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Rechte des Herzens. Original-Erzählung von Irene v. Hellmuth. <4. Fortsetzung! „Ja," nah», Major Freiwald das Wort, „wir kaimteu ihn beide sehr gut. Er war mein liebster, treuester Freund, und ich liebte ihn wie einen Bruder, ja mehr als das, er war mir alles und ohne ihn kannte ich kein Vergnügen, wo er war, da war ich auch nicht weit, und wir hießen deshalb die Unzertrenn lichen. Oft sagten wir einander, wie lieb wir uns hätten und ich glaube, solch treue Freundschaft ist in der Tat sehr selten. Ich wäre im stände gewesen, alles für ihn zu opfern, alles für ihn hinzugeben. Ein Unterschied nur bestand zwischen uns: Er war von Haus aus mittellos, ich war reich. Aber er war zu stolz, irgend etwas von mir anzunehmen, obwohl ich gern alles, lvas ich besaß mit ihm geteilt hätte. Meine Eltern besaßen ein großes Gut, das ich nach ihrem Tode erbte und auch jetzt noch mein eigen nenne. Dorthin begleitete mich mein Freund stets, wenn ich nach Hause reiste. Er war bei uns ein gern gesehener Gast, ja manchmal wurde ich beinahe ein wenig eifersüchtig, wenn ich zu bemerken glaubte, daß meine Mutter ihn mir vorzog. Wir erlebten unvergeßliche Wochen dort; in ungetrübter Jugend lust verflossen uns die Tage. Als meine gute Mutter und bald darauf auch mein Vater starb, da war er cs wieder, der mir Schnicrz und Kummer tragen hals, der den lindernden Balsam des Trostes auf die Wunden goß, welche die Trennung von den geliebten Eltern mir geschlagen. Ich war damals schon zum Hauptinan» avanciert und da ich von dem Regimente nicht scheiden wollte, so verpachtete ich das Gut. Aber jeden Urlaub habe ich mit meinem Freunde dort verlebt. Es waren glückliche, sorglos heitere Tage. Plötzlich trat etwas zwischen uns, das unserer Freundschaft zum Unheil gereichen inußlc. Du bist noch zu jung, Anuy, um mich ganz verstehen zu können, um das, was uns auseinander zu reißen drohte, zu begreifen. — Wir liebte» beide, — und zwar beide dasselbe Mädchen. Keiner wollte dem ander» vorgreifen, und der Angebeteten seine Liebe gestehen, weil jeder wußte, falls er Erhörung fand, daß er damit dem Freunde einen großen Schmerz bereiten würde. Unsere Leidenschaft wuchs je mehr und mehr. Willy war ein hübscher Junge, weit hübscher als ich, und ich fürchtete mit Recht, daß er mich bei der Geliebten ausstechen werde. Und sie, die heiß Begehrte? Noch hatte sie sich nicht für de» Eizlen oder Anderen entschieden. Anscheinend war sie sich selbst nicht klar darüber, welchem von uns sie ihr Herz schenken sollte." Bei diesen Worten reichte Freiwald seiner Frau Uber den Tisch hinüber die Hand. „Nicht wahr Minna, so war cs doch?" Diese nickte, und wischte rasch die Tränen weg, die ihr während der Erzählung des Gatten in die Augen getreten waren. Der alte Herr aber fuhr lebhaft fort: „Da, eines Tages, wurde mir ein Brief übcrbracht, — von Willy: „Ich räume das Feld," schrieb er. „Mögest Du glücklich werde». Ich bringe der Freundschaft das Opfer der Entsagung. Was es mich gekostet hat, bis ich mich zu diesem Entschluß durchgerungcn, davon will ich nicht sprechen. Ich lasse alles zurück, was