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zeigte er dem Mädchen gegenüber eine Anhänglichkeit, die durch nichts erschüttert wurde. Etwa eine Viertelstunde mochte Lori gewandert sein, als ein herrlicher Fichtenwald sie aufnahm. Hier war es so angenehm kühl und frisch, nichts störte die Einsamkeit; nur das muntere Singen der Vögel, die dem Schöpfer ihr Morgenlied darbrachten, war hörbar. Lori befestigte an den Bäumen ihre Hängematte und machte sich's darin so bequem als möglich. Bald hatte sie sich dermaßen in den Inhalt ihres Buches vertieft, daß sie alles ringsumher darüber vergaß. Wohl eine Stunde mochte sie schon gelesen haben, als plötzlich ein unterdrückter Schrei und das wütende Gebell des Hundes die junge Dame heftig erschrocken auffahren ließen. Eilig warf sie das Buch zur Erde. Indem die Ahnung sich ihrer bemächtigte, daß Tyras einen Streich vollführt habe, rannte sie ohne Besinnung der Stelle zu, woher das Bellen kam. Fast gelähmt vor Schreck stand sie gleich darauf still und starrte auf das Tier, das wütend immer wieder an einem jungen Mann emporsprang, der sich ver gebens der Angriffe zu erwehren suchte. Aus dem Aermel seines Nockes war ein Stück herausgerissen und noch immer zerrte Tyras in grenzenloser Wut an demselben herum. Ein einziger Ruf Loris brachte den Hund an ihre Seite. Das Tier war jetzt wie nmgewandelt und trottete mit eingezogenem Schweif nebenher, während ihm Lori mit drohender Geberde zurief: „Na warte nur, du sollst deine Strafe haben, das sage ich dir! Dn wirst jetzt eingesperrt, du heil loser Wicht!" Die junge Dame war von der durch Tyras hervorgerufenen Scene aufs Peinlichste berührt; sie kam auf den fremden Herrn zu und indem sie die Hände zusammenschlug, rief sie angstvoll: „Um Gottes willen, wie sehen Sie aus! — O, wie leid mir das thut! — Papa wird Ihnen den Schaden ersetzen, — ach, ich bin außer mir, verzeihen Sie, ich kann nichts dafür, ich — ich " sie stockte. Der junge Mann schaute nur immer iu die flehend auf ihn gerichteten tiefblauen Augen, die, von dunklen Wimpern beschattet, ihn so bittend und selbstvergessen anschauten, daß er iu dieser Sekunde des zerrissenen Rockes vollständig vergaß. Als aber Lori noch einige Schritte auf ihn zukam, faßte er sich endlich, ergriff die Hand, die sie ihm in ihrer Verlegenheit unbewußt entgegenstreckte, und fiel ihr lächelnd ins Wort: „Aber, mein Fräulein, beruhigen Sie sich doch, ich bin selbst schuld an der Geschichte, weil ich den Hund neckte; allerdings konnte ich nicht wissen, daß das Tier so bösartig ist." „Tyras kann freilich das Necken nicht vertragen, allein so hat er sich noch nie gezeigt," unterbrach Lori den jungen Mann, der sie wiederum so eigen anstarrte, als sähe er eine überirdische Erscheinung; dabei senkte das Mädchen errötend die Augen zu Boden, und fügte schüchtern hinzu: „Tyras wird in Zukunft einen Beißkorb tragen müssen. Wenn ich nur wüßte, wie ich den Schaden einigermaßen wieder gut machen könnte." „Besorgen Sie nichts, mein Fräulein," lachte der junge Mann, „es ist zwar schade um meinen neuen Sonntagsrock, aber ich habe Gott sei Dank noch mehrere Röcke, Sie sehen also, das Unglück ist nicht so groß." Ueber das männlich schöne Gesicht des Sprechers zuckte es wie Schelmerei, aus den dunklen, klugen Augen blitzte der Mutwillen. Während