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Dresdner Nachrichten : 21.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188412219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18841221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18841221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Unvollständig: S. 17-18, 21-25, 27, 29-30 fehlen.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-12
- Tag 1884-12-21
-
Monat
1884-12
-
Jahr
1884
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 21.12.1884
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»oruUai «I NiiellLvr, WilucktukkervirLsv« 2, rrruäcb^t üvm ^Itm-rrict. . Lis Irxisssrie-llLLukrctur l . IU«88«, Löviel. lloklrsk^LItMLrkt, Vrssäev. IlM Iieutv S»«i»taK äso 21. voodr. L. v. Idrs Veiit»«Li8-Il«nmv äem Vorkolirseösslivt. Sir. SS6.2S. 7>z,», r»n»,u 40.»»0 «q». s«"««-" l«-°m Z^z>^L>-KULM Drc«de„. 1884. SvimtägZI. Tecbr. vkruniw-rt»«« ««dettoir M P»lttischeS vr. »m«l vterev lu Dr-Sdcn A>n Montag Nactmittag wird man in ganz Deutschland den Nichlerspruch in dem Niederwälder Hockwerrathsprozcß kennen. Di« Aerhandlurrgen, die über den geplanten Kaiser- und Fürstcnmord vor dem höchsten deutschen Gerichtshöfe stattsanden, zogen die Tkeilnastme der ganzen gebildeten Welt in fieberartiger Weise auf sich. Selbst die wichtigen und wahrlich interessanten Vcihandlungen unseres holdseligen Reichstages muhten hinter diesen, einzig dastehenden Prozesse zurücktreten. Es fiel aller Welt äußerst schwer, an eincSchandthat, wie die seht von den Mortgescllcn liiigestai'dcne. überhaupt zu glauben. Die erste öffentliche Andeutung über den Gegenstand machte im vorigen Reichstage der Abg. Eugen Richter» indem er ziemlich mißtrauisch darüber fick äußerte. Der preußische Minister des Innern entgegnete mit ersichtlicher Zurückhaltung; eS war ihm unangenehm, daß der Gegenstand an die große Glocke gehängt worden war» er fürchtete davon eine Beeinträchtigung der Untersuchung. Nun hat sich aber doch das Unglaubliche als die blanke Wahrheit hrrauSgestlltt: eine Bande elender Gesellen hatte sich zu dem teufelischen Plane verbunden» an dem Tage der Einweihung dcS herrlichen Nationaldenkmalcs aus dem Niederwald den Kaiser» seinen Sohn, unseren König, andere BundeSsürstcu. berühmte Heerführer, Staatsmänner und die hervorragendsten Rcichstagkal'gcordnctcn zu ermorden. Ls gehen die ausschweistirve Phantasie eines ruchlosen Ungeheuers dazu, überhaupt einen solchen Gedanken zu fasse». Welcher Niedertracht ist doch der Mensch fähig! Ter Hauptanstister des abscheulichen Unternehmens, ReinSdorf, der Len CuniSmus soweit treibt, Bibclstellen zu seinen Gunsten zu citiren, hat eine dämonisch« Gewalt aus schwächer« Geister auSznüben und in ihnen der, natürlichen Abscheu vor solchen Verbrechen zu überwinden verstanden. Leider muß man aber sagen, sind menschliche Ungeheuer keine Seltenheit mehr. Kämmerer und Stellmacher in Wien, die mit kaltem Blute mordete«, nm ihre auaichistischen Zwecke zu fördern, waren um kein Haar schlimmer als Remsdois; nur daß sie unbekannte Bürger. Soldaten und Polizisten niederstreckten. während