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von der allein ich zu erfahren hoffte, was ich wissen wollte, wies mich kurz ab, als ich ihr mein Anliegen vortrug. Freilich, die hat Wohl nie in ihrem Leben erfahren was Liebe ist, und konnte daher mein ungeduldiges Drängen nicht verstehen. Sie verweigerte mir jede Auskunft über ihre Zöglinge. Unverrichteter Dinge muhte ich wieder ab- zichen. Und die Zeit drängte, denn die großen Ferien nahten. Ich fürchtete, daß du abreisen würdest, che ich erfahre» konnte, wohin du gegangen. In meiner Not wandte ich mich an den Portier. Ein Goldstück machte ihn zu meinem Dienst bereit. Ich beschrieb ihm genau jede Einzelheit, das Kleid, das du getragen, Augen, Haare, kurz alles. Ich beschrieb ihm auch das Aussehen deiner Freundin. Er blinzelte mich schlau und verständnisvoll an und nickte! „Hm, — ich weiß schon, Sie meinen die Unzertrennlichen." Er konnte mir zwar deinen Namen sagen, doch nicht, woher du kamst. Doch er tröstete mich damit, daß er es in einigen Tagen sicher heraus hätte. Und er hielt Wort. Glücklich war ich am Ziel meiner Wünsche. Nun löste ich meinen bereits Unter zeichneten Kontrakt, der mich für diesen Winter schon nach der Residenz verpflichtete, das heißt, ich bat um Aufschub bis nächstes Jahr. Kein Mensch begriff natürlich meine Handlungsweise, niemand verstand, weshalb ich gerade hier sein wollte, wo ich mich in pekuniärer Hinsicht viel schlechter stehe, als am Hoftheater. Man kam mir indes in der liebenswürdigsten Weise entgegen und bewilligte mir ein Jahr Urlaub mit dem Hinweis, daß ich nächste Saison bestimmt emzntreffen hätte. Die Stelle als erster Helden tenor am hiesigen Stadttheater erhielt ich natürlich sofort und mit Freuden, als ich mich darum bewarb. So kam ich hierher. Ich sah dich wieder und fühlte mich unendlich glücklich. Niemals kam mir der Gedanke, daß ein anderer mir zuvorgekommen sein könnte. Da riß mich die plötzliche Nachricht von deiner Verlobung ans allen Himmeln! Sie traf mich wie ein Keulenschlag! Tag und Nacht ließ es mir keine Ruhe mehr. Immer grübelte ich darüber nach, was ich beginnen sollte. Es war ein fürchterlicher Zustand! Unfähig mich aufzuraffen, fühlte ich, daß etwas in mir ge brochen war. Am liebsten wäre ich weit fortgcgangen, und doch — ich konnte nicht. Nicht einmal meine geliebte Musik konnte mich trösten — meine Existenz schien vernichtet. Und immer trieb es mich mit unwiderstehlicher Gewalt hierher. Ein selbstquälerischer Trotz hatte sich meiner bemächtigt. Ich wollte dich sehen und jenen anderen, der mein kostbares Kleinod an sich gerissen hatte. Ich ahnte ja nicht, daß sich alles noch so glücklich gestalten würde. — Nun habe ich endlich mein Ziel erreicht! Er schloß das Mädchen, das aufmerksam und ohne ihn zu unterbrechen zugehört hatte, fest in die Arme. „Ach, leider haben wir noch manchen Kampf zu bestehen, ehe wir am Ziele sind," sagte Sylvia beklommen. „Du kennst meinen Vater nicht, er wird nicht einwilligen wollen!" „Was kümmert mich jetzt noch der Widerstand deines Vaters!" unterbrach Walter ungestüm die Rede des Mädchens. TZ-»' ötss iMtit-MMKemMtss ,>.L' ÄH A-H ich -möchte de» sehen, der uns trennen wollte! Keine Macht der Erde vermag das! Deinen Vater fürchte ich nicht. Ich werde zu ihm gehen, und ihm alles sagen! Und zwar »och heute." „Nein, — o nein, das darfst du nicht!" wehrte Sylvia ängstlich. „Nicht dürfen? Weshalb nicht? Ich sage dir, ich gehe doch zu ihm!" „Hermann!" Der Name, den Sylvia jetzt zum erstenmal aussprach, hatte eine ungeheure Macht. Beinahe demütig neigte der junge Mann das Haupt. Seine vorige Zuversicht schien geschwunden und leise begann er: „Nun gut — ich werde warten, bis du mich rufst; aber sage mir, Liebling, was kann denn dein Vater gegen mich