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Wegfall des Aeitungsstempels in nahe Aussicht gestellt habe (Börsrnbl. Nr. 70), ist bereits von anderer Seite unter Hinweis auf die innere Unwahrscheinlichkeit einer solchen Aeußerung des Ministers, ehe das Staatsministcrium über die Frage schlüssig ge worden, widersprochen worden. Jetzt erfahrt man aus zuverlässiger Quelle, daß in der That eine derartige Aeußerung nicht gcthan wor den ist, daß es aber auch an einer Gelegenheit dazu gefehlt hat, da der Finanzminister in jüngster Zeit überhaupt nicht mit einer Com mission des Abgeordnetenhauses conferirte. Zum internationalen Verlagsrecht. — Die Frage der Ausdehnung des internationalen Verlagsrechtes auf die Vereinigten Staaten von Nordamerika hat seit mehreren Monaten in der eng lischen Presse die lebhaftesten Discussionen hervorgerufeu. Die Oailz- Nsvs brachten neulich wiederum einen größeren Aufsatz dar über, dem wir Folgendes entnehmen: „. . . Vergangenen Herbst hatte der Unwille über die stattfindenden Beeinträchtigungen (durch das Nichtvorhandensein eines Vertrages über das internationale Verlagsrecht mit Nordamerika) sich so gesteigert, daß mehrere Schrift steller Englands den Beistand der Presse anriefen. Die Sache, wie sie von Vielen dargestellt wurde, erregte die öffentliche Sympathie; die harten Worte aber, welche Einige gebrauchten, erzeugten gereizte Entgegnungen seitens der Amerikaner. Hr. Appleton, der bekannte Verleger in Newyork, gesteht zu, daß die Begründung eines inter nationalen Verlagsrechtes sein Wunsch sei, und er sagt, daß er nicht nur in seinem Namen sondern ebenso gut im Namen Anderer spräche. Er erklärt jedoch, daß keine Gesetzgebung zufriedenstellend und von Erfolg sein würde, welche nicht ebenso auf die Interessen der ame rikanischen Verleger als auf die der englischen Schriftsteller begrün det sei. Wenn dem Inhaber des englischen Verlagsrechts dasselbe Monopol in den Vereinigten Staaten gewährt würde, dessen er sich in Großbritannien erfreue, so sei das in der Wirkung damit gleich bedeutend, daß das Monopol des amerikanischen Büchermarktes den englischen Verlegern gegeben werde. Er erklärt, daß weder seine College» noch er selbst je hierzu ihre Zustimmung geben würden. Er schlägt jedoch eine andere Lösung des Problems vor, nämlich die: dem englischen Schriftsteller dieselbe Stellung in den Vereinigten Staaten zu geben, wie dem amerikanischen Schriftsteller. Die Folge davon würde die sein, daß der englische Autor, welcher sich seines amerikanischen Verlagsrechtes bedienen will, um sein Werk zu publi- ciren, sich an einen amerikanischen Verleger wenden müßte. Auf diese Weise würde der Autor zwei Verlagsrechte, zwei Verleger und zweifachen Nutzen an Stelle des einen haben. Wenn sich nun auch leicht gegen dieses System Einwendungen machen lassen, so kann doch nicht geleugnet werden, daß es in der Praxis bereits versucht worden ist und die Ausführung desselben sich gut bewährt hat. Das System ist nämlich das gleiche, welches schon längere Zeit in An wendung ist bezüglich der in Deutschland gedruckten Ausgaben eng lischer Bücher. Hr. Baron von Tauchnitz kauft von den englischen Autoren das Verlagsrecht der Werke, welche er seiner ausgezeich neten Sammlung einzuverleiben wünscht. Nach dem System, welches Hr. Appleton vorschlägt, würde der amerikanische Verleger in Boston, Newyork oder Philadelphia gegen den englischen Autor in gleicher Weise zu handeln haben, wie es jetzt Hr. Baron von Tauchnitz thut." - Ueber die Handschrift des „Kosmos" (die,nach wieder holten laut gewordenen Behauptungen Hr. Professor Buschmann an Napoleon III. geschenkt haben sollte) schreibt Hr. Alexander Ziegler im „Dresd. Journal" Folgendes: „Bei meiner letzten dies jährigen Anwesenheit in Berlin hatte ich Gelegenheit, die eigen händige Handschrift des Kosmos von Alex. v. Humboldt zu sehen. Sc. Maj. der König hatte geruht, dieselbe von dem Bibliothekar Prof. vr. Buschmann im