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117, 22, Mai 1916, Redaktioneller Teil, nur von Vorteil sein. Zu diesen ist nun weiter zu bemerken, daß es eine vertragliche Bindung, wie sie die Fabrikanten von Markenartikeln von ihren Abnehmern fordern, im allgemeinen im Buchhandel nicht gibt, die Aussichten eines Rechtsstreites gegen die schleudernden Waren» Häuser liegen darum hier nicht ungünstiger; auch können sie nötigenfalls unschwer verbessert werden. Es gibt nur »och wenige Verleger, die nicht geneigt sind, die Schleuderei mit ihren Verlagsartikeln zu verhindern; es wird möglich sein, die wenigen noch Abseitsstchenden für das große Ziel zu gewinnen oder zu ihnen derart in ein klares Verhältnis zu treten, daß ihr Fern bleiben für den redlichen Buchhandel keine Bedeutung mehr hat. Der § 4 der Verkehrsordnung, der in Abschnitt b von der Aufhebung des Ladenpreises handelt, läßt sich weiter ansbauen, seine Ziffer 3 besagt, daß der Ladenpreis eines Werkes als aufgehoben gilt, wenn der Verleger größere Partien davon zum Wiederverkauf veräußert, ohne die Abnehmer zur Einhaltung des Ladenpreises zu verpflichten. Die Verleger mit wenigen Ausnahmen liefern übrigens schon heute unter der stillschweigenden Bedingung, daß die Zwischen» und Kleinhändler des Buchhandels nicht an Schleudere! liefern. Soweit diese Händler Mitglieder des Börsenvereins sind, sind sie auch durch die Satzungen des Börsenvereins dazu verpflichtet. Ferner werden jetzt Firmen solcher Händler, die nicht Mitglieder des Börsenvcr- cins sind, in das vom Börsenverein herausgegebene Adreßbuch des Deutschen Buchhandels nur dann ausgenommen, wenn sic dem Börsenvercin schriftlich eine entsprechende Verpflichtung ab geben, Soweit solche Verpflichtungen noch nicht vorliegen, kann ihre Wetterführung imAdreßbuch davon abhängig gemacht werden. Es bleiben dann nur die Lieferungen an Firmen, die nicht im Adreßbuch verzeichnet sind. Ihnen gegenüber sollten die Ver leger besondere Vorsicht beobachten und ihnen, selbst wenn sie sie als ordentliche Buchhändler oder buchhändlerische Wieder verkäufe!? ansehen dürfen, nur liefern, nachdem sie ebenfalls die Verpflichtung unterzeichnet und für die Nichteinhaltung eine an gemessene Vertragsstrafe versprochen haben. Damit dürften die Vorbedingungen für die Unterbindung des Bezugs von Gegen ständen des Buchhandels durch schleudernde Warenhäuser mit Hilfe von unredlichen Vermittlern gegeben sein, und die Schleu dere! der nicht anerkannten Warenhäuser nach einem kräftigen Vorstoß bald aufhören; man darf hoffen, daß das Reichsgericht auch den besonderen Verhältnissen im Buchhandel Rechnung tragen und unter entsprechender Anwendung der in den er wähnten Urteilen zum Ausdruck gebrachten Anschauungen dem Buchhandel in seinem schweren Kampfe gegen die Warenhaus schlenderei helfen wird. Bartels, Prof. Adolf, Die besten deutschen Romane. Zwölf Listen zur Auswahl, Mit einer geschichtlichen Einleitung: Welche Romane mutz man als Deutscher lesen? Zweite, vermehrte und verbesserte Auf lage. (6.-10. Tausend.) Kl. 8°. 120 S. Leipzig 1916, Verlag von K. F. Koehler. Brosch, —.80 ord. Datz diese Schrift der sich immer stärker geltend machenden Not wendigkeit entsprangen ist, dem Publikum — und auch dem Buch händler und dessen Angestellten — eine Übersicht über die gute deutsche Nnterhaltungsliteratur in die Hand zu geben, und datz dieser Zweck auch — von einigen Mängeln abgesehen — erreicht wurde, ist bereits in der Besprechung der ersten Auflage gesagt worden. Die zweite Auflage ist um einen halben Bogen stärker als die erste, hat also, rein äutzerlich betrachtet, keine wesentliche Erweiterung erfahren. Die Einteilung des Stoffes nach Gattungen in zwölf Listen ist die gleiche. Dagegen hat sich die in diesem Blatte über Inhalt und Richtung der Schrift veröffentlichte Auseinandersetzung zwischen dem Verfasser und der Redaktion insofern fruchtbringend erwiesen, als der Verfasser manchen dabei gegebenen Anregungen gefolgt ist und insbesondere dort eine Erweiterung vorgenommen hat, wo sie am notwendigsten schien, nämlich in der kurzen Charakterisierung des Inhaltes der Biicher unter den Titeln der verschiedenen Listen. Datz einer der Hauptzwecke einer solchen Übersicht darin liegen mutz, durch Beschreibung des Inhaltes verwandte Saiten beim Leser anklingen zu lassen und ihm zu zeigen, was seiner Geöankenrichtung und Neigung anl ehesten entspricht, unterliegt keinem Zweifel. Tenn es genügt nicht, Biicher