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Dresdner Nachrichten : 09.10.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187410094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18741009
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18741009
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-10
- Tag 1874-10-09
-
Monat
1874-10
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 09.10.1874
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IiiseratkN-Ann-lmi« ,«». »Orl» U»»»»»«i«l, »»1 Vl>» In P»d«r,. «er- Nn. «IIen?det»zI,. vos,l, »r««Iau. tzraxchir, ». «. — »>t in verlln, poptla v»e«, Saindur«, yranksur» «. M.. Will» Kt». — o»,d» 1 c». in 0. M - r» »»>«« In riiemni^ ^ u». lugitt». Salll«« « L». in Pari». Tageblatt sürPolitik, Unterhalttmg ».Geschäftsverkehr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Liepsch ör Neichardt tn Dresden. Verantwort!. Redacteur: Julius Neichardt in Dresden. «uiwLrltgk «nnoukkn- ! vl> Aulliüge «an un» unbe« kanulen Kiemen u. Per« Ionen in criren lote mir »ege» PrdnumeronSo» Zollillng durch Briele marken oder Pvlicinial,« lung, !> Silben kosten l>I, Ngr. Jnierate iiir die Monlagi iüttiinner «der nach emei» K«I>la-« die Zeile !i Ngr. «r. 282. Neunzehnter Jahrgang. Mttredacteur: 0r. Lu»ll Für da- Feuilleton: I««ckr»l» Dresden» Freitag, S. Oktober 1874. Pili,Ische«. „Will der Herr Graf ein Tänzchen wagen, er darf's nur sagen — ich spiel' ihm auf! . .. Dieses Verschen des munteren Figaro könnte man als Motto der Affaire des Grafen Arnim vorsetzen. Bismarck spielt dein Grafen gehörig auf. Mit vieler Beflissenheit hält man in offiziellen Darstellungen darauf, das; jeder Schein ver mieden wird, als handele sich eS um eine Beeinflussung der gericht lichen Untersuchung. Dian schärft dem Publikum immer und immer wieder ein, daß Arnim in der That Dokumente hat mitgehen heißen, auf die er kein volles Eigenthumsrecht besah, daß die Einleitung einer Criminaluntersuchung gegen den früheren Botschafter, der die Herausgabe der bei Seite geschafften Schriftstücke trotzig verweigert, ganz in der Ordnung war. ES ist nur zu wünschen, daß sich alle diese Angaben bestätigen; bleibt doch, selbst wenn Arnim in allen Stücken al« schuldig erkannt wird, genug noch übrig, um die ganze Affaire zu einer der peinlichsten zu machen. Ein dem Neichsdicnste immer noch angehörcnder Botschafter, in offener Rebellion gegen seinen Chef; ein Reichskanzler, der von seinem früheren Vertrauten die Herausgabe höchst delikater Briefe erzwingen will und zu diesem Behufe den Eclat einer öffentliche» Verhaftung nicht scheut — für- wahr. das sind seltsame Dinge. Es gelingt dem Fürsten Bismarck gewiß, sich von jedem Schatten willkürlicher Maßregeln zu rei nigen ; aber damit ist nur nicht viel geholfen. An Arnim vollziehe sich die ganze Gerechtigkeit und stahl er Dokumente, — Gerechtigkeit ist keine Parteisache — so lasse man den großen Dieb nicht auf Grund desselben Reichsstrafcodex laufen, nach dessen übrigen Bestimmungen so viele kleine Diebe gehängt werden. Aber was dann? Mit den 2—3 Monaten Molkenmarkt, die Arnim abzusitzen bekommen kann, ist es nicht gethan. Auf ewig läßt sich ja der Graf nicht einsperren; daS Stadtvoigteigcbäude in Berlin ist keine Bastille, in die man einen Staatsverbrecher auf immer verschwinden lassen könnte. Arnim wird daher seine Rache nehmen. Wir schließen den Verdacht aus, daß er Dokumente veröffentlichen könnte, die dem deutschen Reiche schadeten. Aber daß Dinge in jenen Schriften ent halten