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270, 18. NovcmLcr. Nichtamtlicher Thcil. 4949 Stempel für einen Kalender zu nehmen, mir nicht zn vertheidigcn zn sein scheint. ES ist ursprünglich vom Jahre 1700 ab auch gar nicht die Absicht gewesen, eine Stempel-Abgabe auf den Kalender zu legen. Die letzte Consequenz ist die Aufhebung jeglichen Stempels auf Kalender. Wenn ich dessenungeachtet einen sol chen Antrag noch nicht stellte, den Stempel gänzlich Wegfällen, son dern ihn nur noch in Höhe von 1 Sgr. bestehen zu lassen, so habe ich mich bloß der Nothwendigkeit gefügt, indem ich nicht glaube, daß man jetzt schon den ganzen Ausfall von 90,000 Thlr. wird ertragen können." Ueber die nachtheiligen Folgen des Stempels auf die preußische Kalendcr- industrie bemerkte Engel: ^ ^ ^ ^ ^ ,s ' i cl ausgebildet. Den^Herren Landräthcn im Hause und Anderen möchte ich nüttheilen, daß in Frankreich die Kalender zur Verbreitung rich tiger statistischer Nachrichten über Kreise, über Departements und Eom- statistisch-geographischen Thcil, aus welchem eine Fülle von Belehrung zu schöpfen ist. Diese Almanache oder Anuuaires sind in der That ganz kostbare Bücher für die Kenntniß des Landes; ich habe davon selbst sehr viele für das statistische Bureau angeschasst, und in Hinblick a^lf diese ^Eigenschaf^ wünschen, datz auch, im Muß. Endlich faßte Dr. Engel^seincn Standpunkt dahin zusammen: „ . . . Das ist ein Beleg, daß der Kalender in jeder Be ziehung ewr Instruments ist, ^^durch welches man Volks - 1871/72 der Abg. Eberty am 21^ Januar d^ I. die ^citungs- und Kalenderstcmpelsteuer zum Gegenstände eines erneuerten Angriffes gemacht hatte, stellten^ am^ 15. April 1872^ die Abg. Ri cht^c r (Hagen) und Genossen Gesetzentwurf einzubringei^?" Diese Interpellation wurde am 20. April 1872 von dem Finanzminister Camphause^selbft Stempelsteuer einen sehr ansehnlichen Ertrag abwerfen werden, dann läßt sich ja nicht in Zweifel ziehen, daß der prcuß. Staat i eag k c völkerung ins Auge zu fassen, der zu den minder wohlhabenden Elasten gehört. (Lebhafte Zustimmung rechts. Ruf: das Salz! links.) eüie große Reform durchzusetzen, und wenn sie bedauert hat, daß in folge der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses die sofortige Erreichung dieies Ziels ihr gegenwärtig nicht möglich geworden ist, so wird sie aber fortfahrcn, die Maßregeln ins Auge zu fassen, die zu einem so erwünschten Ziele führen können, und sie wird, bevor ihr das gelun gen ist, nicht daran denken, die Zcituugsstcmpelstcuer aufzuheben." Der Herr Finanzministcr lehnte also die Aufhebung der Stempelsteuer zu Anfang d. I. nur noch aus dem Grunde ab, weil noch drückendere Stenern eristirtcn und das Abgeordnetenhaus namentlich die Steuerbefreiung der untersten Steuerklasse, welche die Regierung vorgeschlagen, verworfen hatte. Das waren die^ letzten Verhandlungen des prcuß. Landtages über die Zci- steuer, als die oben angeführten Oucllenstellen sie bieten, dürfte" durchaus überflüssig sciu. Man ersieht daraus, daß Volkswirthc von der Bedeutung eines Michaelis und Or. Engel, Politiker wie Twestcn, Dunckcr u. A. in der Vcrurtheilnng der Kalenderstempelstcuer aus sittlichen, kulturpolitischen und wirthschastlichen Gründen nicht anderen Sinnes waren als konservativere Männer, wie der frühere Staatsmiuistcr Frhr. von Patow oder der Abg. vr. Glaser und selbst als die Vertreter der kgl. Staatsregiernug. Nur die unleugbare Nothwendig keit, daß Preußen bis zum Jahre 1870 für ganz Deutschland die Lasten der Sicherheit und des Schutzes des gemeinsamen Vaterlandes nach Außen tragen mußte, und die seither nur unvollständige Durchführung der großartigen Steuer- und Finanzpolitik, welche der gegenwärtige Leiter der prcüß. StaalS- sinanzen verfolgt, hat die völlige Mschaffun'g dieser ungerechten und kultur feindlichen Steuer gehindert. Aber glücklicherweise dürfen diese Perioden der Vorbereitung und Ent wickelung nunmehr für abgeschlossen gelten. Preußen steht, nach den neuesten Erklärungen des Herrn FiuanzministerS im Abgeordnetenhaus, auf einer Höhe finanzieller Größe und Macht, die seine Geschichte noch niemals erreicht hat, auf welche alle Staaten der Erde mit Bewunderung blicken. Und dieser glückliche Zustand der prcuß. cLtaatsfinanzcn ist — wie aus derselben amt lichen Darstellung hcrvorgeht, keineswegs hauptsächlich oder folgcweisc der französ. Kriegsbuße zu danken, sondern fast ganz ausschließlich 'eine Folge der mächtigen Hebung deö inneren Verkehrs, des Handels, der Industrie. Demnach darf auch diese glückliche Blüthc der prcuß. Finanzen — wie auch deren Leiter schon angekündigt hat, — mit vollem Rechte nicht bloß als eine einmalige schnellverblühende Erscheinung, sondern als das Erzeugnis; einer percnnircnden Pflanze betrachtet werden.' Und deshalb darf die kgl. Staats- rcgicrung auch — wozu sic gleichfalls ihre Entschließung bereits kundgegeben hat — nicht bloß die einmalige Verwendung eines einmaligen Ueber>chusseS von neunzehn Millionen dem Landtage Vorschlägen, sondern sie darf auf die Wiederkehr ähnlich günstiger Finanzausweise die Ausführung ihrer großen Neformplane in der Steuer- und Finanzpolitik gründen und damit sofort beginnen. Kalenderstempelstcuer sofort beseitigt werde/cinc Steuer, über deren Verwerflichkeit Regierung und Landtag einer Meinung sind. Im Jahre 1867 veranschlagten die Motive des KalcndcrstcmpclgesetzcntwurseS die Ein nahme aus der Stempelsteuer auf 80,000 Thlr. Diese Einnahme ist — vermuthlich infolge des KalendcrstempelgcsetzeS von 1867, welches eine Er mäßigung der bis dahin gültigen Steuersätze herbcisührte — sofort ge stiegen, und zwar nach der letzten bekannten Nachwcisnng über Stempel- einnahmcn in Preußen auf 111,032 Thlr. 9 Gr. 3 Pf. nn Jahre 1870. Diese Ziffern beweisen actenmäßig und schlagend, in welchem Maße sich der Wissens- und BildnngSdrang des prcuß. Volkes begünstigt fühlte durch die Personalnachrickten. Am 14. ds. ist Herr Jul. Friedr. Altendorff (Firma: C. H. Reclam sen.) hier im 78. Lebensjahre gestorben.