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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 30.06.1924
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1924-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19240630023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1924063002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1924063002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-06
- Tag 1924-06-30
-
Monat
1924-06
-
Jahr
1924
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Moviag. 30. Iun! 1924 Dresdner Nachrichten Nr. 240 5eite Z Oerlliches und Sächsisches. Der Wechsel lm Präsidium -er Slaalspvlizelverwattung. Sa» Scheiden de» früheren PoiizetprSftdenle«. ilni S7. Nun« verabschiedete sich der unterm 1. Juli d. I. vom Gesamtmtnistertum al» Stellvertreter de» KretShaupt- mann» nach Bautzen berufene bisherige Präsident der GtaatSpolizelverwaltuny Dr. Thomas von der gesamten Beamtenschaft der GtaatSpolizeivermaltung mit Worten auf richtigen Danke» ftir die ihm in seiner bisherigen Stellung von allen Teilen der Ncamlenschaft bewiesene treue Unterstützung bet Ausübung seines verantwortungsvollen Amtes. Im Namen der Beamtenschaft der Staatspolizetverwaltung ver sicherte OberregierungSrat Dr. Grüne wald dem scheiden den Präsidenten Dr. Thomas Dank für das bewiesene Wohl wollen verbunden mit den besten Wünschen sür die Zukunft. Dem schloß sich der Vorsitzende des Beamtenausschusses, Ober- pvlizessekrctär Hart mann. an. Abschledsseier für Dr. de Suehery. Abweichend von den bisherigen Gepflogenheiten versetzter Behördenvorstände. sich von dem unterstellten Personal während der Geschäftszeit im Dienslgebänd« zu verabschieden, fand die feierliche Verabschiedung des bisherigen AmtShaupt- manns von DrcSden-Ncusia-dt. Dr. de Guehery, der vom Gesamtministerium unterm 1. Juli ll>24 zum Präsidenten der StaatSpoNzeivcrwaltung ernannt worden ist. am Abend deS 37. Juni im Kurfürstenscial des Italienischen Dörfchens statt. Der AmtShnnptmann erfüllte damit, daß er die Feier außer halb deS Dienstgebändes und außerhalb der Dienstzeit statt- linden ließ, einen dringendenMiiujch der Beamtenschaft. Sollte doch gerade dadurch, daß sämtliche Beamte und Angestellte der AmtShanvtmannschast und des BezirksverbandeS freiwillig zu dieser Feier erschienen, das herzlicheBertrauensvcrhältnis. das zwischen Beamten, Angestellten und Bchördenvorstand herrschte, zum Ausdruck kommen. Und es waren auch sämt liche Beamte und Angestellte zur Stelle, sogar diejenigen, die in Kvtzschcnbrvüci, Klotzsche, Nähnitz, Vorsberg usw. wohnten, waren erschienen: ein Zeichen der Verehrung und Anhang lichkeit. In seinen AbschiedSworten gab Dr. de Gueherv zunächst einen kurzen Ueberblick über die Entwicklung der Amtshaupt- mannschast Dresden-Neustadt, die nun nach über lljährigem Bestehen mit der Amtöhauptmaiinschaft Dresden-Altstadt zu einer neuen AmtShauptmannschaft Dresden vereinigt wird. Mit der Aufforderung an die Beamtenschaft, auch in der neuen AmtShanptmaiinschafl die Pflichten weiter so wie bisher zu er füllen. schloß er seine Ausführungen. Im Namen der Beamten schaft widmete dem scheidenden Amtshauptmann Regterungs- rat Dr. Nrctschueidcr wärmste Worte