sind, deren etwaige Bekanntgabe Bismarck als einen peinlichen Schlag empfinden würde, erscheint uns unzweifelhaft. Setzen wir einmal den gefährlichsten Inhalt voraus. Es war Anfang dieses Jahres, noch war Arnim Botschafter in Paris und die offiziösen Zeitungen erörterten, als ein neuer Conflict mit Frankreich drohte, die Frage: ob es nicht besser sei, jetzt Frankreich mit Krieg zu über ziehen, da es seine Rüstungen noch lange nicht beendet. Oder jene Briefe sprachen davon, daß unter gewissen Constellationen auch Oesterreich zu überfallen und zwischen Deutschland und Rußland zu theilen sei; oder sie entwickelten die Idee eines Krieges gegen Ruß land. Alles das find Dinge, die seiner Zeit öffentlich in den Zeit ungen erörtert wurden. Besitzt Arnim nun die geheimsten Ergüsse Bismarcks hierüber, so begreift sich, welchen Werth Bismarck auf das Wiedererlangen solcher Schriftstücke legen muß. Unpatriotisch wäre es von Arnim im höchsten Grade, Dinge an die große Glocke zu schlagen, die für das Reich verhängnißvoll werden können; aber kann er nicht eine Darstellung wählen, die Bismarck persönlich blos- stellt, ohne das Reich zu schädigen? Wir denken z. B. an unehr-- erbietige Aeußerungen Bismarcks über des Kaiser Wilhelm Majestät, an burschikose Bezeichnungen von dessen Friedensliebe gegenüber einer waghalsigen Kriegspolitik. Möglich ist es, daß Arnim so cal- eulirt: amtliche Aktenstücke können das Nichtsein, in denen sich solche Auslassungen finden — das sind nur Privatbriefe. Mit innigem Schmerze sprechen wir von dem Religionswcchsel der Königin-Mutter von Baiern. Es ist eine betrübende Thatsache, daß eine Tochter des protestantischen Königshauses von Preußen, die leibliche Cousine des Königs Wilhelm, den Glauben ihrer Väter abschwört. Wir fügen hinzu, daß eine im ganzen Baicrnlande hochverehrte Frau es ist, die diesen schweren Schritt gcrhan; die Wittwe des edlen, vielgeliebten Königs Maximilian, der, als er 1804 starb, ein Andenken hinterlicß, wie nur selten ein Fürst. Während ihrer Wittwenschakt hat sie nicht das Geringste gethan, was ihr An sehen, ihre Würde nur entfernt beeinträchtigen konnte — jetzt, in ihrem 49. Jahre, wirft sie sich der ultramontanen Kirche in die Arme. Wir haben keine andere Erklärung, daß cs rein religiöse Motive waren, die sie bestimmten. Wir stellen nicht eine Religion höher als die andere Schwesterreligion; wir wissen, daß dem Katholicismus Vorzüge in Bezug auf das Gemüthsleben, namentlich der Frauen innewohnen, die der Protestantismus nicht besitzt, wie wir ebenso lebhaft von der Ueberzeugung durchglüht sind, daß das Prinzip des Protestantismus, die freie Forschung, niemals durch den sinnlichen katholischen Kultus ausgewogen werden kann. Aber jeder Uebertritt von einer Kirche zur andern, macht einen befremdenden, peinlichen Eindruck. Unsere Zeit vermag nun einmal ein solches Maß von religiöser Ueberzeugung, wie es der Religionswechsel voraussetzt, nicht recht zu begreifen. Cs ist schon Etwas, wenn Jemand dte Glaubensschätze der angestammten lind angeborenen Religion in seinem Innern bewahrt; allein der Begriff des Glaubens deckt hier wenigstens zugleich den Begriff der Treue. Welche Offenbarung, welche ganz besondere Erleuchtung ist aber Jenem zu Thcil gewor den, der über den Rang der Religionen entscheiden und einem für ihn neuen Glauben den Vorzug vor seinem eigenen alten Glauben einräumen kann? Wir sehen daher mit Bedauern ein edles Frauen- gemüth, infolge eines ntißgeleiteten Gefühlsprozesses, aus unserer Kirche