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„Dafür habe ich kcinc Schulden, wie dein Papa, du Naseweis!" Maja war bei den grimmigen Worte» ihres Vaters heftig zusammen gezuckt. Sie sah erschrocken auf Lilly. Doch diese hatte offenbar keine Ahnung, was das böse Wort bedeutete und schien nicht abgeneigt, das Spiel, das ihr Vergnügen machte, fortzusetzen. Doch Maja schob sie jetzt mit sanfter Gewalt von sich und bat mit einem ihr sonst ganz fremden Ernst die Freundin: „Nicht wahr, Sylvia, du bringst Lilly nach Hause?" Als die Freundin nur zustimmcnd mit dem Kopfe nickte, fügte sie hinzu: „Aber gib acht, daß dem kleinen Wildfang nichts passiert!" „Wie rührend!" spottete Neinau. Maja sah den Vater prüfend an. „Du bist Wohl soeben erst gekommen?" fragte sie, auf den Wagen deutend, „was suchst du eigentlich hier?" „Ich werde dir das alles erklären, jetzt komm! Du fährst mit mir, Fritz mag die Ponnys allein nach Hause bringen." „Kommst du morgen?" fragte Sylvia. Lilly schmiegte sich bittend an Maja. „Gelt, du kommst morgen wieder, liebe Tante? Darf ich dann wieder in deinem schönen Wagen fahren? Ja? Kommst du auch ganz gewiß?" „Ja, mein Liebling. Aber nun gehst du auch nach Hause!" Maja wandte sich noch oft zurück, um dem lieblichen Kinde zuzuwinken Dieses warf den Abfahrenden ununter brochen Kußhändchen nach. Maja sah den Vater betroffen und fragend an. sie wartete noch immer auf eine Erklärung wegen seines plötzlichen Ueberfalles. „Das scheint ja ein recht zärtliches Verhältnis zu sein zwischen dir und der kleinen Range", begann Reiiiau endlich in spöttischem Ton, nachdem er umständlich neben seiner Tochter Platz genommen und sich mehrmals geräuspert hatte. „Weshalb erzähltest du mir nie etwas von dieser innigen Freundschaft?" Maja senkte unter dem forschenden Blick errötend die Augen. Sie konnte sich eigentlich selbst nicht Rechenschaft darüber geben, warum sie dem Vater diese häufigen Begeg nungen verschwiegen hatte. „Ich dachte nicht", begann sie ein wenig unsicher, „daß — du dich dafür interessieren würdest " Sic stockte. Dem Vater war die Befangenheit des Mädchens nicht ent gangen. Er setzte sich kerzengerade auf und zog mit einem plötzlichen Ruck die Zügel so straff au, daß die Pferde in rufendem Galopp hinabsausten und die Insassen des Wagens in Gefahr gerieten, hcrausgcschlcudert zu werden. Herr v. Brandt, der gerade im Begriff war, nach Hause zu gehen, stand mit schreckensbleichem Gesicht misten auf der Straße und machte Miene, sich den Tieren cntgcgenzuwersen. Doch Maja rief ihm schon von weitem zu: „Ohne Sorge, Herr v. Brandt, die Ziere gehen nicht durch! Ich bitte Sw, treten Sic rasch auf die Seite!" Ste winkte ihm lächelnd einen Abschiedsgruß zu. Er aber stand und schaute dem davonrollendcn Wagen nach, so lange er denselben sehen konnte. Aber den Blick voll banger Sorge hatte Maja aufgefangen und es war ihr eigen tümlich warm dabei geworden. „Was denkt sich denn eigentlich dieser Mensch?" brummte Reinau verdrießlich. „Ich werde wohl die Pferde noch im Zaum halten können? Der wird doch nicht glauben, daß ich seine Hilfe dazu nötig habe? Was gaffte er dich denn so an? Wer war denn das?" Maja erwiderte arglos: „Der Herr dort? Das war der Vater des kleinen Mädchens, das ich vorhin an der Hand führte — —" Diese Worte übten eine ungeahnte Wirkung aus, Maja konnte heute aus dem Vater nicht klug werden. „Also der", rief Reinau heftig, „na ja, — ich hätte es mir denken können!" Er wandte sich noch einmal zurück. Aber von dem Gegenstand seines Zornes war