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^ 120, 25. Mai 1912. Amtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Bl chhandel. 6447 wert, wenn der Börsenverein auch dafür sorgen könnte, daß nicht soviel verboten wird. (Heiterkeit.) Meine Herren, es ist jetzt wieder in Berlin eine Anzahl von Kollegen, darunter ein Besitzer eines hochangesehenen Geschäfts, der weit davon ent fernt ist, Schund oder Schmutz zu propagieren, vom Staatsanwalt vorgcfordert worden. Zur Illustration will ich Ihnen mitteilen, daß dieser Kollege selber den Staatsanwalt, bei dem er war, gefragt hat: wie denken Sie, wird das und das ver boten werden? Darauf die Antwort: Ja, das kann ich nicht sagen. Die Polizei weiß also selber nicht, was verboten wird, wie soll es da der Börsenvereinsvorstand wissen? Der Staatsanwalt hat gesagt: nehmen Sie sich in acht, es weht jetzt ein sehr scharfer Wind; ob nicht auch der Vorstand des Börsenvereins mit seiner Agitation gegen Schund und Schmutz diesen Wind ein wenig mit angefacht hat, scheint mir doch der Untersuchung wert. Ich bin der letzte, der nicht dafür ein- tritt, daß unser Volk bewahrt werde vor dem, was wir Schund und Schmutz nennen; aber es gibt auch Leute, die ver gessen, daß schließlich die Literatur nicht für kleine Kinder und nicht für Backfische da ist, und der Börsenverein, der, was ich vollständig billige, gegen den wirklichen Schund und Schmutz in diesen Krieg gezogen ist, hat doch wohl auch die Pflicht, für seine Mitglieder zu sorgen und die Staatsgewalt darauf aufmerksam zu machen, daß der deutsche Buchhandel sich selbst davor schützt und daß es nicht notwendig ist, in diesem Übermaß mit Konfiskationen und Polizeilichen Nachforschungen, dem wir in Preußen leider ausgesetzt sind, vorzugehen. Ich spreche da im Sinne einer ganzen Anzahl namentlich meiner Ber liner Kollegen; in Berlin kann es dem anständigsten Buchhändler jeden Tag passieren, daß er in eine solche Anklage ver wickelt wird, und jedem von Ihnen, meine Herren, würde es doch unangenehm sein, selbst wenn er nachher freigesprochen wird, überhaupt in eine solche Anklage verwickelt zu werden und in einer Frage der Schund- und Schmutzliteratur vor Ge richt zitiert zu werden. Ich stelle keinen Antrag, ich lege es in die Hände des Börsenvereins, der sicher der Anregung, soweit er es vermag, Folge leisten wird. (Bravol) Vorsitzender Herr Kommerzienrat Karl Siegismund-Berlin: Meine Herren, in die Hände des Börsenvereins vorstandes wird ja sehr viel gelegt. (Heiterkeit.) Wenn jemand im Buchhandel in irgend einer Sache nicht vorwärts kommen oder sich nicht Helsen kann, so rust er: Börsenvereinsvorstand hilf! Der tut nun zwar sehr viel, jedenfalls alles was er nur möglich machen kann, aber den Wunsch des Herrn Prager zu erfüllen wird schwer sein; soweit geht unsere Macht doch nicht, daß wir die Urteile der deutschen Gerichte nach seinen Anschauungen zu beeinflussen in der Lage wären, und der Börsenverein, der vor drei und zwei Jahren und auch im vorigen Jahre erst Resolutionen gegen die Schmutz- und Schundliteratur gefaßt hat, der ist am wenigsten geeignet, jetzt die Rechtsprechung zu beeinflussen in einer Weise, die das Gegenteil herbeiführen will von dem, was wir in einmütigen Resolutionen zum Ausdruck gebracht haben. Im übrigen ist im Jahresbericht davon Mitteilung gemacht, daß der Erste Vorsteher des Börsenvereins als Vor standsmitglied in die Zentralstelle zur Bekämpfung der Schundliteratur cingetrcten ist. Als mir das diesbezügliche Angebot gemacht und der Wunsch von seiten der Zentralstelle für Volkswohlfahrt ausgesprochen wurde, als Vorstandsmitglied in diese Zentralstelle einzutrcten, erklärte ich den Herren: ich wüßte nicht, ob ich in der Lage wäre, auf die Dauer die Pflichten zu erfüllen, die