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Dresdner Nachrichten : 26.09.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192609269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19260926
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19260926
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-09
- Tag 1926-09-26
-
Monat
1926-09
-
Jahr
1926
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 26.09.1926
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lkeräner Nachsichter 8onntag. 2H. 5ept. l92d Aer-sluachmMag a«s -er Psaueninsel. über den großen See. besten »eltze von LteSbet D^l'l. «ettze Pampfer . ^ ...„ ...... .... starb« ln der Sonne wie dunkler Bernstein leuchtet, we Segler gleiten darüber bin, kleine Boote flitzen rauschen- oori -ei. leis« schlagen die Wellen ans Ufer des leergeivordenen Strandbades Wannsee. wo man. noch einig« Ahgehärtete schioimwen -un- tan Gand lagern fleht. Bon Wannsee nach Moorlqke geht di« stille stahrt. tiefe Lanbwälder begleiten uns. noch grün. Das Schiff ist fast leer, nur einig« ältere Damen, ein Potsdamer Kränzchen sicher, das historische Sr- tnnerungen sucht — wie ich — — ES gibt viele Berliner, die sterben, ohne die Pfaueninsel gesehen zu haben. Sie ist etwas umständlich zu.erreichen, aber die Fahrt dahin ist wunderschön, auch bei herbstlichem Wetter:.di« Luft ist noch weich und das Master glänzt warm. Da taucht sie auf, die Pft»»eninsel, aus Bäume» und .Gebüsch, den Mpfetn uralter Eichen, von hohem Schilf, eingesäumt, „inrauscht von der Havel, di« ste von beiden Seiten sanft um- schließt . .. wie ein stiller Traum schwimmt ste Näher, ein Märchen von Blumen und einer wunderschönen, kranken Königin-. . An der Jnselspttz« steht ein TeehanS mit AuS- guct über den' See. dort nahm an warmen Nachmittagen Königin Luise mit ihren Hofdamen den Tee. Die Insel hat eine Geschichte . . . Der Große Kurfllrst schenkte 1685 diese romantische Wtl-nIS dem Chemiker Johann Kunkel, der dort seine alchimistischen Experimente machte. Kunkel wurde erst angestellt ohne Gehalt, „da. er ja selbst Gold machen konnte* . . leider ist er aber in'dieser Wissenschaft nur bis zu vergoldeten Sinbingläsern gekommen, die man pietätvoll in einer Bttrinei noch heute im Schlosse aufbewahrt ... Die Königin liebte die Insel, auf der die Pfane uiyber- stolzicrten upd man nichts hörte von der Welt. Reben dem Fährhaus stehen zwei Riesenpappeln ausgereckt wie preußische Grenadiere, die zur Wache bestellt sind und dg» Gewehr präsentieren . . . Ein kleines Boot trägt, uns über die Havel, die hier siebzig Meter tief sein soll, wir landen unter Trauer- weiden . . . Wir sind in einem Gart«n, Erlen, Buchen, Eichen umgeben uns und gepflegte Anlagen. An den Bäumen hängen Papierkörbe. Kein Blatt liegt auf dem sauber geschorenen Sinsen. Ein Schild am Eingang des Parks „Passagiere mit Zweigen und Blumen werden nicht herübergefahren" . . . Ordnung muß sein . . . wir sind in Berlin . . . noch immer . . auch auf der Pfaueninsel. Am Fuß der Rtesenpappeln liegen versteinerte Bäume und Knochen eines Ungeheuers, die man hier gefunden hat. Girlanden von Laub schaukeln anmutig »wischen den Bäumen als Willkommengruß. Die Wege sin- eingesaßt von rosa Hortensien. Unter der Nieseneiche mit dem Blick über , den See saß oft bk Königin . .n /DaS graue Schlößchen ist eine künstliche Ruine, der Blick von seiner Front geht weit über Park und Juygsernsee . . . Oben eine eiserne Brücke, lebensgefährlich