Volltext Seite (XML)
neuen Resormprojeet liege etwas Bestechende- durch den Schein einer Volksvertretung, eS sei aber doch schließlich beim Staa» tenbunde stehen geblieben und wir, das Volk, wollten doch einen Bundesstaat mit Volksparlament. Man kann aber nicht gestatten, daß ein solcher völkerrechtlicher Verband eingreife in das Recht der Staaten. (Bravo!)" Der Redner sieht sich die Ausdeh nung der Bundesgewalt nach Art. 39 des Projekts an, spricht über die Zusammensetzung der Delegirten und meint, es sei nicht schön, wenn wir schöne Gesetze machen, aber nicht danach regieren. Um was handele es sich jetzt bei der nationalen Bewe gung- Welche- ist ihr Zweck, ihr Ziel? Sie habe zum Zweck die Sicherung der nationalen Existenz nach Außen und Innen, sie hat zum Zweck politische Einheit und bürgerliche Freiheit. Das nationale Prinzip geht von der großen Wahrheit aus. der Schwerpunkt eines politischen Volkes muß im politischen Volke liegen, die Völker sind um ihrer selbstwillen da, nicht um herrschender Familien willen. Der Redner bespricht die Fürsten, dann das Volk. Wie verfährt es, seitdem es seine Aufgabe begriffen? Er kommt auf das Sechserdirectorium zurück, als ein geschichtlich nie dagewesenes Institut, meint, Oesterreich und Preußen seien Großmächte, von denen Elfteres alles gewinnt, Letzteres alles verliert. Das jetzige Reformproject bringe uns nur Verlust des nationalen Rechtes. Zum Schluß fordert er die Beschließung einer Resolution der Mitglieder des Nationalvereins zu Dresden und der anderen Orte. Drei donnernde Hochs ertönten am Schluß der Rede, s Herr Professor Wigard fordert herauf übrige Redner auf. Herr De. Schaffrath wünscht in folgender von Herrn Schulze- Delitzsch zusammengestellten Resolution noch die Worte: „Die Mitglieder und Freunde des Nationalvereins" ausge nommen zu haben. Es geschieht. Diese Resolution lautet: „Die in Dresden versammelten Mitglieder des deutschen Nationalvercins erklären, daß sie gegenüber dem von Oesterreich vorgcbrachten und auf dem Fürstentage zu Frankfurt «. M. berathenen Entwürfe einer Reformacte des Deutschen Bundes an der von den legal gewählten Vertretern des deutschen Volkes beschlossenen Reichsverfassung vom 28. März 1849 nebst Wahlgesetz festhalten, indem sie nur in dem Bundesstaate diejenige Staatsform erblicken, welche geeignet ist, den wahren Bedürfnissen und berechtigten Forderungen des deutschen Volkes auf die ihm gebührende Machtstellung nach außen und Rechtssicherheit im Innern genug zu thun." Diese Resolution wurde von der Versammlung „fast" einstim mig genehmigt. Merkwürdiger Weise stimmte auch ein Bericht erstatter auf der Tribüne mit ab. Was will denn der? Herr Prof. Wigard meinte, die Abstimmung sei der Sache würdig Noch ein mal sprach Schultze-Delitzsch über die eigentlichen Ztrecke und das Programm des Nationalvereins. Er wünscht, daß das Programm mit allen gesetzlichen Mitteln aufrecht gehalten werde, das koste den Kopf nicht, das sei nicht mehr, „als ein Mann auf seinen 3 Schultern tragen könne." Nachträglich besprach auch Herr vr. Meutert in weiterer Ausführung die Zwecke des Nationalvereins. Noch sprach Herr Webermeister Rewitzer aus Chemnitz als neu angeworbencs Mitglied des Nationalvereins. Herr Prof. Wigard schloß die zahlreiche Versammlung mit dem Wunsche, daß die begeisterten Worte nicht vorübergehen möchten, daß endlich auch Dresden anfangen möge, politisch zu werden, es thue Dresden Noth und lud ein, in traulicher Versammlung noch zusammen zu bleiben. Das geschah bis 12 Uhr. — In seiner Sitzung vom 11. September hatte das Leipziger Comitö zur Vorbereitung der Jubelfeier der Völker schlacht bei Leipzig das Festprogramm endgültig sestgestellt. In zwischen hat jedoch diese ganze Angelegenheit eine Wendung erfahren, die auf die Bedeutung und den Umfang der Feier vom größten Einflüsse sein wird und muß, indem der Magistrat zu Berlin am 12. September in einer amtlichen Zuschrift an den Rath der Stadt Leipzig die Aufforderung gelangen ließ» mit ihm gemeinsam die erforderlichen Schritte einzuleiten, daß die fünfzigjährige Wiederkehr de- ruhmvollsten Tages der deutschen Geschichte auf den Schlachtfeldern Leipzigs durch ein allgemei ne» nationales Fest in einer seiner Bedeutung würdigen Weise