die Niederwald Verschwörer die höchsten Personen sich zum Ziele ihrer Schaudtbat erkoren batten. Ter Hang zum Verbrechen dravirt sich gern mit einem politische» Mantel; ein Anarchist glaubt wahnwitzige Verbrechen damit zu rechtfertigen, daß er sie angeblich einer WeltbeglückungS Tlieorie zu Liebe aristühlt! Tie Schandthateri von ReinSdorf und Grnosien sind keineswegs bloße gemeine Verbrechen; ihr Unterschied von diesen besteht darin, daß sie i», behaupteten Interesse der Allgemeinheit begangen werden. Die anarchistische Weltanschauung verleitet mit Nothwendigkeit zu solchen Nichtswürdigkeiten; wer an Nichts glaubt, wer Gott und Unsterblichkeit der Seele für Ammenmärchen erklärt, wer jede Autorität verhöhnt, der kommt logischer Weise dazu, den Umsturz aller Dinge mittelst Verbrechen zu beschleunigen. Tie sittliche Verrohung ist baS natürliche Produkt einer Denkart, die den Umsturz dcö Bestehenden predigt, die Nickis achtet, die Haß, Neid und Scheelsucht säet und die niedrigsten Leidenschaften srrstrmatisch wochrnst. Unsere Sozialdemokraten mögen aus dem HochvcrrathSprozene ersehen, wohin ihre Lehren bei gewalttliätigen, von Größenwahnstnn und Verbitterung erfüllten Naturen führen! Wcm'S bei der Sozial demokratie zu langsam geht, der treibt das Geschäft der Welt- v.rbesscrung auf eigene Faust und nennt sich stolz „Anarchist". Die Verl a idluugei, des Leipziger Gerichtshofes haben zu keinem Momente gefühlt, das etwa die sozraldcmokr. Partei als äußerlich mitschuldig be laste» könnte. Im Gegcnthcil wurde gerichtlich bewiesen, daß zwischen Sozialdemokraten und Anarchisten eine heftige Feindschaft besteht. Keiner der Angeklagten gekört mehr der Sozialdemokratie an, keinem war nachznweisen, daß er setzt mit dieser Partei Beziehungen pflege. Mit Verachtung vielmehr blickt ReinSdorf aus die heutigen Sozialdemokraten herab, „die aus halbem Wege stehen geblieben sind" und für die Weltverbefferung nur Worte, nicht aber Thaten haben. Aber darin belekt eben die Strsäkrlichkei^der sozialdemokrati- RechtSverivirrnng erzeug», daß zuletzt leidenschaftliche Naturen polt> »t. — Ter Berliner Oberbiijrger- at endlich glücklich ein Reichstags zu 1260 Mk. stao tSsteuerfre» mac meister v. Forckenbeck (freisinnig)» „ , ^ Mandat erlangt. Er wurde, in «agan-'Sprortau gewählt, nachdem „unser Bramw auf daS dortige Mandat zu Gunsten seines sächsischen verzichtet. — Auf der Vulkan-Werft zu Bredow bei Stettin wurde Mittags der Stapellauf Sr. Mai. Schiff „Oldenburg" durch den ! Erb oßherzog von Oldenburg glücklich vollzogen, l Müuche n. Tie „Nordd. Allgem. Ztg." meldet aus Stutt- j gart, daß 44 Mitglieder der würtlembergischen Kammer anläßlich des Rcichstagsvolnins vom 48. Tez. heule ein HudligungL-Telc- gramni an den Fürsten BiSmarck richteten Wien. Eduard Strache, Redakteur der Warnsdorfer „Ab wehr" wurde wegen begangenen Hochverraths verhaftet. P e st Im Unterhause beantwortete der HandelsminKter die Interpellation Helm's betreffs der französischen Zollerhebungen, daß vorläufig nur die daraus gerichtete Absicht der srmezösischen Regierung bestehe, weshalb kein