Volltext Seite (XML)
Marke» trage» Zinsen. Wen» nun die Einlagen regel mäßig erfolgen, so bilden sic in acht Jahren ein recht hübsches Sümmchen. Kommt dann der Knabe oder das Mädchen ans der Schnlc, so ist zur Deckung der nicht unerhebliche» Ausgaben ein recht wohltuender Fond vorhanden. Welcher Beliebtheit sich unsere Schulsparkassc erfreut, das zeigt der uns vorliegende Jahresbericht. Nach demselben sind im verflossenen Jahre cinschlicsilich der den Kindern gutgcschriebcncn Zinsen i>i>k>7 Mk. i>8 Pf. gespart worden, eine Snmmc, die bisher noch nicht erreich! wurde. 40li-l Mk. i>8 Pf. konnten an die vorjährigen Konfirmanden znrückgczahll werden. Die Forderung der sparenden Kinder betrug am Jahresschlüsse 1W3 nicht weniger als lU21I Mk. 5!> Pf. Diese Snmmc ist in zwei mündclmäßigcn Hypotheken, i» Rcichsanlcihc und in hiesiger Gcmcindc- sparkassc zinsbar nnd sicher angelegt. Möge der Sinn für das Sparen, welcher durch diese Einrichtung in den Kindern geweckt wird, auch nach der Schulzeit erhalten bleiben, damit zur Wahrheit werde: „Jung gewohnt, alt getan." Eingesandt. Das vom Stenographenvcrei» „Gabelsberger" in Nabcnstei» am vergangenen Sonntage abgchaltene Chrislbanmvergnügcn, das zugleich eine Huldignngs- fcicr für den Gcistcshcld Gabelsberger sein sollte, wird stets ein Ehrenmal in der Geschichte dieses Vereins bleiben. Zur Unterhaltung der zahlreich er schienenen Mitglieder — der geräumige Saal des Nichlcr'schcn Gasthofcs war voll beseht — führten mehrere Mitglieder das dramatische Hnldignngsgcdicht „Die Brantfahrt der Stenographie" ans. Die bilder reiche, poesievolle Sprache, der gcdankentiefe Inhalt der Dichtung, die weit über das gewöhnliche Niveau des dilettantischen Theaterspicls hinausgchcndc Dar stellung, die farbenprächtigen Kostüme, alles das übte ans die Anwesenden einen fesselnden Eindruck aus, der sich in der lautlosen Stille, mit welcher man die zirka 1 Stunde dauernde Vorführung in gespanntester Anfincrlsamkeit verfolgte und in dem stürmischen Bei- fallsransch kundgab. Einen ebenso starken Eindruck erzielte der Scrpen- tincnreigcn zn dem Walzer „Mein Rabenstein". Text der Dichtung, der Walzer und die turnerischen Zu sammenstellungen stamme» von einem Mitglied des Vereins, wenn ich nicht irre von Herrn Lehrer Nau. Der sorgfältig cingcübtc Neigen übte einen sinnbc- rückcnden Eindruck aus; das graziöse Hin- und Her- Woge» der 12 Rcigendamcn, die durch das zierliche Schwingen der bunten Gewänder erzeugte» großartige» Lichtcffckte, die herrlichen Gruppcnstcllungen, der lieb liche Gesang erzielten eine nnbestrittcnc großartige Wirkung. Ein Elfentanz war cs von herrlicher Schön heit. Der innncr wieder sich äußernde jubelnde Bei fall mag für den Schöpfer des Reigens, sowie für die ausführenden Damen ein kleiner Lohn für die viele Mühe sein, die eine so tadellose Aufführung eines Reigens erfordert. Auch dem Humor hatte man Rech nung getragen. Die »nt virtuoser Schncidigkcit in vorsündflntlichcn Gewändern lustig zum Tanze lockende Damenkapelle entfesselte einen Sturm der Fröhlichkeit. Da konnte es kein Wunder sein, daß der Abend alle Anwesende» mit echter Heiterkeit erfüllte nnd kein Mißton das schöne Fest störte. Ein Limbacher Kunstgenossc. Original -Roman von Irene ».Hellmuth. 