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Redaktioneller Teil. pff 106, 9. Mai 1916. steigern wird. Wie für die Gesamtausstellung ist auch für diese Gruppe noch kein unabänderliches Schema festgelegt, und nur skizzenhaft läßt sich der Plan der Anordnung andeuten. Eines jedoch steht fest: es soll keine »Verleger«-Ausstellung werden, in der die Bücher ohne anderen Zusammenhang als den ihrer ge meinsamen Herkunst ausgelegt werden, sondern in systematischer Grrippiernng soll dem Publikum gezeigt werden, welche Fragen der Krieg neu aufgerollt, welche er nur in den Vordergrund ge schoben hat und wie ihre Beantwortung in Flugblättern, Bro schüren und Büchern aller Art erfolgt. Bei dieser Anordnung wird die starke Betonung der religiösen Frage auffallen, die die Gemüter in ihrer Weise fast ebenso beherrscht, wie das Geistes leben durch soziale Problem«, Neugestaltring von Ecziehungs- und Unterrichtswesen, und die Frage des künftigen Verhältnisses zu den feindlichen Staaten gefesselt wird. Eine besondere Stellung in der Gruppe »Politik und Wirt schaftsleben« wird di« Literatur über »Mitteleuropa« einnehmen; als Kern das monumentale Werk Naumanns, um dieses geschart jene Bücher, die sich zu ihm bekennen oder einen entgegengesetzten Standpunkt vertreten. Auch die Schriften über die Stellung der Frau im Kriege und nach dem Kriege werden eine eigene Gruppe bilden; ebenso die Erscheinungen aus dem Gebiete des Völkerrechts, des Militär- und Sanitätswesens. Daneben wer den Dokumente und Bücher zur Vorgeschichte des Krieges, amt liche Berichte, Darstellungen und Chroniken, Feldpostbriefe und Schilderungen von Mitkämpfern, nach ihrer inneren Zusammen gehörigkeit ungeordnet, ausgestellt werden. Für schöne Literatur, dramatische und lyrische Dichtung sowie Jugendlektüre sind gleichfalls besondere Plätze bestimm!, wie solche auch Kriegs- zcitungen und -Zeitschriften eingeränmt werden. Nicht eigentliche Kriegsliteratur wird die Grrchpe: »Der Jungbrunnen unserer Feldgrauen« (Literatur für Lazarett und Schützengraben) enthalten, da ja schon längst bemerkt wurde, daß brausten nur Bedürfnis nach Büchern herrscht, die mit dem Kriege möglichst wenig zu tun haben. Die hervorragenden Werke der Weltliteratur, unserer deutschen Philosophen und Dichter, ernste und heitere Lektüre, wie sie für Stunden geistiger Abspannung erwünscht sind, aber auch Grammatiken und Sprachführer werden sich hier finden, denn die Zeit der Stel lungskämpfe wird von Offizieren und Mannschaften gern benutzt, ihr« Sprachkenntnissc zu bereichern. Die beliebten Ausgaben von Reclam, Engelhorn n. a. werden reihenweise zu sehen sein, und besonders werden die »Feldpostansgaben« hervortreten, die der deutsche Buchhandel vielfach von den besten Werken unserer Literatur hcrgestcllt hat. Von dieser Gruppe wird hoffentlich die stärkste Anziehungskraft auf das Publikum ausstrahlen, die dann auch den Kämpfern zugute kommen wird, wenn die Kauf freudigkeit durch die günstige Zusammenstellung der Bücher an geregt wird. — Durch Mitwirkung des k. u. k. Kriegsarchivs, da- aus seinem reichen Bestand einzelne Stücke spenden will, wird die Ausstellung der im Buchhandel erschienenen Werke wertvoll ergänzt, und da sich auch Kunst- und Kartenhandel an der Ausstellung beteiligen, so wird die kriegsliterarische Gruppe ein abwechslungsreiches, farbenfrohes Bild bieten, das jedem Besucher den Eindruck bedeutender Leistungen auch auf diesem Gebiete hinterlassen wird. Der wohltätige Endzweck der österreichisch-ungarischen Kricgsausstellung das gesamte Rcinerträgnis ist der Kriegs- sürsorge gewidmet — wird dazu beitragen, die Besucherzahl zu erhöhen, und das Protektorat des Kricgsministers von Krobatin und hervorragender Persönlichkeiten Österreich-Ungarns wird gleichfalls auf den Verlauf der Ausstellung günstig einwirken. Auch mit einem starken Zuzug von Deutschland und dem Balkan kann gerechnet werden, da ja die Verbündeten Staaten mit gleichem Interesse an der Kriegsausstellung beteiligt sind wie Österreich-Ungarn selbst. Was hier mitgeteilt wurde, bewegt sich in den Grenzen des Geplanten und Wahrscheinlichen; wie sich alles in Wirklichkeit