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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 01.10.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19031001028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903100102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903100102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-10
- Tag 1903-10-01
-
Monat
1903-10
-
Jahr
1903
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Dresdner Nachrichten Donnerstag, 1. Oktober 1803 W> Nr. 872 für -* Ävm Ministerium de» Innern ist dem Martzbelf« bei der bieiigen Hauptniederlage der Meißner Ofen- und Porz« sabrik (vormals C. Teichertj Karl Gottlob Nitzschner hier dem Kutscher bei dem FuhrwerkSbesitzer Ernst Heinrich Pal hier Julius Reinhold «schafer für länger als 36jährige ununler brochene Dienstleistung das tragbare Ehrenzeichen Treue in der Arbeit verliehen worden. —* Ein pflichttreuer Beamter der König!. Polizeidirekh Herr Gendarm Hausmann, tritt mit dem heutigen Tage nt. 39jähriger Dienstzeit als Gendarm in den Wohlverdienten Ruhe stand. Herr Hausmann war früher beim 6.. zuletzt beim 12. Be zirke in Strehlen tätig. —*Tas Oberlandesgericht zu Dresden verwarf die Haft beschwerde der wegen Beleidigung des Kaisers inhaftierten sozial demokratischen Redakteure Lüttich und Hellmann, sowie deS Metteurs Schmidt. Das Hauptverfabren gegen die 3 Genannten und gegen den in der gleichen Angelegenheit früher verkästet gx- weienen. später aber sreigelassenen sozialdemokratischen Redakteur und ReichStagsabgeordneten Schäpstin ist nunmehr eröffnet worden. —* Auf vielseitiges Verlangen hatte der Festausschuß der Deutschen S t ä d t e-A us st el l u n g gestern nochmals ein Doppel Konzert und eine Illumination des AusstellnngsparkeS veranstaltet. Bei dem Doppel-Konzert wirkte» im Saate das Eilersiche Orchester und im Parke die Kapelle des 177. Infanterie- Regiments mit. Trotz des kühlen Wetters war der Park sehr gut besucht, während im Saale schwer ein Plätzchen zu erringen war. Tie Illumination beschränkte sich aus einen kleineren Teil des Parkes, welcher aber reichlich mit Beleuchtungskörpern ausgestattet war. So zeigten die Gartenanlagen der SviidrrauSsteüniig der deutschen Gartendaufirmen prächtige Muster in bunten Lampions, während das Südufer des Teiches iviedec autzerordenttich wirksame Bogendekoration nebst der Umsäumung der Wasserlinie mit zahl reichen Leuchtköipern zeigte. Zum letztenmal hatten die Besucher des Parkes die Freude, die elektrische Farbenlichtfontäne in ihrer leuchtenden Pracht zu bewundern und namentlich gefielen vie gegen das Ende der Vorführung empvrsprühcnden kleineren Wasserstrahlen, die in wnnderdaren Farben erglänzten. —* Gestern^abenb hielt der Preisgerichtsausschuß der Deutschen Städte-Ausstellung Sitzungen ab, in denen Herr Stadtrat Weigandt tn Vertretung des Herrn Oberbürger meisters den Vorsitz führte. In diesen Sitzungen wurden die etn- gegnngenen Reklamationen gegen die Entscheidungen des Preis gerichts geprüft und darüber Beschluß gefaßt. Bon den Einsprüchen konnte indessen nur einer berücksichtigt werden, und zwar betrlfst dieser die Fabrik photographischer Apparatevon Unger u. Hoff- m a n n in Dresden. der anstatt der bronzene» die silberne Medaille zugesprochen wurde. —* Nach einer vom Geschäftsamte