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Nr. 10«. UrdMÄMtlcliMVucktilmdel Leipzig, Dienstag den 9. Mai 1916. 8S. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Vorbericht über die österreichisch - ungarische Kriegsausstellung. Von llr. Irma Hifi. Die deutsche Rcichsbuchwochc und die österreichisch-ungarische Kriegsliteraturausstcllung, die im Rahmen der großen österrei chisch-ungarischen Kriegsausslellung demnächst zur Eröffnung ge langt, haben trotz der Verschiedenheit ihrer Organisation manche innere Beziehungen zueinander, die zwar nicht gleich ans Licht treten, bei näherem Zusehen jedoch klar werden. Ist die Reichs- duchwochc eine Veranstaltung, um die Soldaten im Felde und in den Lazaretten mit Lesestoff zu versorgen, so beweist gerade diese Aktion, ein wie hoher Wert der geistigen Anregung der Truppen beigemessen wird und wie hoch Literatur, Wissenschaft und Knust vom deutschen Volke eingeschäyt werden. Andererseits will die Kriegsliteratur-Ausstellung in erster Linie einen über blick über die großartigen Leistungen auf dem Gebiete des Buch- und Kunsthandcls gebe», zugleich aber durch Auslegung der lite rarischen Erscheinungen in einer Verkaufsabteilung die Kauflust des Publikums anregen und auf diese Weise die Be wegung : »Bücher ins Feld« fördern. In Österreich fehlte bis jetzt ein so großzügig angelegtes Unternehmen wie die deutsche Reichsbuchwoche, und die zahl- reichen Versuche, weite Kreise zu Bücherspenden hcranzuziehen, beispielsweise die Gründung eines Konsortiums Wiener Hoch schulprofessoren zu diesem Zwecke, blieben leider im Keime stecken. Es ist jedoch zu hoffe», das; die Kriegsliteratur-Ausstellung eine starke Wirkring ausübcn wird, wenn sie den Besuchern das Buch in seinen lebendigen Beziehungen zu den Geschehnissen des Krieges vor Augen führt und besonders auf jene Literatur hin weist, nach der im Schützengraben am meisten verlangt wird. — Da die kriegsliterarische Abteilung fachmännisch geleitet wird (mit der Einrichtung wurde die Manz'sche Hosbuchhandlung in Wieu betraut), so ist eine wirklich wertvolle und übersichtliche Anordnung des ungeheuren Stoffes von vornherein verbürgt; da sie ferner kein auf sich selbst gestelltes Sondcrunternehmen, sondern ein Zweig der überaus reichhaltigen und vielversprechen den Gesamtausstellung ist, so wird Wohl auch der Besuch ein sehr reger sein, und ei» gut Teil des Interesses an der ganzen Ver anstaltung wird der Kriegsliteraturgruppe zustatten kommen. Die international geplante österreichisch-ungarische Kriegsausstellung - falls die Bezeichnung »international« auf die Verbündeten Mächte und die neutralen Staaten angewendet werden kann — verspricht wieder einmal einen glänzenden Be weis für den berühmten Wiener Geschmack zu geben, der sich bei derartigen Veranstaltungen wiederholt bewährt hat. Wie die früheren Ausstellungen hat auch die jetzige die Prateranlagen zum wirkungsvollen Hintergrund; das eigentliche Ausstellungs terrain bildet der »Kaisergartcn«, der durch eine anschließende Wiese bedeutend erweitert wurde, um für die Ausstellung grö ßerer Objekte, die Anlage von Schützengräben, Fahrkllchcn und Fcldbäckereien, die in vollem Betrieb gezeigt werden sollen, Vor führungen von Kriegs- und Sanitätshunden usw., Raum zu ge- Winnen. Roch sind die Bauten nicht vollendet, aber schon werden die Wiener durch ernst-vornehm gehaltene Plakate, wie es dem Cha- rakler der Ausstellung entspricht, auf die Eröffnung derselben im Monat Mai hingewiesen. An allen Anschlagsäulen ist dar Plakat zu sehen, von dessen blauem Hintergrund sich das Wahr zeichen der Kriegsausstellung, ein mächtiger, geradliniger Turm, in mattbraun getönter Farbe abhcbt. Der Turm selbst bildet in einer Höhe von 32 Metern den Haupteingang der Ausstellung, die über weitere fünf Eingangstore verfügt; die Fläche, die sie umfaßt, beläuft sich auf öOOOO Quadratmeter. Die Ausstellungsräume sind größere und kleinere Hallen, die untereinander in Verbindung stehen, aber je nach den Gegen ständen, zu deren Aufnahme sie bestimmt sind, verschiedenen archi tektonischen Charakter tragen und in diesem Sinne völlig in sich abgeschlossen sind; die zwischen den Hallen liegenden Höfe sind für größere Objekte eingerichtet, die in geschlossenem Raum beengt erscheinen würden. Andeutungsweise sei auf die geplante Anordnung hingewiesen, obwohl noch alles im Werde» begriffen ist und erst langsam der Vollendung cntgegenreist. In einer »Ehrenhalle« sollen die Porträts der Herrscher der vereinigten Mittelmächte, Bulgariens und der Türkei, sowie die ihrer siegreichen Feldherren und Staatsmänner ausgestellt wer den, während die anschließenden Höfe die Beutestücke bergen, di« das Heeresmuseum der Ausstellungsleitung zur Verfügung ge stellt hat. In einer anderen großen Halle sollen die auf allen Kriegsschauplätzen gesammelten Trophäen der verbündeten Heere zur Ausstellung gelangen, in drei kleineren Bauten Deutsch land, Bulgarien und die Türkei besonders vertreten sein. Dieser Teil der Ausstellung wird also auf die Verdienste und Errungenschaften der kämpfenden Heere Hinweisen, während andere Pavillons der Ausrüstung von Heer und Marine, sani tären Einrichtungen, den Leistungen auf dem Gebiete des Pionier- und Befestigungswesens, Luftschiffahrt, Automobilismus usw. gewidmet sind. Wertvoller noch werden die Einblicke sein, die die Kriegsausstellung in die wirtschaftlichen und industriellen Verhältnisse des Krieges gewähren wird, wobei die Einführung von Ersatzstoffen für früher aus dem Auslande bezogene Fabri kate und Produkte am interessantesten sein dürfte. Das alles wird dem neutralen Ausland und indirekt auch unseren Feinden beweisen, wie stark die militärische und wirtschaftliche Rüstung Österreich-Ungarns ist, zugleich aber soll gerade durch die Gewerbe- und Industrieausstellung den Ausstellern die Mög lichkeit geboten werden, neue Handelsbeziehungen zum Orient, den befreundeten Bundesstaaten und dem neutralen Ausland anzu- knüpfcn. Eigene Räume wurden der »Kriegsflirsorge«, dem Roten Kreuz, dem Generalgouvernement von Lublin, der Verwaltung der Kriegsgefangenenlager, den Einrichtungen der Pfadfinder, des Flottenvereins u. a. zur Verfügung gestellt, so daß also die Ausstellung ein Gesamtbild der Leistungen an der Front und im Hinterland bieten wird. Zwischen diesem durchaus ernsten Teil der Ausstellung und dem heiteren, der durch Theater, Kino, Kabarett, Kaffee häuser und Musikpavillons üargestellt wird, bildet das Binde glied die »Kunstgruppe«, in der das Kriegspressequartier, der Buch- und Kunsthandel vertreten sind. Im Mittelpunkte des Kunstpavillons wird sich die Kriegsliteraturausstellung entfallen, deren überaus günstige Lage den Zuzug der Besucher wesentlich 5S3