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Sie Landwirtschaft an der Jahreswende. 850 Millionen Linsen Mszubriagen. - Große ErnteschSden durch das Wetter 182?. Die Viehhaltung -er Vorkriegszeit wieder erreicht. Eine Rundfunkrede des Reichs« rnLhrungSministerS. Berlin, SS. De». In einem Nundsunkvortrag, den NeichöernährnngSuiiiiistcr Schiele über „Die Landwirt» ichast an der Jahreswende" hielt, führte der Minister zunächst aus. daß mengenmäßig die Ernteergebnisse in diesem Jahre ctwaS bester seien als im Jahre I821Ü So sei die Brot. Getreideernte um annähernd eine Million Tonnen und die Äartvsselcrnte um 80 Millionen Doppelzentner gestiegen. Dieser mengenmäßige Gewinn gehe aber zum großen Teil dadurch verloren, daß qualitativ fast alle Früchte durch das Unwetter erheblich gelitten haben. Immerhin rechtfertige der Ausfall der Ernte die Feststellung, daß zu einer Besorgnis hinsichtlich der VcrsvrgiingSlage der städtischen Bevölkerung lein Anlaß vorliegt. Bus dem Gebiete der Viehhaltung liegen die Verhältnisse wesentlich trüber: durch starke An» geböte seien die Preise in den letzten Monaten ständig zu rückgegangen. Die Schwelneprcise seien heute weit nmer die tatsächlichen ErzengniSkosten gesunken. Erfreu» lichcrwcile habe der Fleischverbrauch in Deutschland in diesem Jahre etwa wieder die Höhe der Vorkriegszeit erreicht. EL bedeute eine Großtat der Landwirtschaft, daß eS ihr gelungen ist, trotz aller widrigen Verhältnisse den Viehbestand wieder aus ein der Vorkriegszeit angenähertes Maß zu bringen. Weiterhin betonte der Minister, daß die Wertung der volkswirtschaftlichen und i-*o>-so,'dere der handelspolitischen Stellung der Landwirtschaft wachse. Freilich beweise gerade die neuere Entwickelung unserer Handelsbilanz, daß wir von gesunden Marktvcrhäliniiscn noch weit entsernt seien. Unter Hinweis ans die Passivität unserer Handelsbilanz forderte der Minister eine zirlbcmußtc Hebung der heimischen Produktion. Nur eine diesem Ziele untergeordnete Wirtschaftspolitik könne die Gefahren beschwören, die auS der andauernden Passivität sltr unsere Finanzen und unsere Währuna drohen. Ohne eine solche Handelspolitik lei die Lanbwirtschalt. insbesondere üeS deutschen OstcnS, verloren. DaS entscheidende Merkmal der gegenwärtigen Lage unserer Landwirtschaft sei die Tatsache, baß ein« erschreckend große Anzahl der Betriebe mit Dcstzit arbeitet. Die Folge dieses Notstandes seien Milliardenver luste, die die Landwirtschaft in den vergangenen Jahren er. litten habe Ueber die Verschuldung der Landwirtschaft teilte der Minister genaue Zahlen mit, aus denen sich dir schwerwiegende Bedeutung seiner Ausfuhr,ingen ergibt, Die bedenklichste Seite der Verschuldung liege einmal in der Kurzfristigkeit der personellen Schulden und ferner in der ungeheuerlichen Zinsenlast. die sich ans 868 Mill. Mk. jährlich beläust. Die ReichSregtcrung, fuhr der Minister fort, hat die Entwicklung dieser Verhältnisse mit ernster Besorgnis »ersolgt. Sie sieht cs als eine ihrer wichtigsten Ausgaben an, auf eine Ordnung der landwirtschaftlichen Schnlbvcrhält- nissc hinznwirken. Mittel seien die Umwandlung der schwe benden Schulden in langsnstigen Kredit und eine Absenkung der untragbaren Zinslasten, Die Ncichsrcgierniig werde s» Kürze die erforderlichen Maßnahmen Ircssc», Hierbei wird die Landwirtschaft