anderer Schritt, als die Anleitung zu den Verhandlungen geschehen konnte. Eine Tetailmistünft könne nicht erlheilr werden, eine Verständigung mit der österreichischen Regierung über ein gemeinsames Vorgehen sei schon am 46. Olt. erzielt worden. Tos Haus nahm von der Antwort Kenntnis;. N o in. Ter Kriegsdampicr „Messaggero" paisirte am Sonntag Port Said. Messaggero imd Castelfidarbo »ahmen Besitz von einer neuen italienischen Kolonie, deren Namen noch geheim blieb, aber nicht identisch mit Zuhla ist. — Offenbar ans preußische Veran lassung läßt die Kurie durch den „Moniteur de Rome" das Gerücht dciiicntircn, Preuße» habe die Erledigung der Priestererzieliiings- frage einseitig ohne Nom durch eine Verständigung mit dem Bischof Kapp (Fulda) versucht. Ter Minister- Mancini erhielt die Be stätigung von der Meldung von einer Niedermctzelung der italie- I nischc» An-ila-Ezvcdit'ion unter Bicmchi. Bern. Ter Natioiiglrath verschob die geschäftliche Behand lung des Antrages betreffend die Peinühnnge», daß Genna ein Ausgangspunkt der von Tenischlcmd subvenlivnirten Tanipfcrlinicn iverde, als inopportun und präiudizirlich. Moskau. Im Prozesse wegen der bei der Skoviner Kom- mnnglbank vorgekomnienen Unregelmäßigkeiten erkannten die Ge schworenen 2l, darunter den Bankdirektvr Nykow für schuldig. 5 wurden fteigeiprochen. Ter Staatsanwalt beantragte sür Rhkow Verbau innig in ncie nrinderrntiemtr Gegend Sibiriens, für die übrigen theils Verdamm»», theilS Zuchthaus. Die Verkündigung des Urthcils wurde dis zum 24. Tez. vertagt. New-?-ork. Vorgestern Abend brach im Waiseniiistitiit kür Knaben in Brooblhn eine Feuersbrunst ans. die wie erst jetzt be kannt ist. zahlreiche Memchcnverlnsie vcnrrsgchte. Bis jetzt sind k.'j Tobte konstatirl worden, ciußerdcm werden noch llO Knabe» vermißt. Man hofft, daß die meisten derselben, wenn nicht alle, Unterkunft in der Stadt fanden und daß über ihren Verbleib noch keine Mtttheilung erstattet ist. Tie Berliner Börte zeigte beruhigte Haltung. Schluß fest. Für leitende Banken war bedeutendes Tccknngsbedürsiiiß vor handen, wodurch die Kourse nicht unerheblich aiigezogei!- Deutsche Bahnen gut behauptet. Mecklenburger 2Proz. höher, belebt. Auch österreichische Bahnen behaupteten sich, wurden theilweise etwas besser. Spekulative Bergwerke gcschäftslvs, wenig verändert, -rcmde Renken recht fest. Russen gut gekragt, höher, auch Ungarn besser. Kassa- geschäst still, vorwiegend fest. -r-nklur» «. Wi., 20. Trccu dkr. «rrdii 241-Sisal»»»»» —. Loinkard«» —. «Orr Loost —. Letikir. Lildcri«»? —. p<u»«rrklitt —. «aliztki 222'/,. ltckirrr. «oldiime —, 4°/« Ung. Lvld«nik 70. 77erRuiien —. »Oer Nukltn —. 2. kZrtcnlanieihe —. Neueslr Ungar. SoidanlrUit —. 8. OrtciiianlkUil —. U»a«r. P.wterr. —. Lieconto 2>'S"«. Sgi>»it- 68",. «aui^.B. —. Serbin —. Zeh. 20. Deecnider. Kredit 202.80. tziaal»i>ai>» 807.80. Lombardc» >46.70. Nordweiib. I7I.t>0. Morlnoten 60,27. Uno. Srebtt 802,00. Elb, Uiol -. Felles,. »«»et. 20. Drcbr. Eckilut. liientr 78.47. itnle/be lOS.02. Jiaiirner 08.68. «»»attbohn 640.00. vamdardn, SIS.LL. r«. Lriortiülin —. «tenoier 824,00. Leo. Loldrente —. ^»anitr K0,l8. O tomanrn 600/»0. Tobak-tlclien —. grsi. '.