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verwendete» Kapitalien reichlich wieder einbringen würde, die Ehre garnichi zu rechnen. Aber mit der „Singcrci" — dabei kratzte er sich jedesmal hinter den Ohren — war er niemals recht einverstanden, lieh cs aber doch geschehen, das, Erika regelmäßigen Musik- und Gesangsunterricht bekam. Das erforderte vorläufig keine große» pekuniären Opfer. An dem Bergabhang, der einen schönen Ausblick in das Tal gestattete, befand sich eine ArtVillcnkolonie — verschiedene wohlhabende Leute hatten sich, die herrliche Gegend er kennend, dort angcsicdelt. Unter ihnen befand sich ein älterer, sehr liebenswürdiger Herr. Derselbe war früher Kappell- mcistcr an der Hosopcr gewesen und hatte sich, seiner kränk lichen ruhebedürftigcn Frau zu Liebe, hierher zurückgezogen, weil er hoffte, in der stärkenden, ozonreichen Luft werde die geliebte Gattin genesen. Zu diesem begab sich Beatrice mit ihrem Schützling. Und Meister Kühne erklärte sich zu ihrer Freude bereit, Erika an dem Unterricht, den er seinen eigenen, einzigen Sohn gab, teilnehmen zu lassen. Das Mädchen wunderte daher mit der Musikmappc am Arme dem freundlichen Hanse Meister Kühnes zu. Es waren für Erika Stunden des ungetrübtesten Genusses, die sic dort verlebte. Und bald zeigte es sich, wie recht Bcatrice gehabt hatte, als sie behauptete, Erika besitze ein großes Talent. „Das Mädel wird einmal eine Sängerin werden, wie man sie mit der Laterne suchen muß!" behauptete Kühne stets. „So eine Stimme — ich staune selbst darüber." Es war ihm eine Lust, Erika zu unterrichten. Die Musik war sein Element. Mit wahrer Begeisterung hing er an ihr, und diese Begeisterung wußte er auch auf seine Schülerin zu übertragen. Er verstand cs, sic cinzuführcn in das Geheimnis der schönen, wahren, edlen Kunst und ihr die Wunder derselbe» zu offenbaren. Und Erika Ivar eine gelehrige Schülerin. Mit innigen, Berständnis folgte sie den Lehren und Ratschlägen des begeisterten Meisters. Ihre Auge» hingen an seinen Lippen, sie wurde nie müde, ihm zuzuhören. Aber ein Stück von dem alten Trotz lebte noch immer in dem Mädchen, wenn er auch selten zum Ausbruch kam. Zum Beispiel war Erika nie zu bewegen, bei gelegent lichen Besuchen, die sie ihrer Beschützerin abstattetc, einen Ton zu singen, wenn Lothar zu Hanse war. Dann schüttelte sie zu allen Bitten ihrer gütigen Beschützerin den Kopf. „Nein, nein, ich singe nicht — ich kan» heute nicht singen!" sagte sic dann. Die Kehle war ihr wie zn- gcschnürt, sie hatte eine ihr unerklärliche Antipathie gegen Lothar, dessen Augen immer so finster auf ihr ruhten, und der sie stets mit feindseligen Blicke» betrachtete. „Du bist ein kleiner Trotzkopf, weißt Du das auch?" pflegte Bcatrice zu sagen. Einmal nahm die junge Frau ihre» Schützling mit hinüber in die Wohnung des Grafen. Erika betrachtete de» Musiksalon, wo an der Wand das Bild Siegfrieds hing. Wie merkwürdig bekannt ihr plötzlich diese Züge erschiene,, Wo in aller Welt hatte sie dies Gesicht ^schon ^läffAs Minig^ nicht^finde,/. E^nnbeschrciblichcs Gefühl beschlich sie, als sic in den Anblick dieses Bildes versunken dastand, halb Sehnen, halb Bangen. „Was starrst Du dies Porträt so an?" flüsterte Bcatrice. „Wer ist das hier?" fragte Erika statt aller Antwort. „Hüte Dich davon zu sprechen — still, der Onkel, — er darf nicht an die Geschichte ge,„ahnt werden!" Man hörte de» Rollwagen des Grafen, den ein Diener eben in den Salon schob. Erika fühlte sich aufs tiefste betroffen. Warum durfte man von jenem Bilde nicht sprechen? Wie magnetisch angczogcn kehrten ihre