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der eben im Begriffe stand, die Stufen hinabzuschreitcn, die die zum Hauptausgang des Theatergebäudes führten. Der Gerufene folgte eilig der Aufforderung. „Ich stehe ganz zu Ihren Diensten, Fräulein Lola," sagte er, indem er eine tiefe Verbeugung machte. »Ja, ja, ich weiß: aber nun sagen Sie mir auch schnell, was ich wissen will! Sie sind doch sozusagen die rechte Hand des Intendanten, und als Regisseur muffen Sic doch Auskunft geben können, stecken ja ohnehin den halben Tag im Thcaterbureau! Also, ist cs wahr, daß demnächst eine junge Dame hier gastieren wird, eine Sängerin, die, wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf, ein wahres Wunderkind sein soll?" Koller schnalzte mit der Zunge, dann blinzelte er sein Gegenüber verschmitzt an, che er antwortete: „Ach, Sie meinen Fräulein Trautmann? Gewiß ist es wahr, das „Wunderkind" befindet sich bereits auf dem Weg hierher, und der Intendant kann es kaum erwarten, bis er diesen neuen Stern, der unserer Oper aufging, dem Publikum vorstellen kann. Er gratuliert sich selbst zu dieser ausge zeichneten Aquisition!" Fräulein Lola schürzte verächtlich die roten Lippen. „Ein Gänschen vom Lande soll es sein, das allerdings ein wenig singen gelernt hat, dem aber die Bühncngcwandt- hcit vollständig fehlt! Wie nur unser so vorsichtiger Intendant sich so etwas ausschwatzen lasten konnte." „Na, so ist die Sache nicht, Fräulein Lola, Sie sind falsch unterrichtet," cntgegnete der Regisseur blinzelnd. „Das Fräulein hat bereits die glänzendsten Angebote, man reißt sich förmlich um die junge Dame. Wissen Sie, daß unser Intendant gehörige Anstrengungen gemacht hat, um diese Nachtigall für sich zu gewinnen? Sic wirkte kürzlich bei einem Konzert in der Residenz mit, wohin sich auf „höheren Befehl" auch unser Kapellmeister begab, um sie zu hören. Und er, der sonst so ruhige, gesetzte Mann, war ganz ent husiasmiert, „so etwas hätte er nur selten gehört, das dürfe inan sich nicht entgehen lasten," sagte er, und der Intendant war ganz entzückt, daß die junge Dame noch kein festes Engagement angenommen hatte; so blieb ihm denn die Hoffnung, sie für sich gewinnen zu können." „So singt das Fräulein hier auf Engagement?" fragte Lola gespannt. „Mehr als das, die Dame ist bereits so gut wie engagiert!" „Ach, was Sic nicht alles wissen, Koller, das glaube wer niag, aber so schnell ist der Intendant doch nicht; er kauft die Katze nicht im Sack. Sic scheinen zu vergessen, daß Sc. Durchlaucht der Fürst, der jährlich einen hübschen Zu schuß an das Theater leistet, auch noch ein Wörtchen darein zu reden hat, und nicht jedes Bauernmädchen engagiert wissen will. Hier kann man nur auserlesene Kräfte gebrauchen." Sie reckte dabei das zierliche Figürchcn in die Höhe und hob stolz de» Kopf. „Wissen Sie denn auch, wer der Lehrer der jungen Dume'nttvrin! ist? s,ng:c Köller und fuhr dann fort als Fräulein Lola verneinte: „Kein Geringer, als der Hofkapell- mcistcr Kühne, von dem Sie doch sicher schon gehört haben." „Na, das sagt gar nichts," meinte Lola achselzuckend, „der beste Lehrer kann einem das Singen nicht lernen, wenn man keine Stimme hat. Darauf kommt es an. Na, wir werden ja sehen, ob Fräulein Trautmann den Erwartungen entspricht. Aber — was ich sagen wollte — ist cs bereits bekannt, in welchen Rollen dieses — Wunderkind auftreten wird?" Lola spielte mit dem Quasten ihres Schirmes, den sie in der Hand