scheiden, und wenn die Königin-Mutter Maria jetzt betet: Gelobt seist du MariaI so sagen wir mit vollem Fug:' Beklagt seist du Maria! Mit der Verwundung des edlen Don Carlos scheint eS nichts zu sein. Wer nur ein Interesse oder eine Freude daran hat, solche nichtswürdige Lügen in alle Welt hinauSzutelegraphiren? Locales und SilchstscheS. — Wie schon erwähnt, begaben sich II. MM. der König und die Königin, sowie II. KK. HH. Prinz Georg und Gemahlin, nebst den hier anwesenden hohen Güsten, am Mittwoch Nachmittag 2 Uhr mittelst Extrazugeü nach Königstein und sofort mittelst Wagen zur Besichtigung der Festung. Die Rückfahrt bis Pirna erfolgte Nach mittags 5 Uhr mittelst Extra-Dampsschiffes Pirna, woselbst die hohen Herrschaften auf dem Verdeck das Diner einnahmcn. Das Musikchor von Trenkler musicirte auf demselben. Bei Ankunft der hohen Herrschaften auf der Festung, wie bei Abfahrt des Dampf schiffes, ertönten vom Königstein Kanonenschüsse. In Pirna, wo der Dampfer in ziemlicher Dunkelheit, begleitet von den Herren Direktor Hönack und Verwaltungsrath Tschickel, ungeachtet des ge ringen Wasserstandes, anlangte, verließen die hohen Herrschaften das Schiff, um mittelst Extrazuges nach Dresden zurückzukchren. — Nach der Rückkehr von der Festung Königstein fand am Abend des 7. October der Thee bei dem Erbgroßherzcge und der Erbgroßherzogin von Weimar in deren Salon statt, dem die kk. Majestäten, Prinz und Prinzessin Georg, und die am königlichen Hofe anwesenden fremden Fürstlichkeiten, darunter der Herzog von 'Nassau, beiwohnten. — Der zur Zeit hier weilende Herzog Adolph von Nassau ge denkt seinen jüngeren Sohn, den Prinzen Franz Joseph, in das hiesige königliche Eadettcnhaus cintreten zu lassen. Der ältere Prinz von Nassau besuchte dasselbe gleichfalls unter der Leitung des Freiherrn von Hadele, dem nun wieder die Ausbildung des jüngeren Prinzen übergeben ist. — Der zeithcrige zweite Lehrer der Forstwissenschaften an der Forstakademie zu Tharandt und Verwalter des Tharandter Forst reviers, Professor Oskar Heinrich Greiffenhahn, ist zum Ober forstmeister im Forstbezirk Schwarzenberg ernannt, und dem Di. Stephani zu Leipzig auf Anlaß seines Ausscheidens aus der Stellung als Vicebürgermeister der Stadt Leipzig das Cointhurkreuz zweiter Elasse des AlbrechtsordenS verliehen worden. — Landtag. 2. Kammer. Vorsitzender: Vlccpräs. Streit. Zunächst wählt die Kammer in den StaatögcrichlSbof die Herren Oberappellationorath Otto (Dresden, und die Advocatcn Hcub- ner (Zwickau) und Kohlschistter (Dresden); als Stellvertreter: Advvcat Semper (Werdau) und Bürgermeister Or. Hertel (Dresden). - »Ans Vortrag des Abg. Och in ich e» wurde der von der Negierung beabsichtigte Vcrkaui teo Kammerguts Wic- scnburg genehmigt. - Hieraus berichtet I)r. Gcnsel über die 80 Dtsferenzpunkte, die zwischen den Beschlüssen beider Kammern in der Steuerreform bestehen. Bel einer Anzahl derselben bleibt die 2. Kammer bet ihren früheren Beschlüssen unbedingt, bei an« deren nur deshalb stehen, um im VercinigungSversahren eine Vermittlung zu suche»; eine Anzahl Beschlüsse der 1. Kammer acceptlit sie. In der Generaldebatte bestreitet Res. vr. Gensel die Nichtigkeit der v. Erdmannotorsschcn Ansicht, daß sich die Steuern in Sachsen seit -10 Jahre» nicht vermehrt hätten. 