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ei« hübsche« Stücklet» von der „österreichischen Justl,schleppe". Ein Leipziger Buchhändler hat in Böhmen einen Schuldner, der die den ihm bereit« anerkannte Schuld von 80 Thlrn. ewig nicht bezahlen will, so daß der Gläubiger endlich sich entschlief gerichtliche Hülfe gegen ihn in Anspruch zu nehmen. Cr be- auftragt also einen Advocaten in Prag mit der Klaganstrllung, erhält aber zu seiner großen Verwunderung von diesem die Nachricht, er müsse erst die Beweismittel seiner Forderung ein senden, welche bloS in folgenden Kleinigkeiten bestehen: „in ei nem bei Ihrem dortigen zustehenden Handelsgerichte aufgenom menen Protokolle, worin Ihre Personen-Jdentität, Ihre Eigen schaft als Buchhändler in Leipzig, die gesetzliche Führung Ihrer HandlungSbücher, dann der Umstand bestätigt wird, daß den Handlungsbüchern österreichischer Staatsbürger gegen dortseitige Handelsleute dortlands dieselbe, durch den Eid oder andere Beweismittel ergänzbare Beweiskraft in unbeschränkter Dauer zukomme, daß die Oesterreicher dortlands in Handelssachen re- ciprok behandelt Weeden und daß der diesem Protokolle ange schlossene Contocurrent ein getreuer Auszug aus Ihren vor schriftsmäßig geführten Handlungsbüchern sei. Im Contocur rent wollen Sie die Verfallszeit der Forderungsposten ersicht lich machen. Dieses Protokoll muß paraphirt, von Ihrem Staatsministerium legalisirt und diese Legalisirungsklausel von unserer Gesandtschaft und unserem Generalkonsulate in Leipzig visirt und bestätigt sein." Die Naivetät solcher Zumuthungen dürfte doch wohl einzig in ihrer Art dastehen. — s Die für gestern angelündigte Hauptverhandlung Wi der Johann Fürchtegott Butter aus Neuschönberg wegen Dieb stahls wurde vertagt, da ein für die Sache sehr wichtiger Zeuge erkrankt war. — Als Antwort auf das gestrige „Eingesandt", daS Hö kerwesen betreffend, können nachfolgende Stellen des Gewerbe gesetzes gelten. Daselst heißt es: „Oertliche und zeitliche Be schränkungen »Lcksichtlich der Personen, an welche verkauft wer den darf, sind unzulässig" rc. Gewerbegesetz vom 15. Oct. 1861 § 54 (Wochenmärkte und Specialmärkte) am Ende, fer ner: „Durch den letzten Absatz von Z 54 des Gewerbegesetzes sind insbesondere auch die hier und da noch bestehenden Be schränkungen des Verkaufs an Auswärtige und an Wieder verkäufer (Höker) für aufgehoben zu erachten". (Ausführ ungsverordnung zum Gewerbegesetz vom gleichen Tage § 41 am Ende). In Leipzig ist das Verbot des Voreinkaufs durch Höker schon seit dem 3. November l853 aufgehoben, in Dres- den aber auch schon, so weit uns erinnerlich, seit 1859, obgleich wir uns auf den Erlaß einer das Verbot aufhebenden stadt- räthlichen Bekanntmachung nicht besinnen können. — Im Jahre 1863 sind bei dem königl. sächs. Oberpost amte 3,040,575 Stück Briefmarken und 370,778 Franco-Cou- verts, zusammen für 142,446 Thlr. 12 Ngr. verkauft worden. — Ein dieser Tage hier eingetroffener Brief eines sächsischen Hauptma>'ns in Rendsburg spricht sich sehr dankend aus über die Sendung von wollenen Socken an seine Soldaten und fügt hinzu „daß dieses Geschenk bei der jetzigen Witterung für man chen armen Soldaten eine große Wohlthat war." — Ein hiesiger Bürger überbrachte uns gestern ein Stück Schwarzbrot», daß er bei einem hiesigen Bäcker mit 8 Pfennige Pr. Pfund bezahlt hatte. Dieses Gebäck war aber so grob, sauer und schwarz, daß büß dem Käufer gleich beim Einkauf aufgefallen war und er die Aeußerung that: „das ist ja Brot» für die Gänse." Der Bäcker warf aber das Fenster zu mit ben schmeichelhaften Worten: ,Nee s'iS für de Bäre!