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o426 Börsenblatt f. d. Hlschn. Bnchhandcl. Redaktioneller Teil. 115, 22. Mai 1913. Durch einen Zusatz zu § 1t ist der antiquarische Verkauf zum gewerblichen Vermieten bezogener Werke innerhalb der ersten sechs Monate nach Aufnahme in die amtliche Bibliographie, ebenso wie die Anzeige, verboten worden. Am 12. November 1812 hat die letzte Sitzung des außer ordentlichen Ausschusses für die Revision der Verkaufsordnung stattgefunden, und der Vorsitzende Herr Or. Ehletmann hat unterm 27. Februar seinen zweiten Bericht erstattet, der im Börsen blatt Nr. SO vom 3. März 1813 abgedruckt ist. Am Schlüsse dieses Berichts heißt es, daß der Ausschuß hiermit seine Tätigkeit als beendigt erklärt. Diesem Bericht ist dann auch die Verkaufsord- nung im Entwurf beigefügt in der Fassung, wie sie von dem Aus schuß beschlossen worden ist. Inzwischen ist die Entscheidung des Reichsgerichts in Sachen des Börsenvereins wider die Buchhandlung des Verbandes der Arzte Deutschlands vom 14. Dezember 1912 ergangen, durch das die Revision des Börsenvereins endgültig zurückgewiesen worden ist. Infolgedessen glaubte der Börsenvereinsvorstand in jedem Falle versuchen zu sollen, dem berechtigten Kampf gegen den Vereins buchhandel eine gesicherte gesetzliche Grundlage zu geben. Dies konnte nur durch eine Änderung des entsprechenden Paragraphen der Verkaufsordnung geschehen, und um dies zu bewirken, hat der Börsenvereinsvorstand nochmals den Ausschuß einberufen. Da das Reichsgericht die Arztebuchhandlungen als nicht unter den § 3 Abs. S der Verkaussordnung fallend ansieht, und die Art der Verteilung des Gewinnes als einen Eigengewinn betrachtet, mußte es das Streben des Börsenvereins sein, den § 3 so zu sassen, daß auch Betriebe darunter sallen, welche in der Art der Arzte- buchhandlung ihren Gewinn verteilen. ^Als Ergebnis der Verhandlungen wurde folgender Antrag angenommen, einen neuen Absatz 2 dem § 3 einzufügen, der folgen dermaßen lautet: »Als Publikum sind auch solche Verbände oder Vereine anzusehen, die die bezogenen Gegenstände des Buchhandels nur oder vorwiegend an ihre Mitglieder absetzen, ferner solche buch- händlerische Betriebe, die von Verbänden oder Vereinen unter halten werden und ihren Geschäftsgewinn im unmittelbaren (Konsumvereine, Bücherämter usw.) oder mittelbaren Interesse ihrer Mitglieder verwenden. Der Vorstand des Börsenvereins hofft mit dieser Änderung weiteren Angriffen der Vereinsbuchhandlungen wirksam ent gegentreten zu können. Damit dürsten die Verhandlungen des außerordentlichen Ausschusses wirklich ihr Ende erreicht haben. Noch einer nicht sehr angenehmen Begleiterscheinung dieser letzten Sitzung möchten wir gedenken. Sobald bekannt geworden war, daß noch eine Beratung stattsinden würde, hat ein neuer Sturmlauf gegen die mühsam geschaffenen Änderungen der §§ II, 12 der Verkaufsordnung begonnen. Im Ausschuß sind diese neuen Vorschläge nur zum allergeringsten Teil angenommen worden. Wir möchten im Interesse des Friedens im Buchhandel die Hoff nung daran knüpfen, daß auch in der Verlegerversammlung, die wohl inzwischen stattgefunden hat, nicht neue Schwierigkeiten dem Zustandekommen der Revision bereitet worden sind. Leider haben sich auch im letzten Jahr, wie aus dem Nach stehenden hervorgeht, die Angebote des Verlages auf Grund der §§ II und 12 der Verkaufsordnung vermehrt, anstatt sich zu ver mindern. Der Verlag ist wenigstens zum Teil noch immer nicht zu der Überzeugung durchgedrungen, daß ein leistungsfähiges Sorti ment, dessen Notwendigkeit er ja zugibt, nur dann zu erhalten ist, wenn der Verlag in der Konkurrenz, die er dem Sortiment macht, sich beschränkt. Die jetzt geplante Änderung der Verkaufsordnung ist ein letzter Versuch hierzu: hoffen wir, daß er gelingt. Eine große Reihe von Beschwerden über die das Sortiment schädigenden Folgen der W 11 und 12 der Verkaussordnung haben den Vorstand auch im Berichtsjahre wieder beschäftigt. Ein typischer Fall, der die Unhaltbarkeit des § 12 in seiner heutigen Fassung deutlich kennzeichnet, mag hier erwähnt werden. Eine Leipziger Verlagsfirma hat im Oktober 1912 ein Handwörterbuch der sozialen Hygiene im Preise von annähernd IOO Mk. heraus gegeben, für das das wissenschaftliche Sortiment sich angesichts des hohen Preises wohl nach Kräften verwendet hat. Im Januar 1813, also drei