gefeiert werde und demgemäß zunächst die deutschen LandeS- und BqkkShauptstädte zur vetheiligrmg hieran einzulade«? D« Rath unserer Stadt trat sofort hierüber in Berathung und erklärte sich unter der Voraussetzung der Zustimmung d«S Festcomito's mit der Aufforderung und der derselben zu Grunde liegenden Idee einverstanden. Nachdem nun auch dies« Zustimmung des Comits's erklärt worden, ist eine Einladung zwischen den Magistraten von Berlin und Leipzig vereinbart und an 107 deutsche Landes- und Bezirkshauptstädte abgesendet worden. — Das in Leipzig erscheinende Blatt „Der Adler" schreibt aus Leipzig vom 12. Sept: „Nicht bloS in Dänemark, sondern auch in Preußen werden die Besucher des Leipziger Turnfestes gemaßregelt. Uns erzählt heute ein hiesiger Herr, daß einer seiner Turngäste, ein Berliner Polizeibeamter, bei der Rückkehr nach Berlin wegen seiner Anwesenheit in Leipzig in eine Untersuchung gezogen worden ist, über deren Ausgang bis her noch nichts verlautet hat." — Königliches Hoftheater. Mittwoch, den 16. September wurde zum ersten Male die dreiactige Oper „Da Ueole", Text von Charlotte Birch-Pfeiffer, Musik von Gustav Schmidt gegeben. Der Componist hat einen glücklichen Stoff voll interessanter Situationen und reichlich spannender Entwik- kclung gewählt. Katharina von Medicis will ihren Schwie gersohn, dm König Heinrich von Navarra, das Haupt der Protestanten, durch ein Bubenstück unter ihre Botmäßigkeit wie der zurückbringen; da findet sich eine Gräfin Armande von, Courtenay aus Liebe für ihren Bräutigam, den Freund des bedrohten Königs, als schützender Genius in Mannskleidern ein und weiß es dahin zu bringen, daß Katharina's schändlicher Anschlag nicht blos yereitelt, sondern sogar in's Gegentheil Verwandelt wird. Während sie wähnt, in die von Heinrich ab- gefallcne Festung 1a Uvolo als Gebieterin cingcführt zu sein, ist sie in Wahrheit auf eine andere feindliche, nach Fleurance transportirt worden und muß sich dort als Staatsgefangene in Heinrichs Friedensbedingungen fügen. — Die Gestalt des Textbuches hätte freilich noch wirkungsreicher werden können, wenn cs die berühmte Theaterdichterin besser verstanden hätte, dem Musiker in die Hand zu arbeiten. Die hier angegebenen Finale's sind keine Finale's, blos Ensembles; auch verlangt der Musiker weiter ausgreifende Charaktere; auch erzählen sich die Personen mitunter zu viel, anstatt zu handeln. Im Drama geht das, aber die Oper will es anders. Was Herrn Gustav Schmidt's Musik anlangt, so ist sie immerhin eine an- erkennenswerthe. Der Componist will was Rechtes, und seine Musik klingt nicht unedel und ordinär, wie so manche andere neuere Sachen. Die leichteren, besonders die lyrischen Par- thieen, Liedformen rc. sind von guter Wirkung, auch zeigt sich in den Ensembles ein deutliches Streben nach Charakteristik und namentlich ist das Orchester mit unverkennbarer Geschick lichkeit und mit Diskretion behandelt. Trotzdem läßt sich dem ganzen Werke nur ein vorübergehender Succeß versprechen. Die Melodik trägt -außer den Spuren der Flüchtigkeit noch nicht das Gepräge der inneren organischen Entwickelung. Die häufige Modulation verkümmert den einheitlichen Fluß der Melodie und läßt sie nicht zur Reife kommen, wie sie dem Zu hörer nur allein gefallen kann. Auch der leidenschaftliche Aus druck ist noch nicht geregelt. — Bei der zweiten Aufführung des Werkes dürfte der Wegfall des Ballets im 1. Acte oder wenigstens seine Kürzung ein Gewinn sein. — Herr Schnorr (Heinrich) löste seine schwere Aufgabe am besten. Demnächst Frl. Alv sieben als Margarethe Frl. Hänisch leistete ebenfalls in Rücksicht auf ihre undankbare Aufgabe Achtungs- werthes. Herr Degele repräsentirte den Maximilian nach besten Kräften, doch darf derselbe nicht,^mehrere Silben auf einmal verschlucken. Die übrigen kleineren Parthieen waren sehr lobenswerth vertreten durch die Damen Krebs-Micha- lesi und Reiß und die Herren Rudolph, Scharfe, Weiß und Hollmann. Herr Kapellmeister Rietz leitete die Oper mit großer Umsicht. Armin Fr üh. — Aus der Provinz. In Oberneukirch erschoß sich am 13. d. M. der Soldat Schneider von der 3. Compagnie de- 16. Infanterie-Bataillons im Garten seine» QuartierwirthS Lehmann mit seinem Dienstgewehre. Gr stand wegen Leichtsinn