der Deutschen 2 tädte Ausstellung neuerdings aufgestellten Statistik, dle bis mit 29. September reicht, ist die Ausstellung von 420667 Eintrittsgeld zahlenden Personen besucht worden. Hierzu kommen rund 20 000 Inhaber von Dauerkarten —* Am 1. Oktober tritt auch zum Teil der Preise bei solchen Rückfahrkarten ein l eine Erhöhung , welche für Bahn- ?le. und von Tetschen 7,30 Mk. in 1. und 5,50 Mk. in 2. Klasse, na . und von Bodenbach 7,20 Mk. in 1. und 5,40 Mk. in 2. Klasse: nach Schöna 5,60 Mk. in 1. Klasse, von Pirna oder Pirna-Posta Tetschen 5,40 Mk. in 1. Klasse, nach Bodenbach 5,30 M' Klasse: von Dresden-Neustadt oder Fricdrichstadt oder Theater, platz nach und von Meißen 2,70 Mk. in 1. Klasse, 2 Mk. in 2. Klasse und 1,40 Mk. in 3. Klasse. —* Das große Los der gegenwärtig spielenden 10. Wohl- sahrts lotterte im Barwerte von 100 000 Mk. ist am heutigen Tage ans die Nummer 49560 in die Lotterie-Kollektion von Viktor Bischofs, An der Frauenkirche 22, Eingang Neumarkt, gefallen. —* 13. Hauptversammlung des Sächsische» Lehrervereins in Plauen i. V. (Schluß.) Herr Lehrer R. Goldhahn-Leipzig sprach über „Die idealen Ausgaben der Comenius-Stistung in Leipzig und die deutschen Lehrer- vereine". Bor wenigen Tagen haben die städtttchen Behörden Leipzigs der Stistung einen 1260 Quadratmeter großen Bauplatz im Werte von 60 000 Mk. zur Errichtung eines neuen Bibliothek- gebäudes geschenkt. Seit Jahren unterstützt die Stadt Leipzig die Bibliothek mit jährlich 1000 Mk. und hat ihr auf diese Weise bereits 15000 Mk. zngewendet. Der geichäftsführende Ausschuß hat auf den Antrag des Sächsischen Lebrervereins. die finanzielle Sicherung der Bibliothek zu übernehmen, die Antwort gegeben, daß die deutschen Lehrervereine ans die Dauer die Bibliothek nicht würden unterhalten können. Man solle die Rcichsregierung um Unterstützung und Uebernahme der Bibliothek ersuchen. Am 12. Januar 1872 erließ Julius Beeger einen zündenden Aufruf an die deutsche Lehrerschaft. Bereits gegen Jahresschluß konnte die Bibliothek mit 2600 Bänden ins Leben treten. Heute zählt sie 106 000 Bände. Seit ihrem Bestehen hat sie 220000 Bände an deutsche Lehrer ausgeliehen. Tie Schätze der Bibliothek haben einen außerordentlichen Wert als literarisch-pädagogische Zentral stelle, für die Schulstatistik, des Lehrewereinslebens usw. Der Bibliothekausichuß und der Vorstand des Sächsischen Lehrervereins schlugen der Versammlung gleichmäßig vor. zu beschließen, daß sie in dem weiteren Ausbau der Eomenius-Bibliothek zu einer Zentralstelle der gesamten pädagogischen Literatur eine Aufgabe der gesamte» deutschen Lehrerschaft erblicke. Ter Bibliotbekaus- schuß wurde beauftragt, dahin zu wirken, daß alle deutschen Lehrer vereine zu diesem Zwecke beitragen. Herr Kocke-Leivlig teilte mit, daß die Reichsregierung bereits um Unterstützung »er Bibliothek angegangen worden sei: eine Uebergabe an das Reich sei damit keineswegs beabsichtigt. — Am Nachmittag und am Abend gab die Stadt Plauen den Gästen ein Konzert, Beleuchtung des Elster- n»d Triebtales, Illumination usw. bietendes Fest in Jocketa. Abends fand ein flotter Kommers im „Felsenlchloßchen' statt. Der heutige 30. September ist Ausflügen rn die weitere Umgebung gewidmet. —* Rekrutenabschied — dieser Mf hatte am letzten Montage die geräumige Hatte des