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Diese» Matt wird dm Lesern von Dresden und Umgebung am Tage vorher bereit» al» Abend-Aus gäbe zugestellt, während es die Pust-Abonnenten am Morgen in einer Gesamtmisgabe erhallen. verugsgedllhr: Llk,Dkk»l>UkrNa!dri»t«ii' «xlSMsn »„,»>«! , tse vttieker m »«»dm »nd der nixbüen stmiibun,. »ttHliun» durch k>»me> mMonürr eriolat. er! Ui an rvvchkiilaae» ! Bote» dalie» VIoa>enia»kn. die «der »eiertaar tolae». »den»» «>d Tritautziaden »de»! ««»»»(.ULchelU. u« aller «El u. O un,m nur imi drullicher auiurucke'dW'en ^onorqr- underülklichtia«: Itrivle werde» »elearamm-Abrelf«: »chrtcht«« »»»«»«» *»« Uerlcro von Llepfrt- L Ueirlicrvdt. /snreigen-^anf. «nualime von AuNiudianna« > die nachmitllia» s Mir. Lo»i! ni d Neieitaa» nur Marienstrade iw von »i die '..iNtir Die NvatülicBruno «eile lra. » Gilde»» 20 Pia., vlu kuudioungen vui der Prwatuue zfrae Lü Pt,. ^ dre Lwalliar 6eile ul» ..tun ueianül ' oder auf Teelieiie 00 P,, ÄnNummern noch Gon», und .ierr lagen 1 des. Livaltige Guindiet!-., so. 40 de« M und so P>, nach ionderem Tarif. Auowariige Au, trage nur «egen Aoraueimaii'.uuu. Beleadluner ioerden »ul WP-, berechnet. Seknlvrechanfchiubi «Mt 1 Sir. U und Sir. 2U9« ewpkielill idre LU8 ützll dsrtsll ^stsflsüsn 86N3U »VL»»»VL VL LTvLsv>»LbL deztedenüsa bs^p. kmtrvll kl-reuetev Rr.llSä l.sllei'- linii kölmikcli-viel'e. Depeschen Hofnachrichten, General der Kavallerie v. Carlowitz 1', Reichstagswahl-Bewcgiiiig. Gerichtsverhandlungen. Maxim Gvtkis „Nachtasyl", Gedächtnisfeier für Friedrich Grützmachcr. Sonntag, 26. April LV63. Neueste Drahtmeldungen vom 25. April. Berlin. Die Budgetkommlssion des Reichstags lehnte mit 19 gegen 6 Stiininen den Nachtragsetat für de» Neubau des ReichsmarineamtS a b. Dte Minderheit waren die Reichs partei und die Nationalliberalen. EIsen a. d. R. Das Direktorium der Firma Friedrich Krupp erklärt in einem Anschläge die Gerüchte für unrichtig, wonach von der Firma die Aufhebung ^es Konsnmrabatts, der Arbeit erpensionskafse und der Arveitergratisikationen beabsichtigt sei. Die Wohlsahrtseinrichtungm würden vielmehr auch nach dem Tode Friedrich Alfred Krupps un vollen Umfange aufrecht erhalten werden. München. Der Kunstschriftstcller Friedrich Pccht ist gestern abend gestorben. Remscheld. Seit gestern abend schneit es hier an dauernd. Der Schnee liegt stellenweise 2 Fuß hoch. Paris. Eine offiziöse Note des „Maiin" verzeichnet das insbesondere von nationalistischer Seite verbreitete Gerücht, das, zwischen dem Präsidenten Loubet und dem Ministerpräsidenten Com des infolge des Rücktrittes des Gouverneurs von Algier, Revoil, sowie wegen Durchführung des Kongrcgationistcn- gesetzes ein Zwist ausgcbrochcn sei, als durchaus unbegründet. Ebenso unrichtig sei die Behauptung, daß der Ministerpräsident jüngst den Wunsch geäußert habe, zurücktrctcn zu wollen. Combes sei fest entschlossen, die von der Deputiertcnkammer beschlossenen Geseke vollständig durchzusührcn. Marseille. Fn einem heute veranstalteten Referendum hat sich die Mehrheit der ausständigen Dockarbeiter gegen de» Vermittlungsvorschlag ausgesprockxm, nach dem sür den neun stündigen Arbeitstag ein