des Dankes be sonders für die Art und Weise, wie er sein Amt verwaltet habe und wie er jedem einzelnen auch als Mensch näher gekommen sei- Für die Angestellten sprach Herr Schröder dem AmtS- hauplmann den Dank für die jederzeit erhaltene Unterstützung unter kräftigen! Händedruck aus. Wetter sprachen noch die 44e- zirkspslegerin Hörig für die weiblichen Beamten und An- gestellten und Bnrcandircktor Schubcrtals Kanzleivorstond herzliche Dankeswortc. Zum Schlüsse forderte der Vorsitzende des Beamtenanöschusscs sowohl die zur neuen Amtshanpt- mannschast übertretenden als auch die zu anderen Behörden versetzten Kollegen ans. auch an der neuen Stelle in gleichem Geiste den Dienst auszunchmen. Die bei aller Schlichtheit überaus eindrucksvolle Feier wurde umrahmt von musika lischen und gesanglichen Darbietungen mehrerer Kollegen und hielt die Teilnehmer bis nach Mitternacht in lzerzlichem Ein vernehmen zusammen. —* Todessall. Am Sonnabend verschied zu Langebrack im 78. Lebensjahre der Forstmeister i. N. Karl Ernst Tkomatz, Hauptmann d. L. a. D-, Veteran von 1870/71. — Grcuzübertritt nach der Tschecho-Slowakei. Die Interessengemeinschaft Dresdner touristischer Vereinigungen ist wegen Erleichterung des Grcnzübcrtrittö nach der Tschecho- Slowakei erneut beim Ministerium des Innern vorstellig geworden, woraus der Bescheid etnging, daß das Ministerium um Ocsfnung der Grenze bemüht sei und mit der Prager Regierung deswegen verhandle. Nachdem jetzt die Tschecho- Slowakei bekanvtgeacbcn hat. daß dem kleinen Grcnzverkchr von Sachsen her keine Schwierigkeiten entgcgcngestcllt wer den sollen, darf wohl in alter Kürze auch von der sächsischen Negierung eine entsprechende Verfügung erwartet werden. —* Klopstock-Gedächtnisfeicr. Der 200. Geburtstag von Klopstock soll in Dresden am kommenden Mittwoch, abends 8 Uhr, mit einer Gedächtnisfeier im KonzerthauS an der Rcitbahnstraßc begangen werden. Den Abend wer den durch ihre Kunst verschönen Frau B i e r e ck - K i m p c l, Pros. B a ch m a n ii und Hofschansvielcr W a l d e ck. Eine Gedächtnisrede hält .Hofprediger Keßler. Karten zu dem Abend, dessen Reinertrag dem Kriegerehrcmiial der Lukas kirche zugute kommen soll, sind in der Kirchcnkanzsei und an der Abendkasse zu haben. s. Landestagung der zentrale für Jugendfürsorge. Unter zahlreicher Beteiligung aus dem ganzen Sachsen lande tagte am Sonnabend die Zentrale für Ingen d- fürsge im alten Stadtverorbnetensaale. Nach begrüßenden ErvsfnungSworten deS Vorsitzenden, Pfarrer Mätzold- DreSden, begrüßte tm Namen des ArbettS. und WvhlfcihrtS- mtntstertumS Ministerialrat Dr. Maier die Versammlung unter Hinweis auf den Entwurf zu einem neuen Wohlfahrts- pflegegcsetz, der gegenwärtig dem Landtag zur Beratung vor- liegt. Er betonte, daß namentlich die Jugendwohl. fahrtSpflrgc deS Erfolges entbehren müßte wenn sic nicht durch die freiwillige Mitarbeit von privaten Vereinen und BolkSfreunden gestützt werde. Darum sei das Ministe rium einer Bereinigung, wie der Zentrale für Jugend fürsorge, zu ganz besonderem Dank verpflichtet. Auch der Rat der Stadt Dresden brachte der Tagung seine Gruße und Wünsche durch den Mund des Stadtrats Dr. Richter zum Ausdruck. Den ersten Bortrag hielt