Allgemeinen Turn vereins bis auf den letzten Platz gefüllt. Sie alle wollten de» 64 Mann, die der Verein diesmal zu den Fahnen stellt, noch eine fröhliche Erinnerung mit auf den Weg geben. Ten strammen Schritt«» unter klingendem S-lAe etnmarfchierenden jui Kriegern sah man kein Abschieds weh an. da» vertrauen . auf dem Turnplätze Gelernte leuchtete au» ihren Augen. Den Ernst der Stunde würdigte Herr Professor Dr. Weidenbach in eindringlichen Worten, indem er dem Stolz« de» Verein» Aus druck gab beim Scheide« einer so stattlichen Schar tüchtiger Jünglinge. —* Da« AuSfischen de» Palai»teiche» im König!. Großen Garten findet morgen und übermorgen statt. —* Polizeibericht. 30. Gept. In der vorverwichenrn Nacht hat sich ein« 53jäbrige GewerbSgeyilfenSehefrau in ihrer in der Leipziger Vorstadt gelegenen Wohnung durch Einatmen von KohlenorydgaS vergiftet. — Auf der verlängerten Gut< schmidstraße sind am 38. v. M. in den späten Abendstunden sechl Stück tote weihe Enten aufgefunden worden. Sie sind dem An> scheine nach sämtlich erwürgt worden und rühren zweifellos von einem Diebstakle her. Der etwa Geschädigte wird ersucht, st. recht bald be^ der Kriminalabteiluna — Hauptpolizei, Zimmer 2! — zu 0. Unbek. ^ 3467 zu melden, wo auch sachdienliche Mitteilungen cittgegengenomuien werden. — Gestern vormittag er litt in der Neustadt die Mutter eines 12 Tage alten KindeS während des Badens desselben einen Ohnmachtsanfall. Als sie nach ungefähr 10 Minuten die Besinnung wieder erlangte, fand sie ihr Kino im Badewasser ertrunken vor. Sofort an» gestellte Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. * Der Agent Roscl von der preußischen LebensversicherungS- mft „Friedrich Wilhelm " hier ist nach Unterschlagung von Prämieiigeldern verhaftet worden. "Niedersedli (zuletzt KumnierscheS ampfesse wurde heute »ttttag Punkt >/,12 Uhr, wie bestimmt, durch ein Pionierkomiuando niedergelegt. Tausende von Zuschauern hatten sich eingefunden und zollten unselen Pionieren, als der Zilsammeilbruch genau nach der Berechnung erfolgt war in Bravo. —* Der Stadtrat von Crimmitschau hat an den Bor- tand des Nationalsozialen Vereins für Dresden und Umgegend folgendes Schreiben gerichtet: „Wie nachträglich zu unserer Kenntnis gelangt ist, hat bei einer in diesem Monat m Dresden für die Streikenden in Crimmitschau abgehaltencn Sym pathie-Versammlung Herr Dr. von Mangold im Namen Ihres ns eine Erklärung verlesen, worin das Verhalten der Crim- mitschauer Behörden aus dem Grunde außerordentlich bedauert wird, weil es künstlich neue Erbitterung schaffe. Da wir bei allbn Maßnahmen nur uns-rem eigenen Pflichtgefühl zu folgen gewohnt sind, so ist es uns an sich außerordentlich gleichgültig, wie Ihr Verein über das Verhalten der hiesigen Behörden denk. Immerhin ist der in Ihrer Erklärung liegende, vor allem gegen unsere Stadtpolizeibehörve sich richtende Vorwurf in einer öffent- lichen Versammlung erhoben und veranlaßt uns deshalb, Ihnen in diesem offenen Schreiben zu erklären, daß wir die Maßnahmen, die die hiesige Polizeibehörde anläßlich der gegenwärtigen Ar beiterbewegung getroffen hat, nicht nur in allen Punkten billigen, ondern daß diese Maßnahmen im Beschwerdewege auch die Billi- zunader Oberbeyördcn erfahren haben. Wir müssen deshalb >en Vorwurf, den der Nationalsoziale Verein, ohne