Lohn von 5,85 Francs gezahlt werden sollte. Die Arbeiterschaft besteht auf einem Lohn von 6 Francs. Grenoble. Vor dem Kartäuser-Kloster in St. Lau- rent war gestern nur noch eine kleine Anzahl von Landleuten versammelt. Man nimmt an, daß die Behörden mit der Aus weisung der Kartäuser solange warten tvcrdcn, bis die Anhänger der Mönche es sür tunlich erachten, mit den Ansammlungen vor dem Kloster aufzubörcn. Nantes. Hier wurden gestern abend vor dem Pracmon- stratenser-Kloster von dem Verein der katholischen Jugend lär mende Kundgebungen veranstaltet. Der nationalistische Deputierte Dion, sowie 20 andere Personen wurden wegen Wider standes gegen die Polizei verhaftet. Cambrai. Ter Erzbischof von Cambrai hat a» den Minllterpräsideuten Combes ein Schreiben gerichtet, wonach er es aolehnt, den Gottesdienst in nicht genehmigten KMusstätten. gemäß dem Rundschreiben des Ministerorasidente», zu hindern. London. „Stanvard", „Morning Post" und „Daily Ebroiiicle" dtängen in Artikeln, dte gegen die ruisischen Forderun gen bezüglich der Mandschurei gerichtet sind, die engliichc Regierung, eine entschlossene Haltung einzunehmen, und iveiien aus die Wichtigkeit einer solchen angcsichts des eiiglisch-jaoanüchen Bündnisses hin. „Standard" hofst, die englische Regierung werde in Petersburg Noilegen, daß die Anhängung der Mandjchurei nicht vollzogene Tatsache werden könne, ohne die gesamte chine sische Frage wieder auszurnhrcn und die Angelegenheit der Er ledigung derselben wieder zu eröffnen, bei der die ganze zivilisierte Welt beteiligt sei. London. „Standard" meldet aus Johannesburg vom 24. d M.: An der hiesigen Fondsbörse sind in- letzter Zeit zahlreiche Zahlungs-Einstellungen vorgekommen. Gestern hat sich einer der angesehensten Makler erschossen. Stockholm. „Stockholm Ttdntngcn' meldet ans Helsing- sorS: Gleichzeitig mit der Hanssnchung bei Baron Born ani seinem Landgntc sei ihm der Ausweisungsbefehl aus F in la »d niilgeletit worden. — Der Wirt des Touristenhotels ln Jmcitta, SereniuS. ist verhaftet worden. Petersburg. Die hier unter dem Vorsitz des Groß fürsten Konstantin eröfftiete Slovi st en-Konferenz beschloß die Einberufung eines Slavisten-Kongresses sür August oder Seo- tcmber 1904. Hier wie im Auslande werden Vorbereitungs komitees errichtet Der Antrag des Bonner Professors Goetz, die geplante slavische Encyklopadie in deutscher Sprache heraus- znaeben, wurde mit ollen gegen zwei Stimmen zu Gunsten der russischen Sprache abgelebtst, doch werden die Beiträge der srem- den Gelehrten in der Originalsprache in Brojchürcnform er scheinen. Konstantinopcl. Im Aildizpalais wird fortgesetzt und abwechselnd mit verschiedenen Elementen der aloa nesi scheu Opposition im Vltajct Uesknb verhandelt, um sie zum Aus- gebcn ihres Widerstandes gegen die Reformen zu bewegen. Maß gebende diplomatische Kreise sind von dieser Haltung der Pforte wenig befriedigt und bestirchten einen Mißerfolg, wenn ein ener gisches militärisches Vorgehen unterbleibt. Dagegen scheint man un Nlldiz alle friedlichen Beruhigungsmittel erschöpfen zu wollen. Peking. Die hiesigen Vertreter Großbritanniens und Japans haben dem Prinzen Tsching geraten, darauf