nichts mehr zu sehen. „Dcshalh die Angst um dein „teures" Leben, die ihm so deutlich auf dem Gesicht geschrieben stand. Freilich, er hofft doch stark, mit deinem Gelde seine Schulden bezahlen zu können! Aber er täuscht sich, der Herr Offizier! Ich halte die Augen schon offen!" Um Gottcswillen, Vater, — was sprichst du da für ungereimtes Zeug? Ich begreife gar nicht, wie du auf so etwas kommst!" rief Maja ehrlich erschrocken. „Ungereimtes Zeug? Na ich danke! Ich habe mich mit meinen eigenen Augen überzeugt, wie weit die Sache schon gediehen ist! Es war die höchste Zeit, daß ich dahinter kam! Dummköpfe wie dieser Stolze sind manchmal auch zu etwas gut. Wäre er nicht, ich lebte ahnungslos dahin! Denn diesem sauberen Patron mein gutes Geld opfern, — das werde ich wahrlich nicht tun!" Majas Augen funkelten von zornigen Tränen. „Wer hat denn dir das alles gesagt, Later? Hinter was bist du denn eigentlich gekommen?" „Hinter deine Liebschaft mit diesem Herrn." „Liebschaft?" Das junge Mädchen stieß das Wort fast atemlos heraus. „Dergleichen ist Wohl weder ihm noch mir jemals in den Sinn gekommen. Wir unterhielten uns meistens von sehr ernsthaften Dingen, wenn wir zufällig zusammentrafen. Und Schulden hat Herr v. Brandt ebenfalls nicht. Da irrst du dich sehr. Er würde lieber Hunger leiden als Schulden machen, das hat er mir selbst gesagt. Ich gebe dir die Versicherung, daß du keine Veranlassung hast, dir deshalb irgendwie Sorgen zu machen." „Gerade deine lebhafte Verteidigung beweist mir, daß du ein besonderes Interesse an diesem Manne hast", beharrte der Vater. Maja saß eine Weile ganz still im Wagen. Ihr war, als würde von ihrem Innern ein Schleier hinweggezogen und was sich da ihr enthüllte, erschreckte sie fast. Weshalb tat es ihr so wehe, wenn man von dem Manne, der ihr doch eigentlich ein Fremder war, Uebles redete? Was ging j es sie an, wenn die Leute sagten er hätte Schulden? Sie wußte keine Antwort auf diese Fragen. Aber er fahren wollte sie, wer ihre» Water derartig aufgcstachelt hatte. „Wer sprach dir denn von diesen Dingen?" begann sie deshalb nach einer Weile. „Stolze war doch heute mit seinem Sohn bei mir, und da erfuhr ich von der Sache." „Ach so," machte Maja geringschätzig und zuckte die Achseln. „Die Herren haben, wie es scheint, über Herrn v. Brandt Erkundigungen eingezogen, aher was man ihnen da gesagt hat. stimmt doch nicht so ganz. Nur kann ich nicht hegreifen, daß du den Verleumdungen dieser Menschen so unbedingt glaubtest und daß du es duldetest, daß man mich derartig verklatschte. Bosheiten sind es, die die Rach sucht diktierte. Ich an deiner Stelle hätte die beiden einfach hinauswerfe» lasse»! Daß jene Herren nur auf mein Geld spekulieren, ist mir klar und müßte auch dir klar sein. Diese Herren hast du nicht durchschaut, aber was sie dir von Herrn v. Brandt übles erzählten, das hast du sofort für bare Münze genommen. Du hast dich ganz umsonst aufgeregt, lieber Vater, und du weißt doch, wie schädlich dir das immer ist. Wenn ich einmal eine „Liebschaft" habe," — sie legte einen spöttischen Nachdruck auf das Wort — „so sollst du der erste sein, der es erfährt. Habe ich dir nicht sofort von den Bewerbungen Albert Stolzes erzählt?" Als der Vater, schon halb überzeugt, ihr lebhaft zunickte, fuhr sie lachend fort: „Na, siehst du! Und wenn ich wieder dergleichen merke, dann melhe ich es dir sofort!" Es gelang ihrem lebhaften Geplauder wirklich, den Vater zu beruhigen. „Und von einem — einem Verhältnis zwischen dir und diesem Herrn — ist also keine