selbst entscheidend mitzuwirken haben. Ihre Aufgaben in dieser Hinsicht kennzcichnete der Minister folgendermaßen: Unablässige technische Vervollkommnung und Rationalisierung der Betriebe und des Absatzes sowie Slanda'dierung und O.ualitätSstcigcrung der Produkte, wo durch die Konkurrenz mit dem AuSlandc erfolgreich aus genommen werde» könne. , Was uns der Versailler Vertrag an Land und Gut ge raubt, was uns Krieg- und Nachkriegszeit an kulturellen Schäden zugesügt habe, müsse ersetzt werden durch ge» st tigerte Wirts chaslsencrgic, die aus dem deutsche» Roden das Letzte hcrousholt, was herauszuholen ist. Der Minister wies dann auf die Hilfsmaßnahmen hin, die in letzter Zeit für die Landwirtschaft ergrissen worden sind. So werbe auf süns Jahre von Reichs wegen ein Betrag von iLbrlich sechs Millionen Mark bcrcitgestcllt werden, um den Zinsen bienst für laudwirt'chiZlichcs MeliorationS- kapltal auf tragbare Säße zu verbilligen. Für bas Mol kereiwesen werden jährlich 1.6 Millionen Mark süns Jahre hindurch für Zinsverbilligung vom Reiche anü- geworfeu. Der Produktionsstcigcrung in Gartenbau betrieben dienen Rcichskredite in Höhe von 5 Millionen Mark, und ebenso werden siir den Weinbau nambakte Mittel ausgcworsen. — Der Minister schloß mit der Fest» stellung. baß die Hoffnung berechtigt sei. daß die Landwirt schaft bei Reich und Ländern dasjenige Verständnis und die jenige Hilfe finde, die sic in ihrer bedrohlichen Lage mit Recht erwarten dürfe. Trostlose Lage der memelländischen Vandwirlschall. Memel. 22. Dez. Aus der diesjährige» Vollversammlung der memelländischen Landwirtschastskaminer machte der Kammerpräsident. Rittergutsbesitzer v. Drchler. be merkenswerte Anssührungc» über die trostlose Lage der memelländischen Landwirtschaft. Die schwere Krisis habe sich auch im Jahre 1l>27 weiter verschärft. Bisher habe die Aus fuhr von Schweinen nach Deutschland die Haupteinnahmc- auelle der memelländischc» Landwirte gebildet. Im Laufe des Jahres >827 hätten sich die Schweineprcisc jedoch so gestaltet, daß auch hiervon ein Nutze» nicht mehr bleibe. Hinzu komme, daß die Preise für Rindvieh ganz außerordentlich ge sunken seien, da Deutschland infolge eines Falles von Lungenseuche die deutsche Grenze siir die Einfuhr von leben- dem Rindvieh gesperrt habe. Man hoffe jedoch, daß die deutsche Grenze für Rindvieh bald wieder geöffnet werde. Viel bemerkt wurde, baß der Sitzung zum ersten Male auch der litauische Gouverneur beiwohnte, der in seiner Rede zugab. daß die Kultur der Landwirtschaft im Memelgebict aus einer wett höheren Stufe stelle altz im übriaen Litauen. Das deutsche Eigentum in Amerika. Die Behandlung der dentjchen Staatsbürger, deren Eigentum in Amerika von der Washingtoner Regierung im Kriege beschlagnahmt wurde, stellt kein Ruhmesblatt in der NachkriegSgcichichle der Union dar. Schon die Beschlagnahme selbst mar ein Akt offenkundigen Unrechtes, da zur Zeit dcS Kriegsausbruches ein Vertrag zwischen Deutschland und Amerika bestand, in dem sich beide Parteien die unbedingte Respektierung des Privateigentums ihrer Bürger im Falle von Fcindseligkcilcn gewährleisteten. In dem dcutsch-amcri. kaniichcn Fricdcnsvertrage vom 2ü. August l!