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hciilichen Standpunkt aus betrachtet, die Einführung eines Sprengwagens nur bestens zu befürworten sei. Hieraus geht also ganz deutlich hervor, daß ich schon damals den gesundheitlichen Standpunkt iu den Vordergrund stellte, wie ich überhaupt von allein Anfang an ausdrücklich darauf hingewicsen habe. Der Grund aber, weshalb ich z. Zt. nicht dafür stimmen konnte, lag einfach darin, weil wiederholt betont wnrde, wenn alle Straßen besprengt werde», genügt ein Wagen nicht, sondern es müsse» minde stens 2 Wagen sein. Die laufcndcu Ausgaben für 2 Wage» sind aber ziemlich hohe, sodaß ich nicht so ohne Weiteres den Steuerzahlern die Bestreitung dieses Mehraufwands zumntcn konnte, umsomehr, da auch noch andere Aus gaben der Gemeinde bcvorstehcn. Ein Wagen dagegen kann aber bei der großen Ausdehnung des Ortes nur die Hauptstraßen be sprengen und in diesem Falle hielt ich es für richtiger, erst die öffentliche Meinung zu hören, wozu der Orts- vcrcin die kompetente Vereinigung, oder noch besser, das Sprachrohr der Steuerzahler ist. Ich betrachtete es als meine Pflicht, die Ange legenheit vor das Forum des Ortsvereins zu stellen, daselbst meine Stellnngsuahmc, die ich im Gemcindcrat eingenommen habe, klarzulcgcn und im Uebrigen die Meinungen der Mitglieder zu hören. Dort — und das werden sich die Anwesenden erinnern — habe ich, nachdem ich über den Fall von Anfang bis Ende referiert hatte, wiederum betont: Von, gesundheitlichen Standpunkt ist die Einführung nur zu befürworte». Der Abhaltung dieser Versammlung lag lediglich die Absicht zu Grunde, die Ansichten der Einwohner kennen zu lernen und, wenn diese Ansichten für das Besprengen sind, eine Einigung dahingehend zu erzielen, daß nur vorzugsweise die der Staubcntwickclmig am meisten nnsgcsctzten Straßen besprengt werden, damit ein Wagen genügt und sich die Ausgaben dafür in »liuiiiialcn, den Steuerzahlern kaum fühl bare» Grenzen bewegen. Das die Antwort ans den bctr. Artikel, soweit er inciuc Person betrifft. ^ Brüch, Vorsitzender des Ortsvereins. An die Heimat. Mel.: Morgen mich ich fort — Zlabenstei», lieb Keilnut mein, Kort der Jugendträume, Ztnvergesscn sollt ihr sein Al? ihr trauten Näume. Aindesgluiti im Elternhaus, Areundeslieli — im Weltgebrans Aleiöt ihr meine Sonne. Keimat, deiner Wälder Krün Ztnd der Mglein Singen, Deiner Minne,> buntes Müh'n, Ztnd der Klocken Klingen, Deiner Mrgc stolze Zier Krüßt mich in der Icrne hier, Lockt zu dir mein Sinnen. Keimst, sür de» Kamps der Welt Gabst du iliis die Waffen, Das, aus jedem Kebensseld Wir dir Ehre schaffen. Ist auch fern von dir dein Kind, Fragt doch hin z» dir der Wind Kcimwchsang so leise: Vaveiistein, kieü Keimst mein, Kann dich »immer lassen, Zlicmals wird das Mldnis dein Je in mir ervlaffcn. Liegt so weit manch Jugendjahr, Meibst d» noch, wenn Sleich das Kaar, Keimat meine Wanne. Paul Rau. Original-Noinau von Irene ».Hellmuth. (82. Fortsetzung!. Eva sah sehr erschrocken aus. „Ich flehe Sic an, lassen Sie mich gehen, Herr Doltor, — lassen Sic mich fort, ich kan» Ihnen nichts sagen, — was hülfe es uns auch jetzt „och," — fügte sic sehr leise hinzu. „Sie haben recht," sagte er tonlos, „wir müssen die Kette weitcrschleppen." Er trat zurück, um das wankcndc Mädchen hinaus- znlassen, als die Tür heftig