Dr. Volkmar Ktopfer- DreSdcn über: Ernähr»«» und Jugendfürsorge. Die Mängel der Jugendernährung in der Kriegs- und Nachkriegszeit hätten nicht zu. den erschreckenden Folgen (Zu rückbleiben beS Wachstums, Zunahme der, Tuberkulvsc, Blut armut. Körpcrschwäche, Zahnverderbnts, mangelhafte Knochen bildung, Rachitis und Skrosulosej geführt, wenn die zwar knappen, aber immerhin ausreichend vorhandenen Nahrungs mittel (Getreide, Kartoffeln, Gemüse) besser ausgcnützt und in vernunftgemäßer Weise in der Backstube und in der Küche zubereitet worden wären. Wohl wurden die für den einzelnen Menschen nötigen Nührslvfsmeiigen genau berechnet, aber nur einseitig vom Standpunkt der Katoricnzahl und des Etweiß- gehaltes und nicht nach den neuzeitlichen Lehren über die Wichtigkeit der natürlichen Nährsalzc und Ergänzungsnähr- stosfe (Vitamine). Der Mangel an Fleisch, Milch und Eiern hätte zu einem guten Teile ausgeglichen werden können da durch. daß man den im Gctreidckorn schlummernden Keim alS den eigentlichen Bitaminträger sachgemäß erschlossen hätte, daß man die Kartoffeln mit der Schale im Kartoffeldämpfer, statt als Salzkartofseln zubereitet hätte usw. Auf Grund von Untersuchungen von Ragnar Berg, wohl dem bedeutendsten Ernährungsforschcrs der Jetztzeit, gingen bis zu 75 Prozent der wichtigen Nährsalze der Kartoffeln und des Gemüses durch das Abbrühen verloren. Die gehaltreichste Getretdeart, der Hafer, sei in zu geringem Maße für die menschliche Er nährung herangczogen worden: Hafer enthalte sechsmal soviel Fett als weißes Weizenmehl. Auch die Gerste, die leider zum allergrößten Teile zur Alkoholbcreitung verwendet werde, sei nur zu einem winzigen Prozentsätze als Nahrungsmittel verwendet worden, noch dazu in der Regel bloß in der Fvrm von feinen weißen Gräupchcn, die im Gehalte an Eiweiß, Nährsalzen und Vitaminen gegenüber den großen Gerstcn- graupen wesentlich zurückständen. Der Vortragende wies deS weiteren aus die beklagenswerte Tatsache hin, daß das weiße Weizenmehl, der feine weiße Weizengrieß, die ans weißem Weizenmehl (statt ans gelbem, eiweißreichem Hartweizen grieß) hcrgestcllten Teigwaren, der bläulich-weiße, mineral- stoffrcie Zucker und Zuckerhonig, der abgeschlisfcne tund da durch entwertete) Reis vom kaufenden Publikum wie vom Handel und von den Herstellern zum Nachteil der Volks ernährung bevorzugt würden, sowie darauf, daß das deutsche Volk ohne Schädigung seiner Ernährung im wesentlichen Roggenbrot lkeineswcgs unbedingt Merzen brot) essen könne, wenn dieses nur vernunftgemäß zubereitet würde. Allerdings weiße das landesüblich hcrgeslellte sächsische Brot kann, die Hälfte der Nährsalze, Eiweiß- und Mineralstoffe des Roggenkornes auf. Gerade der sächsischen Bevölkerung möchte bet ihrem notorisch schlechten Ernährungszustände bci- gcbracht werden, daß das von ihr bevorzugte weiße Brot ein minderwertiges Nahrungsmittel im Sinne der neuzeitlichen Ernährnngswtssenschast ist. Durch Belehrung lauch schon der Schulkinder) in diesem Sinne, durch Umstellung der Ernährung, durch Beeinflussung des ErnährungögewerbeS und des Handels könne viel zur Besserung der Volks- und Jugendernährung getan werden. Im zweiten Vortrag sprach Amtshauptmann Har- d