1)r. Wigarv wird gegen die Einkommensteuer stimmen, die er als sub sidiär neben demgortbcstande derGrund..Gcwcrbc-u.Perso»alsieucr für ein wissenschaftliches und wlrthschastlicheS Unding hielt. In der SpeOaltebatte, von der wir nur das Wichtigste hcrvorhcben, beantragen Walter und Grahl, daß der Besitzer gewerb licher und FabriketablisscmentS nicht >ür die Nichtigkeit der Deklaration dco Einkommens seiner Bediensteten halten soll; doch beschließt die Kammer mit 82 gegen 25 Stimmen, daß diese Haftbarkeit eintrete. Dieser Beschluß entlockt dem Di. Heine de» AuSruf des Erstaunens: 's ist tolle! Die Kammer bricht hierüber i» Gelächter aus, während der Präsident diese Acußerung aio unparlamcutarisch rügt. Bei 8 50 fragt Kransc an, ob. wenn der »Ab>chätzii»gscoi»mission Bedenken gegen die Nichtigkeit der »Angaben eines Deklaranten bcigchen, behufs Erforschung der Wahrheit ein summarisches Jnguisitionsvcriahrcn angcwcndct werden soll; er fürchtet eine Fiöcalität, die die persönliche Frei heit äußerst gefährde. Minister v. Friesen beruhigt: es sollten nur die gesetzlich vorgcschricbcnen Maßregel» ergriffen neiden (»Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen Vorlegung von Urkunden und Geschäftsbüchern, Eitesabgabe betreffs der Wahrheit der Declaration,. — Längere Auseinander setzungen rickt die Frage hervor: ob nach dem ins Lebcntretcn res neuen Einkoinmcn>tcuer.Gesctzeö von der Nachforteiiii'g der vorher hintcrzogcnen Gewerbe- und Persouaisicucr abgesehen werden soll. Dies beantragt ausdrücklich Abg. Grahl und wird auch von der Kammer beschlossen mit mehreren Zusätzen der Slbgg. Kirbach und R ick, ter-Tharandt. Ncsercnt Ur. Gensel sührt aus, daß die »Amnestie für Stcucrhintcr- zichungcn voll und nicht zurHälste gewahrt werden müsse, wenn taö neue Steucrgcsetz eine bessere Declaration des Ncntencin- kommenö liefern solle DaS Schuldbuch müsse vernichtet werden. Der Minister v. Friesen beharrt jedoch auf seiner »Ansicht, daß eS Unrecht sei, den Hinterziehcrn großer Stcucrvcträge ein Geschenk ans der Staatskasse zu machen, dessen Größe sich noch gar nicht übersehe» lasse Jene Personen hätten es am wenigsten verdient, da das, um waS sie den Staat betrogen, von den ehr» liehen Steuerzahlern autgebracht werden mußte. Erst In den letzte» Jahren hätte sichs gezeigt, wie enorme Sumnicn tcsran« birl worben seien; das sei bei den Nachlaß-Negullrungen zu Tage gekommen und sei so stark gewesen, daß die Negierung Anweisung gegeben habe, die Defraudationen nur bei Erdschatten über 5000 Tblr. zu verfolgen. da cs bei geringeren Beträgen zu viel Arbeit verursachen würde. - Der Referent girbt die Gerechtigkeit einer Naclifordcrnng von Stenerrcsten zu, bezweifelt aber ei» großes praktisches Ergebnis,; viele Tausente kleiner Nentner hätten gar nicht beklarirt, weil sie von einer Notbwcn- dlgkelt dazu keine »Ahnung hatten. Krause bestreitet cbcniallö. daß eS möglich sein würde, erheblich viel Steucrrcsic cinznziche»; das gebe nur bei den »Nachlässen. Eine volle »Amnestie babne einer besseren Deklaration die Wege. I» gleichem Sinne plal- dlrcn noch Uhl einann, v. Oehlschlägel, Richter. Tharandt und Fahnauer; daß sie Ertolg halten, sagten wir sckwn. — Der erheblichste Differenzpunkt zwischen teii Beichlüssr» beider Kammern besteht wegen des Abzugs des bekannten Fünf- thcllS bei gewissen Claffen von Gcwervtrcibcndcn. Nef. Ur. Gensel giebt z», daß bisher viele Fabrikanten zu niedrig be steuert gewesen seien; daS habe sich klar berausgestcllt. als eine Anzahl gewerblicher Etablissements in Aktiengesellschaften umge- wanvelt würben, woraus fick, sofort eine wesentlich höhere Be steuerung ergab. Nicht zuzugeben aber sei, daß man gewisse Elasten von Gewerbtrelbenden ans einmal aus dem Rahmen