02. Fortsetzung.! Frau Lindes Lieblingswnnsch war es nun einmal, daß Hilda nnd Sigmund ein Paar würden, nnd sic wußte van Hilda sowohl, als auch von deren Mutter, daß dieser Verbindung nichts im Wege stand, wenn Sigmund nur wollte. Aber »»begreiflicherweise schien er blind zu sein für alle Aufmerksamkeiten, die man ihm erwies. Wußte er denn den Wert des Geldes wirklich so schlecht zu schätzen? Erkannte er nicht, welcher Vorteil sich ihm durch diese Verbindung bot? Die alte Dame blickte den Sohn ganz entrüstet an. „Eva war nicht bei mir," sagte sie auch mit einer an ihr ungewohnten Strenge. „Sie wird wohl zu Hause sein. IlcbrigcnS begreife ich auch gar nicht, was Dich veranlaßt — —." Er ließ die Mutter nicht ansrede». „Zn Hanse ist Eva aber nicht," brach er ungestüm ans, „ihre Mutter sagte, sic wäre mit Fräulein Hilda wcggcgangcn. Hilda lachte spöttisch. „Sehen Sic, daß ich recht hatte," wandte sie sich an die Mutter des Doktors. Doch dieser fuhr ans: „Ich sage Ihnen — cs ist Lüge — gemeine Lüge — Dann besann er sich und ging rasch einigemal im Zinnncr ans nnd ab. Fräulein Hilda machte ein sehr gekränktes Gesicht, die weißen Zähne bohrten sich in die Unterlippe. Der Doktor blieb vor ihr stehen. „Sic waren doch heute bei Eva, nicht wahr?" „Ja," erwiderte sic kurz und schnippisch. „lind ging sic nicht mit Ihnen?" „Nein! Sic behauptete, keine Zeit zu haben!" „Das ist seltsam," murmelte Sigmund, seine Wanderung durch das Zimmer wieder ausnehmend. Warum sagte man ihm nicht die Wahrheit? Welchen Grund hatte die alte Frau, ihn zn belügen? Wußte Eva darum? Wollte sie ihn zum Besten halte»? Auf alle diese peinigenden Fragen konnte er keine Antwort finden. Er fühlte es ordentlich als Erleichterung, als Hilda sich bald darauf verabschiedete. Die junge Dame fand es geradezu empörend, daß er sic nicht einmal die Treppe hinab begleitete, wie er sonst stets getan. Heute mußte die Mutter dies besorgen. Doch auch sie war zerstreut nnd einsilbig, ihre Gedanken weilten in banger Besorgnis bei dem geliebten Sohn, dessen ausfallendes Gebühren sic seltsam erregte. Als sie eben wieder ins Zimmer trat, hatte er bereits den Hut in der Hand und stand im Begriff, an ihr vorbei zn gehen. „Wohin willst Du denn nun schon wieder? Bist ja eben erst gekommen." „Ich — gehe noch ein wenig aus, Mutter ich habe Kopfschmerzen, und die Lust ist heute Abend so mild, das wird mir gut tun." Sie merkte cs, er wich ihr ans, nnd eine tiefe Bitterkeit sprach ans ihrer Stimme, als sic cntgcgnctc: „Darf ich nicht wissen, was Dir fehlt - ich, Deine Mutter?" „Später — später, jetzt kann ich nicht." Kopfschüttelnd sah sic ihm nach, wie er rasch da von eilte. Draußen atmete er ein paar Mal tief ans. Er drückte den Hut fest in die Stirn nnd spähte wieder aufmerksam nmhcr. Doch nur einzelne Fußgänger waren zu erblicken. Die Laternen flackerten trübe hi» und her, von fern tönte das Bellen eines Hundes. Drüben bei Scnncbach schloß inan eben den Laden nnd die beiden großen Auslagcfcnster. In jedem derselben hing ein riesiges Plakat: „Rote Alpcnroscn- seifc, beste Toilcttcnscisc der Welt, hier zn haben." Wie oft hatte Sigmund das schon gelesen. Als er noch ein Knabe war, da stand er immer vor den hohen, mächtigen Scheiben und bewunderte de» gelben Löwen ans Seife, der nun schon Jahrzehnte lang hier zu sehen war und der den Vorübergehenden ver kündete, daß man hier die beste Waschseife kaufe. Mechanisch schaute Sigmund zn, wie der schwere Rollladen langsam hcruntcrgelassen wurde nnd schließlich den zähnefletschenden Löwen ganz verschwinden ließ Kichernd traten gleich darauf die beiden jungen Ver käuferinnen aus dem Hause. Sie blieben sichen und Sigmund trat in de» Schatten Zurück, um nicht gesehen zn werden. „Paß nur auf," sagte