zu bestehen, daß die Mandschurei wieder in den Zustand, wie vor dem Kriege, versetzt werde, und die neuen Forderungen Rußlands abzulehnen. Die Vereinigten Staaten haben bisher noch keine offiziellen Schritte getan. Eonstantine. Präsident Loubet hielt hier bei einem ihm zu Ehren gegebenen Festmahle eine Ansprache, in der er darauf hinwies, daß seine Reise einen Waffenstillstand unter den sich bekämpfenden Parteien bervorgcruscn habe. Der Präsident sprach den Wunsch ans, daß auch in Zukunft Einigkeit herr schen möge, und forderte die Anwesenden auf, die Herzen d'er Eingeborenen durch Teilnahme und Gerechtigkeit zu gewinnen, »m aus Nordasrika einen Stützpunkt des französischen Einflusses im Mitlelmecre und ein Absatzgebiet sür den Hanvcl und die Industrie des Mutterlandes zu machen. Oertlichcs «nd Sächsisches. Dresden. 25. April. —* Se. Majestät der König wird morgen, Sonntag, nach mittag 2 Uhr 10 Min. von Venedig abreiscn und sich niit Ihrer Königs. Hoheit Prinzessin Mathilde über Cormons, St. Peter, Laibach, Marburg, Graz nach Wien begeben, wo die Ankunft Montag, den 27. April, vormittags 9 Uhr 40 Min. ersolgen und der König, wie schon erwähnt, bis 29. April vormittags Gast des Kaisers von Oesterreich sein «wird. In Wien wird der König vom Hausmarschall von Carlowih-Hartitzsch, diensttuenden General L suits Generalmajor d'Elsa, Flüaeladjutanten Major von Schönberg und Major Freiherr» von Welch sowie vom Leib arzt Generaloberarzt Tr. Selle begleitet sein. Der dem Monarchen zugeteiltc österreichische Ehrendienst besteht aus den Herren Kom mandant des 9. Korps und kommondicrcnden General in Joseph stadt Feldmarschall-Leutnant Schönaich, Kommandant des Dra goner-Regiments „Georg, König von Sachsen" Nr. 3, Oberst Jrei- yerrn Burkhardt von der Klex, und Militär-Attache- bei der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in Berlin Hauptmaiin des Äencralstabskorps Ritter Klcpsch-Kloth von Roden. —* Se. Majestät der König trifft endgültig am 29. April um 4 Uhr 40 Min. nachmittags am Zentralbahnhose in München ein. In München wird u. o auch das bayrische Natio- nalmufeum besucht und der Bau der Cornelius-Brücke besichtigt-, letzterer deshalb, weil auch in Dresden die Aiigustns-Brücke um- gebaut werden soll und der König sich dafür interessiert, ob das Bogen- oder Pfeilcrsystem vorzuziehen sei. Die Abreise des Königs nach Stuttgart erfolgt am 1. Mai, oormittags 8 Uhr 20 Min., mit dem über Stuttgart fahrenden Pfälzer Schnellzuge; doch wird der Salonwagen des Königs mit diesem Schnellzuge nur bis Cannstadt befördert; von Cannstatt bis Stuttgart wird ein Son derzug eingelegt, da der König Georg vom Könige von Württemberg am Stuttgarter Bahnhosc feierlich empfangen und dort eine Chrcn- kompaanie mit Musik ausgestellt wird. — Von Stuttgart rein Sc. Majestät am 2. Mai nach Leipzig und Dresden. —* Sr. Königl. Hoheit der Kronprinz wohnte heute in Freiberg der Besichtigung des 12. Jäger-Bataillons bei. Tort Nesse«, nachmittags 4 Uhr von Gardone tommend, die Söhne Sr. Königl. Hoheit. Prinzen Georg und Friedrich Chri stian, ein »nd kehre» gemeinschaftlich mit ihrem Vater nach Diesde» zurück, wo 4 Uhr 50 Minuten die Ankunft