und nicht mehr zu benutzen,, di« beide Türme verbindet, ein« kleine Sternwarte steht, noch, dg., sie gehörte mit zur Poesie der damaligen Zeit. Man kokettierte mit AstronoM«, Goldmacherkünsten und Ruinen. Im Flur ein Kastellan und ein Stapel Filzschuhe. Wir gleiten über wundervoll eingelegtes, gepflegtes, blankes Parkett. Das kleine Schloß wird gehalten, als pH jeden Augenblick..wsed«ri ein^ !hin «ab eS hier, dafür hatte man Puder sind Schminke, die schlich ten Mahagonimöbel sind alle blank, die Böden spiegeln, kein Stäubchen liegt irgendwo, die buntbemalten Zitztapeten sind lustig, bunt, sommerlich, wie die Freude selbst . . . Die Gartenhüte der Königin zeigt der Kastellan, Schuten ans rosa Leide und Stroh und Spitzen, ganz leicht in der Hand, wie eine Feder. Mit fabelhaftem Stilgefühl sind die einfachen Räume eingerichtet. Unten ein Eßzimmer, ein Schlaf- und Wohnzimmer der Hosmessterin v. Boß, die Statue der Rachel steht vor einem Spiegel, ein Schachspiel, geschenkt vom Herzog von Cumberlaud. Die Herlistsonne scheint durch brüchig«, buntbemalte Gardinen und funkelt in den Rubingläsern des Goldmachers Kunkel und auf dem Fußboden -cs runden Tnrmzimmers. der ans 20 verschiedenen Holzarten zusammen gesetzt ist, sie schimmert durch den Lichtschirm aus Pfauen- sedcrn, auf dem runden Tisch, an dem sich abends die Königin vorlesen ließ, und gleitet über die welken Kränze aus den Freiheitskriegen, die vergilbt an der Wand hängen. Kamine für die kühlen Herbstabende überall, das Schloß, im Stil der mißverstandenen Romantik der Freiheitskriege erbaut, wirkt am schönsten von innen. Das Schlafzimmer der Königin im ersten Stock hat einen wunderbaren Blick auf die Parkwiesen. Von Bäumen um- rauscht schlief sie hier, umgeben von Blumen. Hier war sie einfach und allein. Tiefster Friede liegt über -cm Park. Ein zitronengelber Wandschirm umgibt ihr Bett, mit ausgeschnitte nen Figuren, die ihre Kinder ihr aufgeklebt hatten. DaS Parkett ist glatt wie ein Spiegel. Alle Räume klein, be. scheiden und einfach. Man war damals arm und Preußen in Rot. Ein Teppich aus Kreuzstichen, eine Hosdamenarbeit sicher, liegt vor ihrem Sofa, der Schreibtischstuhl des Königs trägt ein von der Königin gesticktes Kisten, rote Kreuzstick- arbcit mit Wappenkrpne, ein SchokolaLeservtce, erstes Berliner Fabrikat, Basen mit bunten Buketts zieren Tische »nd Kgchin«, auf . einem Sofa liegt hingeworfen eine alte Uniform aus jenen Tagen und eine Schirmmütze, schwarz mit scharlachrot . .. . die -er König trug ... , Spiegel, reizend mit Pfauen, schöne Möbel im Empirestil, elegante Schnitzereien und Muschelborden, aus dem Schreib- tl-ch des Königs unter Glas ein Kinderbrieschen von Friedrich dem dritten ... je von» iöiicite man ttchr Ornnciliopo voire löte et je roulisite ckc tont mcsn coeur c>ue vour vous portier tovjour» trtz» bien. l.e Z ^out süss. Fritz. Eine stille schwüle Luft steht über dem alten Park, die riesigen Bäume haben ein Stück Geschichte erlebt, manche unter innen schon die Resormationszeit mitgemacht... es sind S'ieseukerls. diese Eichen, die über uns rauschen, einförmig: gewesen, gewesen — ^ Die Pfaueninsel hat eine Nolle gespielt zu einer bösen, schweren, ernsten Zeit in der Geschichte der Hohenzollern, Deutschlands tiefster Erniedrigung. Zwischen Krieg uud Krankhett war sie ein Eiländ, auf dom eine junge, sterbend« Königin, di« an ihrem Mann und an ihren Kindern hing, ihre letzten Sommer verbrachte, in diesem schönen Garten, losgelöst