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in seiner Macht steht. Wenn am 7. und 8. Juli im ganzen Sachsenlande die freiwilligen Helfer der Sammeltätigkeit mit ihren Buchsen von Haus zu Haus gehen, dann öffne ein Jeder sein Herz den Gefühlen mitleidiger Liebe, öffne jeder seine Börsen und spende so reichlich er kann. Wenn auch die Hilfeleistung für unsere deutschen Gefangenen heute schon eine ausgedehnte ist, viel Leid und Kummer durch sic schon behoben, so manchem das Gefühl der Zugehörigkeit zur deutschen Heimat wieder erstarkt ist, so bleibt doch noch viel, unendlich viel für die große Masse unserer armen notleidenden Kriegs- und Zivilgefangenen zu tun übrig. Namentlich für die letzteren konnte bisher nicht in dem Maße t werden, wie gerade sie es verdient haben! it besonderer Dankbarkeit mögen an den Tagen der Spende auch all die Vielen der Sammlung gedenken, denen cs beschicken gewesen ist, durch die bereits bestehenden Ge- fangenen-FLrsorge-Organisationen, namentlich durch unsere bewundernswerten Auskunftstellen die oft langersehnte Nach richt von de» Ihren, die im Feindesland zurückgehalten werden, zu erlangen und so befreit zu werden von banger quälender Sorge. Mögen alle die, welche die Wohltat solcher Auskunft an sich erfahren haben, durch reichliche Beiträge zur Spende ihre besondere Dankbarkeit bekunden. 17.1). Landsmann werde hart! So möchten wir einem jeden Sachsen zurufen in dieser Zeit, in der nicht- sächsische private Hilfsvereinigungcn für Kriegsbeschädigte überall aufgeschossen sind wie Pilze nach einem warmen Regen. Fast kaum ein Tag vergeht, an dem nicht die Post eine oder wohl auch mehrere Drucksachen vom Kraftfahrcrdank, Marine dank, Fliegerdank und wie sic alle heißen, ins Haus bringt. Aufforderungen zum Beitritt, Aufforderungen zum Zahlen, Aufforderungen über Aufforderungen, die obendrein den Charakter öffentlicher Sammlungen tragen, ohne die hierzu für Sachsen erforderliche Erlaubnis eingeholt zu haben. Wohlfahrtsmarken, Wohlfahrtspostkartcn, Liederbücher, sogar Bilder kommen angeschwommen, und halb verzweifelt lassen sich leider noch immer recht viele zu Gaben an diese losen, meist in Berlin seßhaften Vereinigungen verleiten, dadurch das Uebcl nur vergrößernd; denn gerade der Geber wird mit solchen Sendungen stets von neuen, bedacht. Wir freuen uns gewiß jeder werktätigen Hilfe, die auch nichtsächsischcn Kriegsbeschädigten oder Kriegshinterbliebenen zuteil wird, aber nur durch straffe Organisation, wie sie im Heünaidank mustergültig durchgcführt ist, kann solches auf die Dauer erfolgreich erzielt werden. In Sachsen sorgt der Heimatdank auch für die Kriegsbeschädigten der Marine, der Spczialwaffen usw. Besondere Organisationen und Sammlungen für einzelne Waffengattungen oder Truppenteile sind daher überflüssig und, weil zersplitternd, schädlich. Deshalb darf diese Zersplitterung des auswärtigen privaten Fürsorgewerkes keine Unterstützung erfahre». Hier gilt der alte deutsche Sinnspruch: „Die Wohltat übel angewandt, wird Uebeltat gar Wohl genannt!" Sie wird Uebeltat insofern, als sie der heimischen Fürsorge Mittel entzieht, der Zersplitterung des nichtsächsischen Fürsorgc- dienstes aber Vorschub leistet und damit den Tag nur hinaus schieben Hilst, an dem sich auch die außersächsischcn Bundes staaten zu einer zusammenfaffcnden einheitlichen Organisation gleich unserem großzügigen Heimatdank entschließen werden. Entschiedene Ablehnung unter Hinweis auf das Wirken des Heimatdankes, der seine Mittel nur in Sachsen aufbringt, von auswärts also keine Geldzuflllsse erhält, ist darum die beste Antwort, die all diesen Anzapfungen zuteil werden kann. Solchem Hinweise auf den Hcimatdank muß natürlich auch die eigene Leistung für den Heimatdank zur Seite stehen. Aber das ist doch Wohl selbstverständlich. Nicht