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»»ölst« Jak«. Montag. SS. Ne». 1887. Erscheint: «dgttch früh 7 Uhr. Inserate werdrn angenommen: bis Abends 8,Toni»» ragS bi« Mittag- 12 Uhr: Marienstra-e 18« Anzeig, in dies Blatte sinken eine erfolgreiche Verbreitung. Auflage: ,4««» Exemplar«. Tageblatt sür Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Druck und Ttgenthuw der Herausgeber: LiepschLReichlirdt. - Bcraittwonlicher Nedacteur: Julius Reichar-t. Fbsnnement: Bie'rteljLhrNchraRgr. bei unentgeldlicher Lie ferung in'« Hau«. Durch die Königl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum eine» gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Ngr. Lresdex» dm 24. November: — Heute, Montag Abend 5 Uhr soll im neuen Kreuz- schulgebäude die Jahresversammlung des hiesigen Frauenvereins zur Gustao-Adolf-Stiftung stattfiaden, wofür Herr Archidiaeo- nur Clauß die Ansprache übernommen hat. Der gedachte Krauenverein, dem eine größere Theilnahmc sehr zu wünschen wäre, hat besonders den Zweck, für die Ausstattung der evan gelischen Konfirmanden-Anstalten in katholischen Ländern und sie Unterstützung der Wittwea von protestantischen Geistlicher, und Lehrern ebendaselbst Sorge zu tragen. An der Spitze desselben steht Frau Consistorialroth ! r Kohlschüiter. — Im „wissenschaftlichen CycluS" wird Herr >>«. Victor EaruS, Professor an der Universität Leipzig beute den ersten jeiner drei Vorträge über Zoologie halten. Professor Earus, Adjunct der k. Leop. Carol. deutschen Akademie, besitzt neben umfassender und tiefer Sachkenntnis auch eine vorzügliche Dar- stellungSgabe, so daß er wohl im Stande ist, auch den Freun den der Naturwissenschaften ein klares Verständniß zu er möglichen. — Bei der herannahenden Weihnachtszeit, dem Feste der Liebe und Opferfreudigkeit, wo das fühlende Menschenherz, in Anbetracht der Bedeutung des Festes, zum Wohlthun so leicht geneigt ist, drängt die bittere Noth manchen wirklich HülfSbedürftigen, über welchen me Fortunas Füllhorn geschwebt hat, die Mildthätigkeit seiner Mitmenschen, denen die Glücks göttin lächelt, um ein Schärflein anzurufen. Wohl denen, welche daS Schicksal in den Stand gesetzt hat, die Wchmuths- zähren Unglücklicher in Thränen der Freude und des Dankes zu verwandeln, diese Perlen strahlen schöner, als der glän zendste Weihnachtsbaum und zieren den, welcher sie her vorruft, mehr, als die Perle aus Meeresgründe, oder der Diamant aus Peru'S Sandgefilden. Leider können wir aber nicht um hin, auch im Wohlthun Vorsicht auzurathen, da gerade in der Jetztzeit mancher kräftige, aber arbeitsscheue Mensch auf die Mildthätigkeit seiner Mitmenschen spcculirend, bald mit einem Gesuch für eine arme kranke Frau, bald mit einem Bitischrei- ben für einen Verunglückten rc umherläuft u:.d milde Bei träge sammelt. Daß der Verunglückte in vielen solchen Fällen aaäirlich der Bittsteller selbst ist, bedarf wohl keiner Erwäh nung. So soll, wie wir hören, erst vor einigen Tagen ein solcher Betrüger entlarvt worden sein. Darum Verficht, damit nicht milde Spenden, welche für wirklich Hülfsbedürstige be stimmt sind, solchen liederlichen Bummlern in die Hänve fallen. — Wrc es einem Heirathskandidatcn ergehen kann! Ta erhalt ein junger Mann aus seine Adresse betreffs einer Hei- rathsannonce die Einladung, zu einer bestimmten Stunde da und da zu erscheinen. Ec klingelt pünktlich an der bezeichae- ten Wohnung, eine junge Frau öffnet, ist aber nicht wenig erstaunt, als der junge Mann von einer Einladung spricht, und bittet in Folge dessen näher zu treten, um das Schreibe,, m Augenschein zu nehmen. In diesem Augenblick stürzt nun der Ehemann der Frau herein und verbläut d.n hoffnungs vollen Freier fürchterlich; auf das Geschrei des Gcmißhandel- ren eilen die Nachbarn herbei, es kommt zu Aufklärungen, und da