erfolgt. —* Ihre Königl. Hoheit Prinzessin Mathilde wird von Wien am 29. April abends wieder abreiscn und am 30. April früh nach Dresden znrnckkehrcn. Die Prinzessin nimmt in dcr Königl. Villa zu Hostcrwitz Wohnung. —* Wiederum ist ein hocLvcidienter Oisitier zur großen Armee abgerufc» worden. Gestern abend starb am Herzschlaa der General der Kavallerie z. D- Exzellenz Oswald v. Carlowitz. Anfang dickes Jahres war cs dem Entschlafenen vergönnt, ani eine liOmhrige Dienstzeit zu blicke». Er wurde am 20. Januar 1825 zu Falkenhayn geboren. Rach Erziehung im Kadettenhauie zu Dresden wurde er am 1. Jaimar 1843 als Fähnrich in das Grude reitcr-Ncgiment eingestellt und hierauf am 16. Dezember 1843 zum Leutnant befördert, als welcher er im Jahre 1849 a» dem Feldzüge gegen Dänemark teiinahm. Am 24. Januar 1850 erfolgte die Bc- svrderung zum Oberleutnant unter gleichzeitiger Versetzung in das 3 Reiter-Regiment und unter Ernennung zum Regimeiitsndintan- ten. Vom 1. Januar 1854 ab zur Dienstleistung in den Genemi- stab kommandiert, winde Oberleutnant v. Enrlowitz am 1. Juli 1855 in den Gencraislnb versetzt und verblieb in dieser Stellung auch nach seiner in demselben Jahre ersvlgtcn Beförderung zum Rittmeister, bis er im Jahre 1860 zum 2. Reiter-Regiment kam mcindiclt wurde: am 20 Februar des folgenden Jahres wurde er als ESkadronchef i» das genannte Regiment versetzt. Unterm 1. Juli 1862 zum persönlichen Adintanten des damaligen Kron prinzen Albert ernannt, winde er im März 1866 in dicier Stellung zum Major befördert. Am 11. April 1866 erfolgte seine Ernennung zum ctalSmähtgc» Stabsoffizier im 1. Reiter-Regiment, als welcher er an dem Feldzüge i» .Oesterreich tcilgenommen hat, in dem er be! dem Rcntontre bei Sceiiic verwundet wurde. Der im Dezember 1866 erfolgten Beförderung zum Oberstleutnant folgte Januar 1867 die Ciilennuiig zum Chef des GeiiercilsiabeS und im Dezember 1868 die Besöiderung zum Oberst. Im Dezember 1869 wurde Obersi v- Carlowitz zum Kommandeur des Gardereiter-Regiments emannt. Als solcher rückte er 1870 gegen Frankreich ins Feld; er wurde aber später infolge Erkrankung des Oberst v. Zezschwitz als Cbef des Geiieratstabes des 12. Armeekorps kommandiert. Oberst v. Carlowitz hat an der Schlacht bei St. Ptivctt, der Beschießung von Verdun, dem Gefecht von Nvuart. den Schlachten von Beau- mo»t, Sedan und St. Quentin und an der Beschießung von Landrccles teilgeiiommen Sin, 20. Juni 1872 wurde Oberst v. Carlowitz zum Kommandeur der 1. Kavallerie-Brigade Nr. 23 ernannt und am 2. November desselben Jahres zum Generalmajor beividert. Am 17. Januar 1880 erfolgte — unter Beförderung zum Generalleutnant — seine Ernennung zum Generalnviutanten des Königs Albert. Als solcher winde er am 1. Februar 1889 znm General ver Kavallerie bctördert. Am 30. April 1890 wurde General der Kavallerie v. Carlowitz in Genehmigung feines Abschiedsgesuches »lit Pension — aber unter Belastung in dem Verhältnis als Generatadjnlaiit — zur Disposition gestellt- Am 30. August 1895 erfolgte seine Stellung » ta suitv des Gardcreitcr- Regimenrs. Die hervorragenden Verdienste, die sich General der Kavallerie v. Carlowitz in den verschiedensten