December 1869 anzunehmen und der kgl. Bibliothek zu überweisen. Die Handschrift ruht wohlverwahrt in fünf Futteralen (fünf Bänden) in einem zierlichen Kästchen unter mehrfachem Verschluß. Sie ist in lateinischer Schrift, die beide Brüder Humboldt wegen ihrer größeren Deutlichkeit gebrauchten, auf große Quartblätter von Briefpapier geschrieben. Humboldt beschrieb immer nur eine Seite des Blattes- Humboldt's Schrift ist, obgleich schön, wegen der rätselhaften Schwierigkeit sie zu lesen, in der Welt berühmt. Prof. Buschmann, dessen thätige Hilfe bei dem ganzen Werke des Kosmos der große Verfasser in der Ein leitung zum 5. Band Seite 16—17 für eine Pflicht hielt »öffent lich anzuerkennen«, hatte daher diese oft sehr kraus, wunderbar oder abenteuerlich aussehende Handschrift, so wie sie Humboldt in kleinen Stücken (von 1hg bis 2 Druckbogen) ausarbeitete, ins Reine zu schreiben, mit dem Nebenberuf auf Sprache und Schreibung, auch Sachen zu achten. In dieser Reinschrift erfuhr der ursprüngliche Entwurf von der Hand des großen Verfassers »in der Lebhaftigkeit feines Geistes und seiner großen Kraft« große Veränderungen und bedeutende Zusätze. Die so überarbeitete Reinschrift, von B. wieder revidirt, wurde zum Druck verwandt. Die Handschrift enthält auch in ihrem Ende das Letzte, was Humboldt vom Kosmos geschrieben hat: in ängstlichem Eifer, »mit entschwindender Hand«. Wir sehen am Ende des Manuscripts ganz schmale Columnen; denn weil dem großen Verfasser schon jahrelang die Zeilen unerbittlich (gegen rechts hin) nach oben liefen und seine Schrift abenteuerlich schräg wurde, so hat er in den letzten Wochen seines Lebens seine Zuflucht zu sehr kurzen Zeilen genommen, hier, in der letzten Schwäche der Hand, zu deren Extrem. Alle diese kleinen Wortsäuleu sind aus der Angst der Leidenschaft hcrvorgcgaugen, seinem Gehilfen den Zusammen hang der verwirrten Schrift deutlich zu machen, und die große Acngstlichkeit, die — ihm sonst so fremd — seine letzten Lebenslage beherrschte, zeigt sich in der fünfmaligen Wiederholung der Worte (der letzten vom Texte des Kosmos): »die Paläste in Petersburg schmückend,« und — von dem »rothen und variolithischcnPorphyr« des Korgon gesagt — »den die Steinschleiferei liefert«. Unter dem äußer sten Satz links sehen wir vom Verfasser, wie ahnungsvoll, das Wort »kam« gesetzt. Die abgerissenen Worte: »Ich bedaure Sie«, welche sich in der Schlußcolumue jenes letzten Blattes finden, sollen auf die Mühe gehen, welche sein Helfer, der obengenannte Bibliothekar, an den ja überhaupt die ganze Handschrift des Kosmos gerichtet war, haben würde, sich in diesem Wirrsaal zurechtzufinden. Ich setze den Schluß des Widmungsblattes her, das Prof. Buschmann der eigen händigen Handschrift des Kosmos, Berlin, den 12. Dec. 1869, vorgelegt hat: »Mich hat der Wunsch beseelt, daß diese eigenhändige Handschrift des Kosmos Alexander's v. Humboldt, welche ich aus seinen Händen sorgsam gesammelt und bewahrt, meinem preußischen Vaterland als ein Denkmal verbliebe von dem großen Manne, der der Stolz Preußens und Deutschlands ist, der mir unendlich viel Gutes gethan hat, und dem ich, in enthusiastischer Anhänglichkeit, ein treuer Helfer gewesen bin bis an sein Ende.«" Mit der uns vorliegenden No. 10 hat die „Gegenwart", Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben, redigirt von Paul Lindau (Verlag von Georg Stilke in Berlin), ihr erstes Quartal geschlossen. Wirft man nun einen flüchtigen Rückblick auf das bisher Geleistete, so ist das ernstliche Bestreben der Redaction nicht zu verkennen, ihr Programm, alle wichtigen Erscheinungen auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens und geistigen Schaffens einer eingehenden und freimüthigeu Kritik durch die berufensten Federn zu unterwerfen, inne zu halten. Es ist daher nicht zu verwundern, daß diese Wochenschrift, welche sich von Seiten der gesummten deut schen Presse der lebhaftesten Sympathie und wirksamsten Unter- 180*