aufgerisse» wurde und Hilda mit hochrotem Gefickt ans der Schwelle erschien. „Halt," rief sie zornig, „so entkommst Du mir nicht, Du falsche Heuchlerin mit dem scheinheiligen Gesicht! Mich täuschest Du nicht, wenn Du auch noch so unschuldig drein schaust. Was hast Du in meiner Wohnung zu suchen, noch dazu bei Nacht? Ich weiß cs längst, daß Du mir die Liebe meines Mannes gestohlen hast, — er denkt nur an Dich, — und Du, — was tust Du hier? Wenn Du nicht erklären kannst, was Du hier wolltest, dann, — dann nimm Dich in Sicht vor mir!" Der Doktor hatte vergebens versucht, seiner Frau in die Rede zu fallen, doch sie ließ ihn nicht zn Worte kommen. „Schweige!" schrie er jetzt außer sich, „wenn Du es nochmal wagen solltest, Eva zn beschimpfen, — dann hüte Dich! Sie ist rein ivic die Sonne, — sie ist ." Hilda brach iu ei» unbändiges Gelächter ans. „Sic ist ein Engel in Menschengestalt, das wolltest Du doch sagen, nicht wahr? — Ha, — ha, — rein wie die Sonne und schleicht doch Nachts in meine Wohnung! — Deshalb hattest Du es auch wohl so pressant, wie? " Der junge Mann taumelte zurück, als hätte ihm jemand einen Faustschlag ins Gesicht versetzt. Da sah er, daß auch Eva sich wankend am Türpfosten hielt, und wollte ihr zu Hilfe eilen, doch seine Frau stellte sich ihm in den Weg. „Du rührst sic nicht an!" knirschte sic. Ein Ansdruck unsäglicher Verachtung lag auf seinem Gesicht. Eva stand schon wieder aufrecht, nur entsetzlich bleich und mager sah sie aus in diesem Augenblick. „Das Kind," stainmelte sic mit Anstrengung, „die Großmutter verlangte darnach, und da ." „Sie brauchen sich nicht zu verteidigen," sagte Sigmund mit milder Stimme, "gehen Sie nur, Eva! Es tut mir leid, daß Sic in meinem Hanse einer jo häßlichen, abscheulichen Scene ansgesctzt waren, daß man cs gewagt hat, Ihnen nnlantcrc Motive untcr- znschiebcn. Gehen Sic, und mit ihr," — er zeigte mit verächtlicher Gcberde ans seine Frau, — „werde ich schon allein fertig!" Das höhnische Lache» Hildas scholl hinter Eva her, als sic wie gejagt die Treppe hinab und ans dem Hanse floh. Erst als die kühle Nachtluft um ihre heiße Stirn strich, wurde sie etwas ruhiger. Und als sic bei ihrer Mutter eintrat, da loste sich all das herbe, bittere Weh des jungen Herzens in einen Strom heißer Träne» auf. Aber die ganze Nacht floh der Schlaf de» Augen des gequälten Mädchens. Seit jener Scene sind zwei Jahre vergangen. Eva ist mit ihrer Mutter längst sortgczogcn aus der Stadt, wo sie so viel Schmerzliches erfahren hatten. I» einem freundliche», ausbliihcuden Badeort haben sie eine neue Heimat gefunden. Sie mieteten dort eine bescheidene Wohnung und Eva fand-bald Absatz sür ihre feinen, kunstvollen Stickereien. Im Sommer besonders, wo viele Fremde den idyllischen Platz befuchcn, verdient sie ganz hübsche Summen. So lchen die Beiden, wenn auch still und zurückgezogen, doch ruhig und zufrieden. Stoch heute, nach zwei Jahren, überlänft Eva eine „Gänsehaut", wenn sie an de» Auftritt denkt, den sic damals mit Kloßman» hatte, als sie ihm sagte, daß sie nie seine Frau werden könne. Diese Offenheit glaubte sie ihm schuldig zn sein. Er aber tobte und fluchte und seine rohe Natur kam vollends zum Durchbruch, als Eva möglichst ruhig erklärte, daß nichts im stände sei, ihren Entschluß zu ändern. Ec schwur, Himmel lind Erde in