seine Kenntnis von den hiesigen Verhältnissen aus anderen Quellen als auS sozial demokratischen Zeitungen zu schöpfen, gegen das Verhalten der riesigen Behörden erhoben hat. auf das Entschiedenste zurückweisen und diesen Vorwurf als ungerecht, voreilig und durchaus verwirf st,. Die zur vorm Röthlgschen Ziegelei Besitztum) gehörige, ca. 40 Meter hohe et: In dem oberen Anger, dem feuergefährlichsten Stab teile, war in dem früher Moritz Scheerbanmschen Wo! welches kürzlich in den Besitz des Privatmanns Heinrich Plöß übergegangen und in den letzten Tagen vollständig renoviert worden war, Feuer ausaebroAn. Es teilte sich bei ziemlich charfem Südwinde auch dem Äobnhause des Juhrwerksvesitzcrs 'ranz Fuchs mit, beide Gebäulichkeiten, wie auch mehrere schuppen in kurzer Zeit in Asche legend. — Oberkriegsgericht. Der 1875 in Mittweida ge borene Sergeant Alfred Arthur Holzmann von der 3. Batterie des 12. Jeldartillerle-Reglments stcht unter der Anklage der Mißhandlung eines Untergebenen. Dem Angeklagten, der sich bisher einwandfrei geführt hat, wird „ur Last gelegt, am Vor- mittag des 10. Juli, als sich das Regiment zu Schießübungen in Zeithain befand, dem Kanonier Richter zwei schmerzhafte toste mit der Faust gegen die Brust verletzt zu haben, weil dieser einem ihm erteilten Befehl zuwider die Decken nicht ordent lich zusammengelegt hatte. H. gibt wohl zu, den Genannten un sanft beiseite gestoßen zu haben, bestreitet jedoch, daß dieser davon Schmerzen empiunden haben könne. Mangels aus- reichenden Beweises sprach das Kriegsgericht den Angeklagten frei. Ans die Berufung des Gerichtsherrn hebt das Oberkriegsgericht nach erneuter Verhandlung das cmgesochtene Urteil auf und er kennt Wege» vorschriftswidriger Behandlung eines Untergebenen aus 3 Tage mittleren Arrest. — Vom Kriegsgericht der 32. Division ist der 1878 in Unierbusckkau sWestpreußen) geborene Unteroffizier Arthur Friedrich Wilhelm Litzau von der 5. Batterie des 28. Feldartillerie-Regimenis (Pirnas wegen Mißhandlung, vorschriftswidriger Behandlung und Beleidigung eines Unter ebenen zu 7 Wochen Gefängnis verurteilt worden. Am 28. April . I. hatte Fahrbesichtiguiig stattgefunden, nach welcher die Leute sofort die Peitschen wieder abgeben sollten. Dies hatte der Fahrer Preibisch aus Unkenntnis der Vorschrift unterlassen. Er wurde vom Unteroffizier Herbeigerusen, der ihm nun die Peitsche wegnahm und ihm dann unter Schimpfworten einen Hieb über den Rücken versetzte, der heftig schmerzte, da P. nur einen Drillich rock an hatte und kurze Zeit darauf gab ihm der Unteroffizier, da er sich belogen glaubte, ein paar Ohrfeigen, worauf P. eine „um Teil gefüllte Düngevmnlde aufheben und diese in Kniebeuge- stellung mit den Händen so lange strecken mußte, bis er ohn mächtig zu Boden fiel. Dem Gemitzhandelten, der am ganzen Körper zitterte, stand weißer Schaum vor dem MuiHe, trotzdem setzte der Angeklagte seine Roheit fort, indem er dem am Boden Liegenden einen Fußtritt versetzte. Preibisch hat sich acht Tage Tage lang in ärztlicher Behandlung befunden, ist aber jetzt wieder völlig hergestellt. Das Kriegsgericht hatte den Angeklagten, der in der Hauptsache seine Schuld bestritt, in vollem Umfange für -lte Kcht, wohl haben oL«r m Abrede. lle» mit ^ MstHtU« MU'Mii. xnommn,. der Unter- In der Bechandlung vor der Me,te> Verteidige Rechtsanwalt Dr. Seidel zu, den Mann mit der nur scherzweise. Alle» Bezüglich der Kniebeuge behauptet n. keineswegs beaHichtü zu haben, den P. zu schikanieren, er habe diesem Umr Furch' ' lagen wollen. Uebmgen» fei dieser, dn an einem Bronö lm, schon nach kürzer Zeit obm rufungsaericht ist gleich der Bonns klagte den Genannten nur habe ^ r die Berufung. 