hielt, und es entging ihr, daß es wie ein Blitz aus den kleinen Augen Kollers zuckte. Mit ruhiger Gleichgiltigkeit erwiderte er: „Wenn ich recht unterrichtet bin, wird Fräulein Trautmann zuerst die „Mignon" singen, dann die „Magarete" im „Faust" und nachher " „Was?" schrie Lola, ihn unterbrechend, heftig, „meine besten Rollen soll sie mir wegsingen? Wie lange hat mich der Intendant nun hingehalten — die ganze Saison über verspricht er mir, ich werde demnächst die „Mignon" zu singen bekommen, ebenso die „Margarete", aber immer wieder schiebt er es hinaus. Ich darf nur solchen Schund singen, solche erbärmliche kleine Sachen, bei denen man niemals zeigen kamt, was man gelernt hat! lind nun kommt eine so hergelaufene Person, die niemand kennt und singt mir meine besten Rollen weg! Aber Sie haben sich verrechnet, mein Herr Intendant, ich werde mir das nicht gefallen lassen — ganz gewiß nicht!" Sie stampfte zornig mit dem Fuße auf den Boden, indes sich Köller sichtlich an ihrer Aufregung weidete. „Was wollen Sic denn tun, Fräulein Lola?" fragte er harmlos, die Erzürnte mit den kleinen Aenglein anblinzelnd. „Ich werde selbst zum Intendant gehen und ihm sagen, daß ich mir das nicht gefallen lasse!" „Das würde Ihnen nur schaden, Fräulein!" „Dann gehe ich zu Sr. Durchlaucht dem Fürsten! Er muß mir helfen." „Wird ebenfalls nichts nützen; denn der Fürst erwartet mit Spannung den berühmten Gast," lächelte Köller ein wenig boshaft. „Ah — Sie sind abscheulich, Sie freuen sich noch da rüber, aber triumphieren Sic nicht zu früh, ich werde sicher etwas machen, — was —" Sie sprach den Gedanken nicht aus, sondern sprang in ihrer lebhaften Weise sofort auf einen anderen über. „Sehen Sie, Köller, wie Sie mich belogen haben! Sie sagten, die Dame gastiere auf Engagement. Das ist schon gar nicht wahr! Ich habe auf zwei Jahre Kontrakt, und unser sparsamer Intendant engagiert sich keine zwei jugend lich dramatische Sängerinnen. Nun? Wie wollen Sie sich denn aus dieser Schlinge ziehen? Gestehen Sie nur. Sie wollten mich ein wenig ärgern, und ich dummes Ding biß auf den plumpen Köder an!" Koller wiegte lächelnd den leicht ergrauten Kopf. „In diesem Falle, wo cs sich um einen solchen Kunst genuß handelt, wird einmal eine Ausnahme gemacht," meinte er bedächtig. „Wie? Sie meinen doch nicht wirklich!" — „Ich habe gehört, daß, wenn die junge Dame wirklich das ist, was man sich von ihr verspricht, der Fürst den Zu schuß erhöhen wird — um den Ruhm vor anderen Theatern voraus zu haben. Was glauben Sie wohl, was cs Sr. Durchlaucht auf die Bagatelle ankommt? Bei seinem Reich tum kommt das gar nicht in Betracht." „Und ich, — und ich?" rief Lola aufgeregt; ihre Augen schillerten fast grünlich, wie die einer Katze, „Sie können dann spazieren gehen," meinte Köller trocken, „wenn Sie nicht vorziehen, ihren Kontrulr selbst zu lösen. Dagegen machen läßt sich rein nichts, das werden Sie selbst zugcben, wenn Sie ruhiger geworden sind." „Ruhiger! Ha, ha! Ich sollte mich von einer An fängerin in den Schatten stellen lassen, und ruhig zusehen? Da kennen Sic mich noch nicht!" Lola schickte sich an, das Theatcrgcbäude zu verlassen, als ein eben vorüber gehender Herr sie anrief: „Nun, Fräulein, wohin so eilig? Haben Sie für einen alten Freund keinen Gruß mehr übrig?" Mit süßem Lächeln kam die junge Dame näher. Man merkte nichts mehr von der eben stattgchabten heftigen Szene. Ihr Gesicht sah sehr harmlos aus, als sie murmelte: „Der