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8050 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. 172, 27. Juli 1SV8 zugunsten des Autors. Interessant und beachtenswert für die Abfassung von Verlags- und Redaktionsverträgen ist nun die Begründung des landgerichtlichen Urteils, die hier, soweit sie interessiert, wiedergegeben sei: »Die Einwendungen, die der Verlag gegen den An spruch des Klägers erhebt, sind nicht beachtlich. Es ist ganz gleichgültig, ob 8 42 des Verlagsgesetzes hier Anwendung zu finden hat oder nicht, ob der Kläger ein Urheberrecht der Beklagten oder eine etwaige vertrags mäßige Verpflichtung, denselben Artikel nicht anderweit zu veröffentlichen, verletzt hat oder nicht. Denn auch die Bejahung dieser Fragen kann niemals dazu führen, die Beklagte von ihrer vertragsmäßigen Ver pflichtung zur Zahlung des Honorars zu befreien. Das gesetz- oder vertragswidrige Verhalten des Klägers würde ihr nur einen Anspruch auf Schadenersatz geben. Einen solchen Anspruch aber macht sie hier nicht geltend. Die ZZ 320 u. folg, des Bürgerlichen Gesetzbuches, auf die der Amtsrichter die Klagabweisung gründet, findet keine Anwendung; denn die dem Kläger aus dem gegen seitigen Vertrag obliegende Leistung, um deretwillen die Beklagte das Honorar zu leisten hat, war mit der Über lassung des Manuskripts für den streitigen Artikel erfüllt. Die Beklagte hat denn auch durch den weiteren Abdruck des Artikels nach dem 1. Oktober 1906 unzweideutig zum Ausdruck gebracht, daß sie selbst am Vertrage festhalte.*) Unhaltbar ist auch der andere Einwand der Be klagten, daß sie den Verlagsoertrag wegen Irrtums an- gefochten habe. Sie will irrtümlich angenommen haben, daß sie einen Originalartikel erwerbe. Diese Annahme war gar nicht irrig. Was der Kläger ihr als Beitrag für ihre Zeitschrift anbot, war damals und zur Zeit des Vertrags abschlusses ein Originalartikel. Wenigstens kann die Beklagte selbst nicht behaupten, daß der Beitrag vor dem Beginn des Abdrucks im »Helios« schon anderweit erschienen sei. Es kann daher ganz dahingestellt bleiben, ob ein solcher Irrtum nach 8 119, Absatz 1 oder 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs überhaupt als erheblich anzusehen ist. Der irrige Glaube, daß der Vertragsgegner seine durch den Vertrag übernommenen Verpflichtungen erfüllen werde, ist jedenfalls kein Irrtum, der den Irrenden nach 8 119 des Bürgerlichen Gesetzbuchs' zur Anfechtung des Vertrags berechtigte.« Nach dieser Landgerichtsentscheidung, die hoffentlich anderen Richtern nicht zum Vorbild dienen wird, wäre es eine dankenswerte Aufgabe, Leitsätze für den Verkehr zwischen Zeitschristenverlegern und Mitarbeitern zu normieren, die dann auch für das Leipziger Landgericht genügen müßten, um Mitarbeiter in ihren Ansprüchen abzuweisen, wenn sie sich gesetz- oder vertragswidrig verhalten haben. Die Aufgabe ist nicht leicht, wenn den Rechtsanstchten des Leipziger Land gerichts künftig begegnet werden soll, als da sind: 1. Ein Beitrag bleibt ein Originalartikel, wenn er auch während des Erscheinens ohne Einwilligung des Verlags vom Ver fasser anderweitig veröffentlicht wird; 2. wenn der Verleger eine Verletzung des Vertrages seitens des Autors kennzeichnen will, so muß er in seiner Zeitschrift mitten im Artikel ab brechen, so bald er eben von dem vertragswidrigen Verhalten des Autors Kenntnis erhält; 3. wenn der Autor etwas ganz anderes tut, als wozu er sich vertraglich verpflichtet hat, so muß der Verleger trotzdem zahlen; er mag sich beim Züricher- Gericht Recht und Geld holen. Fritz Hochmeister i/Fa. Hochmeister L Thal. ff Sollten wir etwa mitten im Artikel abbrechen? H. Berufsbildung. VI. (Vgl. 1907 Nr. 