rah t-Grimma über: »Nicht Abbau, sondern Umbau urrd Ausbau der Fürsorge erziehung."' Durch die Bestimmungen des neuen Neichssugendmohl- fahrtsgesetzes ist erfreulicherweise die Fürsorgeerziehung in die gesamte Wohlfahrtspflege eingeordnet worden. Diese Zusammenfassung darf aber nicht zu einem Abban, sondern sollte im Gegenteil zu einem Um- und weiteren Ausbau der Fürsorgeerziehung führen. So muß erwartet werden, daß von Staats wegen der drohenden Verwahrlosung der Jugend uor- gcbeugt, daß ihren Gründen nachgesorscht wird, daß die Ein zelfälle von Gefährdung und Verwahrlosung nicht schematisch, sondern individuell behandelt werden, daß die Fürsorge erziehung wirtschaftlicher gehanbhabt wird, daß sie ferner nicht, wie bisher in Sachsen, unter allen Umständen mit dem 18. Lebensjahre des Zöglings aushört, daß die Fürsorgezög linge nicht blvß Anstalten, sondern in geeigneten Fällen twte bisher) auch Familien anvertraut, daß sie auch nach Be endigung der Fürsorgeerziehung noch liebevoll durch geeignete Helfer und Fürsorger überwacht werde», und daß die frei willige Wohlfahrtspflege nach wie vor zur Mitarbeit heran gezogen wird, ». B. bei der Erfassung und Beurteilung dev Einzelsalles, bei der Nachpslege, bet der allgemeinen vor beugenden Arbeit urrd zur Weckung und Vertiefung des Ver- antwortlichkcitsgesühls gegenüber der Not unserer Jugend. In der folgenden Aussprache waren besonders bemerkenS wert die Ausführungen des Anstaltsdirektors Pietzscll iMarienhof-Dresden), der nach seinen persönlichen Er sahrungcn befürchte» zu müssen glaubte, daß durch die Ein gliedern»» der Fürsorgeerziehung t» das System der allge meinen Wohlfahrtspflege unserer gefährdeten und vcrwahi losten Jugend weniger gut gedient werden würde als bei dem bisherigen Zustande: mährend Ministerialrat Dr. Di ater für die neue Ordnung der Dinge mit beredten Worten cintrak. Schuldirektor Wagner mies empfehlend auf die Kinder horte als auf Veranstaltungen hin, die am besten geetanei seien, der hie und da drohenden Verwahrlosung der müßig gehenden, sich aussichtslos herumtrcibenden Jugend vor zubeugen. Der dritte Vortrag dcL Vorsitzenden Pfarrers E. Mätzold behandelte das Thema: Kriminalität der Jugendlichen iKr. d. I.) und ihre Minderung. Der Vorsitzende gruppierte seine Ausführungen uni folgenden Gedankengang: Durch die Kriminalität der Jugendlichen werden nicht nur Einzelpersonen, sondern das ganze Volk ge schädigt. Sie ist weiter verbreitet in den Großstädten als in den mittleren und kleineren Städten oder gar ans dein Lande: sie tritt stärker beim männlichen als beim weiblichen Geschlecht auf. Neben der offen zutage tretenden besteht auch eine heimliche Kriminalität, weshalb eine wirklich erschöpfende Statistik über sie kaum möglich ist. Als Ur sachen der Kriminalität der Jugendlichen sind zu nennen: WohnUngS und Familiennot, Fehlen des Vaters. Alkvho- lismus, Mangel an körperlicher Ertüchtigung der Jugend und an Ausbildung zu einem bestimmten Beruf, Fabril- arbeit: ferner wirtschaftliche Not lErwcrbslosigkcit, Abbau», ethische Not tUcbcrhcnidnchnien der naturalistischen Well anschauung, der Selbstsucht, Genußsucht, Verführung, Drang nach einer mißverstandenen Freiheit) und rcligvsc