er sich mit der Hand durch das leicht gewellte, rötlich blonde Haar strich, fügte er in scherzhaftem Ton hinzu: „Was nur mein Vater sagen wird, wenn ich in diesem Auf zuge nach Hause komme! Na, jetzt setzt es wenigstens keine Hiebe mehr, aber wenn ich als kleiner Junge auf die Bäume kletterte, und mit zerriffenen Kleidern heimkam, da blühte mir schon so etwas." Er machte die unzweideutige Bewegung des Durchbläuens, und Lori mußte wider Willen lachen. „Aber Sie können sich doch unmöglich so wie Sie da sind, vor jemand sehen lassen," meinte sie, wieder ängstlich werdend. „Was sollen die Leute davou denken? Ich könnte Ihnen, wenn Sie mit mir gehen wollten, den Rock wenigstens notdürftig flicken." Das könnten Sie gleich hier besorgen, mein Fräulein, sofern Sie sich wirklich diese Mühe machen wollten. Ich trage schon seit meinen Studentenjahren, wo ich mir im Uebermnt öfters die Hosen zerriß, ein Taschennähzeug bei mir, ich bin das so gewöhnt, — wollen Sie wirklich so liebenswürdig sein, mir zu helfen, bin ich Ihnen sehr dankbar." „O gern, — recht gern!" Er zog ein kleines Etui hervor, und reichte es Lori hin. „Bitte, suchen Sie etwas aus, was Sie brauchen können." Es war ihm ersichtlich viel weniger um die Reparatur seiues Rockes, als darum zu thuu, möglichst lange die Gegenwart des lieblichen Mädchens zu ge nießen. Er warf den runden Strohhut, den er bis her in der Hand gehalten, auf den Boden, und ließ sich iu das weiche Moos nieder, um Lori, die ihm mit ihrer zierlichen Gestalt kaum bis an die Schulter reichte, das Nähen möglichst bequem zu machen. „Haben Sie einen weiten Weg nach Hause?" fragte Lori zögernd und schüchtern. „O nein, ich glaube auch kaum, daß mir auf der kurzen Strecke jemand begegnen wird. Meine Heimat ist drüben der Lindemannshof, wenn Sie den kennen, Fräulein." (Fortsetzung folgt.) Mannigfaltiger. — BeleuchtetdieTreppen. Mit dem Kürzer- werden der Tage seien die Besitzer und Verwalter von Grundstücken an die Flur- und Treppenbeleuchtung erinnert und im öffentlichen, wie in ihrem eigenen Interesse aufgefordert, für genügende Beleuchtung zu sorgen. Die Meinung vieler, daß letztere nur während bestimmter Monate einzutreten hat, ist falsch. Die Beleuchtung der Treppen hat vielmehr ohne Rücksicht auf die Jahreszeit stets vom Beginn der Dunkelheit, bezw. von dem Zeitpunkt an, an welchem die Straßen öffentlich beleuchtet werden, anzufangen und hat so lange, als der regelmäßige Verkehr in dem Hause dauert, bezw. bis zu dem Zeitpunkt, wo das Haus verschlossen zu werden pflegt, anzudauern. Hierbei sei bemerkt, daß nach einer Entscheidung des Reichs gerichts denHauswirth dieVerpflichtung zur Beleuchtung trifft, da der Hauseigenthümer, der in der Ausnützung seines Eigenthums Mitbewohner aufnimmt und dadurch oder auf andere Weise einen Verkehr in dem Hause herstellt, auch die Pflicht hat, dafür zu sorgen, daß bei dem von ihm hergestellten Verkehr andere durch die Anlage des Hauses an ihrem Körper keinen Schaden erleiden. — Zum Thema „Baar bezahlen!" erzählte iTc. Weber auf der Düsseldorfer kirchlich sozialen Konferenz ein gutes Stücklein: In Hannover hatte sich die Tochter des Landesdirektors vorgenommen, arme, geringe Leute, die in den vierten Stockwerken und in den Hinterhäusern ihrer Straße woknten, auf zusuchen. Sie kommt zu einem armen