Stellungen der Armee im Krieg und Frieden erworben hat, wurden duich zahl reiche hohe L'dcnsnnszeichnnngen anerkannt. Er belaß an Kriegs ordcn das Ritterkreuz des Mllitär-Tt. Hetnrirhsordens, das Kvmti»kreuz 2. Klasse des Verdienstordens mil dcr Kricgsdekoration, das Eiserne Kreuz I und 2. Klasse »nd das Ritterkreuz des öner rcichncben LcvvoldvrdenS niit der Kriegsdekoration, außerdem neben Kunst und Wissenschaft. Wochcn-Spielpla» der Königl. Hofthcater. Opernhaus. Sonntag: „Zaubcrslötc". Montag: „Undine". Dienstag: „Taunhäuser". Mittwoch: „Carmen". Donnerstag: „Der Trompeter von Säckingen". Freitag: „Amclia". Sonnabend: „Der Troubadour". Sonntag: „Fra Diavolo". — Schauspiel haus. Sonntag: Gastspiel des „Kleinen Theaters" in Berlin: „Nachtasyl". Montag: „Unsterblichkeit". „Die letzten Masken". „Literatur". DicnStag: „Ter Widerspenstigen Zähmung". Mitt woch: Neu einstudiert: „König Heinrich VI." l2. Teilj. Donners tag: „Manna Vanna". Freitag: „Des Meeres und der Liebe Wellen". Sonnabend: „Die Journalisten". Sonntag: „Ein Sommernachtstraum". 4* Königl. Hojscha»spiel. „Aus dem Grund". „In der Tiefe" nennt Maxim Gorki, der so rasch zu sensationellem Ruhme empor- getraaene russische Novellist, das Werk, in dem er die Figuren seiner deklassierten Welt statt wie bisher in Büchern einmal von der Bühne herab zu dem sich entsetzenden Kultnrpublikum unseres Jahr hunderts reden läßt. „Das Nachtasyl" nannte cs der Ucber- seher, um damit eine präzisere, verständlichere Bezeichnung der Dichtung zu geben. „Auf dem Grund", „In der Tiefe", in der unterstcn Schicht des großen sozialen Gärungsprozesses, den man das menschlich« Leben heißt, spielen sich die Szenen ab, die der Dichter, ohne ein regelrechtes Drama schassen zu wollen, mit dem rücksichtslosen Prosliluierungsmnt des künstlerischen Wahtcheitssuchers nach der Natur und in seiner Ausfassung dieser Natur geschaut und wicderzugebcn versucht hat. Eine furchtbare Natur, eine grauenerregende Welt, die sich vor uns auftut. Man weiß es, man hat es gelesen, man hat cs erzählen hören, man hat auch gelegentlich selbst einmal einen Blick m diese Abgründe ge- tan — aber man hat sich wohl nie von der Psychologie der Depossc- dierten und Verkommenen, von der auch hier liebenden »nd hassen den, suchenden und hoffenden Menschheit eine allgemeine Vor- stellung gemacht, wie sie hier der Fanciiiker eines nach freiheit licherer Gestaltung seines Geistes und seiner Lebcnsverhältnisse ringenden und aufzuckendcn Volkes zu dramatischer Realität erweckt. Es erscheint überflüssig, die einzelnen Fäden der Geschehnisse, die in diesem „Nachtasyl" vor sich gehen, dem Wer aufzudecken, zumck es sich, wie gesagt, nicht um ein eigentliches Drama, sondern um «ine Folge von dramatisch belebten Szenen handelt. Für die Beurteilung des Werkes an sich ist es gleichgültig, ob in dieser unter dem Niveau des Großstadtpslasters wuchernden HcrbergSwelt ein ruinierter Schauspieler oder ein „Baron" oder ein Beamter oder sonst ein früheres Mitglied der honetten bürger lichen Gesellschaft in die Vorgänge dieses zusammengeschlämmten Gemeinwesens verwickelt wird und welchen Anteil es an ihnen nimmt. Die Hauptsache ist, daß