haben? Glaubst du, daß er mich abweiscn würde?" „Ganz gewiß!" „Aber weshalb?" „Vor allem, weil du — Sänger bist." Er lachte laut und übermütig. „Ja, das bin ich und hoffe es noch lange zu bleiben. Ich habe, um das zu erreichen, sehr viel aufgeben müssen und ich tat es ohne Bedenken. Frage mich nicht warum? Einfach weil ich mußte, weil es mich miOaller Gewalt zu diesem Beruf trieb. Ich liebe meine Kunst, und so lange meine Stimme ausreicht, werde ich ihr treu bleiben, oder wolltest du, daß ich sie aufgebc?" „Nein — nein! Ich gehe mit dir, wohin du willst! Und mein Vater wird sich erweichen lassen, wenn er erst erkannt hat, daß wir zusammen gehören und nicht von einander lassen können. Aber wir müssen Geduld* haben. Mein Vater ist krank und bedarf der Schonung. Er ist dazu ein alter, verbitterter Mann, der wenig Glück hatte im Leben. Von aller Welt vergessen lebt er nun zurückge zogen in diesem abgelegenen Winkel und murrt wider sein hartes Geschick. Hätte er in der Sonne gestanden, vielleicht wäre alles anders gekommen. Aber er mußte immer im Schatten stehen und dadurch wurde er verbittert und ver schlossen. Seine letzte Hoffnung hatte er auf meine Verbindung mit Hugo v. Trostberg gesetzt. Das war in seinen Augen eine standesHemäße Partie. Nun schlug auch dieser Plan fehl. Er zürnt niir noch, daß ich die Fesseln abstreifte, daß ich es wagte, seinem Willen entgegen zu handeln. Er muß das erst verwinden lernen und deshalb, Geliebter, dürfen wir nichts zu erzwingen suchen. Wir würden alles verderben." „Aber wie lange soll denn dieser Zustand dauern?" „Das läßt sich jetzt noch nicht bestimmen." „Na ja, so werde ich eben warten, weil du cs so willst! Doch das sage ich dir, noch ehe ich von hier fortgche, mußt d» meine Frau sein! Denkst du ich werde nochmals die Qual der Sehnsucht ausholten? Daraus wird nichts und sollte ich dich mit Gewalt von hier fortschleppen." Sylvia lächelte. „Ich gehe ja freiwillig mit dir!" Sie fühlte erst jetzt, daß ihr der feuchte Nebel durch die Kleider drang und schauerte leicht fröstelnd zusammen. Walter bemerkte cs und fuhr auf: „Es ist unverant wortlich von mir, daß ich dich in diesem abscheulichen Wetter hierhersctzc» ließ. Wie leicht kannst du dich erkälten. Komm, mache dir ein wenig Bewegung, dann wird dir wärmer!" An sich selbst dachte er nicht. „Wo nur Maja so kange bleibt!" sagte Sylvia. Hermann zog ihren Arm durch den seinen und wanderte langsam mit ihr auf und ab. „Ach laß sie, ich habe dir noch so viel zu erzählen." Maja war beinahe erschrocken zurückgetreten. Zeitund Stunde, alles um sich her vergessend, hatte sie hier gestanden und den Gesprächen da unten gelauscht. Sie wollte sich jetzt vorsichtig, um nicht gehört zu werden, entfernen. Leise schlich sie auf den Zehen die wenigen Stufen wieder hinab, denn wenn Lilly eine Ahnung davon bekam, daß sie hier war, dann kam sie so rasch nicht los. Und sie hatte jetzt keine Zeit mehr. Doch da hörte sie drinnen die erregte Stimme des Herrn v. Brandt und unwillkürlich hemmte sie ihren Schritt. Er schien mit der Haushälterin zu verhandeln, denn eben hörte Maja ihn sagen: „Nein, Kathrine, die Abrechnung hier stimmt nicht! Wir hatten doch schon zwei mal 'junge Hühner auf dem Tisch, wo steht denn etwas davon? Ich finde es nicht!" „Ach gnädiger Herr, — die paar Hühner — die kosten ja nicht viel, ich habe sie bei den Frauen im Dorf billig erstanden — und vergessen, sie aufzuschreiben," klang es halb zögernd zurück. „Wir sollten aber doch sparsamer leben, Kathrine, — Hühner brauchten wir eigentlich nicht zu essen, das ist doch die reine Verschwendung." „Aber unser Lillychen sicht immer so blaß aus, sie ist im Wachsen und muß kräftige Kost haben, — und da dachte ich " „Ach was — dachte — dachte —" klang es unwirsch. „Sie