mein Leben bisher verschönte: — Liebe, — Freund schaft! Ich gebe den Kampf auf. Die Heißgeliebte erwartet vielleicht — ja gewiß, an Deiner Seite ein besseres Los als an der meinen. Was könnte ich ihr auch biete»? Ich bi» arm, Du bist reich. Ich gehe, ohne eine Spur zu hintcrlassen, ohne Abschied von ihr oder Dir zu nehmen. Ich könnte es nicht ertragen, sie, die meines Lebens Sonne war, an der Sette eines Ander» zu sehen, selbst wenn dieser Andere mein bester Freund ist. Ich will auch nichts hören von Eurem Glück. Es würde meine Wunde nur unnötig am Vernarben hindern. Aber wen» Du glücklich bist, so will ich zufrieden sein. Und wenn Minna Deine Frau geworden ist, so sage ihr, wie sehr ich sie geliebt habe, und schenkt einem Einsamen freundliches Gedenken." Frau Minna weinte still. Eine kleine Pause Kat ein, ehe Frciwald weiter erzählte: „Sie, die wir beide begehrten, wurde meine Frau. Wir haben den Brief des verschwundenen Freundes oft zusammen gelesen, so oft, daß jedes von uns seinen Inhalt aus wendig kannte. Das Glück meines Lebens danke ich Deinem Vater, Anny. A Und niemals hörten wir wieder von ihm, — bis heute." Ami» nickte vor sich hin: „Ja, ja, so war er, so aufopfernd, so liebreich. Jetzt begreife ich manches, was mir früher unverständlich war." Erich Freiwald aber las den HInterlassenen Brief des sterbenden Freundes nun schon zum drittenmal mit tiefer, innerer Bewegung. „Lieber Alter! Ich suhle, es geht zu Ende mit mir; deshalb komme ich zu Dir mit einer großen Bitte: Nimm Dich meines Kindes an! Das Schicksal meiner kleinen, herzigen Anny liegt mir sehr am Herzen und raubt mir die Ruhe der letzten Stunde. Hätte ich noch die Kraft dazu, ich würde Dir das Kind selbst zu führen, den» hier kann es nicht bleiben, cs müßte hier verkümmern. Anny ist ein sehr kluges, auf gewecktes Ding, ihr kleines Herz braucht Sonnen schein, — braucht Liebe. Meine Schwester ist clne harte, im Kampf ums Dasein verbitterte Fra» geworden und nicht geeignet, mein Kind zu erziehen. Deshalb nimm Anny zu Dir, bei Dir, das weiß ich, ist sie wohlycborgen. Du bist gut, und Deine Frau wird, wie ich sie beurteile, einer armen, hilfsbedürftigen, kleinen Waise willig ihr Herz und ihr Haus öffnen. Ich bin heute ein völlig verarmter Man». Unglück und Krankheit, Kummer und Sorgen habe» mich ver folgt bis ans Ende. Ich glaube, ich habe mich ver sündigt, weil ich mit einer Lüge vor Gottes heiligen Altar Kat,. weil ich an jenem geweihten Ort einem Weibe Liebe und Treue schwur und doch das Bild einer Andern unauslöschlich im Herzen kug. — Das war Sünde. Ich büße dafür bis ans Grab. Glücklich bin ich nicht mehr gewesen, seit ich von Dir fort ging. Warum ich mich verheiratete, möchtest Du wohl gerne wissen? Ich sehnte mich nach geordneten Verhältnissen und war des Herumirrens herzlich satt. Ich hatte Sehnsucht nach Glück, nach einem Herze», das mir angehörte. In meiner Frau glaubte ich eine Gefährtin, eine Freundin gefunden zu haben. Leider täuschte ich mich. Sie wollte eben nur einen Mann. Doch ich will die Tote, die vielleicht nicht mehr Schuld hat als ich selbst, nicht anklagen. Wir verstanden uns nicht. Das einzige