von der Welt.. . Es ist, als ginge man an einem stillen Sommerabend auf einem Kirchhof spazieren, rings Gräber, Blumen, Ruinen. ' Man schwärmte damals für Ruinen. Auf diesem Rasen stand die französische Schau- spielerin Elisa Rachel. Eine Rezitation bei untergehen-er Sonne, vor Königen und Fürsten, ihren Generalen. Ministern und Diplomaten, vor dem Teetisch der Hofdamen, die zarte- gebrechlich« Gestalt im schwarzen SpitzenNeid, rote Rosen im Schleier, grell beleuchtet von den flackernde» Wtndlichtern, sprach sie die „Athalie", die „Phädra". Mitten im Park steht in englischer Gothik ein HauS mit einem Durm, für die ehemaligen Lakaien und ihre Kinder. Ein Flieger surrt über uns. sonst kein Laut. Im Grün steht ein verlastenrr. dorlsch-r Tempel mit dicken Säulen, an der Msteret, auch ein« kLwstltche^Reüae^n nach, ter.Gothik. Gocthesche Stimm png.Wckmtl weht hier » .?, Heudufk -seht von den schwül, betäubend. Die tiefen dunklen Sch astep? Lust r. süß. de- m schwarzer Kater sitzt unter einer Eich« und patzt auf dt« Bügel auf . ES ist einsam und schön. Durch eine tiefe, grüne Allee kommt ein Pfau gewandert. Aber er zieht den schönen blauen Schweif lässig durch den Staub und geht an mir, vorbei ohne mich anzusehen.' wie eine hochmütige Dame. Am PuSgang bleibt er In der Sonne stehen und breitet kokett sein farbenschillerndes Rad aus. viesenhaft und üppig . Er steht wie ein Gemälde trttder Nachmittagssonn« still, der Pfau aus/ seiner Insel »<. . ste gehören zusammen, in-lese Oase einer Königin, in die Geschichte »er Hohenzollern ... Die Gemälde von der Königin Luise sind meist idealisiert. Ihr- Zauber bestand in ihrer natürlichen Anmut und einer strahlenden Liebenswürdigkeit, Sie war keine klassische Brief» schreibertp. aber ihre Briese sin- frisch und temperamentvoll geschrieben. St« war es, auf die man die Hoffnungen setzte tu schlipimer Zest, während der König „kriegsscheu und'un diplomatisch" genannt wird . , Ihre Totenmaske ist uuver- etzlich schön, von einem Ausdruck,-her den -er Nürnberger iübonnen ttberirtfft, und eine Totenmaske lügt nicht — — Auf der Pfaueninsel erwacht Las Bild der blassen Königin.' n ihrem langen duftig weißer; Kleid, den Schleier um den als geschlungen, scheint ste durch den Garten zu schweben, langsam, ein« Leidend« schon, die sich aus dem geräuschvollen Hösleben so gern zurückzog in das kleine bescheidene Schloß auf der Insel, dessen Garten die Havel umspült . . Der Kahn trägt mich zurück über -ie Hanoi, es ist Abend . . . See uipd Luft sind blau, die Nebel steigen. Eine melancholische Landschaft umgibt mich, schweigende, stille Wälder . . . Die „Grenadiere" am User stehen unbeweglich und schauen dem Boot nach . . >> ; - Der Liebhaber. B on Ferdinand Paolieri. Solange die betreffende Theatertruppe ln Florenz war, sah ich ihn da stehen: in der Bia Ricasoli, neben dem Personal- etngang des Teatro Niccolini. Abend für Abend, bei jeder Witterung. Wenn ich, meist nach Mitternacht, meine Kritik über die Abendvorstellung in der Tasche, -aS Theater ver ließ. mußte ich jedesmal an ihm vorüber. Es wär Winter? Ob es regnete oder schneite, stürmt« oder trecke »kalt war sein« üble Kalte 'ln -dem sonst .so milden Klima am Arno) — den Mäntelkragen hochgeschlagen, den Hut in die Stirne-gezogen, -ie Hände in die Taschen -eS Paletots vergrüben, schritt er auf und ab. ' ' Ich wußte, wer er war! Er liebte.ein« Schauspielerin, dir nicht sthr viel reicher war, als er selbst. Er liebte sie