verziehen mir das Kind, daß man glaubt, es fei min destens eine Prinzessin. Lilly kann nicht frühzeitig genug lernen, zu entbehren. Man muß es ihr sagen, daß sie ein armes Mädchen ist. Deshalb soll sie sich an Schwarzbrot gewöhnen, davon bekommt sie rote Backen. Aber noch eins, Kathrine, ich finde ja in dem Haushaltungsbuch auch nichts von dem Hasen, den wir jüngst hatten." „Den Hasen? — Ja, — den schickte der Jagdpächter, gnädiger Herr, — ich glaube — der hat nichts dafür verlangt!" „Der geizige Müller, — nichts verlangt? Kathrine, das ist gelogen! Um Gotteswillen, bin ich denn wirklich schon so weit, daß meine Wirtschafterin ihren kargen Lohn zum Haushalt hergeben muß? Also dahin ist es schon gekommen! Und das alles wegen ihr — o, wie soll ich so ein Leben ertragen!" „Ach, gnädiger Herr," wagte Kathrine einzuwenden, „ich brauche meinen Lohn ja nicht, ich brauche ja wirklich gar kein Geld!" Gott, das ist zu viel — zu viel!" ^ Es klang wie ein Stöhnen ans totwunder Brust. Mit lautem Poltern wurden drinnen Stühle gerückt, und deutlich klang der wuchtige Schritt des Aufgeregten bis heraus zu dem erschrockenen Mädchen. Maja stand regungslos auf ihrem Platze. Sie sann und grübelte darüber nach, ob sich nicht ein Mittel finden ließe, um hier helfend einzugreifen. Wie gern hätte sic von ihrem Ueberfluß etwas abgegeben! Aber sie durfte ja nicht wagen, derlei auch nur anzudeuten. Aus diesen Gedanken riß sie plötzlich Lillhs feines Stimm- chen: „Papa, wenn nur Tante Maja käme, wollen wir ihr entgegen gehen? Ich möchte zu ihr!" „Ach laß mich endlich mit deiner Tante Maja zufrieden," tönte es laut wie im höchsten Unwillen und Zorn zurück. „Immer und iminer wieder dieser Name! — Ich wollte, ich hätte ihn nie gehört! — Mein Gott, wann wird diese Qual aufhören! Ich will deine Tante nicht mehr sehen — hörst du — nie mehr!" „Hast du denn Tante Maja gar nicht mehr lieb, Papa?" „Nein — nein! Du sollst jetzt aufhören, sollst mich in Ruhe lassen!" schrie der Erregte. „Lieb — ha, ha, — lieb! Was so ein Kindermund nicht alles zusammenschwätzt!" Ein grimmiges Auflachen folgte diesen Worten, dann das bitterliche Weinen des Kindes. Maja war sehr blaß geworden. Sie zitterte heftig und lehnte sich an das hölzerne Treppengeländer. Plötzlich wurde heftig die Türe aufgerissen und Herr v. Brandt stürmte heraus. Sein Gesicht erschien völlig verändert, ein Ausdruck von verhaltener Qual lag darauf. Maja duckte sich unwillkürlich hinter einen Mauervorsprung, um nicht gesehen zu werden, doch das war unnötig. Der stattliche Mann bedeckte aufstöhnend die Augen mit der Hand. Eine Weile verharrte er in dieser Stellung, dann stürmte er hinaus ins Freie. Maja wartete, bis die Schritte verhallt waren, dann huschte sie rasch davon. Sie war augenblicklich nicht in der Stimmung, mit dem Kinde zu scherzen. Das Herz tat ihr weh und um den kleinen Mund zuckte es wie von verhaltenen Tränen. Als Sylvia die Freundin in dieser Verfassung traf, rief sie erschrocken: „Um Gott, — Maja, was ist dir? Du bist blaß und zitterst, — ist dir nicht wohl?" „Was fällt dir ein?" war die rasche Entgegnung, „mir fehlt nichts, du träumst, meine Liebe!" Doch Sylvia ließ sich nicht täuschen. Sie fühlte es, daß der Freundin etwas besonderes zugcstoßen sein mußte, wenn sie es auch nicht eingestehen wollte. Maja drängte bald zum Aufbruch. Doch da Walter seiner geliebten Sylvia immer noch sehr viel zu sagen hatte, kehnte er das Anerbieten, in dem Wagen Platz zu nehmen, mit der Begründung ab, daß er lieber zu Fuß gehe. So fuhr Maja allein nach Hause. Sie empfand cs als Erleichterung, daß sie ihren Gedanken ungestört nachhängen durste. VII. Am folgenden Tage ging cs wie eine frohe Botschaft von Mund zu Mund, daß Walter wieder austrete. „Walter singt