuenwert gewann trotz einer cs zu wenig fördernde» und steigernden Auffassung einen tiefen, wossl mehr druckenden als erschütternden Sieg über die Zuschauer, die in ernstem Schweigen davongingeu. Tr. Felix Ztmmermann. Kunst und Wissenschaft. r Dresdner Theater.Spiclplan sür hcnte. Opern hauS : „Der Mann im Mond" l 1-81 :Schau spielhau s: „Zwei mal zwei ist fünf" 1A8i: Nenstädter Schau spielhaus: Geschlossen: Residenz-Theater: „Tie Mädels von Davos" iA8j. i- Wochenspirlplan der Sükatsthcatcr. Opernhaus: Sonntag (8.s: „Carmen" <7 bis gegen A1U. Montag: „Der Mann im Mond" 1A8 biö llst. Dienstag: „Der Freischüv" i7 bis 10j. Mittwoch: „Hofsmanns Erzählungen^ lA8 bis Alls. Donnerstag: „Der Rosenkavalier" sA7 bis IM. Frei tag: „Die Boheme" lA8 bis Isis. Sonnabend: „Mar,Ich" s7 bis Allst. Sonntag slO.s: „Die Meistersinger von Nürn berg" s4 bis lst. Montag: „Carmen" s7 btS gegen '-'NI. Schauspielssaus: Sonntag l8.1: „HasemannS Töchter" l^8 bis Alls. Montag: „Michael Kramer", An- rcchtSvorstellung lA3 bis AN). DtenStag: „Vasantaiena".
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