der Gewerbe steuer herauSnähme und so übermäßig hoch besteuere. Schon wenn man diese Klaffe nach dem Tarif v besteme und dabei >/-> abziebc. so treffe man sie viel höher als alle übrige» Gewerbcsteuerkslichtige». Erlasse man aber nicht einmal das Fünstheil, so entferne man sich ganz vom Boden der sächsischer' Gewerbesteuer. »Abg. Güntl,er entgegnet, das Publikum habe viel falsche »Ansichten »her diese Ltcucrsrage. Falsch sei cs, daß Diejenigen, die nicht das Fünstheil erlassen haben wollten, Feinde dcö Handels- und Gewcrbcstandcv seien, daß namentlich die Grundbesitzer dabinterstäken, deren Interessen ganz unberührt bliebe», ob ein Fünttbcil abgezogen werbe oder nickst. DcrHaupt- irrlbnm bestehe aber darin, daß inan glaube, der »Nichtabzug deö Füntthcils schädige den mittleren und kleineren Gewcrbcstand. Dielen berührte diese Frage absolut nicht, sondern nur die Fabri kanten und Großbändlcr. und die Fleischer und »Bäcker nur in sofern, wenn sie'größere Fleisch- und Mehlhäntlcr seien. »Viele Handwerker und Gcwerbevcrcine hätten jene Peti tionen ganz gegen ihr eigenes Interesse untclschriebcn, denn wenn daS Fünstheil abgezogen würde, so prostlirten nur die reichen Kauflcute, während die kleineren und mittleren Ge- wcrbtreibcndcn für die reicheren die Steuern mitzahlcn müßten. »Allerdings die große» Fabrikanten und Händler würden künstig schärfer daran gekriegt; daS schade aber nichts, beim die schönen Zelte», wo sie auf Kosten der »Aermcrcn zu wenig Steuern zahl te», seien unwiederbringlich dahin. — Gegen diese »Aeußerungen protcstirte unter lebhaftem Bestall von links »Abg. Walter, der das Verständnis, der Gewerbircibendc» für ihre Interessen in Schutz nahm und anßcrdei» dem Minister v. Friesen zu Leibe ging, das, dieser die anfängliche Geneigtheit der l. Kam mer, den Abzug des FünstheilS zu gewähren, hintertricben habe — eine Beschuldigung, die der Minister energisch zurückwics. Zum Schluß blieb die Kammer zwar bei dem beschlossenen »Ab zug des Fünstbcilö stehen, aber nur mit 87 gegen 88 Stimmen, so daß cs fraglich ist, ob morgen im »Vcrcinigungsverfahrcn nicht doch noch die »Ansicht der Negierung siegt. — Auch in der Ersten Kämmer finden die Prätensionen des Fürsten Otto von Schünbmg keinen Verfechter. Augenblicklich ist noch die Gesetzgebungs-Deputation mit der Prüfung der Schönburg- schen Affaire beschäftigt; sie hat als Referenten einen der schärfsten juristischen Köpfe des Landtags, den Appcllationspräsidenten a. D. v. Erlegern ernannt, man hört aber schon, daß sie dazu kommen wird, einstimmig die Abweisung der Ansprüche des Fürsten anzu- rathen. Eigcnthümlich ist cs jedenfalls, daß jetzt der Fürst gegen die Einführung von Organisations-Gesetzen agitirt, die auf dem Landtag bisher sein Vertreter, der jetzige Polizcirath v. Bose, in der Ersten Kammer lebhaft unterstützt und milbeschlossen hat. — Nach Zusammenstellung der Listen über die in der sächsi schen »Armee stattgefundenen Schießübungen sind als Prämien und Auszeichnung den besten Schützen die Schicßauszcichnung ander Uniform und 2 Thaler oder die Schicßmcdaille in Silber mit dem »Portrait des Königs Albert (Vorderseite) und Rückseite „Dem besten Schützen" genehmigt worden. Tie Stanze zu dieser Medaille ist vom k. Münzgraveur Bardulek gearbeitet und zeigt vorzüglich den Kopf brillant, fein und ganz ähnlich. Die Mehrzahl der Prämiir- ten zog statt des Geldes diese Medaillen vor. — Die zum Militärdienst ausgehobenen Schullehrer werden jetzt zusammen einexercirt, da deren active Dienstzeit