stellt sich denn heraus, daß der Ehemann von dersel ben Hand, die die Einladung an den Heirathökandidaten schneb, einen Brief erhiclt, in welchem ihm mitgetheilt wird, seine Frau erhalte zu bestimmten Zeilen Herrenbesuch. Man glaubt dem Urheber oder vielmehr der Urheberin der Briefe auf der Spur zu sein. (Publ.) — Oeffentliche Gerichtssitzung am 23. Novbr. Zwei junge Frauenzimmer werden vorgefühlt, die eine d.L Diebstahls, dre andere der Begünstigung desstlben beschuldigt. Anna Bertha Kohle aus Reichenberg in Böhmen, 17 l Jahre alt, Blumen,nacherin, früher schon wegen Betrug« urw wegen DrebstahlS mit Gefängniß bestraft, hatte sich am 27. Oktober d. I. bei dem Friseur Ackermann befunden, als ein anderes, junges Frauenzimmer Therese Marie Loffak eintrat, um sich gleichfalls die Haare in Ordnung bringen zu lassen. Bei di» ser Gelegenheit hatte sich eine Unterhaltung zwischen beiden entspannen und die Kahle gesehen, daß die Loffak sich im Be sitz von Geld befand. Beide verließen zusammen des FliseurS Wohnung, die Unterhaltung zwischen ihnen wurde immer ver traulicher, und als die Loffak später in einen Conditorladen trat, um dort eine Tafel Ehoeolade zu kaufen, sah ihre Be gleiterin, wie dort die Loffak einen 5-Thaler Schein wechseln ließ und außerdem in ihrem Portemonnaie noch eine bedeu tende Summe in klingendem und Papiergeld bä sich führte. Sie gab Acht, an welcher Seit« die Tasche sich befand, in welche die Loffak ihr Portemonnaie steckte, ging dann Arm in Arm in größter Vertraulichkeit sprechend mit der Loffak durch mehrere Straßen und beraubte sie unbemerkt desselben. Unter nichtigen Vorwänden verabschiedete sie sich kurze Zeit darauf, «ach Verabredung späterer Zusammenkunft mit einander, am eckte d e Beraubte und meldete ihren Verlust bei der Polizei an. Unvermögend Na men und Wohnung ihrer Freundin anzugeben, erkundigte sich die Polizei, in Ermangelung anderer Handhaben, beim Friseur Ackermann und erfuhr hier Näh.reü über die Diebin. Bei ihrer Festnehmung befand sie sich ur.terwegS in Begleitung eines andern, derartigen jungen Frauenzimmers, Ernestine Selma Thomas, 1!» Jahre alt, mit der sie ausgegangen war, um mit dem gestohlenen Gelbe Sachen einzukausen. Hierbei gelang es ihr der Thomas das gestohlene Portemonnaie mit dem noch übrigen Gelbe von 2 t Thlr. 5 Ngr. zuzustccken, worauf sich letztere schnell damit nach der beiderseitigen Woh nung begab; allein kaum dort ungekommen, trat auch e»n Gensdarm ein, um die cbm erwähnten 23 Thtr. 5 Ngr. sammt Portemonnaie abz. holen. Die Thomas versteck»»: eiligst einen Fünsthalersche.n unter einen Schrank und das üonge Geld einem jungen Menschen zu, um es vor den Augen des Gesetzes in Sicherheit zu bringen und leugnete, von der Kahle Geld empfang.» zu haven. Las Gelb wuroe aber gesunden und so auch sie zur Haft gebracht. Unter solchen Umständen half beiderseits kein Leugnen, sie wurden ihrer Vergehen über führt und gestanden sie zu. Die 23 Thir. 5 Ngr. nebst die mit dem Reste der 35 Thlr., in welchen nach der Angabe der Lossak ihre Baarschast bestanden hatte, von vcr Kahle erkauf ten Sachen wurden der Lossak übergeben und die Kahle zu 9 Monat und 2 Wochen Arbeitshaus, wovon zwei Wochen geschärft, die Thomas zu 3 Monat Gefängniß verurtheilt. — Tagesordnung für die 35. öffentliche Sitzung der Ersten Kammer. Montag, d. 25. November 1867, Vor mittags 11 Uhr. Bericht der 1. Deputation über dm Gesetz entwurf, die Aushebung und Abänderung einiger Bestimmun gen der allgemeinen Armenordnung vom 22. October 1840 betreffend. Kleine Wochenschau. Wenn „Reden Silber" wäre, wie das Sprichwort meint, müßten wir Alle wohlhabende Leute sein. In kaum acht Ta gen allein drei Thronreden. Rechnet man nun die unter schiedlicher: Landtagsreden hinzu, kommt ein wahres Californien heraus, nur mit oem Unterschiede, daß