Glück war mein Kind —." Hier brach der Brief ab. Ob der Schreiber plötzlich die kalte Hand des Todes fühlte? Wer wollte es sagen? Lange saßen die drei beisammen und plauderten von Vergangenheit und Zukunft. Frau Minna wurde nicht müde, die Schönheit ihrer Heimat hervörzuheben. Wie freute sich die Gute, Anny dort einsührcn zu dürfen. Die Gattin beschlossen nun, die Abreise zu beschleunigen. Was Hans, ihr geliebter Junge wohl sagen würde, wenn sie ihm unvermutet eine kleine Schwester mitbrachtcn? Als Knabe hatte er keine» sehnlichere» Wunsch, als ein Schwesterchen zu besitzen. Die Mutter vergegen wärtigte sich im Geiste wieder jene frohe Zeit. Sie sah das bildhübsche Kind im blauen Sannnctauzngc, mit de» wehenden Locken, die er stets als Knabe getragen, und die in lange» Ringeln auf den weißen, gestickten Kragen niedcrfielen. Sie glaubte, noch heute seine Stimme zu hören, wie er mit der ganzen Kraft seiner Lungen dem Gevatter Langbein nachricf: „Storch — Storch — Guter, bring' mir einen Bruder! Storch — Storch — Bester, bring' mir eine Schwester!" Aber sein Rufen hatte ihm nichts geholfen. Nun wurde ganz plötzlich sein Wunsch aus früherer Zeit erfüllt. Zwei Jahre waren vergangen. Anny hatte Aller Herzen im Sturm erobert. Die Dienerschaft, bis hinab zum letzten Gärtnerburschen, wetteiferte förmlich darin, dem „gnädigen Fräulein" einen Dienst zu erweisen. Sie hatte auch für jeden eine Neckerei, ein freundliches Wort bereit. Trotz ihrer siebzehn Jahre verschmähte sie es doch nicht, mit den Kindern des Verwalters Haschen zu spielen, und man ließ sie lächelnd gewähren und freute sich des reizende» Mädchens, das der Sonnenschein des Hauses geworden war. Vollends „Onkel Erich", wie Anny ihren gütigen Pflegevater zu nennen gewohnt war, verzog das Mädchen in einer Weise, die manchem der vielen Gäste, welche im GutShause vorsprachen, ein Kopf schütteln abnötigte. Anuy hatte es aber auch ver standen, sich in seinem Herzen dauernd cinzunisten. Er hütete sie wie seinen Augapfel. Sie stopfte ihm die Pfeifen, legte Ihm Schlasrock und Pantoffeln zurecht, bereitete ihm eigenhändig den Thee, las die Zeitung vor und hatte tausend kleine Aufmerksamkeiten für „Onkclchen". Ihm war gar nicht wohl, wen» er das lächelnde, schelmische Gcstchtchen nicht um sich sah. Denn bei Anuy waren alle Erinnerungen an ihre trübe Jugendzeit abgestreift, und erst jetzt kam ihre rechte Natur znm Durchbruch. Sie zeigte sich stets heiter und übermütig, manch toller Streich kam aus ihre Rechnung. Man ließ cs ihr ruhig hingehe», da man sic noch immer als Kind behandelte. Am meiste» liebte sie cs, allein durch Feld, Wald oder Park zu stressen. Dazu bot ihr die Umgebung ihrer neuen Heimat reichlich Gelegenheit. Hans, der Sohn des Hauses, war inzwischen zum Oberleutnant anfgerückt, aber noch immer hatte sich der Herzenswunsch seiner Mutter, ihn verheiratet zu sehen, nicht erfüllt. Nun machte sic wieder allerlei Pläne, — vielleicht, daß Auny ihn zu fesseln vermochte. Vorläufig war dazu freilich sehr wenig Aussicht, und die gelegentliche», dahin zielenden Aeußerungen Frau Minnas fielen auf unsrnchtbarcn Boden. Allerdings hatte sic