>2l wurde dann bestimmt, daß daS beschlagnahmte deutsche Eigentum noch so lange zurückbehalten werden sollte, „bis die deutsche Ne gierung angemessene Vorkehrungen zur Befriedigung der Gegenforderungen der amerikanischen Geschädigten gctrossen habe". Die ReichSregtcrung hat diese Bedingung durch Ucbcr- rcichung entsprechender Vorschläge in Washington prompt er- füllt. Trotzdem ist die Freigabe auch heiite noch nicht erfolgt, mit Ausnahme kleiner Beträge bis zu lOOOO Dollar. Mehr fach sind zwar bereits Gesetzentwürfe zur Regelung der An gelegenheit an de» Kongreß gelangt, aber immer wieder ichci- terten sie an dem Widerstande des Senats. Jetzt ist abermals aus Washington die Nachricht ctngetrossen. daß daS Nepräicir- tantcuhaus einen Entwurf angenommen hat. der die sofortige Zahlung von 80 Prozent des deutschen Eigentums an Bar. gcld. Wertpapieren oder Grundbesitz und die ratenweise Zah lung von 6V Prozent der Entschädigung für deutsche Schisse, Patente und Radiostationen vorsieht. Vom deutschen Eigen tum sollen 20 Prozent und von der Entschädigung für be schlagnahmte Schisse, Patente und Radio,Nationen 60 Prozent als Sicherheitspfand für die restlose Befriedigung der ameri kanischen Gläubiger zurückbchalien werden. UcberdieS schreibt der Entwurf vor, daß keinerlei Eigentum an einen deutschen Gläubiger zurückcrstaltet werden darf, men» er nicht vorbei seine schriftliche Einwilligung zur Zurückhaltung der Siche- rungSquvte für die amerikanischen Geschädigte» erteilt hat. Das ist zweifellos ein lehr zu beanstandendes Verfahren. Es schineckt stark nach Erpressung, wenn man den deutschen Eigen tümer, der schon so lange durch die Vvrcnthaltiing seiner ge rechten Ansprüche benachteiligt morden ist, nun auch »och zwingen will, eine schriftliche Erklärung abzugebcn, wonach er ans die sofortige 'Rückgabe eines Teiles seines Besitzes ver zichtet. falls er überhaupt etwas erhalten will. Aus die Aus händigung des Nestes werden die deutschen Gläubiger ziem- lich lange warten müssen, wenn man bedenkt, daß für die Gcsamtabwicklung aller Forderungen hüben und drüben ein Zeitraum von 25 Jahren in Aussicht genommen ist. Die »sofortige" Rückzahlung ist also mit einem starken Vorbehalt zu verstehen. Es ist jetzt gerade ein Jahr her. daß ein Entwurf gleiche» Inhalts vom Repräsentantenhaus«: verabschiedet wurde. Er wurde dann sogleich dem Senat überwiesen, der verschiedene Verschlechterungen vornahm und insbesondere die zurückzu behaltende SicherungSquoie von 20 auf 40 Prozent htnauf- ictzte. die Wciterberatung dann aber bis zum Ende der Tagung verschleppte. TieS hatte nach amerikanischem par- lamentarischcm Brauche zur Folge, baß die ganze geleistete Arbeit unter den Ti'ch kiel und Im jetzige» neuen Kongreß von vorne begonnen werden mußte. Heute steht nun die Sache genau aus demselben Flecke wie vor einem Jahre: der Senat hat das letzte entscheidende Wort zu sprechen Es scheint diesmal, als ob die Frcigabebewegung solche Fort- schritte gemacht hätte, daß mit einer baldigen Erledigung der Vorlage durch den Senat gerechnet werden könnte. Die Nationale Handelskammer Amerikas, eine sehr angesehene Körperschaft, hat eine Kundgebung erlassen, in der die Negie rung ausgcfordert wird, .die ehrenvolle Ucberliesernna der amerikanische» Nation, daß tm Kriege beschlagnahmtes Eigen tum nicht konfisziert werden darf a»srccht»iie'halten". Ferner hat sich der Staatssekretär deö amerikanischen Schatz amtes persönlich aus