12l u. 1908 Nr. 28, 124, 144, 171 d. Bl.) Während bis hierher allgemein über das Buch, den Handel und den Buchhandel gesprochen wurde, beschäftigt ich das Lehrbuch*) im zweiten Teil seines ersten Bandes im besonderen mit dem Verlagsbuchhaudel und gibt uns zunächst eingehende Darlegungen über dessen Wesen und Aufgabe. Wenn hierin sogleich im Eingang gesagt wird, daß der Verleger dem Urheber (Autor) gegenüber die Ver pflichtung zur Verbreitung des verlegten geistigen Erzeug nisses übernimmt, und diese namentlich so zu verstehenist, daß sich der Verleger dazu in der Hauptsache des Sortiments bedient, so kann das nicht als unbedingt richtig bezeichnet werden. Wohl wird ein Verleger aus Klugheit zumeist in erster Linie das Sortiment für seine Verlagswerke zu ge winnen versuchen; aber von einer Verpflichtung dem Autor gegenüber, über die Art und Weise des Vertriebes seines Werkes wird kaum je die Rede sein. Autor und Verleger haben in erster Linie ein Interesse am Absätze ihrer Werke; sucht nun ein Verleger den Sortimenter im Vertriebe zu umgehen, so wird ihm zum wenigsten der Autor Vorwürfe machen, wenn nur der Verleger sich überhaupt um Bekannt werden und Absatz seines Buches bemüht und das letztere erreicht.**) In Kürze werden die Obliegenheiten des Verlegers im allgemeinen zugunsten der Entwicklung seines Geschäfts behandelt, dann seine Stellung dem Autor gegenüber, ferner seine Aufgaben in bezug auf technische Fragen bei Her stellung seiner Verlagswerke und schließlich seine rein kauf männischen Aufgaben zur Verwertung der in seinem Verlag festgelegten pekuniären Mittel. Darauf wird uns eine Muster einrichtung eines Verlagsgeschäfts vorgeführt, und zwar dient hierbei ein Verlagsgeschäft mittleren Umfangs als Grundlage. Eine wesentliche Hauptsache für ein Geschäft ist die Wahl des Geschäftslokals, wobei auf den Verkehr mit dem Publikum, den Autoren einerseits und anderseits auf den Zu- und Abgang von Boten, Rollkutschern rc. so Rücksicht zu nehmen ist, daß der Geschäftsbetrieb im ganzen durch ihn möglichst wenig Störung erfährt. Dieser Ge sichtspunkt ist zumal auch bei der Einteilung der Ge schäftsräume mit in Erwägung zu ziehen. Praktische Ge sichtspunkte, zumal auch sanitärer Art, sind bei der Aus stattung des Geschäftslokals, bei den Lüftungs-, Heizungs und Beleuchtungsanlagen ins Auge zu fassen. Leider noch zu selten wird für die zweckmäßige Anlage eines geeigneten Privatkontors Sorge getragen, obwohl dieses im Verlage geradezu unerläßlich ist. Während die Anlage dieses Privat kontors natürlich stets dem persönlichen Geschmack zu über lassen ist, sollte es, wie unser Lehrbuch empfiehlt, jeden falls als sicheren Bestandteil das Veclagsarchio beherbergen. Gerade in Besprechungen mit Autoren ergibt sich sehr oft die Notwendigkeit, auf frühere Erscheinungen des Ver- *) Lehrbuch des Deutschen Buchhandels von Max Paschke und Philipp Rath. Erster Bandi Das Buch. — Der Handel.— Der Buchhandel. — Der Verlagsbuchhandel. Groß-8". XVI, 452 S. Leipzig 1908, Verlag des Börsenvereins der Deuschen Buch händler. 6 ^ ord., 3. ^ bar. Dasselbe. Zweiter Band: Der Sortimentsbuchhandel. — Das Antiquariat. — Der Kolportagebuchhandel. — Der Retsebuch- handel. — Das Buchhändlerische Kommissionsgeschäft. — Das Bar sortiment. 8". 420 S. Ebda. 6 ^ ord., 3 bar. **) Hierin können wir dem Herrn Kritiker nicht beitreten. Denn für das Interesse des Autors handelt es sich nicht nur um erfolgreiche Verbreitung der vereinbarten Auflage; sein Interesse fordert vielmehr weiteste Verbreitung, also möglichst auch neue Auflagen. Solche Möglichkeit wäre aber bei Vermeidung des handelsüblichen buchhändlerischen Vertriebs in Frage gestellt. Red.