mit dem Amte eines Vorstandsmitglieds der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schund literatur verbunden sind: es könnte die Möglichkeit eintreten, daß zwischen den Anschauungen der Zentralstelle und den An schauungen, die ich als Vorsteher des Börsenvereins in Übereinstimmung mit den übrigen Vorstandsmitgliedern zu vertreten habe, ein Konflikt eintreten könnte und ich als Vorsteher des Bürsenvereins nicht auf dem Wege folgen kann, den die Zen tralstelle möglicherweise einzuschlagen die Absicht hat, in solchem Falle müßte ich mir Vorbehalten, falls meine Meinung nicht bei der Zentralstelle zum Durchschlag käme, zurückzutreten. Darauf ist mir erwidert worden, daß die Herren gerade wünschen, mit dem anständigen und gewissenhast arbeitenden Verlagsbuchhandel, insbesondere dem Börsenvcreiu in ständiger Beziehung zu bleiben, und daß es Aufgabe der Zentralstelle sei, einen Ausgleich in den so stark widersprechenden Ansichten herbeizusühren. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, habe ich keinen Anstand genommen, in den Vorstand der Zentral stelle einzutreten, und meine Aufgabe wird es sein, Schmutz- und Schundliteratur zu bekämpfen, aber auch mancherlei Über griffe Übereifriger, wie sie tatsächlich doch vorgekommen sind, möglichst zu verhindern. Jetzt aber nun meine Herren, eine Re solution zu fassen, wie Herr Prager eine solche wünscht, das ist gänzlich unmöglich und undenkbar, nachdem wir uns jahre lang in die vorderste Reihe der Bekämpser der Schundliteratur gestellt haben und auch in der vordersten Reihe bleiben wollen. Wenn niemand mehr das Wort wünscht, so wäre dieser Punkt erledigt, wir kommen weiter. Internationales Abkommen zur Bekämpfung der Verbreitung unzüchtiger Veröffentlichungen, — Geschäftsstelle, — Amtliche Stelle in New-Dork, — Amerika-Institut, — Unterstützungsverein, — John- Henry Schwerin-Stiftung, — Satzungen der Kreis- und Ortsvereine, — Verkaussbestimmungen, — Ver letzung der Verkaussbestimmungen, — Ausschüsse des Börsenvereins, — Rechnungsausschnß, — Wahl ausschuß, — Verwaltungsausschuß, — Neubau des östlichen Flügels des Buchhändlerhauscs (hierüber ist ein besonderer Punkt auf der Tagesordnung, wir kommen aus diese Angelegenheit demnach zurück), —Vereinsausschuß, — Historische Kommission. Meine Herren, dazu kann ich erklären: es ist nunmehr wirklich wahr, daß die Geschichte des Buchhandels ab geschlossen ist. Wir haben gestern von dem Verfasser der Geschichte des Buchhandels, Herrn Or. Goldsriedrich, die Mit teilung von der Ablieferung des letzten Manuskripts an die Buchdruckerei erhalten, und es wird nun die Möglichkeit vor handen sein, in allernächster Zeit den Band zur Veröffentlichung Hu bringen. (Bravo!) Bibliothek des Börscnvekeins, — Ausschuß für das Börsenblatt, — Außerordentlicher Ausschuß für Urheber- und Verlagsrecht, — Festausschuß, — Lehrbuchkommission. Meine Herren, damit sind wir am Schluffe unseres Geschäftsberichts angekommen. Ich habe nunmehr die Kollegen zu bitten, daß wir in üblicher Weise unserer verstorbenen Mitglieder gedenken. Es find hervorragende Männer unter den Verstorbenen gewesen, ich nenne nur Theodor Ackermann, der zu 50 Kantateverhandlungen hier in unserer Mitte geweilt hat. Es wären noch eine ganze Anzahl anderer Männer zu nennen, die wir schmerzlich vermissen; Lintz, I)r. Niemeycr und andere. Wir gedenken dieser Verstorbenen, indem wir uns zu ihrer letzten Ehrung von den Sitzen erheben. (Geschieht.) Ich danke Ihnen. Damit wünschen wir gleichzeitig denjenigen Kollegen, die durch Krankheit verhindert sind, hier ihren gewohnten Platz in unserer Mitte einzunehmen, einelbaldige Besserung. (Bravo!) Ich frage, ob noch jemand zum Jahresbericht das Wort zu ergreifen wünscht? — Es geschieht nicht; ich schließe 840»