Schneider. Seine Schwäche, das Aussehen seiner Kinder zeugen von Darben'und Entbehren. Die Besucherin erfährt als Grund dieser Noth, daß viele Kunden ihre Anzüge schuldig geblieben sind. Insgesamt handelt es sich um mehr als 1000 Mark; sie fragt nach der Adresse der Schuldner und hört manche ihr bekannte Namen reicher Leute. Zu Hause setzt die muthige Dame sich hin und bittet die Herren brieflich um Bezahlung ihrer Schuld. Die Gelder sollen sehr schnell eingegangen sein. — Der Fluch der Bettlerin. Ein junges russisches Ehepaar aus wohlhabender Familie, Iwan und Eva Dimiroff, miethete sich nach Beendigung seiner Hochzeitsreise eine reizende Villa in Ivry unweit von Paris, an den Ufern der Seine. Statt des erhofften Glücks ereilte die jungen Leute hier eine ebenso un verdiente, wie erschütternde Katastrophe. In wenigen Tagen hatte sich das Gerücht von dem Reichthum und der Gutherzigkeit der Fremden in der Gegend verbreitet. Bettler und Landstreicher strömten herbei, und keiner wurde mit leeren Händen von den Pforten der Villa entlassen. Diejenigen, welche ihr Herz besonders rührten, ließ die junge Russin in die Küche führen, wo ihnen ein solides Mahl aufgetragen wurde. Zu diesen Bevorzugten gehörte auch eine alte, mehr als 80jährige Bettlerin, welche sich, gebeugt, und von einem unablässigen Schauer geschüttelt, an einem knotigen Stock dahinschleppte. Ihres unheimlichen Aussehens halber nannte man sie die Hexe. Ermuthigt durch die Güte der Frau Dimiroff, klingelte die Alte eines Tages drei Mal an dem Villeneingang und wurde auch drei Mal iu gastfreundlichsterWeisebewirthet. Zum Schluß — es war schon spät abend geworden — schien sich die Alte so behaglich zu fühlen, daß sie das Haus nicht verlafsen wollte. Endlich mußte sie Frau Dimiroff am Arm nehmen und lächelnd hinaus geleiten. Da aber gerieth die Alte in Wuth und stieß, mit der Faust drohend, folgende Worte aus: „Sie werden sich an mich erinnern. Denken Sie daran, was ich Ihnen sage: von heut in dreizehn Tagen, zu derselben Stunde, werden sie tot sein!" Frau Dimiroff, welche etwas abergläubisch war, schien durch diese Drohung ganz erschüttert zu sein. Vergebens versuchte ihr Gemahl in den nächsten Tagen sie zu trösten und zu zerstreuen. Da Frau Eva immer nervöser wurde, so bestimmte sie der Gatte, mit ihm eine Reise nach der Schweiz zu unternehmen. Der Wechsel des Aufenthaltsortes vermochte jedoch nicht die Erinnerung an das Ereigniß von Ivry im Geiste der jungen Frau zu verwischen. Mitten unter aller hand Zerstreuungen bemerkte sie plötzlich: „Noch drei Tage!" „Noch zwei Tage!" — Als endlich der gefürchtete Tag kani, erhob sich Frau Dimiroff nach einer durchwachten Nacht in aufgeregtestem Zustande. Um die Abendzeit starrte fie mit weit aufgeriffenen Augen in eine Zimmerecke und deutete ihrem Gatten auf die Gestalt der „Hexe" hin, die fie dort zu sehen glaubte. Die Arme war vor Furcht wahnsinnig geworden. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 18. Sonntag p. Irin, den 28. September L. c. Vorm. 9 Uhr Erntedankfestgottesdienst (Turnhalle Reichenbrand). Parochie Rabenstein. Am 18. Sonntag p. Drin, den 28. September L. c. Erntedankfest. 8 Uhr Beichte. 