gestalten wird, lässt sich vor Eröffnung der Ausstellung nicht endgültig feststellen. Sobald diese stattgefunden hat (sie ist für den 18. Mai anberaumt), wollen wir uns aus einem Rundgang durch die Ausstellung mit den Einzelheiten 854 bekanntmachen und dabei das Hauptaugenmerk auf die kriegs- literarische Abteilung lenken, die den deutschen Buchhandel vor nehmlich interessiert. Wenn sie so reich beschickt wird, wie nach den bisherigen Anmeldungen zu erwarten ist, so dürfte es eine Fülle wissenswerter Dinge zu berichten geben. Vorläufig sei nur nochmals nachdrücklich auf die Bedeutung der Kriegslite raturausstellung für den gesamten deutsch-österreichischen Buch handel hingewiesen und auf die wirksame Förderung, die die Veranstaltung der deutschen Reichsbuchwoche von der Donau stadt empfangen wird. Soldaten-Büchereien. Von * * * (z. Z. verwundet). Schwert und Buch, das sind die beiden Grundlagen für die Entwicklung eines Volkes. Sie ergänzen einander, denn WSH rend das gute Schwert der Volkswirtschaft Sicherheit und Ruhe verbürgt, wirkt das Buch ertüchtigend und erstarkend auf Geist und Seele der Volksmasse. Es ist deshalb im Interesse des Staates, wenn er das Buchwesen fördert, weil das Buch das einfachste und zugleich das wirksamste Volkserziehungsmittel dar stellt. Der Verlauf des Krieges hat deutlich gezeigt, daß der ge meine Soldat gar nicht geistig regsam und beschlagen genug sein kann, und daß es notwendig ist, gewisse natürliche .Hemmungen, unter denen der junge Mensch einfacher Erziehung im allgemeinen leidet, zu beseitigen. Aus diesem Grunde und aus dem oben angedeuteten wird man sich damit vertraut machen müssen, daß der Soldat in Zukunft mit Lesestoff versorgt werden must. Denn unsere Volksbildung ist noch nicht derart, daß man einen Menschen, der aus der Fortbildungsschule oder der länd lichen Volksschule entlassen wurde, als fertigen Menschen ansehen könnte. Hat der junge Mensch das siebzehnte bzw. vierzehnte Lebensjahr erreicht, so ist seine Erziehung der Hand des Staates entzogen, denn erst mit etwa zwanzig Jahren kommt er wieder unter den Einfluß militärischer Erziehung. Bei dieser Erziehung ist nun bisher vorwiegend das körperliche Moment berücksichtigt worden, obgleich sich die Behörden nicht im unklaren darüber sein konnten, daß in Anbetracht der Umwälzungen, die durch dis körperliche Stählung in den jungen Leuten hcrvorgerufen werden, die geistige Weiterbildung nicht autzcr acht gelassen wer den dürfe. Nun habe ich häufig die Meinung vertreten gehört, daß für eine geistige Weiterbildung in größerem Umfange weder Zeit noch Gelegenheit, noch auch Mittel vorhanden seien, zumal der Soldat während der Dicnstjahre die wenigen Stunden, die er täglich für sich behalte, unbedingt zur Ruhe gebrauche. Tatsächlich ist das in der ersten Zeit so, aber auch nur in der ersten Zeit, nämlich während der Dienstjahre die wenigen Stunden, die er täglich für Jahre, kommen für den Soldaten oftmals Stunden der Ruhe, ja selbst der Langeweile. Diese Stunden der Muße müssen ihm ge gönnt werden, weshalb irgendwelcher Unterricht nicht angängig ist. Aber was ist da einfacher, als ihn auf eine zugleich so nütz liche wie angenehme Verbringung dieser Stunden durch Lesen hinzuweisen? Der Lesestoff müßte zu diesem Zwecke freilich zur Hand sein, denn der Soldat wird keine Lust haben, deshalb von seiner entlegenen Kaserne in die Stadt zu fahren. Außer dem muß ihm der Lesestoff umsonst zur Verfügung stehen. In manchen Garnisonen bestehen Soldatenheime, deren Büchereien jedoch, soweit ich feststellen konnte, in Bändezahl und Zusammen stellung völlig unzureichend sind. Die logische Folgerung ist die Kasernenbücherei. Durch Verwendung der Überschüsse aus der Küchen- und aus anderen Kassen ist die Einrichtung von Büchereien ohne Mehrbelastung des Staatssäckels möglich. In Friedenszeiten waren solche Überschüsse an der Tagesordnung rmd wurden meist durch Schlachtfeste und andere Veranstaltungen aus der Welt ge schafft. Die Einrichtung solcher Büchereien ist an sich verhältnis mäßig einfach. Das Beste wäre die Koinpagniebücherei, La aber die geringfügige Einheit einer Kompagnie nur wenige Bü-