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^ S4, 25. April 1816. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. weibliche Hilfskräfte eingestellt werden müssen und sich im allge meinen gut bewährt. Auch Kriegsbeschädigte kehren jetzt in gröberer Zahl allmählich in ihren Berns zurück und werden Wohl allgemein, wenn irgend angängig, gern ausgenommen. Einen an »ns gerichteten Antrag der Allgemeinen Vereinigung deutscher Buchhandlungsgehilfen betc. eine schon jetzt zu schaffende Or ganisation zur Wiedereinstellung von Kriegs teilnehmern halten wir für verfrüht, da man über die grundsätzliche Zustimmung zur Wiederaufnahme nicht hinaus- kommcn würde, aber auch diese grundsätzliche Zustimmung von der Dauer des Krieges und von der Art der Beschädigung ab hängig bleiben müßte. Wir werden, wenn uns die Zeit ge kommen scheint, für Berlin die Organisation gern in die Hand nehmen oder unterstützen. Die Korporation der Berliner Buchhändler hat uns mit der erheblichen Erhöhung der Gebühren für die Be stell anstatt und einer außerdem festgesetzten Umlage zur Deckung ihrer Unkosten keine freudige Überraschung bereitet. Vielleicht hätte sich eine solche für uns schwer ins Gewicht fallende neue Spesenbclastung durch eine gesunde Rncklagepolitik früherer Jahre vermeiden lassen. Wir sprechen die Erwartung aus. daß keinen Tag länger, als unbedingt erforderlich, die erhöhten Bei träge zur Erhebung gelangen. Nicht gering ist wieder die Zahl der Klagen gewesen, die uns wegen Übertretung der Verkanfsord n u ng zu gegangen sind. Keine dieser Klagen ist gegen eins unserer Mit glieder gerichtet gewesen, fast ausnahmslos hat es sich um Be schwerden über Vcrlcgerschleuderei gehandelt. Die Mehrzahl dieser Beschwerden ist von uns direkt erledigt worden, zwei haben wir dem Vorstande des Börscnvereins übergeben, nicht weil wir sie für besonders schwer hielten, sondern um eine grundsätzliche Entscheidung herbeizufllhren. wie der in beiden Sachen gleichliegende Fall der Übertretung zu beurteilen ist. Viele Beschwerden konnten nicht verfolgt werden, weil die Schleuderet durch den berüchtigten und immer schädigender sich gestaltenden Z 12 der Verkaufsordnung halbwegs gedeckt war. So bietet z. B. ein Verleger eine größere Partie eines ungemein gangbaren Büchleins einem hiesigen Fabrikunternehmcn zwar zum Ladenpreise all s»da buchhändlerische Bestimmungen einen Rabatt nicht gestatten«), will aber auf lllll Exemplare 20 Exem plare als »Liebesgabe« umsonst liefern, ans 300 Exemplare 80 sol cher »Liebesgaben«, ans 008 Exemplare 150 und so fort. Als Antwort auf unsere Beschwerde äußert sich der Verleger dahin, das; er sich über seine Liebestätigkeit keine Vorschriften machen lassen könne. Ein anderer Verlag bietet eine große gemischte Partie seiner Vcrlagsartikel statt für «K 625.— für 500.— an. Ein dritter Verleger schreibt, daß er bei Abnahme von 100 Bändchen zu je «k( 1.25 in gemischter Partie einen Rabatt von 20 7» bewilligen wolle und fährt dann wörtlich fort: »Den Bnch- hündlerpreis (wie er verlangt war) können wir Ihnen nicht ge währen. Es würde den Interessen des Buchhandels, der unter den Kriegszeitcn schwerer als viele andere Bcrufszweige leidet, durchaus nicht entsprechen, sich nebenher durch eine Konkurrenz von Großfirmen anderer Branchen den Markt zu unterbinden. Denn schließlich ist auch das Buch ein materielles Wertobjekt, das zu seiner Existenz des Marktes bedarf.« Das sind nur einige wenige betrübende Beispiele und des halb angeführt, weil diese Verleger zu den bekanntesten und an gesehensten des deutschen Buchhandels gemeinhin gerechnet wer den, ohne scheinbar die Verpflichtungen auf sich nehmen zu wollen, die Name und Ansehen ihrer Firmen gebieterisch fordern. Gegen eine besonders schädigende Schleuderet haben wir uns wie schon mehrfach in früheren Jahren wenden müssen, nämlich gegen die am Schwarzen Brett der Technischen Hochschule von der Freien Studentenschaft (Wildenschaft) veröffentlichten unzulässigen Bücherangebote. Die unerlaubten Rabatte dieser Körperschaft wechseln häufig, diesmal waren alle technischen Werke mit 8 7» Rabatt angedoten. Wir haben uns beschwevdeführend an den Rektor der Hochschule gewandt und