wahr, lieber Leser? dl. s. Das Einsammcln von Beeren und Pilzen in den Staatswaldungcn wird — soweit es nach der Ver ordnung des Ministeriums des Innern vom 5. Juni 1918 über das Verbot des vorzeitigen Beerensammclns zeitlich nicht beschränkt ist — jedermann gestattet, ohne daß ein Entgelt gezahlt oder eine Erlaubniskarte gelöst zu werden braucht. Da in diesem Jahre möglichst die gesamte Pilz- und Beeren- crnte der inenschlichen Ernährung nutzbar gemacht werden muß, ist dringend zu wünschen, daß auch die Gemeinden und Privatpersonen die in ihrem Besitze befindlichen Waldungen unentgeltlich der Allgemeinheit zum Einsammeln von Beeren und Pilzen zugänglich machten. Rabcustcin. Be, der diesigen Gemeinde-Sparkasse wurden im Monat Juni d. I. 104 Einzahlungen im Betrage von 6353 MI. Lv Pf. geleistet, dagegen erfolgten LSI Rückzahlungen im Betrage von 64218 Mk. 63 Pfg. Eröffnet wurden 8 neue Konten. Zinsbar angelegt wurden -inlchl. bei Banken — Mk. Di- Gesamtcinnahme betrug 66207 Mk. 81 Pfg., di- Gesamtausgabe 64243 Mk. 13 Pfg. und der bare Kassenbestand am Schlüsse des Monats 4492 Mk. 16 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat Juni beziffert sich aus 130450 Mk. 97 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage von 8—12 Uhr vorm, und 2—6 Uhr nachm-, Sonnabends von 8—3 Uhr durchgehend, geöffnet und expediert auch schriftlich. Abe Einlage» werden mit ->>/-"/» ver zinst und streng geheim behandelt. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 3. Sonntag p. Irin., den S. Juli, Bonn. V-ü Ahr Predigt, gottesdienst. Hilfsgeistltcher O-Hler. Kollekte zur Dolksspende flir unsere Kriegsgefangenen. Vorm. V211 Uhr Unterredung für die männliche Jugend. Hilfs- geistlicher Oehler. Dienstag Abend 8 Uhr Jungfrauenverein. Mittwoch Mend 8 Uhr Kriegsbetstunde. Hilfsgeistlicher Oehler. Parochie Ravenstein. Am 3. Sonntag p. Trln., den 9. Juli: V28—Vü9 Uhr Christenlehre für Jungfrauen. 9 Uhr Predigtgottesdienst: Pfarrer Weidauer. 8 Uhr evang. Jünglingsverein. Mittwoch, den 12. Juli, 8 Uhr evang. Jungfrauenverein. Mittwock 4—0 Uhr Nriegerkinderhort für Knaben. Donnerstag 4—6 Uhr Kriegerkinderhort für Mädchen. Donnerstag abend 8V2 Uhr Hauptversammlung des Hausväter- verbandes Nabenstein-Rottluff im weißen Adler, t den 14. Juli, V29 Uhr Kriegsbetstunde. Hilfsgeistlicher Nachrichten des Kgl. Standesamts zu Neustadt vom 21. Juni bis 6. Juli 1916. Sterbefalle: Der Landsturmfoldat Otto Emst Blechschmidt, gefallen am 15. März 1916. Mein MternliaiiL. Wieder jetzt in der Natur. Nur der Regen ist noch Zeuge Don des Sturmes letzter Spur. Eine weihevolle Stimmung Schleicht sich in mein Herz hinein Und ich möchte jetzt genießen Die Natur so ganz allein. Weg sind Kleinlichkeit und Sorgen, Nur ein tiefes, tiefes Sehnen ühl' ich noch in meinem Herz, eicht beschwingt ist meine Seele, Das so still und wohnlich ist, Und wo strahlt der Lampe Schimmer Jetzt in Mutters Angesicht. Wie sich ihre Hände regen. Fleißig an dem Strumpf sie strickt, Und die ganze Mutterliebe Auch der Vater sitzt am Tische, ält die Zeitung in der Hand, ^iest der Mutter vor^as Neuste, Diese stille Poesie. ^ Und des Gottes reichsten Segen Fleh' ich für mein' Eltern Glück. Lcipzig-Eutritzsch, St. Georg, im Juli ISI6. ^ ^ l s W l Der Brauer von Gent. „Aengstige Dich nicht um mich"' entgegnete Bianca aus die Worte Hendrick van Duicks, „ich denke, hier im Hause unserer treuen Brigitte kann ich vorläufig mich wohlgeborgen fühlen und dann habe ich ja auch noch meinen Vater, der über mich wacht. Ich werde ihn, wenn er heute zurück kommt, recht inständig bitten, das Haus so wenig wie möglich zu verlassen. Er liebt mich und wird meiner Bitte doch ein williges Ohr leihen." „Ja tue das, Bianca. Herr von Lcuven wird doch besser tun, einstweilen sich weniger in der Oeffenilichkeit zu zeigen. Weiß