Bewegung setzen zu wollen, sic mit Gewalt an den Altar zu schleppen. Dies alles hätte Eva kaum cingeschüchtert, aber der Anblick seines wutverzerrten Gesichtes erregte in ihr ein Graue». Er glich in jenem Augenblick einem gereizten Tiere. Ware Evas Mutter nicht da zwischen getreten, es hätte wahrscheinlich »och lange gedauert, bis er sich entfernt hätte. Aber Frau Abendrot wies mit solcher Bestimmtheit nach der Tür, zeigte eine solche Energie, daß er erkannte, es war seines Bleibens nicht mehr. Am ander» Morgen in aller Frühe reiste» die beiden Frauen ab, nachdem sie in der Nacht ihre Sache» gepackt. Eva fühlte sich damals wie von einem Alp befreit, als sie die Gegenwart des ver haßten Menschen nicht mehr zu dulden brauchte. Es war Ihr beinahe zur Unmöglichkeit geworden, mit ihm zu verkehren, und seine täglichen Besuche wurden ihr zur Qual. Eines bereitete dem junge» Mädchen bitteres Weh: Der Abschied von ihrer treuen, mütterlichen Freundin. Frau Linde wollte es gar nicht begreifen, daß Eva fort müsse, zumal diese die Gründe, die sie zur Ab reise zwangen, nicht angeben konnte. Die alte Frau zürnte ihr damals und klagte sic der Falschheit an. „Das verstehe, wer kann," hatte sie immer wieder gesagt. „Weil Du den Menschen, den Kloßmann nicht heiraten willst, deshalb brauchst Du doch wirklich nicht davonzulaufc»! Er wird sich mit der Zeit be ruhige», — blecke doch, Eva! Jetzt wo ich mich so an Dich gewöhnt habe, jetzt willst Dn fort! Was fällt Dir denn eigentlich ein? Du wirst mir überall fehlen, ich weiß es! Wen ich einmal so recht lieb habe, an den schließe ich mich auch ganz an. Denkst Du den» nicht ein klein wenig an mich? Du warst mir wie eine Tochter! Und jetzt willst Dn fort? — Wen» ich nur einsehen könnte, weshalb!" Eva hatte dann in aufwallcndem Gefühl die Arme um den Hals der alten Dame geschlungen und ver sichert: „Ich kann nicht bleiben, Frau Linde, — ich kann nicht! Behalte» Sie mich lieb, und wenn Ihnen etwas zu Ohren kommt, vielleicht etwas Schreckliches, — Schlechtes, — so dürsen Sic mich deshalb nicht verachte», ich bi» ja unschuldig!" — „Ach was, — wer wird denn über Euch etwas Schlechtes reden können," polterte Frau Linde, wie sie immer tat, wenn sie ihre Rührung verbergen wollte. „Denkst Dn etwa, der Mensch, der kloßmann könnte Dich in meinen Augen hcrabsctzcn? O, er soll cs nur wagen, ich werde ihm gehörig hcimlcnchten, diesem—." Es schien ihr kein passender Ausdruck cinznfallen, deshalb begnügte sie sich damit, die Hände zn ballen, als hätte sie den Gegenstand ihres Zornes zwischen de» Fingern. Dann war das Mädchen gegangen. Als sich am andern Morgen die Lokomotive schnaubend in Bewegung setzte, und Eva in der Wagencckc lehnend, noch einmal den von Tränen verschleierten Blick über die Stadt hinschwciscn ließ, als im blauen Morgendnft die Türme anstauchtcn, da trat die bange Frage an Eva heran: „Was wird die Zukunft bringen?" — Wird sic auch so traurig und frcndcnarm sein, wie die Vergangenheit?" In dem junge» Herzen Evas sah es gar öde und traurig aus. Sic wußte cs, des Lebens Freude war für sie dahin, weil sic den einen nicht vergessen konnte, der ihre Sonne gewesen. Und oft in trüben, einsamen Stunden, wenn sie eifrig bei der mühevollen Arbeit saß, und sich die Finger beinahe wund nähte an der feinen Stickerei, legte sic sich