daS wärmste sllr die Velchlennianng der Freigabe eingesetzt, tm Senat vertritt der streitbare Senator Bvrah mit Eifer und Nachdruck den nal1onas""»'üta„<schcn Ehrenstanbpuukt, der kein längeres Zaudern vertrage, und Präsident Eoolidge selbst hat keine Autorität zugunsten der unverzögerten Durchführung der Aktion in die W^aschale ge worfen. Die rechtliche und moralische Seite der Sache spielt aber bei den maßgebenden Instanzen der Unton allen schöne« Worten znm Trotz nur eine sehr nebensächliche Roll«. Haupt sache Ist die Furcht, daß Amerika nach dem ebernen Gesetze der Vergeltung bet erneuten internattonalen Verwicklungen Preußen pfändet den Wikinq-Bund! Ueber die Münchner Ge'andlichafl. iDerMeckienbura-SlreiikerLan-iaqauioelvsi Berlin. 22. Dez Der Bund Wiking schuldete dem preußischen Innenmuiistcrtnm als Ersatz für die dem Ministe rium bei dcm bekannten Wiktng-ÖIumpta-Prozeß im Frübiahr dieses JahrcS in Leipzig entstandenen Kosten einen Betrag von 760 Reichsmark. Der Bund Wiking kcantraotc am 7. November beim preußischen Innenministe rium Gewährung von Ratenzahlungen. Nach dem vom Ministerium keinerlei A n t w o r t - ctnging, übersandte der Bund Wiking die erste Rate mit dcm Be merken. daß das Ministerium durch sein Stillschweigen wohl sein Einverständnis mt« dem Anträge bekunden wollte. DaS preußische Innenministerium dagegen bcaus- tragte am 27. November, also drei Wochen nach Erhalt des Antrags dev Wiking die vreußtschc Gciandtschast in München, die Scbuldsumme durch Pfändung bet- zuireiben. Infolgedessen wurde die gesamte Büro-Ein- rtcktung auS dem Geschäftszimmer der Bundesleituna in München im Aufträge dcS preußischen Innenministeriums «epsändet. E Woraus, wie zu bemerken wohl erlaubt ist, wieder ein- mal die Unentbehrlichkeit der Ländcrgeiandtschaften hervor gehen dürste. Anscheinend hat die Neueinrichtung der preußi schen Gciandtschast in München so viel gekostet, daß die preußische Regierung aus bte «osortsg« Zahlung der Schuldsumme de» Wiking nicht verdichte» ka«»i Neustrelitz, 22. Dez. In der heutigen von alle» !t6 Ab geordneten und der Negierung besuchten üsscntlichen Voll sitzung des Mccklcnbnrg-Strclttzer Landtages verlas der Landtagöprästdent Landiat Dr. Foth eine Erklärung, i» der er die Entscheidung des StaatSgertchtShoseS vom >7. De zember bekanntgab und serncr darauf hinwieS. daß der StaatSgcrtchtSlwf cS dem Lande, d. h. seinen zuständigen Organen, überlassen habe, auS dem Spruch die notwendige» Folgerungen zu ziehen. Diese Folgerung könne nur sein, daß durch den Spruch des Staatsgerichtshofes dcm Landtage die verfassungsmäßige Grundlage entzöge» sei. Wenn auch kein Zweitel darüber bestehe, daß der Landtag nunmehr irgendwelche rcchtsve» Kindlichen Akte uicht mehr vornehmen könne, so habe er doch z«sam-.rnbkruscn werden müssen, um als Folge auS dem Lvrnch des LtaatSge lchtS- hoie« seftznstrllen, daß er sich olS ausgelöst zu betrachten habe. Die Arbeit des Landtaaes sei damit beendet. — Hieraus wurde die Sitzung geschlossen Beratung des Beichskabinetts. Berlin, 22. Dez. Wie wir erfahren, hielt das Netchs- kabi nett heute vormittag und heute abend eine Ministcr- besprechung ab. in der eine Reit'« schwebender Fragen be handelt wurde. U. a. wurde auch der Bericht dcS Dvar- kommtfsarS Dr. Saemtsch über die PhöbnS-Angelegenheit er- Srtert. k.