Blicke immer wieder z» dem stillen Gesicht zurück, sic vermochte sich nicht losznreißen. Auch dem Grafen schien cs ähnlich zu ergehen. Er schaute bald das Bild, bald Erika an, als wollte er im Stillen die beiden Gesichter miteinander vergleichen. Doch kurz darauf schüttelte er, wie unwillig über sich selbst, heftig den Kopf. „Wie dun,m," murmelte er dabei. Das junge Mädchen fühlte sich so beklommen, daß es, als Beatrice um ei» Lied bat, nur schwer zum Singen zu bewegen war. Endlich „ach vielem Zureden nahm Erika doch an den, Flügel Platz, und, — sie wußte selbst nicht wie es kam — aber unter Ihre» Fingern quall plötzlich die Melodie des „Hcimatlicdes" hervor. Beatrice batte das in,» zwar schon öfters hier gespielt, aber sie besaß nicht den weiche», innigcn Anschlag, nicht den sehnsuchtsvollen Ton. Wen» sic das Lied sang, so klang cs ganz anders, das mußte auch der Graf fühlen, denn er hatte plötzlich die Hand vor die Augen gelegt und lauschte, ohne sich zu rühren. Nur als der letzte Ton ver klungen war, flüsterte er: „Bitte — ich möchte cs gern noch einmal hören." Erika begann geduldig wiederum zu singen. Nachdem sic geendet, horte sic, wie Graf Düren leise zu Bcatrice sagte: „Das ist seltsam, die Kleine mahnt „sich — weißt Du an wen?" „Nein, Onkclchen." ^ Bcatrice sagte hier die Unwahrheit. Sie wußte es genau, an wen Erika den Grafen erinnerte, aber sie mochte cs Ihm nicht cingcstchen, daß es ihr ebenso erging, um ihn nicht aufzuregcn. „Ich komme nicht darüber hinweg, ist cs Einbildung, oder ist es wirklich so, aber das Mädchen erinnert beim Singe,, an — Siegfried." Es war seit Jahren das erstemal, daß der Graf diesen Namen aussprach, und Bcatrice fühlte sich seltsam davon berührt. „Da täuschest Du Dich sicher, Onkel," cntgcgnctc sie rasch und scheinbar unbefangen, „das macht nur, weil Erika gerade dieses Lied sang, cs liegt allerdings eine kleine Aehnlichkcit in der Ausdrncksweise, aber, das ist eben Zu- sall." Sie suchte von dem Thema abzukommen, um den Onkel nicht anszuregen, als die Präsidentin cintrat. Sie warf einen finsteren Blick ans das Mädchen, das imiiier noch am Klavier saß und flüsterte dann hastig Beatrice zu: „Du treibst Deine blinde Borliebc für die Enkelin des BcrwalterS ein wenig weit, mein Kind, wie konntest Du sic nur bis hierher bringen." Erika hatte jedes Wort verstanden, es war wohl auch so berechnet gewesen. Eine heiße Blutwelle stieg in das liebreizende junge Gesicht, ous dem die blauen Augen förmlich hervorsprühten. Bcatrice bemerkte de» kleinen Vorgang sehr wohl, sie wandte sich unwillig ab und drückte ihren Schützling auf den Sessel zurück. Sie gab sich alle Mühe, den Zwischenfall wieder gut zu machen. „Du hast sehr schön gesungen, Erika", sagte sic laut, und streichelte die blonden Locke» des Mädchens, dessen Lippen sich verächtlich kreiselten. „Gestatten Sic jetzt, daß ich mich entferne," klang cs trotzig und herb zurück. „Nein," mischte sich der Graf ein, „bitte bleiben Sie noch, kleines Fräulein, man soll Ihnen eine Erfrischung reichen, meine Frau wird gleich hier sein, ich möchte, daß sic das Lied von Ihnen hört, will doch sehen, ob sie denselben Eindruck davon bekommt, wie ich!" „Welchen Eindruck?" fragte die Präsidentin. Es war, als hielte sic den Atem an, während ihr stechender Blick den Grafen streifte. „Das Mädchen erinnert mich an meinen — Sohn, be sonders beim Singen," lautete die Antwort. Er hatte leise gesprochen, damit Erika cs nicht hören sollte. Die Präsidentin wechselte die Farbe, dann schlug sie die Hände zusammen und lachte auf: „Ilm Gotlcswillen, wie kommen Sic