die Frage vor: „Wäre cS nicht besser gewesen, Sigmund seinerzeit alles zn sagen? Vielleicht, daß seine Liebe groß genug gewesen wäre, m» sich über den Flecke» hinwcgznsetzen, der ans dem 'Namen „Abendrot" ruht. Doch dann schüttelte sie auch wieder heftig den Kopf. „Nein, — nein, — sür mich gibt cs kein Glück, ich darf mich keiner Täuschung hingcbcn, die Tat deS Vaters kann nichts ans meinem Leben hinwcg- wischcn, sie wirst ihren Schatten ans mein Dasein!" Und manchmal packte sie ein furchtbarer Zorn. „O Vater, — Vater, warum tatest Dn das? Hast Du nicht bedacht, wie unglücklich Dein Kind durch Dein Vorgehen werden mußte?" Der Mutter gegenüber ließ Eva nie dergleichen laut werden. Seit die alte Frau einmal geäußert, daß sic den Toten so sehr geliebt, daß sie ihm verziehen habe, was er gesündigt, da mochte die Tochter nicht mehr an die Sache rühren. Von-Frau Linde, welche die Einzig« war, di« den Aufenthaltsort der Beiden kannte, war nach einiger Zeit ein Brief eingetroffen, worin diese mittciite, daß Kloßinann plötzlich aus der Stadl verschwunden sei. Manche behauptete» sogar mit Bestimmtheit, er wäre nach Amerika ansgewandcrt. Weiter heißt cs in dem Brief: „Dn hättest gar nicht fortgchcn sollen, und wen» eS Dir in Deiner neuen Heimat nicht gefällt, so komme wieder, ich nehme Dich mit Freuden ans. Ich bin ja so allein, habe fast niemand, der sich um mich bekümmert. Mein Sohn kommt auch sehr selten, sei::: Praxis nimmt ihn jetzt sehr in Anspruch. Auch glaube ich, daß Hilda ihm eine Scene macht, wenn er seine alte Mutter besucht. Ich begegnete ihr neulich, sic sah mich gar nicht an. Ist das nicht furchtbar traurig? Wärst Du doch Sigmunds Frau geworden, Eva, wie glücklich könnten wir leben. Mein guter Junge dauert mich so sehr ." Und unten, ganz klein mit Bleistift geschrieben, — scheinbar ohne Wissen der Mutter, — standen die Worte: „Ich weiß mm alles, — Kloßmann, dem ich eines Nachts ans dem Heimweg begegnete, hat cs mir im Rausch erzählt. — Also deshalb wiesen Sie mich ab! O arme, — arme Eva! Was mögen Sie gelitten haben! Warum vertraute» Sic mir nicht? Sigmund." — Wohl hundert mal las Eva diese paar Zeilen. Der Brief blieb ihr steter Begleiter, oft drückte sie die Lippen darauf. Die Schrift war deshalb schon ganz verwischt und undeutlich geworden, aber sie konnte die Worte ja auswendig. Sie bliebe» ihr ein Trost in einsamen Stunden. Konnte die Wunde ihres Herzens auch nicht vernarben, so hatte sie doch jetzt die unumstößliche Gewißheit: Die Schande des Vaters wurde von denjenigen, an dessen Meinung ihr so unendlich viel lag, nicht auf die Tochter über tragen. Man verachtete sic deshalb nicht! O wie wohl ihr das tat! Eva erwog auch eine Zeit laug die Frage, ob sic mit der Mutter nicht dem Rufe der alten Freundin folge» und zürückkehre» sollte, doch fühlte sie: Es war besser, wenn sie hier blieb. Hier wurde sic nicht fortwährend au das gemahnt, was doch uu» einmal unwiederbringlich für sie verloren war. Jede Begeg nung mit dem, den sie nicht vergessen konnte, riß die Wunde von neuem wieder aus. Verdienst hatte Eva reichlich gefunden, es zwang sie also nichts, de» friedlichen Ort wieder zu verlassen. So blieb sie denn und arbeitete eifrig sür ihren und der Mutter Unterhalt, denn die schwächliche Frau konnte wenig mehr verdienen. Die Singen hatten voni