mit solcher Anhänglich^ und Leidenschaft, daß ich über- zeugt war, er werde sirteS TageS sau» Liebe irgend etwas Heroisches vollbringen, Deshalb behielt ich ihn im Auge; ich witterte -a- Sujei, pnd ,wtr Schriftsteller sind in dieser Beziehung iminirr Egoisten, - 7 - , .'VN Als -Ie Foychaauk ftt, nächsten ME-MsrmokS «ach Florenz' WM »ck Hur ErstaüsfWung, trbtzdem eine schon ebenso alk wsi^vtrehrungSmür-ig gewordene Komödie gespielt wurde. Es war PM jener Januarnächte, ln-beste» die Tra montana schneidend kalt vom schneebedeckten Monte Morello herabpfeift und einem die Haut im Gesichte. erstarren läßt. Ich verließ eben das Teatro Niccolini, um mich noch zur Druckerei der „Nazione" zu begeben, als ich ihn wieder stehen sah: vor dem Personaleiugang wartete er? fortwährend mit den Füßen aufstampfend, wie ein angelernter Tanzbär. Ich habe eine besondere Abneigung für die Räume hinter einer Bühne, erstens weil ich weiß, wie eS dort zugeht, und zweitens weil ich weiß, was dort alles gesprochen wird. Wenn die sich weiß der Himmel wie wichtig dünkenden .Habltuös" der Vühnengemächcr auch nur ahnten, welch grausiger Schmähregen oft auf sic niedergeht, kaum baß ste die Türe hinter sich geschlossen haben, bann würden ste wohl etwas zögern, sich jedesmal bei Aktschluß eilfertig Hinter die Kulissen zu begeben, um der ersten Schauspielerin die Hand zu küssen oder dem Hauptdarsteller Schmeicheleien zu sagen. „Dieses Kritikerkamel....! Dieser Idiot von Zettungsschm —", na, man kennt das ja; nur wendet eS seiner auf sich selbst au. Aber diesmal, beim Anblick des frierende» Liebhabers auf der Straße, konnte ich der Versuchung doch nicht wider stehen. '7 Man spielte noch den letzten Akt, bei dem die betreffende Schauspielerin nicht auf die Bühne kam.' Ich klopfte sofort an ihre Türe. „Gestatten Sie?" ' „Bedauere. Wer ist denn da?.^ Ich ziehe mich eben an...." »,OH, entschuldigen Ste....!" „Paolieri, Sie? Na, dann immer herein! Sie gehören ja »um Fach, da» ist was andere»." Die Schauspielerin war alles weniger als prüd. Sie warf sich rasch noch, während ich eintrat, irgendein Seiden stück über, das offenbar ihre Schönheit meinem Blick verhüllen sollte. Sie war mehr als schön: begehrenswert, jung, von leuchtendem Teint, mit herrliche« Auge« und einem schelmi schen Mund. . Wir wechselten einige freundlich« Wortch während ich mich auf einen Koffer setzte. ! „Ste erlauben?" „Aber bitte! Gestatten Ste Ihrerseits, daß ich mich fertig anziehel" . > Der Neberwurf glitt zu Boden, und während ste sich die seidenen Strümpfe anzog, bedrohte sie meine respektierlichc Nasenspitze mit der Spitze ihres Fußes und lachte ' dabei' verführerisch. „Sie gehen abendessen, jetzt?" „Ja, aber nach Hause. Leider.../ „Na, Sie haben ja Ihren Mann.../ .Woher wissen Sie?" „Er wartet doch unten, der arme Kerl. ES ist das zweite Jahr, baß Ich ihn als heroischen Märtyrer , ans demselben Posten sehe." . ' , Die Schauspielerin wurde plötzlich still, in ihren Augen erschien ein übles Leuchten. Ste wandte mir. byr'Mchen zu und ordnete ihr Haar vor dem Spiegel: Aber gleich darkuf drehte sie sich wieder um und bat mich um eine Zigarette. Ste lachte, aber es war ein etwas herbes Lachen. „Ach so, Sie raüchen nicht. Stk..? Sie .keuscher Mann, Siel" TS war mir »war nicht klar, -was di«, Keuschheit mit Zigaretten, »N «tun haben sollte, aber ihr seltsames Benehmen machte mich zu neugierig, alS daß ich darauf eingegangen wäte. Plötzlich neigte sie sich über mich, so nahe, daß ihr Mund fast mein Gesicht berührte, und sagte: „Meinen Sie. ich weih nicht, weshalb Ste gekommen sind? Sie wollen wissen... deshalb haben Sie sogar die Bühn-beire«--» .. P Sie doch nicht! Nicht meinetwegen sind St« gekommen. Sie möchte»/.wissen, warum -er da unten zähneklappernd auf mich wartet, .