Noi Gegen alle diese Ursachen anzukümpscn ist dringend not wendig: denn das heißt zugleich gegen die Kr. d. I. kämpsei, I» solch vorbeugendem und bewahrendem Sinne hat sich ganz besonders das Bemühen aller Menschenfreunde zu bewegen, die an der Minderung der Kr. d. I. arbeiten wollen. Wir haben neuerdings eine ganze Reihe von Ber anstaltungen, die vorbeugend wirken sollen und können: daa Fürsorge-Ergänzungsgesetz, das Jugendgcrichtsgesetz, die Schutzaufsicht, die systematische Fürsorge für jugendliche Strafentlassene usw. Was aber noch fehlt, ist eine planmäßig vorbeugende und helfende Fürsorge für die jugendlichen Psychopathen und für die sog. halben Kräfte. — Auch dieser Vortrag fand beifälligste Ausnahme Sicherlich hat die inhaltreiche Tagung der Zentrale für Jugendfürsorge dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit von Behörden, Vereinen und Menschenfreunden auf die so wich tige Frage der Jugendfürsorge aufs neue htnzulcnken, ihr neue Freunde zu schaffen und gesteigerte Mittel sür ihre stetig wachsenden Aufgaben zuzusühren. ln Xndetrackt rler Vefkkltntsre xewkltrre Icti dir »uk weilero» 20°/. p-eI»«rii»Lüls»»a mein» relcNUsINsen USLerde-liniI». 2uin Ve-Ksul sied»» »nr devIMte 8u»IN>t»-rVaren, u. ». «»nNtNol,»-. v»l>» - WRao«,». «»u» - «»»oy«. 0»un«i>- n. »»«ppp»«»»,,, »«rr«n OI»«iN»n,p«n, «-elü u. lsrdl,, »Ml-Ntot»« kvr >.«»»- unp »«tl-ven,«»» Werner xevivire Ictl 0^0 prel-crmLLIsuoe »ul vluren, Sommvk-itleilisk, ii!ei«1e^öekv. >u»x«nommen kivrvoo »lnv Nxtr»-S«»l«»un8»n u. mein» besonder derelcNneten dllllxen Ronclvr-^ngedote. XVallstraKs 8 ir. Heekl l-emeokau» ver N»b»It vtrv »ul 6«m U«»ren»«ttel del xrlorlixer S»r- -»KInn, v> ^druz ^«dr»6i«. Umlau-cd nlctit ,«»>slt«1. Frühlingssahrt aus Rügen. Von Dr. Willy Blanck. I. „O Land der dunklen Haine. O Klan, der dunklen Tee, O Eiland, da« ich meine. Wie tut'S noch dtr mir weh!" So singt Ernst Moritz Arndt, der große Patriot und Vorkämpfer deutscher Einheit, den die Rügener mit berechtig tem Stolze ihren Landsmann nennen, zu dessen Gedächtnis aus deutscher Nalionalspcnde ein mächtiger Rundturm ausragt auf dem Nngard bei Bergen, dem alten Stammsitz des Pnt- Luser FürstcngeschlechtS, Uebcr Rügen, diese wunderbar ge staltete Insel des baltischen Meeres, von der Natur so reich mit zauberischem Reiz bedacht, diese Schatzkammer der Stein zeit, mit ihren Rrngwüllen und Thtngstätten, alten Tempelburgen, Hünengräbern uns Sagenseen, das Eiland, geschmückt mit den Zierden der Kunst, die ein hoch sinniger Fürst auf seinen Boden verpflanzte, haben außer Arndt noch viele Dichter gesprochen: Spielhagen, Kosegarten, Kruse, Galen, Strecker, Humboldt, Heine, Hauptmann u. a. Aber wen» auch die huirdertsältigc Schönheit dieses gottgeseg neten Stückes deutscher Erde schon so oft von berufenem Munde Lesungen und die Insel alljährlich das Ziel vieler Tauseirder worden ist, Rügen wird sür jeden, der mit offenem Auge die under der Natur betrachtet, immer Neuland, ZauLcrland sein... Wer Rügen in seiner ganzen Schönheit nnd Eigenart kennenlernen will, der muß dieses im Lause der Jahrhunderte durch Anschwemmung und Abfpülung deS Meeres in ge waltigen Stürme» und Fluten so eigenartig zerrissene, durch wühlte