Monate nach seinem Erscheinen, wird dieses Werl durch die Zentralstelle für Volkswohlfahrt in Berlin mittels ge druckter Zirkulare einer Unzahl von Personen, die größtenteils weder als Mitglieder noch als Interessenten des genannten Vereins in Frage kommen, mit einem Nachlaß von 33/z Proz. des Laden preises angeboten. Die Zirkulare, die uns von Beschwerdeführern nicht nur in Berlin, sondern auch in andern Städten zugegangen sind, tragen den Poststempel der Stadt Leipzig, sind also nicht einmal von dem Sitze der Zentralstelle für Volkswohlfahrt, sondern höchstwahrscheinlich vom Verlag selbst nach den Ortsadreßbüchern versandt worden. Die jede Auslegung gestattende Fassung des Z 12 Abs. 1 der Verkaufsordnung, der dem Verleger noch größeren Spielraum gewährende Wortlaut des Abs. 2 zeigen, daß das formelle Recht zu einer derartigen Vertriebsmaßnahme nach dem heutigen Gesetz auf seiten des Verlegers ist, und daß das Sortiment keinen Rechtstitel besitzt, ein Schleuderangebot an seine Kunden, die das soeben erschienene Werk zum vollen Ladenpreis erworben haben, zu verhindern, daß es ferner neue Interessenten für das Werk nicht selbst befriedigen kann, sondern an die Zentralstelle für Volkswohlfahrt, alias den Verleger verweisen muß. Daß das Sortiment in einer solchen Zwangslage kein Loblied auf die Gesetze des Börsenvereins und ihre Durchführung zu singen bereit ist, liegt auf der Hand. Der angeführte Fall, der ein Schulbeispiel genannt werden kann, beweist, wie notwendig es ist, durch eine neue Fassung des § 12 die zu Mengenpreisen erwerbenden Vereine zu verpflichten, bei Abgabe einzelner Exemplare an ihre Mitglieder den Ladenpreis einzuhalten, an Nichtmitglieder aber überhaupt nicht zu liefern. Aber auch für die Betrachtung der Rabattfrage ist der Fall nicht uninteressant; zeigt er doch, daß das dem Sortiment mit 25 Proz. gelieferte Werk einen Rabatt von annähernd 40 Proz. zu tragen in der Lage ist, da zu den 33hz Proz., die die Zentral stelle für Volkswohlfahrt dem Publikum gewährt, noch ihr Eigen gewinn kommt, ohne den sie sich wohl kaum zu einem derartigen Unternehmen hergegeben hätte. Fast mehr noch als die Unzulänglichkeit der Verkaussordnung hat uns im letzten Geschäftsjahre die Grossistenfrage beschäftigt und der Wunsch, durch Schaffung einer Wiederverkäuferord nung geordnetere Zustände im Zwischenhandel herzustellen und dem fortgesetzt wachsenden Auchbuchhandel und seiner das Sorti ment aussaugenden Tätigkeit Schranken zu setzen. Schon als wir auf der Eisenacher Herbstversammlung den Kreis- und Ortsver einen den Plan einer durchführbaren Adreßbuchreinigung vorleg ten, hatten wir mit den führenden Firmen des Leipziger Grosso- geschäfts Verhandlungen angeknüpft dahingehend, daß als Folge der Adreßbuchreinigung eine Aufrollung und Ordnung der Wieder- verkäuserfrage unumgänglich notwendig seien. Wir haben dann, nachdem unser Plan der Adreßbuchreinigung angenommen worden war und das System der Adressensichtung sich bewährt hatte, weiter mit den Grossosortimeutern verhandelt mit dem Resultat, daß diese Schritt sür Schritt zu weiterem Entgegenkommen sich bereit zeig ten und eine endliche Erledigung der leidigenFrage selbst wünschten. Nach vorläufigem Abschluß der Verhandlungen haben wir der Bayreuther Herbstversammlung den Plan einer Wiederverkäuser- ordnung vorgelegt, der die Grundsätze enthielt, daß einmal der Kreis der Wiederverkäufe! eingeschränkt und genau umschrieben werde, und daß ferner den Grossisten und andern Zwischenhändlern die Beschränkung auserlegt werde, an diese Wiederverläufer nur mit verkürztem Rabatt, an alle nicht als Wiederverkäufer be- zeichneten Gewerbekreise oder Privaten aber gar nicht liefern z» dürfen. Dieser unser Plan, der auf unseren Antrag durch eine Kom mission allen in Betracht zu ziehenden Verhältnissen angepaßt wer den sollte, hat die Unterstützung der überwiegenden Mehrheit der Bayreuther Herbstversammlung gesunden. Auch der erste Vorsteher des Börsenvereins hat die Notwendig keit einer Lösung betont, und die von uns festgelegten Grundsätze als eine gute Unterlage sür weitere Verhandlungen anerkannt. Wer jener Versammlung beigewohnt hat, wird den starken Eindruck nicht vergessen haben, den gerade die Ausführungen des ersten Vorstehers des Börsenvereins auf die Anwesenden gemacht haben. Zu unserem Bedauern hat die Angelegenheit nicht den Verlaus