^während ich Hiersitze und plaudere... und raüche... im warmen Zimmer... nicht wahr?" . „Eigentlich ja...." . „Schön. Sie wissen doch, Paolieri, daß ich Ihnen alle» mögliche antworten könnte, zum Beispiel, daß der Direktor leiste Fremden in den Schausptelerräumen haben will! Und obgleich Ste wissen, daß bei der Primadonna da» reiche Galantjüngelchen sitzt und zwei Zimmer weiter die polnische Romanschriftstellerin, die in Männerkleibern geht, und — na, ja. trotzdem würden Ste wenigstens so tun, als glaubten Sie mir diesen Grund, warum der da unten auf mich wartet und nicht hier sitzt auf Ihrem Platz. Aber ich will Ihnen die Wahrheit sagen, Paolieril Dieser Mensch, ist in mich ebenso verliebt, wie ich ihn hasse. Die ganze Nacht wartet er in der Kälte. Tie Patrouillen und die Chauffeure kennen ihn schon und spotten Wer ihn. Aber ich hasse ihn nicht bloß, ich fürchte ihn auch. Weil ich weiß, ganz sicher weiß, daß er mich an demselben Tage, an dem ich ihm frei heraussage: Lass' mich doch in Ruhe, ich habe dich nie geltebtl Was willst du denn eigentlich, ich empfinde uur Widerwillen gegen dich, daß er mich an dem selben Tage mit seinen Fäusten erdrosseln würde. Und so versuche ich, ihn mürbe zu machen. Aber er trägt alle». Alles, Paolieri, wissen Sie, so, wie dieser famose Prinz im irgendeinem Märchen, der für die schönen Augen seiner chinesischen Prinzessin sich alle Martern auferlegen, sich sogar verstümmeln und blenden läßt, um schließlich als Schemel für die nackten Füße der Angebeteten zu enden, während ste sich einem buckligen Hofnarren hingibt. Warum hat er sich noch keine tödliche Erkältung zugezogen? Ich habe ihm klargeniacht, baß fein Warten ganz aussichtslos und jede Hoffnung lächerlich ist. Ich will freibletben, und durch -ie Welt ziehen. Aber er folgt mir wie ein Hund, aber wie ein Wachhund, der nicht mehr von mir läßt. Wie oft ich mit anderen, mit Bewunderern und Theaterkrittkern, mit Autoren »der Mitgliedern unserer Truppe, zum Abend essen gegangen: er wartet vor dem Restaurant, und wenn es bis -um Morgen dauert.... Alles habe ich versucht, nur das ein« nicht: ihm gerade heraus zu sagen, daß ich ihm hasse! Dazu habe ich nicht Mut genug, ich müßte vorher mein Testament machen...i.." „Aber rebelliert er denn nicht gegen Ihre Zurück- setzungen?" wandte ich ein. .^Versucht er denn nie —?" „Was? Er kennt die Wahrheit ganz genau, er mutz sie kennen. Aber er will sie nicht hören, ste darf nicht a wS- gesprochen werben, darf nicht von meinen Lippen ko>»««ien, das ist es. Dabei ist er wahnsinnig eifersüchtig. WeHhe Qualen muß er auKstehen, La er.doch weiß, daß ich im letzte» Akt nicht auf der Bühne bin, und er sich denken »mtz? daß irgendein junger Elegant bei mir ist! Trotzdem —> Er kstv- btttert mir-as ganze Leben." / „AVer er läßt Sie -och mit andere« »um Essen gehe». Me kann er den« eifersüchtig sein?" Ä „Na. ich danke, wenn er -rauhen vor -em Fenster tzeS Restaurants auf und ab geht! Versuchen Sie «V doch mal «pd begleiten Die mich nachher, Sie werden gleich sehen, wie M- genehm es ist!" . > , ?