4^9 Uhr Festgottes dienst mit hl. Abendmahl. Kirchenmusik: der 100. Psalm, von Moritz Vogel. Nachrichten des K. Standesamtes zu Reichenbrand vom so. bis SS. September 19V2. Geburten: Dem Handarbeiter Karl Eduard Jentzsch in Reichenbrand 2 M.; dem Strumpfwirker Karl Oskar Drechsler in Reichenbraud 1 M-; dem Buchhalter Max Richard Starke in Siegmar 1 M.; dem Strumpfwirker Emil Max Schulze in Reichenbrand 1 M.; dem Kaufmann Carl Rich. Döhler in Reichenbrand 1 M.; dem Former Robert Emil Thost in Siegmar 1 K.; dem Fabrikant Anton Dürrschmidt in Sieg mar 1 M.; dem Eisendreher Ernst Max Schwalbe in Sieg mar 1 M-; dem Brauer Gustav Adolf Kirchner in Reichen brand 1 M.; dem Eisengießer Ernst Emil Funke in Reichen brand 1 M-; dem Kaufmann Max Erhard Georgi in Sieg mar 1 M., todtgeboren. Aufgebote: Weber Carl Heinrich Schwabe in Hohenstein-Er. mit der Strickerin Johanna Rosa Rüger in Reichenbraud. Eheschließungen: Vacat! Sterbefälle: Dem Kaufmann Emil Arthur Gärtner in Sieg mar 1 K-, 4 Monate alt; der Hausbesitzerin Alma Marie verw- Brödner geb. Groß in Reichenbrand 1 K., 3 Monate alt. Krpeditionszeit des Standesamtes. Wochentags: 8—12 Uhr Vorm, nnd 2—6 Uhr Nachm. Sonn- und Festtags geschlossen. Nachrichten vom Kgl. Standesamt Nabenstein vom 18. bis SS. September Ivos. Geburten: EinSohn: Former Robert Arthur Buchner, hier. Einkäufer und Haudschuhgeschäftsgeh. Otto Reinhard Kühn hier, (1 Todtgeburt). Eine Tochter: Strumpfw. Bruno Theodor Eichner hier. Kaufmann Johann Josef Dürr hier. Gürtler Emil Max Klitzsch hier- Der led. Besetzerin Frieda Lina Keil hier- Tischler Ernst Alwin Wieland, Rottluff. Der led. Handschuhstrickerin Therese Paula Elsa Reinhold, Rottluff. Eheaufgebote: Färber Rich. Herm- Starke hier mit der Handschuhstrickerin Hedwig Johanne Melzer hier. Strumpfw. Bruno Hermann Starke hier mit der Handschuhstrickerin Helene Kamilla Weidmüller hier. Eheschließungen: Eisendreher Ernst Otto Schulze, Reichen brand, mit der Geschästsgehilfin Julie Martha Uhlmann hier. Stcrbcfälle: 1 Sohn des Fabrikarbeiters Karl Friedrich Merkel in Rottluff, 5 Wochen. 1 Sohn des Fabrikarbeiters Rich. Reinhold Heitzig in Rottluff, 4 Mouate. Der ans- Strumpfw. Robert Clemens Georgi hier, 50 Jahre. Zusammen: 8 Geburten und zwar 2 männl-, 6 weibl-, darunter 1 Todt- 2 Eheaufgebote. sgeburt. 1 Eheschließung. 3 Sterbefälle und zwar 3 männl. Beim Gemeindeamt Rabenstein zum Aushang am Amtsbrette von auswärts eingegangene Eheaufgebote vom L. bis IS. September n. o.: Friedrich Otto Zander, Stellmacher, Löbtau, mit der Haus tochter Clara Margarete Hösel, Dresden. küenbsbn-fahrplan. Gütig vom 1. Oktober 1902 ab. Bon § nach Chemnitz Nachts 1248 Früh 3°» — 5»° Vorm. 628 (Nur am Werktage nach Sonn- ».Festtagen) Vorm. 6»4 72z — 8°s — 945 — H«r Nachm. 1285 135 negmar nach Hohenstcin-Er. Nachts 1°2 (Nur in der Nacht nach Sonn- u. Zesttagen) Früh 4°8 — 558 Vorm. 6»8 — 937 — 10°s Nachm. 1227 — 2°l — Z24 448 Abends 6°5 (Nar am Werktage Von Nicolai nach Siegmar Nachts 14» (Nur in der Nacht nach Sonn- u. Festtagen) Früh 444 — 54g Vorm. 64» — 928 — 1044 Nachm. 12'8 — 244 — 313 43g — 55s (Nur an: Werktage vor Sonn- u. Festtagen) Abends 6°5 — 685 703 (Nur am Werktage vor Sonn-u. Festtagen) Abends 78° — 948 — 11°» — 359 Abends 62» 710 84° — 854 — 1033 Abends 645 645 713 Werktage u. Zesttagen) 740 92« 1148 Abends Von Na nach Limbach Vorm. 824 Nachm. 14l 123 Abends 822 lbenstein nach Wüstenbrand Vorm. 64° Nachm. 1248 — 31° Abends 7°4