schon beobachtet, daß über Annas Gesicht jedesinal ein freudiges Erröte» huschte, wenn Hans sich ihr nahte, aber dieser behandelte sic durchaus nicht als erwachsene Dame. Er neckte sich gern mit ihr, erfreute sich an ihrem munteren Wesen, an ihren klngc» Einfällen und natürlichem Witz, sowie an ihrem frischen, reizenden Lachen. Sie nahm unwillkürlich jeden gefangen, der sie näher kennen lernte. Die Kameraden, die Hans gelegentlich mit nach Hanse brachte, machten dem schlanken, hübschen Mädchen sämtlich die Kur, doch Anny schien darauf wenig Gewicht zu legen. Fonschung s°lg«. Nachrichten des K. Standesamteszu Rcichcnbrand vom 2». Oktober bi» 4. November 1»N4. Geburten: Dem Gcschästdgrhilscn PmN Richard Alsr-d Holle in Siegmar l Knabe. Aufgebote: Vakat. Sheschtieffungeu: Vakat. Sterbefällc: Dem Reisenden Friedrich August Werner Boa- hoff in Siegmar I Sohn, l Jahr alt. Srpedilionszeit des Slandeoamtes. Wochentags: 8—12 Uhr vorm, und 2—8 Uhr nachm. Sonntag«: >/.I2—12 Uhr vorm, nur zur Entgegennahme von Totgcburiaaozeigcn. Nachrichten des Kgl. Standesamtes Rabenstein vom 28. Oktober bis 4. November I»«4. Geburten: 1 Sohn dem Gutspächter Hermann Albin Molch, dem Kernmacher Paul Otto Jrmscher. 1 Tochter dem Gntü- bescher Emil Richard Gerstenberger, sämtlich in Rottluff wohnhaft, 2 Mädchen dem Handarbeiter Ernst Hermann Rothe in Rabenstein. (Kheaufgebote: Der Handschuhstricker Mar Richard Müller mit Frieda Elsa Martin, beide in Rabenstein. Gheschliehungen: Keine Tterbcsälle: 1 Tochter dem Kettenarbeiter Ernst Emil Jrm- scher in Rabenstein, 1 Jahr alt. Zusammen: 5 Geburten und zwar 2 männl. und weibl. 1 Eheauspcbot. — Eheschlickunli. 1 Sterbcfall und zwar 1 weibl. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 23. Sonntag p.lnn. den 6. Novbr. n. c. vorm. 9 Uhr Prcdigtgottesdienst. Parochie Rabenstein. Am 23. Sonntag ».Min. den 6. Novbr. s. c. vorm. 9 Uhr Prcdigtgottesdienst. — Freitag den tl. Novbr. vorm. 10 Uhr Wochenkonnnuuion. Herr Pf. Schwcn- Röhrsdorf. AcWiHhik-lliitmiiht. Der angekündigtc Kichn« in der Wabelsberger'- schrn Stenographie beginnt Freitag den 18. November 1NV4 abends 9 Uhr im Wendler'schen (Yasthose hier. Gefl. Anmeldungen werden iin Vcreinslokal ent- gegengenommen. Der Gabclsberger'sche Stenographeuvcrein zu Reichenbrand. König!. Sachs. Moniag den 7. November abends >/,9 Uhr !m BereinSlokal Monatsversammlung. Wegen wichtige» VereinSangelegcnheiten allseitiges Erscheine» der Mitglieder dringend erwünscht. Die BisitationSvorstehcr, welche ihre Kalender »och nicht haben, werden ersucht, diese am Bereinsabend mU adholcn zu wollen. Mit kameradschastlichem Grub der Vorsitzende. zur 147. Kgl. Süchs. LaudeSlottrrie iZlehnng der I. Klaffe 7. und s. Dezember! aus der »lülttill »II Hill» illlll itlfls llisilil empfiehlt die Verkaufsstelle von kiM vi'kebslkl' K.. Rrichrnbrand. ff. MI. AiMeiM. ff. «er. AembmM Lai frisch eingekoffeil, sowie täglich frische Kieler Speckbülklinge empfiehlt billigst D»»Lt Uriiupl« Siegmar, Limbachersk-, Ecke NoSmarinstr. Ich enwfehle von jetzt ab täglich t». 3 Stück 10 Pf., gefüllte ä St. 5 Pf. 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