>0. rrremd'r, Borm. tt Uhr iO Mto. «onsaiO SS"i„. 1878er Ruffrn S4> ». Jialirnrr 07'/». Lombar»r» ir'i,,. Tiirken 4°'» snnd. Amcrlk. >26. 4-, Ungar GoiOrcnic 78'/,. Okticrr. zUoidrrnit 8ö. Prentzilchc Sonsoio >08. Sgyvtrr «4. euaniaodank l/p ,. S»cj-Ac«ien 7Z. — Stimmung: Ziemlich irv. Weiler: Naßkalt. Lokale- und Sächsisches. — Ihre Majestät die Königin beehrte gestern das Magazin aer Ledenvaare» und kunstgewerblicher Luxusgegenstände von . airhard Rüdiger. Wilsdruffentraße 2. niit einem Besuche und machte daselbst reiche Einkäufe. Hieraus besichtigte Ihre Majestät "rehrere Schaufenster der Marienstraße und bewirkte dann in dem ' kturgeschast v ^ schci, Verhetzung, daß sie In den Gemütbern der Menschen eine solche RrchtSverwirning «izengt, daß zuletzt leidenschaftliche Naturen poli tische Verbrecher werden. Es giebt bann kein Halten« mehr. Die Sozialdemokratie, die sonst eme so scharte Disziplin unter ihren Anhängen! ausüvt, ist doch nicht im Stande, die Ungeduldigen zu zügeln, welchen es zu lange dauert mit der Schaffung paradiesischer 2-, Kl Zustände. Diese greisen bann zur Selbsthilfe. Fm klebrigen sind Ritten die Angeklagten mit AnSiiobme Aeinsdois's feiges Mordgesmdel, das sein Werk ziemlich plumv anftng. Fetzt wälzen sie die Sck>u>d Einer aus den Änveren und suchen sich als Verhinderer des Ver brechens ein miloeres Urtheil zu erwinseln. Die Einblicke in das Wesen und die Organisation der Anarchisten, welche die Verhand lungen gewährten, wären nicht so lehrreich ausgefallen, wenn man den Prozeß selbst hinter geschloffenen Ttiüren geführt bätte. Cs mußte daS volle Licht der Oeffentlichkeit auf das Unternehmen fallen, um dem Publikum den Glauben an die Möglichkeit des Verbrechens selbst beizubringen. Dre Heimlichkeit des Verfahrens Kälte zu allerhand Mißdeutungen und Verdächtigungen führen können. DaS ist der Segen der öffentlichen RcchtSpfleg- in diesem Falle, daß Jedermann klar steht. Die Enthüllungen der geheimsten Gedanken und letzten Ziele der Anarchisten werden denn doch Manchem die Augen öffnen, wohin wir treiben. > . Neueste Telegramme ver „Dresdner Nachr." vom 20 Decbr. gestern Vormittag cniS Sttaßbrirg hier cingetrvffcn. — Zum ordentlichen Professor des Civil- und Strafprozesses an der Univrrsiät Leipzig wurde Prof. Tr. Oskar v. Äülow in Tübingen berufen — Geh. Rath von Charpentier erhielt das Comthurkreuz L Kl. des Verdienstordens, Tr- mcd. Hcnnig in Frciberg das Ritterkreuz 1. Kl. vom AlorechtSordcn. Hüblcr in Gwßschöiiau. Ehrenzeichen. Berlin. Im KaiierpalaiS fand das glljä'krli . , diner skatt, wozu auch der Reichskanzler und Mottke geladen waren. — Amtllchc via Australien eingegangene Telegramme bestätigen, des westlichen Wen Ozeans deutsche Flagge ausge- ächstcn Montag eir dä un> zogen . «Litzuiig ab. um und Nigergebiet zu berathen. — Dem preußischen Landtage toll tu der bevorstehenden Session wiederum eine Vorigste ziigcbev, welche die dritte und vierte Klasscnsteuerstuse aushebt» also Cinlonnncu bis aus alle» größeren Inselgruppen an der Nordküstc von