wieder, wissen Sie cs schon?" fragte der Intendant mit vergnüglichem Schmunzeln den Regisseur. Ich hörte es soeben," gab dieser zurück. Möchte nur wissen, was ihm eigentlich gefehlt hat, denn cs wurde mir berichtet, daß er durchaus nicht heiser war." Der andere zuckte vielsagend die Achseln. „Künstlerlaunen! Er kann sich so etwas erlauben! Einer seiner Launen verdanken wir ja überhaupt sein Hiersein. Wie ich aus sicherer Quelle weiß, hat sich der berühmte Sänger fast mit Gewalt von dem Kontrakt befreit, der ihn schon für diese Saison an das Hoftheater.... verpflichtete." „Was Sie sagen! Das ist mir neu! Aber weshalb wurde gerade uns das Glück zu teil, ihn herzubekommeu? Ich begreife das nicht. Was mag da bestimmend eingewirkt haben? Wir konnten ihm doch nicht die Gage zahlen wie ein Hoftheater, das immer auf bedeutenden Zuschuß rech nen kann." „Das läßt sich natürlich schwer sagen. Aber sehen Sie nur, die Leute drängen sich bereits an der Hasse um die Karten. Das gibt heute ein volles Haus." In der Tat entstand beim Eingang am Billcttschalter ein bedenkliches Hin- und Herschieben. Im Publikum war cs ebenfalls bekannt geworden, daß der so rasch berühmt ge wordene Walter singen würde und man eilte, sich einen Platz zu sichern. Am Abend war das Theater vollständig ausverkauft. (Fortsetzung folgt.! (Eingesandt). Ein Itebclstand, welcher sich feit Jahren innerhalb der Einwohner schaft der Gemeinde Ravenstein bemerkbar macht und namentlich jetzt unheimlich zu werden beginnt, ist die Wohnungsnot. Ins besondere wird dieselbe noch gefördert durch unsere hausindustrielle Tätigkeit und in Verbindung damit, daß sich die Arbeiter und Ge werbetreibenden genötigt sehen. Maschinen in die Wohnungen einzu- stellen, resp. Fabrikbetriebe einzurichten, wodurch die an und für sich Gasthaus,m Konzertpark Mittelbach. Telephon Nr. 10. Medter Mfliisirort. ZekenrvürSige SLrtensnIrzell. Morgen Sonntag von nachm. >^4 Uhr an Wililhe AkWhie KWiM. großes holländisches Kinderfest. »kill. Dvlrvrt. Nachrichten de» Kgl. Standesamtes zu Reicheubrand vom S4. bis Ut. Jul, 1808. Geburten: Dem Fabrikarbeiter Ernst Clemens Gebhardt 1 Mädchen; dem Fräser Richard Guido Fiedler 1 Knabe; dem Bäcker Richard Alfred Günther 1 Mädchen; dem Tüllweber Karl Friedrich Eugen Lindner 1 Mädchen. Sterbefälle: Dem Stricker Max Artur Weiß 1 Sohn, 4 Monate alt. Erpedilionszeit des Standesamtes. Wochentags: 8—12 Uhr vorm, und 2—6 Uhr nachm. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Siegmar vom L4. bis »0. Juli 1908. Geburten: 2 Töchter dem Kaufmann Gustav Adolf Hessen. Eheschließungen: Der Diplom-Ingenieur Boris Pait mit Emma Martha Bauer. Sterbefälle: 1 Tochter dem Musiker Anton Richard Diener, 24 Tage alt. Nachrichten des Königl. Standesamtes zu Neustadt vom SS. bis 31. Juli 1908. Stecher 1 Sohn; dem Schmiedemeister Georg Gärtner, 1 Tochter. Aufgebote: Der Eisenhobler Paul Mar Grunert mit Hedwig Anna ^ Fischer^ beide^in Mustadt. . ^ F 77 Jahre 10 Monate 25 Ta^e alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rabeusteiu vom L4. bis 31. Juli 1908. Geburten: 1 Tochter dem ans. Eisenhobler Richard Ernst Reinhardt, Eheschließungen: Der Strickereiwerkführer Earl Otto Rölke mit Elara Anna Schubert. Der Bauarbeiter Albert Mar Herrmann mit Paula Helene Lachmann, sämtlich in Rabenstein/ Sterbefälle: 1 Tochter des Schlossers Hermann Brüning. 15 Tage alt. Heschäftszeit. Wochentags: 8—12 Uhr vorm, und 2—6 Uhr nachm. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reicheubrand. Am 7. Sonntag p. Tein, den 2. August vorm. >/z9 Uhr Predigtgottesdienst. — Freitag den 7. August vorm. 10 Uhr Wochenkommunion. Parochie Rabenstein. Am 7. Sonntag p. Irin. d. 2. August 9 Uhr Predigt gottesdienst. Mittwoch d. 5. August 8 Uhr Bibelstunde im Pfarrhause.