- ^Gibt> «S denn stein Mittel, ihn lpS-rrwer-en?" , "weiß LeistS: PM»ei? Was wollen st« Wm t tue Rache, . ^ S.seine. Rack „HMchen ZMA... vk et ktänr.... bet dieser Kälte.... eine Lungenentzündung.,^/ „Aber bedenken Ste doch... -!" „Gewiß, eine Roheit, ich weiß. Sie fühle» sich verle Paolieri. Aber ich habe Ihne« ja gefagt. baß ich Jhneu j^.. Wahrheit erzählen will. Nun die Wahrheit ihre WirstmnE getan, aber cs macht nichts..." Sie schwieg. Auch ich sprach kein Wort. ES war heiß i« ihrem Zimmer. Ich stand auf, ging ans Fenster «n- lehnttz' mein glühcudes Gesicht an die Scheibe. Die Schauspielerin, fuhr fort, sich anzukleiden. Die Ze-it war verstriche«, otzüst daß ich gewahr geworden wäre, wie spät es schon w«L. Jemand klopfte diskret an die Türe und sagte leise, die Bor«' stcllnng sei längst zu Ende, das Theäter würde geschloffen. , Ich sah auf die leere Straße hinab. Da schritt er imy»S noch auf und ab, den Hut in -ie Stirne geschoben, die HMstt in den Manteltaschen vergraben, das Gesicht zu Boden-W richtet,- er mutzte halberstarrt sein vor Kälte. Eine kühne Idee fuhr mir durch -en Kopf. an Len Lichtschalter und drehte auS. ^Was machen Sie denn -a, Paolieri? Sin- Sie verrückt?* „Seien Sie ruhig.../ - „Aber was wollen Sie öe«n?" ^ „Sie sollen ruhig sein!" ^ Einige Minuten verstrichen. Die Schauspielerin, so «ntz an mich angeschmiegt, daß mtch ihr Parfüm einhüllte, blickte gleichfalls auf die Straße hinab. In -er Stille hörte ma« das Ticken ihrer Armbanduhr. Plötzlich klang ein dumpfer Schlag durch das nächtliche Haus. Sie hatten das große Top unten geschloffen. Theater und Straße lagen etnsam. ' - Aus der gegenüberliegenden Seite, wie eine ewige Schild- wache, schritt der Mann mit dem in -ie Stirne gezogenen Hut auf und ab, die Hände in den Manteltaschen vergrabet,.... ,Fomischer Kauz!" entfuhr es mir. Weiter »ermochtt ich nichts hinzuzufügen. Es ist nicht ganz leicht, mit einer Frau ein Gespräch zu führen, wenn man mit ihr allein in einem dunklen Zimmer etngeschlossen ist. " Am anderen Morgen, als man das Theater wieder öffnete, die Schauspielerin sich auf die Bühne zu -en Proben, begab und ich mich unbemerkt fortstahl, war -er Mann auf der Straße verschwunden. 7 . - Eine nächtliche Patrouille habe Ihn im Morgengrauen auf dem Randstein sitzend gesunden. Auf ihre Fragen hatte er den Polizisten geantwortet, er warte auf -en Schluß .der Theatervorstellung, um eine Schauspielerin nach Hause »ü be- gleiten. Man bracht« ihn zur Untersuchung in eine Heil- anstalt für Geisteskranke, wo man ihn aber wieder eytließ, da er keine besonderen Merkmale gemeingefährlichen FrrseinS aufwics. . - , Die Schauspielerin reist« mit einer Operettentruppe auf drei Jahre nach Südamerika. Aber ihr Verehrer steht jede Nacht vor dem Teatro Niccolini in der Bia NIcasolt un- wartet ans sie. Die Polizei kennt seine weiter nicht gefährliche Wahn vorstellung, und da er tagsüber ruhig vor der großen Kirchcntür von Santa Maria Novelle steht und um Almosen bittet, läßt sie ihn unbehelligt. (Deutsch von Alexander Ssemjonoff.) Glück im Unglück. Eine wahre Begebenheit von N. P. Mein Freund S. galt immer fttr einen Glückspilz. . Kohn eines Bankiers, genügte er auf Wunsch seines etwas eitel« VatcrS seiner Militärpflicht beim Leibgarde-Susarenregiment. das von jeher als Elitercgimcnt des russischen Heeres galt und sein Standguartter in Zarsk^je Sselo, in der Nähe von Petersburg, hatte. Da es ihm an Mitteln nicht fehlte, genoß S. da» Leben " -- > »»s^„ glänzender Kavalier, slotter
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