die eine, „Fräulein Hilda bekommt ihren Doktor doch noch. Kein Wunder, daß sic so verliebt ist in ihn, er ist ein netter Kerl. Aber wo steckt denn heute mein Eduard? Er wird in der letzten Zeit recht unpünktlich; ich nmß ihm einmal den Standpunkt klar machen." Die Mädchen schritten weiter und spähten nach „Eduard" ans, während Doktor Linde über die Straße ging und dann lauschend stehen blieb. „Ob Eva nun zu Hause ist?" fragte er sich, „ob ich noch einmal hincingehe?" Unwillig über sich selbst schüttelte er den Kopf, und doch fühlte er, daß die Ungewißheit nur schwer zn ertragen war. Durch eine kleine Ritze des Fenster ladens schimmerte Licht, er versuchte hindnrchzuspähcn, aber es war unmöglich, etwas zn sehen. „Ich bin ein rechter Narr," schalt er sich dann, „hier herum- zuschlcichen wie ein verliebter Primaner — das ist doch zu dumm!" Damit wandte er sich nni und wollte nach Hause zurückkehren, als er einem ehemaligen Studiengenosscn gerade in die Hände lies. Der junge Ma^i hatte sich als Rechtsanwalt niedergelassen nnd zeigte sich sehr erfreut, als er den Doktor erkannte. Die Beiden drückten sich herzlich die Hand. „Nun, Freundchen, wohin?" „Ich bin eben im Begriff, nach Hause zu gehen," war die rasche Antwort. „Also immer noch so solid, wie früher I Sag' einmal, was machst Du denn eigentlich den ganzen Abend daheim?" Dem junge» Rechtsanwalt lachte der Ilebcrmut förmlich aus den Augen, er packte Sigmund an der Schulter und schüttelte ihn hin und her. „Ach, ich habe einen Einfall, Freund," rief er lustig, „komm doch eiumal mit tu den Klub, — Mensch, schließe Dich nicht immer von jeder Gesell schaft aus! Du findest bei uns lustige Kameraden, herrliche» Wein," — er schnalzte dabei mit der Zunge, — „und Gesang, — nur keine Weiber, — die sind ausgeschlossen, denn die Weiber verderben unsercinem nur die Laune, wir sind lauter geschworene Jung gesellen! — Was stehst Du denn o steif da? Komm, ich wette, Du wirst bald hcimi ch bei uns werden, das Leben lacht, cs ist ja so schön!" Er drehte den Freund gegen das Licht der Laterne zu, um so seine Miene besser studieren zu können. „Brr," rief er dann, und schüttelte sich, „was machst Du für ein Gesicht! — Wie Essig! Gewiß steckt wieder ein Weib dahinter!" Damit schob er ohne Weiteres seine» Arm in den des Doktors und zog den halb Widerstrebenden mit sich fort. — Im Klub wurden die Ankömmlinge mit lautem Hallo begrüßt. Es verkehrten da in der Tat nur unge, unverheiratete Männer. — Durch eine Ver heiratung schloß sich jedes Mitglied von selbst aus dem Verein aus, — so lautete einer der Vereins- Paragraphen, — und ein anderer Paragraph bestimmte, daß jeder Ncu-A»szunchmendc zehn Flaschen Sekt zu bezahlen hatte. Sigmund Linde fand zwar wenig Gefallen an der lauten Fröhlichkeit, die hier herrschte, das war ganz und gar nicht nach seinem Geschmack, aber nach nnd nach wirkte die allgemeine Heiterkeit ansteckend aus ihn. Scherzworte flogen hin und her, und hie und da beteiligte er sich an der Unterhaltung. Man fand bald heraus, daß der Doktor klug nnd geistreich war, nnd einen angenehmen Gesellschafter abgebcn wurde. Deshalb redeten sie ihm so lange zu, bis er versprach, dem Klub als jüngstes Mitglied bcizntreten. Da erreichte die Freude ihren Höhepunkt. Das mußte begossen werden. Sigmund leistete als „Ab schlag" einstweilen fünf Flaschen „Mnm". Platt ließ ihn hochlcbcn, hielt begeisterte Reden und einer suchte den andern an Geist und Witz zn übcrbietcn. Einige der jungen Leute schlugen ein Spielchen