Rede?" fragte er noch ein wenig mißtrauisch. „Nein — nein, Papa. Gewiß nicht! Du darfst ganz ruhig sein!" Äoüsiänoig oersöynk längien sie zu Hause im. IV. Es war ein trüber, regnerischer Tag. Sylvia saß miß mutig am Fenster und sah hinaus in das Ncbclgcriesel. Den Wald, der jenseits der Straße begann, vermochte man kaum mehr zu unterscheiden. Er schien von einem dichten wallenden Schleier cingehüllt. Die Schwalben sammelten sich schon zum Zuge in das ferne Land. Eifrig, geschäftig flogen sie hin und her, als gäbe es vor der Abreise noch manches zu besorgen. Sylvia verharrte regungslos auf ihrem Platze. Der Vater saß stumm im Lehnstuhl am Oken. Sein Haar war schon völlig ergraut, die Wangen zeigten eine fahle Blässe, die Augen lagen tief in den Höhle::. Völlig teilnahmslos blickte er vor sich hin. Auch das Mädchen am Fenster wandte kaum den Kopf, als Frau v. Schmettwitz ins Zimmer trat. „Na, natürlich, das konnte ich mir denken, daß du wieder da sitzest und die Hände in den Schoß legst!" rief sie, noch unter der Türe stehend. „Ich dächte, wenn man Braut ist und bald heiraten will, hätte man alle Hände voll zu tun!" Ein forschender Seitenblick streifte die Nichte. „Wer sagt dir denn, daß ich bald heiraten will?" fragte das Mädchen ruhig. „Nun, ich meine, so sehr lange wird es nicht mehr dauern. Dein Verlobter läßt doch bereits alles Herrichten, das ganze Haus wird renoviert und zum Empfang der jungen Herrin festlich geschmückt. Du hast nur zu bestimmen, wann du dort einziehen willst. Hugo wartet bereits mit Ungeduld auf deine Entschließung. Wie eine Fürstin wirst du drüben empfangen werden. Die Leute können gar nicht genug des Rühmens finden, wie schön und nobel alles gemacht wird. Du brauchst nur deine Wäsche mitzubringen, sonst nichts. Mir scheint, du weißt gar nicht, welch großes Glück dir da in den Schoß fällt. Ein anderes Mädchen würde das dank bar anerkennen, würde ihrem Verlobten aus lauter Freude um den Hals fallen. Aber du, — nicht einmal hingehcn willst du," um dir die Herrlichkeiten zu betrachten." Sylvia zuckte ungeduldig die Achseln. „Liebe Tante, das schickt sich doch nicht," lachte sie spöttisch auf. „Wenn du in meiner Begleitung hingehst, dann kann niemand etwas dagegen einwenden." „Das hat doch nicht solche Eile, Tante." „Aber Hugo würde sich freuen, ich weiß cs. Er hat sich bei mir bitter über dich beklagt." Sylvia runzelte die Stirn. „Wirklich? Ah, das werde ich mir verbitten!" „Na, na, nur nicht so heftig," lenkte Frau v. Schmettwitz ein. „Er sagte ja nichts Schlimmes, nur daß du so kühl und so zurückhaltend wärst, gar nicht wie eine liebende Braut, und daß er sich jede kleine Gunst erst förmlich er zwingen müßte. Und das kann ich aus eigener llebcrzeugung bestätigen. Ich mutzte ihm recht geben! — Mädchen, besinne dich! Wenn du fortfährst, deinen Bräutigam so zu behandeln, dann löst er vielleicht die Verlobung wieder auf!" Sylvia lachte bitter. „Sei ohne Sorge, Tante, — das wird nicht geschehen. Und wenn er es täte, — ich hielte es für kein Unglück. Es wäre vielleicht das beste für uns beide." Die Dame schlug entsetzt die Hände über den Kopf zu sammen. „Na, da hört sich aber alles auf! Ein sehr großes Unglück wäre cs sogar! Du weißt nicht, was du sprichst! Was willst du denn eigentlich? Ein Prinz wird kaum kommen, um dich auf sein Schloß zu führen! Als ob man eine solche Partie wie Hugo v. Troftberg auf Weinfelden alle Tage bekäme. Der Mensch sitzt völlig schuldenfrei ans seinem großen Gut, har weder Eltern noch Geschwister, ist ganz unabhängig, dazu