der Himmel, mich befällt mit einem Male so eine eigentümliche Ahnung — ich gebe wahrlich nicht viel darauf, aber es scheint mir geratener, ich verschiebe meine Heimreise auf später, bis alle Gefahr vorüber ist." „Nicht um meinet oder meines Vaters willen, nein, reise nur." „Ich bleibe, es ist entschieden, Bianca, dadurch erspare ich mir vielleicht bittere Vorwürfe, die ich mir später machen könnte." „Was aber wirb Herr von Artevelde über Deine plötzliche Sinnesverändcrung sagen?" „Er wird sich darum weiter nicht kümmern, denn den wahren Grund kann er ja nicht erraten." Noch eine Weile unterhielten sich Hendrick van Duyck und Bianca von Leuven. Der Brügger Reise des elfteren wurde zunächst keiner Erwähnung mehr getan. Als nach ungefähr einer Stunde aber der junge Mann sich zum Aufbruch rüstete, antwortete er auf die Frage Biancas: Wann wirst Du wiederkommcn? mit einem Kusse: „Morgen!" Die alte Brigitte schien ihre Gartenarbeit der Besuchs zeit Hendrick van Duycks ganz besonders angcpaßt zu haben, denn kaum war derselbe fort und wenige Schritte von dem Häuschen entfernt, da trat sie wieder in das Stübchen. „Meiner Treu, ein hübscher junger Mann, Bianca," sagte sie und trat an das Fenster, um dem sich Entfernenden nachzuschauen. „Und wie stolz er einherschreitet, zu einem solchen Schwiegersohn kann man Herrn von Leuven nur gratulieren —" „Aber Brigitte," unterbrach Bianca den Wortschwall der Alten. „Soweit ist es noch nicht. Der Herr hat meinem Vater und mir einen großen Dienst erwiesen, wodurch wir ihm zu Dank verpflichtet sind. Heute kam er nur, um sich nach meinem Vater zu erkundigen." „Ach, liebes Kind, man ist doch auch einmal jung ge wesen und hat Augen zum Sehen. Das Gesicht des Junkers strahlte ja förmlich vor Glückseligkeit, als er fortging. Er ist kein Genter Kind?" „Nein, er stammt aus Brügge." Die alte Brigitte schien befriedigt zu sein, denn sie stellte keine Frage weiter und da Bianca noch viel weniger Verlangen danach trug, diese Unterhaltung fortzusetzen, so schwiegen beide. 15. Kapitel. Bianca von Leuven befand sich noch in der freudigen Erregung, in welche sie durch den kaum noch erhofften Besuch Hendrick van Duhcks versetzt worden war, als ihr Vater von seinem Ausgang wieder in das Fischerhäuschen' zurückkehrtc. In dem groben Fischergewand, welches er vorsichtshalber übergeworfcn hatte, war er nicht sogleich wieder zu erkennen und würde in diesem Gewände auch niemand den reichen Patrizier vermutet haben, der sonst in der Stadt Gent gut bekannt war und viele Einwohner ihn von Angesicht zu Angesicht kannten. „Du bist heute recht lange ausgeblieben, lieber Vater," sagte Bianca, indem sie ihrem Vater behilflich war, die etwas ungewohnte Kleidung wieder abzulegen und Brigitte dieselbe in ei» Nebengemach trug. „Ich habe mich sehr geängstigt. Du solltest Dich nicht ohne zwingenden Grund der Gefahr anssetzen." „Du meinst es sicher gut, aber ich weiß schon was ich tue und werde mich wohl hüten, Dir unnötig noch mehr Angst zu bereiten, als Du in den letzten Tagen schon durch- zmnachen hattest, aber das konnte ich nicht ändern." „Meine Worte sollten kein Vorwurf sein, lieber Vater." „Ais solche habe ich sie auch nicht aufgefaßt. Du kannst schon unbesorgt um mich sein. Ach, in Gent schwimmt man augenblicklich in Wonne, weil man des strengen Regiments des Grafen Ludwig ledig ist und betet Herrn Jakob von Artevelde wie einen Götzen an, da kümmert man sich nicht viel darum, wenn ein armseliger Fischer durch die Straßen geht, diese haben ja keine Stimmen, die im Rate der Stadt zählen." „Wie, Du warst in der Stadt, mitten im Gewühle der Menschen?" „Ja, Bianca, und noch mehr — ich war in der Straße, wo unser Haus liegt, ich war bis vor der Türe und ich mußte gewaltig an mich halten, daß ich nicht wieder einirai. Aber der Grimm