7? Landgericht Der Dienscknecht Francke au» Seidnitz erhielt nn Mai von s crrin, einer Müblenbesitzerin, den Auftrag, ^ . , , Tauscha zu überbringen. Die Rechnung enchielt «ine Bemerkung, daß man veni Uederbringer den Rechnungsbetrag von 60 Mk. nicht ausbändigen solle. Fr. riß da» untere Ende der Rechnung, worauf die Bemerkung stand, ab. kassierte die 60 Mk. ein und verbrauchte das Geld für sich. Der wegen Vernichtung einer Urkunde und Betrugs Angeklagte ist am 21. Juli vom hiesigen Gericht zu 1 Jahr 2 Wochen Gefängnis verurteilt worden und erhält ein« iuatzstrase von 6 Monaten Gefängnis. — Der Kaufmann Karl . udolf Jojef Rahn au» Karbid st. Böhmen vertrieb ein au» Naphthalin und Kampher bestehende» Pulver. doS geeignet wäre, die Leuchtkraft de- Petroleum» zu erhöhen und dem Licht di« Aehiillchkeit deS AcelylrnltchtS zu geben. Da» Mittel nannte er ..Rahniil"; es kostete für Händler 18 Psg. und im Einzelverkauf 25 Psg- Gegen diese Preise blieb sein Wert aber weit zurück. Erfinder des Mittels ist Rahn nicht, sondern e» ist längst bekannt. ES albt dem Petroleunilicht eine weißere Farbe, sonst nichts: die Leuchtkraft de» Acetylens erreicht eS keineswegs. Rahn hat da» Pulver an je einen Apotheker in Berlin und Gründers verlaust »nd wurde deshalb am 29. Juni wegen BetiugS In zwei Fällen vom Schöffengericht zu Pirna zu 6 Wochen Gefängnis verurteilt. Die Auffassung der Gerichte ist eine voneinander abweichende. Während ein bayrischer Gerichtshof den Betrug ebenfalls für gegeben erachtet« und tn einem vor ihm zur Verhandlung stehen- den Falle de» Angeklagten mit einer Geldstrafe belegt hatte, setzte das Landgericht Bautzen, daS sich mit der Materie aleichsallS zu beschäftigen hatte, den N. außer Verfolgung, weil die Angaben des Angeklagten Über den Wert des Pulver» keine Tatsachen, sondern nur unverbindliche Mutmaßungen enthielten. Auch di« 4. Strafkammer als BerusungSinstanz über die vom Pimaer Schöffengericht ausgesprochene Verurteilung spricht den An geklagten frei. —* Amtsgericht. Der Handarbeiter Richard Julius Helas in Vorstadt Pieschen lärmte in der Nacht zum 30. Juli vor dem von ihm bewohnten Hause und bedrohte einen deswegen zum Fenster hinaussehenden Mann mit Erschießen. Um demselben Furcht vor Verwirklichung der Tat einzuflößen, euerte er einen Schuß aus einem Revolver ab. Helas wird wegen Bedrohung und Verstoßes gegen das Waffenmandat von 1659 zu 6 Wochen Gefängnis verurteilt. — Der 25 Jahre alte Muster- eichner und Arbeiter Mar Johann Julius Hiltscher steht unter Ilnklage des Hausfriedensbruchs, den er in der Nacht zum 13. Januar in dem Hause Rosenslraße 13 verübt haben soll. H. wurde nach dem Vorgänge in das städtisch« Siechenhaus ein geliefert, wo^er bis zum 29. Januar verblieb. Darnach befand er sich vom 16. bis 20. März abermals in der genannten An- 'talt. Nach dem Gutachten des Oberarztes vom Siechenhause ind H.s Nerven zerrüttet: er sei, heißt es in dem