von Silber nicht viel zu spüren. Was die drei Thronreden in Berlin, Paris und London anlangte, gingen sie in Bezug auf die europäischen Zustände sämmtlich aus Moll, ohne jegliche Dissonanz. Na mentlich war die Pariser eine wahre Fricdmöidyllc, die gar nicht genug beschreiben konnte, wie hübsch cs von nun an in dem geretteten Kraikieich werden würde. Freilich kratzt sich trotzdem Mancher hinter den Ohren und denkr bei sich: „was ich mir dafür koofe. Von schönen Worten wird der Mensch allein nicht satt." In Berlin nehmen die Wanzen eine so hervorragende Stellung ein, daß sich dieser Tage selbst die Gerichte veranlaßt fanden, die Wanzenfrage vor das Bereich ihrer Jurisdiction zu ziehen. Allerdings, hohe Steuern, hohe Miethen, Geschäfto- ftvckuag und auch ncch Wanzen ist ietbst für einen cmslitutio- nellen Staatsbürger des norddeutschen Bundes des Guten zu viel. Das schien auch das eine Gericht cinzusehen und erllcttte ein WanzenlogiS sowohl für den Fortschrittsmann, wie für den Corfferoatioen und Nationallibcralen für unbewohnbar, weil in einer solchen Wohnung von einer „holden, freundlichen Ge wohnheit deS Daseins und Wirkens", wie Herr von Göthe daS Leben nennt, nicht die Rede se»n könne; wahrend ein anderes Gericht meinte: es gäbe ja Insektenpulver. Allerdings, Jn- sectenpulvcr gicbt es; nur sollte — wie die Erfahrung häufig genug gelehrt hat -- in den Zeitungen nicht stehen: „un trügliches" Jnscctenpulvcr, es sollte in vielen Fällen viel mehr heißen: „betrügliches" Insektenpulver, das sür alles Andere helfen mag, nur für die Wanzen nicht, die sich trotz allen Einstreuenö nur um so schlauer befinden und beiß- lustiger werden. Der heilige Vater hat sich — wie in den Zeitungen zu lesen — dieser Tage oen Mechanismus der Chassepotsgewehre erklären kaffen. Eine eigenthüml'che Wißbegier für den Nach folger deffen, der seinen Jüngern zurief. „Friede sei mit Euch!" In Oesterreich sind sie neuerdings recht auf» „Zählen" versessen. Erst haben sie die fabelhafte Staatsschuld zusam- mengezählt, worüber wir vor acht Tagen berichtet, jetzt stehen sie beim frommen CleruS, den sie ebenfalls zusammen addirt und 55,370 Mann herausgebracht haben. Ob hierbei die bl98 Nonnen und frommen Schwestern inbegriffen, kann ich nicht sagen. Ein altes Sprichwort besagt, daß, wenn man die Juden zählt, ihre Anzahl abnimmt. Eine solche Abnahme wäre den guten Oesterreichern sowohl hinsichtlich ihrer Staats schuld, sowie ihres zahlreich vertretenen Cleru» zu wünschen. Auf die Sittlichkeit schänt dieser zahlreiche CleruS nicht eben von großem Einflüsse gewesen zu sein, denn in der lebens lustigen Stadt Wien war voriges Jahr die Zahl der außer ehelichen Geburten überwiegend und in der roch mehr mit eistlichen Herren gesegneten Stadt Nom komm n im Vrrhält- niß die häufigsten Mordthaten vor, m England die wenigsten ime die stalistischen Tabellen neuerdings nachgewiesen hüben. Am Concordate wird von Seile des österreichischen Volkes noch immer gewackelt; in Wien ellein haben die Pe tition um Aufhebung 33,000 unterschrieben; aber der ulte unliebsame Zahn scheint noch ziemlich fest im Zahnfleisch zu sitzen un» wie müssen abwarten, ob Herr von Beust sich hier als glücklicher Zahnkünstler bewähren wird. Wie verlautet, hat die österreichische Regierung einen Abgesandten nach Rom zum heiligen Vater geschickt, welcher dem heiligen Stuhle er klären soll, daß er doch daS Concordat aufheben möge, weil man sich außerdem genöthigt sähe, den allgemeinen Step ve- Anstoßes auf dem Wege der Gesetzgebung zu beseitige». Der arme Papst, kaum ist er den Garibaldi los, machen ihm wie der die alten Freunde, die Oesterreicher, daS Leben sauer In» deß, sagen dre Zeitungen, ist die Nachricht von wegen -'es Wiener Abgesandten „mit Vorsicht" auszunehmen. So wollen wrr es denn an dieser