und zerstückelte Gewirr von .Halbinseln nnd Inseln im Frühjahr und -Herbst misslichen. Im Lenz, wenn der Laub wald in frischem Lichtgrün prangt, im Herbst, wo die Blätter -in Farbtöne getaucht sind, die keines Künstlers Phantasie, kein Pinsel restlos wiederzugeben vermag. Nach der Ost- und Südscit- dieser in ihrer Eigenart einzigen Insel, diesem Land der Gegensätze, wo sich Gegenwart und graue Bergangcnhcit in sichtbaren Spuren die Hand reichen, führte in der zweiten -Hälfte des Juni eine Reise, die der R ü a e - s ch c O st s c c b ä d e r u e r b a n d e- B. sGcschästS- stelle Baabe) für die Vertreter der deutschen Presse veran- staltete. -,F r U h l i n g s s a h r t auf Rügen!" Ein Ana chronismus schien's tust zu einer Zeit, wo im deutschen Biniicitlaudc bereits die Kirschen reisen nnd der erste Heu schnitt länM vorüber ist, lind doch erlebten alle, die an jener unvergeßlich schönen achttägigen Jnformationsfghrt teU- nehmen durften, in diesem Jahre dort einen zweiten Lenz, denn in Saßnitz stand der Flieder noch in vollster Blüte, und auf den Feldern der Güdostküste, in der Mönchsgutcr Pflege, wurden vielfach erst die Kartoffeln gelegt. Eine stürmische Seefahrt. In -er mächtig aufblühendcn Handels- und Industriestadt Stettin fanden sich die 65 Vertreter und Vertreterinnen der deutschen Presst zusammen. Nachdem am Abend die Fahrtteil nehmer aus der Schlächterinsel in dem schönen Heim deS Ruderklubs „Sport Germania" durch den Magistrat mit Ober bürgermeister Dr. Ackermann an der Spitze willkommen ge heißen morden waren, ging man in der Frühe des folgenden Tages an Bord deö schmucken nnd mit allem Komfort und den Errungenschaften der modernen Technik, wie Funkcn- tclegraphie, ausgestatteten großen Salon-Schnelldampfers „Hertha" der I. F. B r a e u n l i ch - G. m. b. H.. Der bereits zwei Tage anhaltende Pladderregen und eine steife Westbrtse von Windstärke 8 bis 6 ließen einen ganz annehmbaren See gang und allerhand Ueberraschungcn erwarten. Solange man sich noch auf der sich allmählich immer mehr verbreiternden Oder befand, ging alles gut. Man freute sich an dem Wieder aufleben deS Schiffsverkehrs mit Preußens größter See- Handelsstadt, bestaunte die zahlreichen Schifssbauwerftcn aus dem linken Ufer mit den großartigen Anlagen der Bulkan- A.-G- und der Oderwerke, auf denen setzt wieder große Küstendampfer und „Ueberseer" im Trockendock und aus Hel lingen liegen, ein Zeichen dafür, daß der alte Wahrspruch der Wasserkante „Schiffahrt ist not" sich erneut machtvoll zur Gel tung zu bringen sucht und genoß in aller Beschaulichkeit deS BorülebcnS die musikalischen und dialektischen Genüsse, die ein großer sächsischer Gesangverein, der Leipziger Sänger kreis „Lieder Hain" barbot. Er hatte für seine 500 Mit glieder die „Hertha" zu einer mehrtägigen Ostseesahrt ge chartert und führte sogar eine eigene Musikkapelle und SanitätSkolonnc mit sich, welch' letztere sehr bald und aus giebig in Aktion treten sollte. Denn kaum war der Dampfer nach zweistündiger Fahrt hinter Ziegcnort tn daS Große .Haff ettigclausen, da zeigten sich schon die ersten bleichen Gesichter. Trotz deS massenhaft als Vorbciignngsmittcl eingenommenen „Köyms", Portweins und sonstiger