Gutachten, un- der Trunksucht zu entsagen und als gemeingefährlich an- en. Da sonach die freie Willensbestimmung des Angeklagten ^ oem inkriminierten Vorgänge ausgeschlossen war, erkennt das Gericht auf Freisprechung. — Das 1884 in Pieschen geborene lasse in mehreren Beträgen, die sie ihrem Geliebten, einem Sol daten. zusteckte. Die Angeklagte sieht ihrer Niederkunst entgegen. Ilm für ihr zu erwartendes Kind mit Wäsch« versehen zu sein, entwendete sie ihrer Herrschaft solche im Werte von 18,90 Mark. Der geständigen Angeklagten wird auf die ausgeworfene 8wöchige Gefängnisstrafe die Untersuchungshaft mft 2 Wochen angerechnet. — Der Gelegenheitsarbeiter Wilhelm Richter, Wittenberger Straße wohnhaft, beleidigte am 19. Juni beim Kohlenabfahren am Elbufer in Wasewitz den dortigen Polizeiwachtmeister und zwei Schutzleute ohne leglichen Grund. Die Folge ist eine 6wöchige Gefängnisstrafe. — Der 33 Jahre alte Schlosser Theodor Alfred Jhlenbura borgte vor kurzem zwei Schlossermeistern je einen Schraubenschlüssel, sogenannte Franzosen, ab, die er in ganz kurzer Zeit wieder zurückbringen wollte. I. ließ sich aber nicht wieder sehen und verkaufte die geborgten Sachen und geht dafür auf 3 Wochen ins Gefängnis. — Die Kontrollierte Mar garete geschiedene Kühnes entwendete einem Manne 15 Mark. Die Beweisaufnahme erfolgt geheim. Das darnach gefällte Urteil lautet auf 4 Wochen Gefängnis. — Der aus der Untersuchungs haft vorgeführte 24jährige Arbeiter Emil Hermann Wen-dler ent- puppt sich als Spezialist im Entwenden von Fahrrädern, die auf der Straße von ihren Eigentümern kurze Zeit aus den Augen gelassen werden. Er ist deswegen vorbestraft und hat auch jetzt wieder einen derartigen Diebstahl abzurechnen. Er konnte sich nur 8 Tage lang des Rades erfreuen und wurde darauf ver haftet. Diesmal wird auf 3 Monate Gefängnis erkannt. — Der Schneider Karl August Nötzel wurde am Morgen des 30. August von einem Gendarmen auf einer Bank in den Zwinger anlagen schlafend angetroffen und von dem Beamten nach seinem Minen gefragt. N. überreichte daraus seinen Einwohnerschein und glaubte, daß dieser dem Beamten genügen würde. Der aber bestand darauf, daß N. Hm den Namen nenne. DaS Zwie- gespräch endete mit der Sistierung N.8. der dabei Widerstand geleistet haben soll. Der Angeklagte verteidigt sich mit dem Einwande, daß er die Arretnr für ungerechtfertigt gehalten habe, da er seinen Namen mit dem Einwohnerschein belegt Hab«. Das Gericht gibt chm hierin recht und spricht ihn von der Anklage wegen Widerstands frei. Für das Nächtigen im Freien wixd er zu 10 Mark Geldstrafe verurteilt. Arnautkjöi, stand eine große Ariillerie-Werkstätte der französischen Erpeditionsarmee. Tie leitenden Offiziere dieser Werksiätte, Eölonel Lion und Eapitaine -Lvemer, verkehrten im Hause meiner Eltern. Die Namen beider sind mir unvergessen geblieben, denn es waren bezaubernd liebenswürdige Menschen: sie luden uns Knaben ein, gingen mit uns spazieren, ließen sich von uns das Wort Köln aussprechen, das sie nicht nachsprechen konnten und statt dessen sie Köl-len sagten: meinem jüngeren Bruder ließen lie >n ihrer Werkstatt? eine kleine französische Artilleristen-Uniform anfcriigen. Neben diesen Franzosen wären es englische See offiziere, auf deren Schiffe wir kamen, die uns die Taschen mit Haselnüssen füllten: das Haus meiner Eltern umschloß in seiner Dienerschaft ein Panorama von Nationalitäten, türkische Kawassen und Kaiktochi'r, d. h. Ruderer, griechische Diener, armenische Hausknechte, bulgarische Reit- »nd Stallknechte, deutsche Haus mädchen. Unsere Spielgefährten waren deutsche Kinder und griechische Straßenjungen, mtt denen wir die linxcua kennen, ein Gemisch von Griechisch und Italienisch, sprachen. Endlich will ich erwähnen, daß meine erste Liebe ein kleines englisches Mädchen in blauem Kleide war, mit dem ich aus einem Kinderballe beim englischen Botschafter tanzte. Und trotzdem wurde ich ein deitt-ch- iiaiionaler Dichter und bereue es nicht. Denn ich bin der Ucbcr- ,zengung, daß sich beute, im Gegensätze zum 18. Jahrhundert, eine geistige Individualität nur dann voll entwickeln kann, wenn sie auf nationalem Grund und Boden wurzelt und gedeiht. Frage ich mich, welches das wesentlichste historische Ergebnis des 19. Jahrhunderts ist, jo komme ich zu der Ansicht, daß cs dies ist, daß die europäischen Nationen zu Individuen mit inoividuell- persönlichem Bewußtsein geworden sind. Stärker als jemals früher regt sich in allen europäischen Nationen das Bedürfnis, die eigene Sprache, das Ferment alles nationalen Daseins, fest- zuhalten und zu entwickeln. Auf den ersten Blick könnte es nun scheinen, als würde dadurch eine größere Schranke zwischen den Nationen errichtet, als sie früher vielleicht bestand. Aber dieser erste Blick täuscht: in Wahrheit wird nur das ausgeschlossen und unmöglich gemacht, was meiner innigsten Ueberzeuguna nach allerdings auszuschließen ist. nämlich eine nach abstrakten Prinzipien hergesteNte. charakterlose Vermischung der Nationa litäten, bei der alle ihr bestes, nämlich ihre Eigenart, ein- büßen und doch die Eigenart der anderen nicht ausnehmen würde». hergestellt wird im Gegenteil das, was mir als das Erstrebens werteste erscheint: nämlich ein Gesellschaftsbewußtsein zwischen den europäiichen Nationalitäten, daraus bervorgenend ein gesell schaftlicher Zustand. Tenn was ist Gesellschaft? Eine Menschen- Vereinigung, die sich von gemeinsamen, ungeschriebenen Gesetzen gebunden fühlt. Daß ihre Gesetze ungeschrieben sind, das unier- icheidei sie vom Staate, und das gerade macht sie wertvoll, denn sie sind ein Bestandteil des inneren Bewußtseins geworden. Und darum ist, meiner Ueberzeugung nach, die Menschheitsgescllschast das, wohin sich im Laufe von Zeiten und Zeiten die Menschen- siaaten entwickeln werden. Auf welchem Woge entsteht und er hält sich Gesellschaft? Auf dem, daß jedes einzelne Mitglied sich als gleichberechtigt neben dem anderen und alle anderen als gleichberechtigt neben sich empfindet und danach handelt und sich benimmt. Wozu dient Gesellschaft? Zur Erreichung ge meinsam als Bedürfnis empfundener Ziele, die zu erringen nur dem Zusammenwirken von Kräften möglich ist, die ich zusammen fasse in den Begriff Menschheitskultur. Das Problem für uns europäische Nationen ist mithin dies: Wie erreichen wir. indem wir uns individuell sondern und trennen, das über uns allen gemeinsam schwebende Ziel menschlicher Kultur? Und hierauf ist zu antworten: Wir erreichen es nicht dadurch, daß wir einer in dem anderen aufgehen, sondern da durch. daß jeder einzelne sich selbst und seine Eigenart zur denkbar höchsten Vollendung