schätzbaren Vorsicht ebenfalls nicht feh len lassen. So hat übrigens jede Stadt, wahrscheinlich damit ihr nicht gar so wohl wird, ihre Verdrießlichkeit: die Berliner mit den Warzen, wie wir oben gesehen haben, die Wiener mit dem Concordrtc, die Leipziger mit der hohen Ersten .Num mer und den Dresdner»', brennen wieder ihre Gasflammen nicht hell genug. Denn die Dresdner sind Lichtfreunde u»>d mit Herrn Wallenstein ganz und gar nicht einverstanden, wenn er ausruft: „Nacht muß es sein, wo Friedlands Sterne strahlen!" Ueber diedermalige GeschäftSlosigkeit hat nicht blsS ver große uno kleine Kaufherr, sondern selbst Herr Napoleon in Paris zu klagen. Er macht mit seinem Conserenzvorschlage wegen der italischen Frage durchaus keine glanzenden Geschäfte. B»s jetzt sind auf das Pariser „U. A. w. g." nur zwei ve- stnitioe Zusagen eingegangen: aus Darmstadt und Spanien---^ Nun, Darmstadt und Spanien können es allein nicht machen. Das sieht die Welt. Auch an die königlich sächsische Regierung ist eine solche Pariser Einladung ergangen. Nun sind die Franzosen bekannt als schlechte Geographen, aber so viel halten sie doch wissen sollen, daß Sachsen in großen europäischen Kra gen laut der Norddeutschen Bundesverfassung sich nur al» integrirendeS Bundesmitglied betheiligen kann. In diesem Sinne hat denn auch unsere Regierung zur Freude jedes deut schen Herzens Frankreich geantwortet. Wenn Darmstadt zur Conserenz kommen nnll, kann übrigens nur das halbirte 'man lese nicht balbirte) Darmstadt erscheinen, weil die eine Hälfte ebenfalls Mitglied des Norddeutschen Bundes ist. DaS unterseeische Kabel, durch welches zwischenHai» fischen und Meerungethümen hindurch die alte Jungfrau Europa sich mrt dem jüngeren Fräulein Amerika unterhält, kauder welscht zuweilen curiose Dinge. So ward unlängst in Europa folgende Depesche aufgegeben: „Garibaldi ernannte seine»Sohn Menorti zum Generalissimus revolutionärer Truppen im Lor- rückcn auf Rom begriffen". Wahrscheinlich hatte der Telegraph auf ver langen Reffe am Gevächtniß gelitten; kurz die Ameri kaner brachten glücklich folgendermaßen heraus: „Garibaldi hat seinen Sohn den Namen Menotti gegeben. General JssimuL von den Reoolutio,»Struppen ist im Vorrücken auf Roin be griffen." Die Zeitschrift „Argus", die sich diese Depesche hatte tommen lassen, setzte trotz ihrer hundert Augen in ihrer Weis- heit noch hinzu, daß der General Jssimus eine bedeutende stra tegische Kraft sei. — In eir.er anderen Depesche hatte man st-.tt Garibaldi „baldisches Meer" gelesen. In Paris ist es bei den Frauenzimmern auf den Köpfen auch nicht mehr richtig. Sie färben sich dis Haare jetzt drei fach, so daß sie wie die Zebras einherlaufen. Wenn nur diese verrückte Mode nicht auch unseren deutschen Schönheiten die Kopse verdreht, welche alle Pariser Dummheiten gar zu gern nachmachen. O Weiber! Werber! rief schon der gute Geliert, obschon er nicht verheirathet war. Königliches Hoftheater. Sonnabend, «m 23. November. Armide, große heroische Oper in fünf Acten. Musik vom Ritter Gluck. — Wenn irgend Etwa« im Stande ist, uns den stürmischen Bewegungen, die das moderne Leben und die moderne Kunst charakterisiren, auf Stunden zu entreißen, so ist es die völlige Hingabe an jene alten Meisterwerke der Tonkunst, von deren ruhiger Größe wir Menschen der ewigen Aufregung uns anfänglich zwar unbefriedigt abwenden, an deren näherer Betrachtung wir jedoch unsere ganze Geistes^ wieder gewinnen können. — „Wo wird noch Armide gea?' wird in den Nohlschen „Musikerbriefen" angefcagt. wsrten: in Dresden. Die erste Aufführung -'ck. Richard Wagner» Direktion am 5. März 1843 c.» Bar- Schröder-Devriert bis zum 2 Februar 184^« ^nfzehnBv- st'llungen wiederholt und am 27- mit Fräulein N.y ausgenommen. HerrT/chatsch». s ^ ohne U-uerörechan« Nmgls. Bor e'-"-m °°kg au-o«.