Alkoholika wurden die Skalen immer spitzer, die Lippen immer bläulicher, und als man nach etwa drei Stunden S w i n r in ü n d e erreichte, da hatte der größte Teil der weiblichen Passagiere Neptun bereits aus giebig geopfert. Aber auch daS stärkere Geschlecht, da- sich bisher seefest gewähnt hatte, wurde nicht verschont. Gleich hinter dem Lenchitnrm, wo die schützende Umfriedung der Swinemünder Molen anfhvrt, begann an Bord der auf den im langen Galopp anstitrmrndcn Rossen Poseidons reitenden „Hertha" erneut das große Sterben. Unanshörltch kreisten die Feldflaschen der Sanitäter mit dem magenkrampfstilleiidcn Baldrian, und das Schtftöpersonal hatte alle Hände voll zu tun, um mit Wasscreimern und Schrubbern wieder „Reindcck" zu machen. Mit verschmitzt lächelnden Gesichtern boten die Stewards Fleischbrühe, Mokka, Kognak, ja selbst Apfelsinen und — ausgerechnet Bananen an, aber wer einmal der an steckenden Seekrankheit verfallen war, entäußerte sich binnen fünf Minuten auch dieser als unfehlbare Allheilmittel ge priesencn Delikatessen. Saßnitz, das deutsche Amalft. Endlich gegen Abend- als aus den schon tn der Halb- dämmcrung liegenden Buchenwäldern die Kreidckiistc aus- tauchte, ließen Sturm, Regen und Seegang nach, und bei dem überwältigenden Anblick des von den Strahlen der unter gehenden Sonne vergoldeten Saßnitz vergaß man schnell alles Ungemach. Wer etwas sehen will, was dem Schönsten, das Mutter Natur überhaupt bilden kann, nahe kommt, der besuche dieses an der oberen Nordostcckc Rügens gelegene Seebad. Die Lage des Ortes, der amphitheatralisch sich ans baut, von schier undurchdringlichem Walde nmkränzt, an der weiten, bald ttefar"nen. bald lichtblauen und mit weißen von der abfließendcn Schlämmkreide gebildeten Bändern durch setzten Meeresbucht, ist. von der See betrachtet, a» sich schon ein Genuß. Der Vergleich mit einer italienischen Seestadt drängt sich einem unwillkürlich ans. wenn man in einen« der zahlreichen so ibnllisch in Gärten gebetteten Hotels oder Fremdenkeime auf der mit Walnuß- und Kastantcnbäumeii bestandenen Terrasse sitzt, den vollsüßen Dutt des masscnbaft blühenden Flieders und der ersten Rosen etnatmet und dev Blick durch die Blätter der südlichen Bäume auf die unab lässig wogende See gleiten läßt. Unvergeßlich war diese Nacht, da der noch ab und zu von dahineilciidcn Wolken be schattete rötliche Mond in den träumenden Gärten mit dem Blätter- und Blumengcwirr seine geheimnisvollen Fäden spann Am anderen Morgen, als unS der Küstcndampscr der „Saßnitzer D a m v fs ch i s s - G e s e l l s ch a f t" weiter nach Norden hinaufsührte, strahlte und flimmerte die See in Sonncnglanz und tm Osten schimmerte sic wie ein blendender Schild. Unablässig wechselte ihr Farbensvicl, Möwen um flatterten die FelSsteinc oder folgten, begierig irden Bissen Brot tn der Luft haschend, dem Schiss und wie Schwäne oder wie Träume zogen die weißen und braunen Segel in der Ferne babtn. Nun steht das schönheitslrnnkenc Auge nur noch die buchenumkränzten schroffen Kreidefelsen: eben find die drei messerscharfen Spitzen der Wissower Klinken vorttbergeglitten, da taucht auch schon das Vorgebirge von
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