nur auf so etwas, ach Ewald, nehmen Sie mirs nicht übel, aber ich glaube, Sic werden kindisch! Kein Mensch kann hier eine Aehnlichkcit hcrausfindcn!" Graf Düren schaute ein wenig überrascht auf bei dem lebhafte» Protest. „Nun, Sie sollen sich selbst überzeugen. Es ist mir ebenfalls noch nie ausgefallen, aber vorhin, bei dem Lied " „Bei welchem Lied?" klang es hastig von de» Lippen der Präsidentin. „Das Hcimatticb sang die Kleine vorhin mit einer Ansdrnckswcise, wie ich cs mir von — Siegfried hörte!" „Nun, da haben wirs," rief Frau von Düren lachend, „weil das Mädchen zufällig dasselbe Lied sang, das Sie einst von Siegsried hörten, nun wollen Sic gleich eine Aehnlichkcit hcrausfindcn! Und damit sollte Luise auf geregt werden? Das kann ich nicht zugebe»! Ich bitte Sie, folgen Sic mir, sprechen Sie zn der armen Frau nicht davon, sic leidet nur unnütz dabei, das müsse» Sic zu vermeiden suchen." „Sic mögen recht habet:, Lconorc," seufzte der Graf, „aber ich wollte, daß Sic wenigstens das Lied hörten, damit Sic sich überzeugten." Bcatrice, die wieder zu den Beiden getreten war, fühlte sich peinlich berührt von den: Allen. Sic wollte das Ge spräch in andere Bahnet! lenken, als die Präsidentin ihr zn- flüstcrte: „Da hast Du etwas Schönes angerichtct, min geht die Grübelei wieder wochenlang fort!" Erika war aufgcstandcn und mit einer kühlen Verneigung gegen den Grafen und Bcatrice schritt sie der Türe zu. „Sie wollen wirklich fort?" fragte der Graf. Es klang fast bedauernd. „Jawohl, Herr Gras! Versuchen Sie nicht, mich zu- rückzuhaltcn, cs würde doch vergebens sein!" Das kam so trotzig und fest von den roten Lippen, daß die Zurückblcibcndcn der schlanken Mädchengestalt verdutzt nachblickten. „Die Kleine ist stolz, aber sie gefällt mir dennoch, sie hat Raffe," murmelte Graf Düren, der heute ungewöhnlich mild gestimmt schien. Als später die Gräfin Luise erschien, konnte er sich trotz aller mahnende» und abwchrcndcn Blicke, die ihm die Präsidentin zuwarf, nicht enthalten, ihr von dem Mädchen zu sprechen. „Du hättest die Kleine nur singen hören sollen, diese Stimme dringt einem wirklich ins Herz. Das gibt später eine große Künstlerin, wenn das noch sehr kindliche Organ erste Kraft und Festigkeit gewonnen haben wird. Für das offen zn Tage tretende Talent des Mädchens wäre es wirklich schade, wollte man cs verkümmern lassen." Bon diesem Tage an hütete Erika sich fast ängstlich, das Schloß wieder zu betreten. Beständig aber schwebte vor ihren Blicken das Bild jenes Mannes, welches dort im Musiksalon hing. Diese Augen, die so melancholisch auS den, stillen Gesicht schauten, mußte sic schon irgendwo gesehen haben, aber wo nur? Es war seltsam, sie hatte -die Empfindung, als ob dies Antlitz und die Melodie jenes Liedes zusammengchürten, als ob sie beides zugleich einmal etwas derartiges geträumt. Auch den Park betrat sie niemals wieder; so viel Beatrice auch bitten mochle, cs half nichts. „Meine Studien nehmen mich ganz in Anspruch," be hauptete Erika stets. Mochte das Wetter noch so schlecht fein, es hindctcr Erika nicht, den Weg nach dem traulichen Musikcrhcim Meister Kühnes znrückzulegcn. Sie war aber auch dort ein gern gesehener Gast, stets erheiterten sich beim Eintritt die Züge des Kapellmeisters. Denn manchmal schauten die kleine» Acuglein gar trübselig aus dem runden, vollen, aber sehr gutmütigen Gesicht. Kühne sehnte sich immer mehr zurück nach dem gewohnten Leben der Stadt, nach seiner Tätigkeit, die er wieder aufnchnien wollte, sobald der Gesundheitszustand seiner Gattin, die er sehr liebte, dies gestattete. Man würde den