wir von der Anschauungsweise deS Dichter», von der künstlerischen Arbeit, die hier geleistet worden ist, eine Vorstellung erhalten. In dieser Beziehung aber muß zunächst mit Entschiedenheit ei» Moment aus der Beurteilung Gorkis und seines Werkes ausgeschlossen werde», das zwar vielleicht das stärkste für seinen Ruhm geworden ist, aber das schwächste für seine Kiinstlerschast bedeutet: die Tendenz. Maxim Gorki gilt dem liberalen Publikum Rußlands und dessen Freunden und Mit streitern im Anstande als einer der Revolutionsapostel der Frei heit »arm pbr»»«. Er ist der Heid, der cs wagt, dem verhaßten Regime seines Vaterlandes mit den, Wort entgegenzutreten, der sich nicht scheut, das politische Märtyrertum ans sich zu nehmen und sür feine Wahrheit zu leiden. Das ist stets, aiif welchem Standpunkte man auch siche, in welcher Weltanschauung man auch das Heil er blickt, menschlich groß und bewundernswert: aber es ist ebenso nnkünstlerisch. Für das russische Publikum bedeutet Gorki insofern etwas ganz anderes als ein Künstler, ein Dichter, und wenn jene gewisse deutsche Presse, die in be greiflicher Absicht alles, was Autorität und Standestrennung heißt, bekämpft, gerade auch den Dichter deS „Nachtasyls" in glü hendsten Hymnen feiert und preist, so wird der künstlerisch Denkende dies nur als einen Nachteil für den jungen, begabten Geisteskämvfer ansehcn. Es ist ein furckübarcs „.I'aaeuso", das Gorki in seinen Schriften und gerade auch in diesem „Nacht- asyl" den herrschenden Klassen seines Volkes ins Gesicht sckneudern will: seht, das sind die Menschen, die durch eure "Verhältnisse so geworden sind, das sind die Resultate eurer angeblichen Kultur. Man muß hier zunächst vollständig absehen von der Berechtigung dieses literarischen Missionssanatisnms sveziell sür Rußland. Es unterliegt keinem Zweifel, daß inan solche Menschen und Verhältnisse inutatw mutancki!, immer und überall treffen und schildern kann, im freiesten Westen der neuen Welt, wie im dunkelsten Osten der alten. Es sei nur scstgestellt, daß man gerade von dicscr inncrcn Absicht des russischen Autors, die von vielen, ja wohl von den meisten als das Wesentliche seiner Erscheinung angesehen wird, abstrahieren muß. um zu einer gerechten Würdigung der künstlerisch-litcrarischen Bedeutung zu gelangen. Denn jeder Zweck zerstört oder beeinträchtigt die keusche Reinheit künstlerischen Schaffens: politische Tenvenz aber am allermeisten. Tritt man frei von solchen Nebengedanken an ein Werk, wie dieses „Nachtasyl" heran, so fällt gerade das. was der Ten denz die eigentliche Krast verleiht. — das Typische, die Verall gemeinerung —, als ein entschieden unkünsilcrischcs Moment sofort in die Augen. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß im einzelnen diese oder jene Figur wahrhaftig ist; aber in der Häufung, in der als so zwanglos und realistisch sich bietenden Zusammenstellung ausgesuchter Typen, in ihren Diskussionen und ihrem äußeren c-r>chgeben liegt ein Raffinement, eine Sensationsgier, die eines echten Künstlers unwürdig ist. Man vergesse einmal den Schauder vor dem Neuen, das Grausen vor nie gesehenen und gehörten Erscheinungsformen der bete