gleichzeitig darauf hingewiesen, daß uns frühere Rektoren stets mit einem Verbot der unzulässigen Angebote unterstützt haben, daß aber die Wildenschaft scheinbar bei jedem Rektoratswechsel das Spiel von neuem beginne. Die Erklärung des jetzt amtie- renden Rektors lautet dahin, daß er Maßregeln gegen eine Wie- Verholung derartiger Angebote treffen wolle. Von einem unserer Mitglieder ist der Antrag an uns gerichtet worden, durch eine Eingabe beim Kultusminister zu bewirken, daß ein übermäßig langes Za y lungsziel, wie es viele Schulen heute beanspruchen, in Fortfall komme. Wir hoben die Angelegenheit sehr sorgfältig geprüft, sind aber zu dem Er gebnis gekommen, daß bei pünktlicher und regelmäßiger Ver sendung der Rechnungen nur in ganz vereinzelten Fällen infolge Versäumnis der betreffenden Direktoren ober Fachlehrer von einem ungewöhnlichen Zahlungsziel gesprochen werden könne und daß das uns überlassene Bewcismnterial nicht ausreiche, ein Vorgehen mit dem schwersten Geschütz zu rechtfertigen. Wir sind, wenn uns weiteres Material zugchen sollte, gern bereil, die Angelegenheit erneut zu prüfen und etwaige Anträge in Er wägung zu ziehen. In großer Zahl sind uns auch in letzter Zeit wieder Bet telbriefe von Bibliotheken, Verbänden und Einzelpersonen als Aktenmatcrial übersandt worden. Der Büchcrbeticl scheint somit in der Kriegszcit besonders zu blühen. Wir empfehlen, Bettelbriefe ausnahmslos unbeantwortet zu lassen, da der Ver such einer Belehrung und Bekehrung der Bettelkünstler aussichts los erscheint, nachdem der Bücherbettcl von einem Teile des Ver lags und auch von verantwortlicheren Stellen des Buchhandels systematisch genährt worden ist. Der von Januar bis März 1916 in den Ausstellungshallen am Zoologischen Garten stattfindenden Kriegsausstellung ist auch eine Büchcrabteilung mit Verkaufsraum angeglicdect. Die Firma Philipp Reclam jun. in Leipzig, die zum Nutzen des Roten Kreuzes die Einrichtung und Leitung übernommen hat, ist rechtzeitig mit uns in Verbindung getreten, und es ist gemein schaftlich Vorsorge getroffen worden, daß unser» Mitgliederw nicht nur kein Schaden, sondern eher ein Nutzen aus der Aus stellung erwachsen könne. Mit lebhaftem Interesse sind von uns wie stets bisher die Verhandln»gen des Verbandes der Kreis- und Orts vereine auf seiner Herbstversammlung in Goslar vcr- folgt worden. Stand doch als wichtigster Punkt der Tagesord nung die Schaffung einer Organisation des Sor timents als Antrag des Verbandsvorstandes zur Beratung. Den fast einstimmig gefaßten Beschluß der Versammlung, dem Sortiment die langersehnte und dringend notwendige Organisa tion zn schaffen, begrüßen wir mit außerordentlicher Freude und Genugtuung und beglückwünschen den Verbandsvorstand zu die sem erfolgreichen Abschluß seiner Tätigkeit. Wir sind der Hoff nung. daß die Deutsche B n ch h än d l e r g i l d e berufen sei» wird, das Sortiment aus der Stellung des Stiefkindes, die es in der Familie des Buchhandels bisher hat einnehmen müssen, herauszufllhren. Wenn auch die anderen Punkte der Goslarer Tagesordnung an Interesse weit hinter den Verhandlungen über die Organisation des Sortiments zurückblieben, so haben sie doch des Wichtigen noch genug geboten. Die in der Ostermesse 1916 notwendig werdenden Neuwahle ir für den Verbands- Vorstand. den Vorstand des Börsenvereins und für den Ver einsausschuß haben Anlaß zu reiflicher Prüfung gegeben. Die Frage, wie dem Sortiment das S ch u l b ü ch e rge s ch ä ft zu erhalten sei, ist als besonders wichtig verhandelt worden. Die Goslarer Tagung hat alles in allem wieder einmal den Beweis dafür geliefert, wie notwendig regelmäßig wiederkehrende Aus sprachen der Vereinsvorstände und ihrer Mitglieder außerhalb der unruhigen Ostermeßtage für das Wohl des Gesamtbuchhan dels sich erweisen. Der Berliner Polizeipräsident hat wie alljährlich die in der Weihnachtszeit bewilligten A u s n a h m e t a g c mit verlän gerter Arbeitszeit nach Anfrage bei uns festgesetzt. Diese Ausnahmetage beschränken sich Weihnachten 1916 für den Buch handel auf den 19.—23. Dezember. Zu unserm schmerzlichen Bedauern haben wir im abge laufenen Jahre den Tod von 3 Vereins Mitgliedern zu beklagen gehabt: 467