tobte mächtig in mir, als ich fremde Leute in mein Haus ein- und ausgehen sah. Ich wünschte der Blitz schlüge in diese Rotte Korah!" „Erzürne Dich nicht zu sehr, Vater. Es wird schon alles wieder gut werde», wie auf Regen und Sturm auch wieder Sonnenschein zu folgen pflegt." „Ganz richtig, das Walten der Natur pflegt gleichmäßiger in seinen Folgen zu sein, aber das Tun der Mcnschen ist zuweilen unberechenbar. Ich habe wirklich keine Hoffnung, daß wir bald in unser Haus zurückkehrcn können." „Aber vorläufig sind wir doch hier ganz gut geborgen und unsere treue Brigitte bietet alles auf, um uns den Aufenthalt hier so angenehm wie mir möglich zu machen." „Gewiß int sie das und ich werde ihr dankbar sein, der alten guten Seele. Aber cs schneidet mir doch in das Herz, wenn ich daran denke, daß ich einer, der es am besten mit ihnen meint, sich mit seiner Tochter vor seinen eigenen Mitbürgern verborgen halten muß." „Sicher ist cs garnichi so schlimm und der Lärm das Meiste an der Sache." „Durchaus nicht, Bianca, die Sache sicht sehr schlimm in der Stadt und ich werde doch versuche», wenigstens für Dich bis aus weiteres eine andere Freistätte zu finden." „Doch nicht für mich alleine — Du willst mich doch nicht von Dir trennen?" „Wenn es nicht anders möglich ist, wird eine kurze Trennung doch wohl unausbleiblich sein. Aber ich bleibe selbstverständlich auch in Deiner unmittelbaren Nähe." Nein, nur das nicht, lieber Vater. Ich fühle mich vorläufig hier ganz wohl — warum auch nicht, Brigitte umgibt mich mit aller Sorgfalt und sorgt für alles. Die einzige Besorgnis, die ich habe, bereitet mir Dein Fcrnsein, wie heute." „Und doch muß ich mich täglich nach den Vorgängen erkundigen, ich muß wissen, welche Pläne dieses neue Sladt- regiment schmiedet." „Aber Du Haft ja nichts verbrochen, lieber Vater, daß Du wie ein Geächteter durch die Straßen schleichen mußt. Auch der junge Herr van Duyck meinte heute, es könne Dir doch schwerlich eine Gefahr in Gent drohen, wenn es gleich besser sei, wenn wir uns einstweilen hier zurückgezogen hielten." „Wer sagt das?" „Der Junker, den Du vor einigen Tagen in unser Haus führtest und der im Vereine mit einigen Leuten des Herrn Jakob von Artevelde uns behilflich war, uns noch rechtzeitig hierher zurückzuzichcn." „Heute sagt er das? War er denn hier?" „Ach, ich vergaß es ganz, Dir milzuteilen. Der Junker van Duyck war heute hier — vor kaum einer Viertelstunde ist er wieder gegangen. Er bedauerte es lebhaft, daß er Dich nicht begrüßen konnte." Bianca errötete bei dieser Mitteilung leicht und ihre Stimme klang auch etwas verlegen. Ihr Vater tat aber, als bemerkte er es nicht, obgleich seinem scharfen Blick dies nicht entgangen war. „Was sagte denn der junge Herr noch weiter? Er wohnt ja mit dem Brauherrn unter einem Dache und wird sonach manches erfahren. Aber nein, ich will lieber nichts willen — ich. will nicht auf solchem Wege meine Kenntnisse über Vorgänge im Brauhofe bereichern." „Das wird auch garnichi möglich sein, denn der Junker hat mir ja nichts weiter erzählt. Er wird sich auch kaum dazu hergeben und sich ausfragen lassen. Nur so nebenbei bemerkte er, daß der Brauherr übermorgen nach Brügge reise. Er hat auch erst mltrcisen wollen, weil doch seine. Eltern dort wohnen, er hat aber, wie er sagte, diese Absicht wieder anfgegeben." Der Brauherr reift übermorgen nach Brügge. O, es ist ja wichtig für mich, das zu wissen." „Für Dich ist das wichtig, Vater? Ich glaubte, Du in teressiertest Dich garnichi für das, was der Brauer vorhat." „Ich kann Dir nicht erklären, warum gerade diese Nachricht für mich ein großes Jntetessc hat. Sagte der junge Herr nicht, in wessen Begleitung der Brauherr reist?" „Nein." „Besinne Dich, Bianca," fuhr Herr von Leuven dringender fort. „Ich habe meinen Grund, gerade das zu wissen und es