Nordguinea die :n ist. — Die asrilanischc Konferenz hält nächsten Montag «im die Frage des Handels mit Spirituosen im Kongo zu verathen. — Dem preußischen Landtage soll ii — Ter Komploirist der Firma C. G- Hi Gotth. Prescher erhielt das Allgemeine Eh .. . — Obcrlanoesgerichtsratb. OberavvellationKrath Adolf Neid- Hardt ist aui weitere ü Jahre zumMitglicde des DisziplinarhofeS ernannt worden. — Den Inhabern der Perlinntterwaarensgbrik F. A. Schmidt u- Sohn zu Adorf wurde das Prädikat „Kgl. Hoflieferanten" ge bührenfrei verliehen. — Fn der bcieits tnr; ermähnten Leipziger Bürger- Kundgebung an den ReichSlcmzler ivcgen der vom Reichstag verweigerten AHOllst Mark beißt eS u. A.: „Wohl batten wir ge glaubt. daß unser Volk in Dankbarkeit sür Alles, was Euer Durch laucht geschaffen. Vertretet in den Reichstag entsenden werde, b,e ihre volle Kraft kür die Du- chsükrung des von Euer Durchlaucht geplanten Ausbaues des Reiches einietzen sollten. Dir und Mil lionen l eutscher Männer mit uns sind in diesen unfern berechtigten Hoffnungen schwer getäuscht. In den Augenblicken, wo Euer Turck- laucht die V rtretcr Europas zu großer erfolgreicher Friedenüarbeil um sich versammelt hat. Eurer Durchlaucht zielbewußtes Strebe» von allen Culturnationen bereitwilligst anerkannt wird, rüsten sich, wie in den Zeiten der schmachvollsten Zerrissenheit und Erniedrigung Deutschlands, kleinliche,Egoistische, jo selbst vaterlandSlosc Menschen zum Kamps liche üoali land hervorge geforderten kleinen Mittel zur Bewältigung eines klar vor Aller Augen liegenden Uebcrmaßes der Arbeiten im Auswärtigen Amte zu versagen, verhallt ringehört die warnende Stimme der treuen Vertreter unseres >Volkes" — Die Adresse unserer Dresdner Handels- und Ge- ! wer bet am in er an den Fürsten sagt u. A: „Unverständlich, unculässig j und undankbar erscheinen uns Ine kleinlichen Abstriche im Budget j des auswärtigen Amtes, gleichviel, welchen Namen die Parteien j tragen, die diese Majoritätsbeschlüsse des Reichstages lierbeisührtcn." /Auch der Vorstand des „nationalliberalen Vereins sür das König- ! reich Saclpen" in Leipzig, wie eine größere Aiuabl dortiger potrio- ! tischcr Männer, für letztere im Austrag: Dr. Mar'Lbcrbcrgcr, haben ^ sofort telnpaphiich deni Fürsten ibrc Entrüstung ausgesprochen und das „L- Tgb'l." knüvst an diese Mitthciiungcn die.votinung, daß in denjenchen Wahlkreisen unseres Landes, welche durch deutsch-irei- sinmgc oder sozialdemokratische Abgeordnete vertreten sind, offen! liche Kundgebungen erfolgen, welche die Abgeordneten nicht in, Zweifel darüber lassen, daß sie sich durch ibr ablehnendes Votum mit de» Gesinnungen und Gefühlen der Mehrheit der Wähler in schroffen Widerspruch gesetzt haben. — I» der nnmentlichen Abstimmung über die Position sür einen zweiten Direktor im Auswärtigen Amt sliinmmten von den sächsischen Abgeordneten mit „Ja": Ackermann, v. Cnrlowst'.. Ebcrt, Tr. Frege, Gehlert. Günther, Tr. Hartman», Klemm, Mcrbach, Reim, Penzig und Tröndlin. Mit „Nein" stimmten: Auer, Bmiin, Bnddebcrg, Emoldi. Viereck, Kraut war Hvltzmann, c»l,ehnlvigi Fährmann. Ohne Entschuldigung