* — Ein Stück Landbrod für 7 Pfennige pr. Pfd. dagegen gehalten nnterschied sich von ersterem wie Semmel zu Commisbrod — Die infolge niedriger Wärmegrade weniger nöthig ge wordenen und deshalb spärlicher eingehenden Nachrichten über erwarteten Eisgang rc. von der Oberelbe bekunden theilweise Wafserwuchs bei durchgängig noch fester Eisdecke; den am Sonntag cingetretencn Eisgang auf der Eger bei Saaz hat ebenfalls die geringe Temperatur unterbrochen. Vorletzte Nacht wurde in Außig j Elle Wuchs beobachtet. — Auf der Falkenstraße wurden im Monat Oktober vorigen Jahres zu mehreren Malen einem dort wohnhaften Kaufmann diverse Quantitäten Cigarren im Wertbe von eirea SV Thaker« au« einer Bodenkammer entwendet, ohne daß e« damals ge lingen wollte, den Spitzbuben zu ermitteln. Die Polizei scheint aber dey Diebstahl fortwährend im Auge behalten und die Spur, die sie gleich Anfangs hatte, andauernd verfolgt zu haben; denn, wie wir hören, ist eS derselben gestern gelungen, zwei Schornsteinfegerlehrlinge, auf die sich schon früher einiger Ver- dacht gelenkt, der Verübung dieser Diebereien zu überführen. Sie sollen die Cigarren nach und nach selbst verraucht haben. — Heute beginnt im naturwissenschaftlichen CycluS der geologische Cursus des Herrn Prof. vr. Geinitz, welcher 6 Vor träge enthalten wird — Die Wiener „Presse" schreibt: „Tin Compromiß, wel ches der sinnreiche, um Auskunftsmittel nie verlegene Herr v. Beust ausgedacht hat, dürfte allseitig Anklang finden, die deut schen Großmächte in den Schooß des Bundes zurückzuführen und die Mittelstaaten zu versöhnen rc. rc." Das „Dr. I." ist zu der Erklärung ermächtigt, daß Herr Minister v Beust weder dieses, noch irgend ein anderes , Compromiß" in Vorschlag ge- bracht hat. — Am 22. d. M. Nachmittags gegen 3 Uhr ist auf dem Rittergute zu Jiedlitz höchst wahrscheinlich eine Brandstiftung versucht worden. Es brannte das Strohdach des an der Hin teren Seite des ebenfalls mit Stroh gedeckten Stallgebäudes angebauten Abtrittes. Das Feuer wurde jedoch von den Knechten noch rechtzeitig wahrgenommen und, nachdem der Abtritt sofort um und weggerissen worden war. gelöscht, dadurch aber größeres Unglück verhütet. Die über die Thäterschaft angestellten Nach forschungen sind bis jetzt ohne Erfolg geblieben. Tags darauf, Nachmittags gegen 2 Uhr, entstand auf dem Oberboden des dem Seilermeister Dreikorn zu Plauen gehörigen Wohnhauses Feuer, in Folge dessen nicht allein dieses Haus, sondern auch das dem Fleischermeister Spranger gehörige bis auf das Mauer werk niederbrannte. Zwei hieran grenzende Wohnhäuser muß ten niedergeriffen werden, um dem rasch verzehrenden Elemente Einhalt zu thun. Die Entst.hungsursache ist zur Zeit unbekannt. — -s „Wie mag der Mann existiren?!" Diesen Ausruf muß der Leser unwillkürlich ausstoßen, der Folgendes liest. Ein Gutsbesitzer hiesiger Gegend wünschte einen erfahrenen Oeco- nomen zur Bewirthschaftung seines Gutes. Auf sein Inserat im Anzeiger meldet sich ein Herr. Sein Brief, welcher dem Referenten vorliegt, enthält unter anderen Denkwürdigkeiten noch folgende romantische Stellen: „Ich bin aus N. gebürtig, 46 Jahre alt, habe in Leipzig studirt, beging aber 1833 den dummen Streich, mit dem jungen König Otto nach dem geprie senen Griechenland zu gehen, wo Milch und Honig fließen sollte. Dort hatte ich das Unglück, mit einer halben Compagnie von den Mainotten (?) gefangen zu werden, erst nackend ausgezogen, Nase, Ohren und Zunge abgeschnitten, dann erst die Gurgel (ll), bis wir nach 9 Tagen vom König Otto ausg-löst wurden. (Ohne Gurgel!!) Darauf kam ich in's Kriegsminiflecium als Protokollführer (ohne Gurgel!), bis die Griechen uns sämmtliche Deutsche aus unfern Stellungen vertrieben. Auf ein königlich griech sches Kohlenbergwerk versetzt, war ich mehrere Jahre Schicht meister, bis auch dieses in Verfall kam. Da ich mir Geld er spart, bereiste ich Egypten, Syrien und die ganze Türkei, (auch ohne Gurgel?) da ich der dortigen Sprachen vollkommen mäch tig (ohne Zunge!). Erst nach 13 Jahren kehrte ich nach Sachsen zurück, wo ich noch einmal Soldat werden sollte (auch ohne Gurgel), mich aber frei looste. (Na da hört Alles ouf!)/f Nachdem der Gurgellose noch weiter sich angepriesen, schließt er feinen Brief: „Mit Buchführung und Correspondenz bin ich vollständig vertraut, spiele Clavier und Guitarre und spreche mehrere Sprachen, könnte alsdann auch, wenn Kinder da sind, denselben noch Unterricht ertheilen!" Das thut der Mann AlleS ohne — Nase, Ohren, Zunge, überhaupt — ohne Gurgell O du sonderbares Wesen! — -s Wenn man aus dem Regen in die Traufe kommt, so ist's figürlich im Leben schon schlimm, wenn das aber in aller Wirklichkeit vorkommt, dann ist's wahrlich noch schlimmer. Und so kommt's in aller Wirklichkeit auf der Amalienstraße vor und zwar unter der Dachtraufe jenes Hauses, in welchem sich