llunmiuv. man lerne sich heimisch fühlen in dieser Welt, die uns jetzt, weit wir sie nicht kennen, im Innersten erregt und erschüttert, und man wird verstehen, was gemeint ist. Gorki kann uns trotz der Genialität seiner Beobachtung und Darstellung nicht glauben machen, daß er uns etwa ein Spiegelbild einer Mcnschcnkiasse seines Vaterlandes vorhält. Er hat als politischer Heißsporn die verschiedensten Strahlen in der Linse seines Werkes gefangen, um damit auszüngetnde Flämmchen zu erregen, nicht aber als ein freier, über allem stehender Künstlermensch uns in seine Regionen dichterischer Anschauung und Gestaltung aeführ». Es wäre eine der mteressantestcn Ausgaben, gerade Maxim Gorki von diesem Gesichtspunkte aus einmal im einzelnen zu zerlegen. Denn, und das ist die positive Seite der Betrachtung, es steckt in ihm trotz glledem eine so außerordentliche künstlerische Wucht und Ge sw 7 tungskrast. daß auch nach Abzug des eben Gesagten genug nach- bleibt, um ihn unseren Herzen, unserer Teilnahme nahe z» fuhren. Alan kann in diesem „Nachtasyl" Details von einer geradezu wunderbaren künstlerischen Arbeit herausheben; die psychologische Analysicrung der Charaktere zeugt von einer Liebe und einem Verständnis, wie es nur den größten Kennern und Aerztcn der Mcnschensecle eignet. Und auch in der Zusammcnsngung der Handlung — soweit mau hier vo» einer wichen reden kann — sind Ansätze zu künstlerischer Größe und dramatischer Gewalt zu bemerken, denen man gern den Lorbeer echter Künsllcrschait reicht. Alles, was mau über das geschrieben, was der Dichter mit seinem Werke „gewollt", erübrigt sich nach dem Gesagten. Es ließe sich unendlich viel heraus- und hincinlcscn, ohne daß man damit, wie schon gesagt, dem rein künstlerischen Werte näher käme. Wie bei allen großen Ncncrschcinungen der Kunst, bei denen vorläufig noch die rechte Distanz des Schaucns fehlt, war der Eindruck auf das Publikum ein frappierender. Man wurde sich nicht recht klar, was man sage» sollte. Man fühlte sich ansgc wühlt in, Innersten, man vergoß Tränen der Änsrcgnng und Scham über diese Fülle menschlichen Elends, menschlicher Ver kommenheit, aber man gelangte nicht zur inneren Katharsis, die auch der modernste Geist vom Kunstwerk verlangt. Und gcrade dies hat seinen Grund in jener eigentümlichen Mischung von raffinierter Tendenz und freiem Künstlertum, die Gorki zu eincr so eigenartigen, man möchte fast sagen, tragischen Gestalt zeit genössischer Literatur macht. Die Anssühriing war, wie schon in einem Teile der gestrigen Ans- läge berichtet, eine brillante Probe eines geschulten Ensembles. Das „Kleine Theater" in Berlin bat mit dieser Anssührnna zweifellos eine Leistung geboten, die in ihrer Gesamtheit höchste' Anerkennung wert ist. Rur in Bezug ans die Wahrheit und Naturechlheit des russischen Charakters seien im großen wie im kleinen einige Ausstellungen erlaubt Es ist an sich schon eine wohl nie zu überwindende Schwierigkeit, einem sreinden Volkscharaktcr ans der Bühne gerecht zu werden. Ter russische aber bietet dem deut schen Darsteller insofern eine ganz besonders schwere Ausgabe, als die vollständige Absichtslosigkeit, die ungemeine Natürlichkeit und