fehlten: Geiler, Hartwig, Kapser (Stolle. — Anarchistenprozes; vor dem Reichsgcri ch i. Die zahlreicher als sonst besuchte Sitzung vom Freitag wurde durch die Plaidohers der NcichKmnvälke und der Verthcidigcr anSgesiillt. Zuerst nimmt Herr Reichsanwalt Trepli» das Wort: Tie Begeben heiten, die Gegenstände der Beweisaufnahme, die Menschen, welche in diesem Prozeß handelnd enfftrcten, ihre Beweggründe, ihre Ziele und Zwecke, die Mittel, welche sie zur Erreichung dieser Zwecke anwendeten, bilden ein Novum in der deutschen Kriminalgeschichle, welches Hohn spricht nnserein gesammlen Enttnrlebe» und den cleinentame» Regeln der Ethik. Es kann nicht Wunder nehmen, daß zuerst Zweitel entstanden, ob das Alles wahr sei, ob nicht viel mehr Neberkeibungeil und Mpstisikationcn Vorlagen, aber leider müssen dicke Zweifel gegenüber den Ergebnissen der Beweisaufnahme . ichivindcn und wir stehen vor einer ernsten lind traurigen Wirklich- z j keck. Nach dieser allgemeinen Einleitung geht -er Staatsanwalt zu ! ! dem speziellen Thotbesland über. Es sei nicht zu bezweneln, daß : es in Reinsdorfs Absicht lag, nicht blas in dem Wittemsen scheu ' i Saale, sondern auch in der Frankfurter Bierhalle zu Elberfeld ei» > gleiches Verbrechen zu begehen. Daß cs dem Bachum»» blvs, darum zu thu» war. eine Knall-Temonstratio» in's Werk zu setze», sei unglaubhaft. Betreffs des Attentates mit dem Ricdmvalddc»k- > mal habe Reinsdorf offen bekundet, daß er Rupsch zu diesem Attentat j angesliftet. Die Charakteristik des Letzteren sollt nicht gerade günstig ! ans. Der Neichsainvalt meint: Ich habe aus dein Äustrelen des! Rupsch die Ueberzeilgling gewonnen, daß er nicht ei» vcrftjhrtcr < juiigcrMann ist, sondern daß er sich der Tragweite senierHandlnngs- weiie vollständig bewußt war und ein trotziger Verbrecher ist. Sein ganzes Verhalten aui dem Niederwald spricht sür seine Schuld. ES sei ihm klar, daß Rupsch nicht mit einer kalten Cigarre die Zünd schnur berührt, sondern sie mit einer brennenden angeznndct und daß diese nur der großen Nässe ivcgen nicht weiter gebrannt habe. Was Küchler anlange, so habe er dein Rupsch nicht btos als Deckung gedient, er habe an der ganzen Vorbereitung des Unternehmens ge holten und sei allo nicht blos als der Beihilfe, sondern als Mit- thäter schuldig zu erachten. Außerdem habe Küchler den Rupsch zu dein Attentat in Riidesheim veranlaßt. Gegen Töllner lasse er die Anklage fallen, da dieser, als er dem Nnpsch das Reisegeld gegeben habe, siniilos betrunken gewesen wäre. Holzhauer dagegen habe das zur Thal verwendete Dhnamit geliefert, habe die Gcldsammiung veranlaßt und dein Rupsch genaue Instruktionen aut den Weg ge geben. Tie Ausrede der Angeklagten Söhligen und R'hcinbach. daß sie dem Rupsch das Geld lediglich zu seiner Abreise gegeben hätten, ohne den verbrcchxri'che» Zweck derselben zu wissen, sei nicht glaubhaft, zumal, da beide der anarchistischen Partei angchvrcn. Zum Schluß seines Plaidopers stellt der Reichsanwalt die bereits mitgethciiten Strafanträge. Als Offizialvertheidiger fungirk ftir Rrip'ch Rechtsanwalt Tr. Tlwlnjcn. Er ckmrakterisirt seinen