im Besitze eines großen Vermögens, und du — du hieltest es für kein Unglück, ihn nicht zn be kommen? Da mache mir einen Vers dazu! Das verstehe ich nicht! Nun, Schwager," wandte sie sich an Sylvias Vater, der sich mit keiner Silbe an der Unterhaltung be teiligte, „so rede doch auch ein Wort, was meinst du denn zu solchem Unsinn?" „Beunruhige doch den Vater nicht, Tante," fiel Sylvia rasch ein, „noch ist es ja nicht so weit. Ich werde Herrn Hugo v. Trostberg auf Weinfelden heiraten, — aber drängen lasse ich mich nicht! Man soll mir Zeit lassen." Die resolute Daine hatte eine scharfe Bemerkung auf der Zunge, als sie sah, wie Sylvia leicht zusammenzuckte. „Was hast du denn?" fragte sie, neugierig an das Fenster tretend. (F-its-sung folg« Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Reicheubraud vom IS. bis IS. Juni 1SS8. Geburten: Dem Fabrikanten Guido Erhard Müller 1 Mädchen; dem Bäckermeister Friedrich Conrad Reinhold 1 Knabe. Aufgebote: Der Schlosser Bernhard Richard Richter in Chemnitz mit Minna Clara Reinhard in Neichenbrand. EheschllehrrnLSn: Der.Schlosser.Friedrich War Schilde in Siegmar mit Lina Helene Böhm in Reichenbrand. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Siegmar vom LS. bis 18. Juni 1S08. Emil Anders. Eheaufgebote: Der Techniker Gustav Max Plaen in Chemnitz mit Alwine Gertrud Gutschalk in Siegmar. Sterbefalle: 1 Tochter dem Lackierer Georg Guido Naumann, 4 Monate alt. Nachrichten des Köuigl. Standesamtes zu Neustadt vom 12. bis IS. Juni 1908. Geburten: Dem Einarbeiter Oswald Gustav Korb, 1 Tochter. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rabeustei» vom IS bis IS. Juni ISS8. Geburten in Rabenstein: 1 Sohn dem ans. Strumpfwirker Willy Max Schmidt, dem Handschuhstricker Oswald Emil Irmscher und dem Handschuhzuschneider Paul Walther Hofmann: in Rottluff: 1 Sohn dem Maschinenformer Bruno Richard Neuhauß. Sterbefälle: Der Hausbesitzer und Handschuhwirker Hermann Bernhard Hähle, 66 Iahre alt, und 1 Tochter dem Eisendreher Ewald Richard Römer, 2 Fahre 10 Monate alt. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reicheubraud. Am 1. Sonntag p. Driu. d. 21. Juni Vorm. >/eü Uhr Predigtgottesdienst. Vorm. 11 Uhr Unterredung für die Jungfrauen. Parochie Rabensteiu. Am 1. Sonntag p. Drin. d. 21. Juni 9 Uhr Predigt gottesdienst. 11 Uhr Christenlehre. Das Mittelbacher Bibelfest mußte auf den Herbst ver schoben werden. Mittwoch, den 24. Juni abends 8 Uhr Bibelstundc im Pfarrhause. Freitag, den 26. Juni Wochenkommunion. Lum Mannisfesi empfiehlt aller Art Binderei blühende Topfpflanzen und Schnittrosen billigst Halb-Etage zu vermieten. Illax Sobaalo, Neichenbrand, Weststr. 22. in unerreichter Auswahl 7K. I.ollVM888I-, Rabenstein. ab 1. Juli zu vermieten Neichenbrand, Hohensteiuerstr. 52. Schöne Wohnung mit Gartengenuß zu vermieten Neichenbrand, Revoigtstr. 12. llaiiMMMek in Neichenbrand an der Hohensteiner Straße, (günstig gelegen) soll erb teilungshalber verkauft werden, und Siegmar, Nosmarinstr. 66. große Halb-Etage mit 3 Zimmern pr. I.Fuli zu vermieten Wiesenstr. 1, part., Siegmar. 2 schölte MlWWkii werden per 1. Juli mietfrei Amalienstr. 4/6. Näheres bei Herrn Llpptnx, Siegmar. ° Hermann Seifert. ° Siegmar, Friedr.-August-Str. 7, II. Ein Herr kann Kost und Logis erha'ten. Siegmar, Earolastr. 1. part. rechts. 3 Zimmer und Küche per 1. Oktober ältere Dame gesucht. Offerten an 8akn Buchhandlung, Siegmar erbeten. Schöne Wohnung (Stube, Schlafstube und Küche) wird per 1. 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