und Menschen zusammenzubringen, sondern es ist notwendig, zusammengehörige Biicher und Menschen zu vereinigen. Wir müssen es mit Freuden begrüßen, daß sich die bessernde und feilende Hand des Verfassers in erster Linie nach dieser Richtung hin erfolg reich betätigt und zur Vervollkomnung der Listen ganz erheblich beigetragen hat. Datz der Erfolg die Mühe auch zu lohnen scheint, geht daraus hervor, datz bereits eine dritte Auflage im Werden be griffen ist. Wir dürfen deshalb hoffen, datz der verfolgte Zweck, mit dem Büchlein eine Belebung des Büchermarktes nach der qualitativen Seite herbeizuführen - eine Belebung, die mir alle wünschen —, immer mehr erreicht werde, je mehr Exemplare den Weg ins Publikum, nicht zu vergessen aber auch in die Hände der Bücher v e r käufer finden. Kleine Mitteilunzen. Presse-Notizen. — In Nr. 34 des »Daheim« vom 20. Mai wird ein Artikel über »Die Reichsbuchwoche« öon Wilhelm Koeuig erscheinen, dessen Benutzung bzm. Wiederabdruck bei Quellenangabe gestattet ist. Gleichzeitig machen wir auf die Presse-Notiz aufmerksam, die aus dem roten Bestellzettel dieser Nummer abgedruckt ist. Je mehr die Presse in den Dienst der Neichsbuchwoche gestellt wird, um so förderlicher wird dies der Veranstaltung sein, so datz wir nur ein pfehlcn können, keine Mühe zu scheuen, um die weitesten Kreise mit dem Zweck und Sinn der Neichsbuchwoche in immer wechselnder neuer Form bekannt zu machen. Bücherdiebstahl. — Kürzlich wurden aus dem Antiquariat der Firma H. Hugendubel in München vermutlich durch einen Sammler entwendet: Heine, Buch der Lieder, 1827, .// 100.- : Lenz, I. M. N., Flüchtige Aufsätze, 1776, ./i 80.: Ders., Petrarch, 1776, 120.—. Falls die Bücher angeboteu werden, wird um Mitteilung an die geschädigte Firma ersucht. Zur Neichsbuchwoche in Freiburg äußert sich Herr Joseph Waibel in Freiburg i. Br. in der »Freiburger Tagespost« vom 16. Mai wie folgt: Der läuternde Weltkrieg wirft das alte Gold der Wahrheit haufen weise ans Helle Sonnenlicht. Neulich kam mir ein Regimentsbefehl eines bayer. Obersten zu Gesicht, der vor Verdun liegt. Man scheine, meint er, die Bedeutung des Buches für das Durchhalten in diesem cnd losen Krieg durchaus noch nicht überall richtig erkannt zu haben. Er wünsche deshalb seinerseits, datz die Batterien mehr für die Gründung und den Ausbau von Batteriebibliothcken tun möchten, die so zuzu- richten seien, datz sie mit der Gefechtsbagage mitgeführt werden könnten! »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein!« — So hat mir diese Woche mein eigener Sohn aus Podolien geschrieben: »Geld braucht ihr mir keines zu schicken, auch keine Etzwaren, dagegen bitte ich um ein gutes Buch«! — Unsere Zeit hat so viel gemeinsam mit der Zeit des Wieder erwachens und des Sichwicderfindens in Deutschland vor hundert Jahren. Auch damals erkannte man rasch und klar die Bedeutung des »guten deutschen Buches«, und der Patriot und Buchhändler Friedrich Perthes mies darauf hin, wie kein anderes Mittel so geeignet sei, das zerrissene deutsche Vaterland zu einen und den deutschen Gedanken zu wecken und zu stärken, als die Verbreitung des deutschen Buches durch einen starken deutschen Buchhandel. Solle aber der Buchhandel seine Aufgaben so erfüllen, wie die Allgemeinheit sie mit Recht erwartete, so müsse er als ein National gut gehegt, gepflegt und geschützt werden. Dieser Forderung hatte aber der erste Großherzog von Baden schon fast ein Jahrzehnt früher Rechnung durch Schutzverordnungen getragen, wobei er aussprach, daß der Buchhauöcl die Erwartungen des Staates nur dann erfüllen könne, wenn man sein Arbeitsfeld schütze und ihm gewisse Berufs vorrechte sichere. Und früher und später hat es in, der Tat unter Gelehrten, Geistlichen und Beamten viele Einsichtige gegeben, die den Buchhandel opferwillig unterstützten. Doch unter dem Einfluß der Kathedersozialisten ist es in den letzten Jahrzehnten damit viel schlechter geworden, so datz der christlich-nationale Buchhandel, wie er zu Wimphelings Zeiten bei der Einheit im Glauben und Geistes leben am reinsten blühte, und dem Perthes aufs neue das alte Gepräge zu geben sich bemühte, sittlich und wirtschaftlich nieder gehen mutzte! So sah in der Tat die Zeit vor dem Krieg im alten Deutsch land den ehrenhaften deutschen Buchhandel vor einem Wendepunkt seiner Entwicklung und seines Schicksals! Doppelt hart trifft ihn daher der lange, erbitterte Krieg um Deutschlands Bestand, Läuterung und künftige Aufgabe! 647