musikalisch hochgebildeten Mann mit Freuden wieder in seine alte Stellung ausgenommen haben, aber seine Frau behauptete stets, nur in der Ruhe und Stille könne sic ihre Gesundheit wieder erlangen, nie mals aber in dem Treiben und Lärmen der Großstadt. Von Jugend auf an ein znrückuczogcnes Leben gewöhnt, fühlte sie sich in dem stillen Heini unendlich wohl, und trennen mochte sich Meister Kühne nicht von seiner Gattin. So fügte er sich, wen» auch iiianchtnal heimlich seufzend, in das Unvermeidliche. Frau Kläre wußte freilich nichts davon, daß der Gatte das Leben in der Stadt so schmerzlich ver mißte. Ihr zeigte er immer eine heitere Stirn, für sic hatte er stets ein srcnndlichcs Lächeln. „Gott sei Dank" sagte sie oft, „daß wir so gestellt sind, um leben zu können, wo es uns gefällt, daß wir nicht dem Verdienst nachznjagcii brauchen." Sie hatte dem Gatte» ein großes Vermögen Angebracht, das der Familie ein sorgenfreies Leben gestattete. Dieser Umstand ermöglichte cs auch, für de» Sohn, von dem die Mutter sich nicht trennen mochte, die besten Lehrer zn engagieren. Dabei zeigte cs sich, daß auch „Neinhold der Sanfte", wie Erika scherzweise den stillen Bruder gelaust hatte, etwas profitieren konnte. Er durfte an dem Unter richt teiliiehmcn, und er tat es mit grobem Eifer. So bildete sich nach und nach ein inniges Verhältnis heraus. Fortsetzung sotgt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zn Rcichcnbrauii vom »I. Jonuar. bis 7. Februar lv»8. Aufgebote: Der iplatinmach-r Karl Paul Ficker mit Lina Helcne Eltcfchticfkuugen: Der Kellcreiarbcitcr Max Arthur Weis; IN» Sktima Marte Srofr. Vitae tu Reich,ubraub Wohnbau: arr Schtlewrr Paul Otto Näscr mit Auguste Elisabeth Barthold, erstercr in Giüua, Nachrichten des Kgl. Standesamtes z» Siegmar vom NI. Januar bis tt. Februar INNtZ. Geburten: Dem Laticrcr Georg Guido Naumann I Tochter. Nachrichten deö Köniql. Standesamtes zu Neustadt vom 2. biö 7. Februar 191)8. Geburten: Dem Geschäftsführer Louis Willy Mclzer 1 Sohn; dem Expedient Eonrod Ottomar Müller 1 Tochter: dem Fabrikorbeiter Richard Gerhard Conrad 1 Sohn. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Ralienfleiu vom »I. Januar bi» 7. Februar ltN»8. Geburten: 1 Tochter dem Fabrikarbeiter Emil Bruno Straüner. dem Wcrkführer Alwin Moritz Müller und dem Kaufmann Richard Hermann Barthel, sämtlich in Rabenstein wohnhaft. Eheaufgcbote: Der Appreturarbeiter Paul Arthur Jrmscher in RöhrSdorf mit Lydia Anna Baldauf in Rabenstein; der Cisendrehcr Arthur Albert Müller in Chemniy mit Elsa Martha Müller in Rottluff. Eheschließungen: Der Gußputzer Emil Otto Habcrkorn mit Elsa Helene Kühn, beide in Rabenstein. Stcrbesälle in Rabenstein: Die PoslverwalterS-Ehefrau Marie Gottschling geb. QuaaS, 52 Jahre alt und 1 Tochter der Tambu- ricrcrin Elsa Barbara Fichtner, -1 Monate alt; in Rottluff: die Einarbeiters-Ehefrau Hedwig Clara Schindler geb. Rüger, 3.1 Jahre alt. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. ?lm 5. Sonntag >>. Epiph. den 9. Februar ». c. vor:». 9 Uhr Prediglgottesdienst. Parochie Ravenstein. Am 5. Sonntag nach Epiph. den 9. Februar 9 Uhr Prediglgottesdienst. 7 Uhr Jüngiingsvercin im Pfarrhanse. Mittwoch den 12. Februar 8 Uhr Abeiidnntcrhaltntig für Jungfrauen im Pfarrhanse. iv i»suvkvn sicher gute und preiswerte Lisarrv», UM ÜM. Hermannstr. 6,i kaufen. Sie werden zufrieden sein. Ver- kauf jedoch nur in Kistchen mit 26, 60 und 100 Stück Inhalt. Auch nicotln- freie Zigarren am Lager. LIvASIIlt empfiehlt billigst Itz. !iü!M388KI', Rabensteln. 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