kommt mir gerade recht. Was vermag so ein Zeitungs- rcportcr nicht alles! Den kaufe ich mir!" Sie schritten zusammen die Straße hinab und waren anscheinend in lebhafter Unterhaltung. Köller schaute den beiden 'zach , „Gewiß wird da ein München gegen Fräulein Trautmann geschmiedet," sagte er für sich. „Aber ich iverde schon auf passen, und, wenn es nötig ist, auch handeln, oder sic doch warnen." Als an einen: der folgenden Tage der mit so großer, allgemeiner Spannung erwarte» Gast Fräulein Erika Traut mann in der Redaktion des „Theater-Herold" versprach, um dort ihre Karte abzugcben, wie ihr verschiedene „Kolleginnen" dringend geraten hatten — sie selbst hätte gar nicht daran gedacht — traf sie dort „zufällig" mit Fräulein Lola Matisse» zusammen, die „gerade etwas in der Redaktion zu tun" hatte, und die mit großer Freundlichkeit die Vorstellung ihrer „liebet: Kollegin" übernahm. Fräulein Lola schien mit der „Redaktion" ganz gut befreundet zu sein, wenigstens benahm sie sich mit einer Ungenicrtheit, die Erika mit Staunen erfüllte. Sic fühlte sich nicht eben angenehm berührt von dem etwas aufdringlichen Wesen Lolas, und suchte so bald als möglich fortzukommen. Doch gelang ihr das nicht. Man nötigte sie auf einen Sessel und suchte die Schweig same in ein Gespräch zu ziehen. „Besonders warne ich Sie vor diesem Herrn hier," lachte Lola und zeigte dabei auf einen jungen, hübschen Mann mit goldenem Zwicker — es war derselbe, der sie vor wenigen Tagen begleitet hatte — „der gehört nämlich zu der schlimmsten Sorte von Menschen, die es gibt, nämlich zu der Sorte der Theatcrkritikcr. Die hängen einem gern etwas an, wenn sie können! Also Sie sind gewarnt! Nehmen Sic sich in acht!" „Glauben Sie das nicht, Fräulein," lächelte der Herr, „wir sind ganz harmlose Menschen!" „Ach, da fällt mir eben ein, Herr Kramer, wir haben ja morgen abend Lesekränzchen, wie ists mit Fräulein Körner?" begann Lola wieder. „Hat leider abgesagt!" „Ach, das ist schade! — Aber ich weiß Rat. Bitte, bitte," wandte sich Lola mit den: liebenswürdigste:: Lächeln an die „liebe Kollegin", „tun Sie uns doch den Gefallen und kommen Sie morgen abend zu uns. Sie werden so liebenswürdig sein und ein paar Lieder singen; da Fräulein Körner nun nicht kommt, würden wir das Programm um ändern müssen. Was Sie singen wollen, ist ganz egal. Sie treffen dort ein paar nette Kolleginnen, mit denen Sie sicher Freundschaft schließen. Auf diese Weise sind Sie rasch bekannt und gewöhnen sich leichter ein! Nach den Gesangs- Vorträgen wird ein wenig getanzt, Sic werden sich herrlich amüsieren!" „Das wäre charmant!" fiel Herr Kramer ein. „Ich bin nämlich Vorstand des Lesekränzchcn-Bereins, und als solcher habe ich die Pflicht, für die Unterhaltung der Mit glieder zu sorgen. Sie würden also mit Ihrer Zusage mir persönlich einen Gefallen erweisen!" Erika machte ein ängstliches Gesicht. „Bedenken Sie doch, an: Tage vor meinem ersten Auf treten! Nein, es geht wirklich nicht, ich muß an: folgenden Abend möglichst frisch sein und möchte gern meine Rolle nochmal durchnehmen, das kann man nicht, wenn man so spät zur Ruhe kommt! Es hängt von diesem ersten Auf treten viel ab." „Aber liebste Kollegin," fiel Lola eifrig ein, „Sie brauchen ja nicht zu tanzen, wenn Sie nicht wollen; nur ein paar Lieder sollen Sie singen. Und überdies haben Sic doch den ganzen Vormittag zun: Ausschlafen, nachmittags rezitieren Sie dann Ihre Rolle und sind am Abend voll ständig frisch!" „Nein, ich kann wirklich nicht, so leid cs mir tut; ich gehe überliaupt nicht in Gesellschaften, ich habe eine so liebenswürdige Wirtin gefunden und bleibe lieber zu Hanse. Ich möchte mir alles fern halten, was mich aufregt und irgend wie störend wirken könnte. Und noch dazu jetzt, wo ich ein ganz fremdes Publikum vor mir habe, da must man doppelt vorsichtig sein." F°its-du»g folg:. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Reichenbrand vom 8. bis 1». März 1S«8. Geburten: Dem Metalldreher Hugo Bruno Walther 1 Mädchen; dem Tischlermeister Karl Wilhelm Bachmann 1 Knabe. Eheschließungen: Der Schneider Johannes Otto Wünsch in Neu stadt b. Ehtz. m't Frieda Elsa Klara Kahl in Reichenbrand; der Zimmermann Eurt Paul Klinger in Neustadt b. Ehtz. mit Anna Franziska Bretschneider in Reichenbrand. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Siegmar vom 6. bis 12. März 1908. Geburten: Dem Handschuhzuschneider Bruno Moritz Schaarschmidt und dem Stricker Friedrich Robert Böttcher je ein Knabe- Sterbefälle: Dem Kartonzuschneider Alfred Walther Winkler ein Sohn, 2 Monate 4 Tage alt. Nachrichten des^Äönigt. StunticSumtrS zu Ncuftabr vom 7. bis 13. März 1998. Geburten: Der Besetzerin Lina Frieda Lahl geb. Löschner 1 Tochter; dem Eisenbohrer Julius Albin Karl Nierhoff 1 Tochter. Aufgebote: Der Schlosser Clemens Richard Lässig mit Rosa Lina Demmer, beide wohnhaft in Neustadt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rabensttiu vom v. bis 13. März 1M>8. Drechsler, sämtlich in Rabenstein. Eheaufgebote: Der Eisendreher Hermann Alfred Krämer in Ehemnitz mit Emma Elsa Lehmann in Rottluff, der Eisenfraiser Paul Führer mit Linna Anna Eichner, beide in Nabenstein. Kirchliche Nachrichten. Parochie Rcichenbrand. Am Sonntag Reminiscere den 1b. März s. c. vorm. 9 Uhr Predigkgottesdienst. Mittwoch den 18. März, am 1. Bußtag, vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst mir Feier des hl. Abendmahls. Beichte >/z9 Uhr. — Nachm. 5 Uhr Abendkommunion. Kollekte für die innere Mission. Parochie Rabenstein. Am Sonntag Reminiscere den 15. März 9 Uhr Predigt gottesdienst. Mittwoch den 18. März, Bußtag, >/-9 Uhr Beichte (An meldungen von 8 Uhr ab in der Sakristei). 9 Uhr Predigt gottesdienst und Kommunion. Abends k Uhr Abendmahls gottesdienst. An den Bußtagsgottcsdiensten Sammlung für die Werke des Landesvereins für innere Mission. der Kirche.^ Reichenbrand, im März 1908. Johannes Wünsch und Frau geb. Kahl. »« Für die uns anläßlich unserer Silber-Hochzeit dargebrachten Ehrungen und Geschenke sagen wir allen Verwandten, Freunden Neustadt, den 12. März 1908. sscurl Geyer und Frau. «« Herzlichen Dank. Für die uns anläßlich unsrer Hochzeit dargebrachten Ehrungen, Gratulationen und Geschenke sagen wir allen Freunden. Verwandten und Bekannten unseren herzlichsten Dank, ganz besonders Dank aber dem Männergesangverein von Reichenbrand für den herrlichen Gesang in der Kirche. Neichenbrand, im März 1908. (rirt Klingel' und Ppau Eine Werkstelle mit Wohnung für 1. Juli zu vermieten Siegmar, Rosmarinstraße 21. Amt W-ßtU per 1. April mietfrei. N.-Rabenstein, Kurt-Müllerstr. 116L. Stube Mit Altroven Giebelstube mit Alkmu vnmil» Ab 1. April sind im Hause Amalien- stratze 6 in Siegmar 2 Wohnungen, zu vermieten. Näheres durch Herrn Sattler- Meister Llpxlux, Siegmar. nsuvkvn Lixarrev, !W »M »M. Hermannstr. 6,l Kaufen. Sie werden zufrieden sein. Ver kauf jedoch nur in Kistchsn mit 25, 60 viSMMMSL.