ausarbcitet und dann von seinem Eigensten selbstlos und im Hinblick aus das gemeinsame Ziel und Beste an die anderen hergibt. So wie ein gutes Konzert nur zustande kommt, wenn jeder einzelne in der Kapelle mitwirkende Musiker sein eigenes Instrument bis zur denkbar höchsten Vollendung zu beherrjchen lernt. Nun dürfen wir Deutschen uns mit gutem Gewissen das Zeugnis ausstellen, da» wir stets bereit gewesen sind, das Gute, das andere uns hergaben, willig auziinehmen. Wir lasen Bücher in fremden Sprachen wie deutsch«. Als Shakespeare unter dem Bahrtuch des Puritanismus begraben lap, kam der deutsche Lessing und erweckte >hn. und dann kam ein anderer Deutscher, August Wilhelm Schlegel, und übersetzte ihn. daß die Ueoeriehuna stellenweise schöner ist, als daS Original. Daß Anoer,en. der Däne, ein großer Dichter sei. lernten die Dänen durch die Deutschen, und erst durch die Anerkennung, die er bei uns jand. erfuhren die Schweizer, daß sic «inen der größten Er zähler des 19. Jahrhunderts, GottfiÄed Keller, zu eigen besaßen. Ein großer französischer Dichter. Victor Hugo, hat Deutschland das Sammelbecken des europäischen Geistes genannt, und er hatte recht. So waren wir und so werden wir auch künftig tun. Aber daneben werden ivir auch wir selbst sein, denn nur wenn wir Eigenheit und Sonderart besitzen, können die anderen auch von uns holen, und cs gibt etwas zu holen bei dem Volke, daß das Nibelunaenlied, den Triumphgcsang: „Eine feste Burg ist unser Gott", den „Faust" und den „Wollenstem" gedichtet hat. Und daß zu diesem Deutschland, von dem die Well jetzt weiß, daß es ein europäisches Individuum geworden ist, heute und jetzt ausgezeichnete Männer aus anderen Nationen, inS- besondere den beiden lateinischen Kulturnationen. Frankreich und Italien, gekommen sind, mit uns vereint an einer Kulturaufgabc, an der Einordnung der geistigen Arbeit in das Kulturgebäude des Rechts zu arbeiten, das begrüße ich als eine Etappe auf dem Wege zur Herstellung der europäischen Menschheiisgesellschast, und darum, meine Herren, heiße ich Sie willkommen, doppelt will kommen. weil ich Sie in Weimar begrüßen kann. Denn Weimar ist typisch für Deutschland. Weimar ist klein — aber wie der deutsche Mensch sich behaglicher fühlt in kleineren Räumen, als in Palästen, so schafft der deutsche Geist intensiver in den Annen, als in den Millionenstädten. Weimar liegt in Thüringen, und in Thüringen wurde der Gedanke geboren, aus dem die neue Zeit, unsere Zeit, entstand, die Reformation. Und Weimar «nd- sich war die Stätte, wo zuerst die Nachwirkungen des dreißig- jährigen Krieges, des großen deutschen Unglück», mit dem die Fremden, wenn sie über Deutschland urteilen, gewkchnlich zu wenia rechnen, geistia überwunden wurden. Darum, wenn Sie nach Hause zurückkchren. werden Sie daS Bewußtsein mit sich ttaaen, daß S,e emiae Tage lang am Herzen Deutschland» gewohnt haben. Möchte tts Ihnen wohl gewesen an diesem Herzen, möchten Sie die Empfindungen dahmnAimen. daß Sie den LebenSschiag eine» tiefen, großen, mächtigen Organs vernommen haben, eine« Lev- zenS, in dem Raum war, Raum ist, Raum sem Wird für jeden lichtvollen Gedanken, jedes große Gefühl, für alle», waS wir be- greifen in dem Wort wie Menschheitskultur der europäischen Menschheit."
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