Clienten als einen in steiftiger und moralischer Beziehung w wenig ent wickelten und außerdem »och so nueisghicueu Menschen, daß cs ihm wohl zuziitraucn sei, er habe den Auftrag zur-Ausführung dcsAtlen- tatcs aus dem Niederwald mir scheinbar übernommen, um sich aui Kosten Anderer die Enthüllungsseierlichkeiten anzusehcn. Gegen das beantragte Strafmaß habe er nichts einzmvendcn. Justizrath Bussenius weist als Verchcidiger Küchler's daraus hin, daß gegen diesen nur die Aussagen des Mitangeklagten Rupsch sprechen, dci die Schuld cm» Küchler schiebe, nm sich selbst weiß zu waschen Bcmerkenswerth sei die Aussage des Zeugen Palm, zu dem Küchle, geäußert habe: „Sollte etwas unternommen werden, io werde ich es zu verhindern suchen." Er beantragt, falls die Freisprechung seines Clienten nicht erfolgen könne, nur ans Zuchthausstrafe zu erkennen. Für Holzhauer, Söhlige», Rhciiibach und Bachmam- plciidirt Dr. Scclig. Er ist der Meinung, daß der Beweis eine, Schuld der ersten Drei nicht erbracht worden ist. Lins der Eile mit der sie das zur Reise nöthige Geld aufgebracht hatten, dürff man noch lange nicht auf eine Beihilie znm Verbrechen schließ-'» Waü de» Angeklagten Bachmann anlange, so habe ihm 'ein ganzes Verhalten die Nebcrzcngung beigcbracht, daß leine Erzählung: als wollte er nur einen Schreck herbcisülnen, wahr ist: daß er von Reinsdorf für seine That Geld echalien hat. sei ebensowenig erwiesen wie daß er die Wirkung des Dimamit gekannt hat. Demnach sei er nur nach 8 !M des Strafgesetzbuches zu bestrafen. Es tritt hieraus eine kleine Pause ein, i» der sich die Angeklagten, die die Plaidovcrs mit Gleichgiltigkeit angehört haben, ihr Mittagsbrvd recht gut schmecken lassen. Rach Wiederaufnahme der Verhandlung weist Justizigtl, Fenner als Verthcidigcr Neindors'S besonders au' eine schwache Seite der Beweisaufnahme hin: „Das Attentat am dem Riederwiild hat das Cigenthümlichc, daß em objektiver That bestand nicht vorhanden ist. Wir haben davan mirKcimtniß dnrch die 'AuSiagen der dabei beiheiligt gewesenen Rupsch und Küchler. Fch glaube, der Herr Vertreter der Ober Reichs-Anwaltschaft hat sich seine Ausgabe etwas z» leicht gemacht. Er erachtet den Rupsch für schuldig auf Grund der Aussagen des Küchler und den Küchlcr aut Grund der Aussagen des Nuliich- Man kann wohl aut die Ausiagc eines einzelnen Menschen, wenn er glaubwürdig isl.lZMciischcu zum Tode vcnirtbeilen, nicht aber ans Grund einer unbeeidete» Aussage eines Mitgefangenen. Nun kommt allerdings das Zeugniß des unvereidigten Palm hinzu. Da messe ich jedoch de» 8 Angc klagten meist- Glaubeuswürd-.gkeit ;». als diesem Zeuacn." Weitst sich Reinsdorf, fährt der Vertheidiger fort, der Anstiftung zuni Hochverrat!) schuldig bekenne, so sei dies immer noch kein Beweis sür seine Schuld, und daß er sage, er scheue sich nicht, das Schaffot zu besteigen, sei erklärlich, wenn inan erwägt, daß er ftir seine Sache Alles >u opiern Herei! ist und daß er weiß, daß er als völlig brustkranker Mcnüh ohnehin nicht mehr lange zu leben hat. Seine ---- i» 4-^- Z .e hW ^t
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