eine von der Negierung genehmigte kürzere ist. — Eine erfreuliche Erscheinung für die sittlichen Zustände ist schon in den wenigen Tagen seit dem Inkrafttreten des Civilehe- gcsctzes in Preußen von mehreren Standesbeamten beobachtet wor den. Paare, welche seit längerer Zeit im Eoncubinat leben, melden sich jetzt auf den Standesämtern, um ihre Eheschließung zu veran lassen und ihre Kinder zu legalisiren. Tie Gründe für diese Er scheinung sind leicht erkennbar; theils schreckte diese Leute bisher der Kostenpunkt vor der Eingehung einer Ehe zurück, größtcnthcils aber fürchteten dieselben, von dem Geistlichen, nn den sie sich hätten wen den müssen, für ihr bisheriges »Verhalten getadelt zu werden, oder bei der Trauung gewisse Demüthigungen, z. B. in der Kranzfrage, zu erdulden. Jetzt, wo die Eheschließungen kostenfrei und in amt licher Gcschäftssorm vollzogen werden, dringen besonders die Frauen darauf, daß sic selbst Ehefrauen, ihre Kinder eheliche Kinder werden. Aus diesen Gründen erklärt es sich auch, daß die Standesbeamten, trotz der massenhaften kirchlichen Trauungen in den letzten Tagen des September, doch schon in den ersten Tagen ihres Bestehens mehrere hundert Aufgebote, also weit mehr, als man nach den sta tistischen Berechnungen erwarten durste, veranlaßt haben. — Der sozialdemokratische RcichstagSabgeordnetc »Most, Ver treter für Chemnitz, ist aus dein Stadtvoigteigefängiüsse zu Berlin nach der Strafanstalt Plötzensee übergesührt worden, um daselbst die vom Kammergericht gegen ihn erkannte Gefängnißstrafe von 1 Jahr 7 Monaten zu verbüßen, nachdem nunmehr das Obertribunal die gegen das betreffende Erkenntnis; eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen hat. Herr Most wird also in der nächsten Reichs tagssession nicht erscheinen können. — Oeffentlicbe Sitzung der Stadtverordne ten, den ?. October. »Vorsitzender Hott all, Ackermann trägt eine Einladung des Stattraths vor zur Einweibung der V. »Bür ger- und I. Gemcindcscbule, crsicrc findet am 15. d., letztere am li». d. statt. Der Stadtrath tbeilt keiner dem Eollegiilin mit, daß sich bereits über 2000 diesige Einwclncr alS zum Bürgcr- wcrdcn bercckttigt und verpflichtet gemeldet baben, weshalb, da die »Verpflichtung dieser und der noch bis 15. d. hinzukoinmcnkcn »Bürgern längere Zeit erfordern wiid, somit aber die Wahllisten — ln denen die neu ereilten »Bürger mit ausgenommen werden sollen erst eiwa Mitte November fertig gestellt werden und die Wahlen selbst Im Januar k.J. folgen dürste», daS Eolleginm in seiner bisherigen Zusammenstellimg »löglichcrwcbe bis ln de» Februar k.J. z» amttrcn habe» würde. Aist »Antrag kcsStadtv. Fröhncr wird daö sladträthlichc Eominnnicat dcmNcckstsauofchiiß zur alsbaldigen Berichterstattung überwiese». Bel vieler Gelegen heit spricht Vicevorsiaut »Adv. Lehmann einen »Vorschlag ans, der jedenfalls Anspruch aus Bcacltuna Selten des Stabtratbs hat, nämlich: die neuen Bürger nicht einzeln, sonder» in grösit- ren Gruppen zu verpflichten, was z. B. Im Stattverordnetcn- Saale mit aller Würbe geschehen könne. — Nach Eintritt in die Tagesordnung bewilligt das Evlleginm eine» Stelivcrtrcttmas- auswand für den erkrankten Oberlehrer an der Krcnzschnle, De. Manitluö, lcbnt dleHcrstelluna einer GaSbeleiichtunaSvorrlchtung in der I. Gcmelndeschule, ebenso die Penslonserböhniig eines vorm. Steuereinnehmers ab und genehmigt eine Mei rforkcrnng von 840 Tblr zur Herstellung einiger Telegrapbcnlelinngcn für
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