vor, was allerseits lebhafte Zustimmung fand. Anfangs blieb Sigmund dein Spiele fern. Doch der feurige Wein begann bereits seine Wirkung zn tun. Es bedurfte nur noch eines kleinen 'Anstoßes, und der junge Doktor saß an dem mit grünem Tuch bezogenen Tisch. Seine Augen hingen an den rollenden Geldstücken, von denen bald ein ansehnliches Häufchen vor ihm lag. — Es freute ihn, daß er gewann — unaufhörlich, immerzn. — Je weiter die Nacht vorrückte, desto höher stieg die Freude, die Lust. Man spielte hoch, und die erhitzten Köpfe der Spieler, uni die sich eine Gruppe von Zuschauern gebildet hatte, zeugten von der 'Auf regung, die sich zuletzt aller bemächtigte. Das Spiel war beendet. Ei lige der Besonnenen hatten es nicht ohne Mühe vermocht, die Sache zum Abschluß zu bringen. Als Sigmnnd den Gewinn des Abends einstrich, da sagte er sich, während er das blinkende Gold in der Hand wog, daß er in seinem Leben noch nichts so mühelos verdient hatte, wie dies. Aber er sollte „Revanche" gebe» — morgen. Lachend versprach er cs. „Hüte Dich," raunte ihm sein Freund, der Rechts anwalt Fritz Engelhardt, zu.' „Die Mitglieder imscrcS Klubs sind meistenteils vermögende junge Leute. Sie spielen stets leidenschaftlich und um hohe Summen und können de» Verlust leicht verschmerze». Lasse Dich, verblendet dnrch diesen Gewinn, nicht verleiten, wieder zu spielen. Da ich Dich fast gewaltsam hierhcr- gcschlcppl, fühle ich etwas wie Verantwortung für das, was Du hier tust. Ich ivill nicht, daß Du an diesem Treiben Teil nimmst. Du sichst, ich halte mich ebenfalls fern, weil ich keine so hohen Summen riskiere» kann. Es sollte mir leid tun, wenn Du in diese» Strudel gezogen würdest." Der Doktor lächelte. Man sah ihm unschwer die Freude an, die ihm der Gewinn bereitete, und Fritz Engelhardt beschloß, über dem Unerfahrenen zu wachen, damit er vor späteren Verlusten bewahrt bliebe. Der Rechtsanwalt fürchtete für den Freund, und bereute beinahe, ihn mitgenommen zn haben. Er hatte den selben während des Spiels genau beobachtet nnd da bei herausgcfundcn, daß cs für Sigmund Linde sehr leicht zur Leidenschaft werde» konnte, die, wenn sie einmal entfesselt war, sich nicht so leicht wieder cin- dännncn ließ. Die glänzende» Augen beim Einstreichcn des Gewinnes redeten eine zu deutliche Sprache, und Sigmund hatte offenbar eine riesige Freude an den blinkenden, gleisenden Goldstücken, von denen er nie viel besessen. Es war sehr spät geworden, als Sigmnnd von de» neuen Freunden Abschied nahm mit dem Ver sprechen, sich bald wieder cinsindcn zu wolle». Die Mutter, welche die Sorge um den Sohn nicht schlafen ließ, hörte seinen heute ungewöhnlich schwere» Schritt aus der Treppe. Sie rief ihn in ihr Schlafzimmer. Angstvoll schaute sic in sein gerötetes Gesicht, er setzte sich auf den Bcttrand nieder, zog seinen Gewinn ans der Tasche und warf eine Hand voll Geldstücke aus die Bettdecke, daß sic klingend und klappernd niedcrfielen. „Um Gottrswillen," rief die alte Dame erschrocken, „woher hast Du das viele Geld?" „Keine Sorge, Mütterchen, —" lachte er, „ich habe es im Spiele gewonnen, es ist mein!" Frau Linde starrte darauf nieder mit trüben Augen. „Du hättest nicht spielen sollen," sagte sic, tonlos: doch unterließ sic es, weiteres hinzuzufügen, weil sic zu bemerken glaubte, daß er sehr erregt war. „Morgen ist auch noch ein Tag," sagte sie zu sich selbst, „ich werde cs ihn, morgen sagen." Aber sic kam nicht dazu, denn schon in aller Frühe wurde Sigmund zu einem Kranken geholt. Die