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^ 170, 26. Juli 1910. Nichtamtlicher Teil. «Ir>kn«l»tr >. b. Dtschn. «uch-andkl. 858g Verbotene Druckschriften. Die Strafkammer II des Landgerichts Hierselbst hat durch rechtskräftiges Urteil vom 9. Juni 1910 für Recht erkannt: Oruksrni i Lsis^aroi sv ^Vojeieoda 1903« sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen sind unbrauchbar zu machen. Posen, 15. Juni 1910. (gez.) Der Erste Staatsanwalt. Durch Beschluß des Amtsgerichts Hohensalza vom 11. Juli 1910 ist die^ Nr. 26 des polnischen Witzblattes: beschlagnahmt, weil Bild und Text Seite 1 und das Gedich kablivLNL Lsbraning. ein Vergehen gegen 8 95 des St.-G.Bs. in Verbindung mit dem R.-G. vom 17. Februar 1908 enthält. Bromberg, 16. Juli 1910. (gez.) Der Erste Staatsanwalt. (Deutsches Fahndungsblatt Stück 3449 vom 23. Juli 1910.) Nichtamtlicher Teil Buchkunst und Buchgewerbe in der Ausstellung »München 1910». Der Münchener Ausstellungspark beherbergt im heurigen Jahre eine Ausstellung von Meisterwerken der mohammeda nischen Kunst, die Seine Königliche Hoheit Prinz Rupprecht von Bayern aus Anlaß der im vorigen Jahre neu auf gefundenen kostbaren Perserteppiche der Münchener Residenz in Anregung gebracht hat. Die Absicht des Unternehmens war, die hervorragendsten noch erhaltenen Erzeugnisse der mohammedanischen Kunst zur Schau zu stellen, einer Kunst, die im Mittelalter in Europa als die höchste Blüte künst lerischen Schaffens galt und noch heute unerreicht dasteht. Dabei galt es, in Rücksicht auf die von der Ausstellung -München 1908« begründete Tradition, alles aus dem Gesichtskreise des Unternehmens streng zu verweisen, was einer unlauteren Imitation orientalischen Wesens ähnlich ist und an jene mit billigen, unechten Mitteln vorgetäuschte -Märchenpracht« erinnern könnte, die in früheren Jahr zehnten auf den Ausstellungen des Westens die ehr würdige Überlieferung des gewaltigen mohammedanischen Kulturkreises in blasphemischer Weise vertändelte. Nach diesen Grundsätzen ist nicht nur die künstlerisch-wissenschaftliche Abteilung eingerichtet und organisiert worden, sondern in eben demselben Maße auch die in der Halle II untergebrachte Abteilung des orientalischen Kunsthandels. Treten wir mit den kostbaren Schätzen, die uns in den umfangreichen Räumlichkeiten der Hallen III, IV und V dargeboten werden, in vertrauteren Verkehr, so fesselt uns nicht weniger, als die märchenhafte Pracht der Teppiche, als der zarte Schmelz der Vasen, Schalen, Krüge und all die übrigen Kostbarkeiten, die kleine, aber reine Schönheit der schwungvoll geschriebenen und prächtig illuminierten islamischen Bücher, die in großer Zahl und Mannigfaltigkeit hier zur Schau gestellt sind. Die Kalligraphie und die Miniaturen malerei haben in der islamischen Welt eins außerordentlich hohe Stufe der Vollendung erreicht. Es bildeten sich im Laufe der Jahrhunderte in diesen Staaten eine Menge von geschickten Künstlern und ausgezeichneten Kalligraphen, die mit Eifer ihrer Kunst oblagen; dabei suchten sie sich gegen seitig in der Eleganz und Exaktheit des Schriftzuges, in Pracht des ornamentalen und bildlichen Schmuckes zu tibcr- bieten, so daß Werke entstanden, die der Nation zum Ruhme gereichten und die zu allen Zeiten mit Recht ihren verdienten Ruf bewahrt und von jeher die heiße Begehrlichkeit der Liebhaber geweckt haben. Es gibt kaum eine größere Bücher sammlung in Europa, die nicht einige Kabinettstücke dieser Gattung zu ihrem Besitzstände zählt. Wie in meinem Bericht über die von der königlich bayerischen Hof- und Staatsbibliothek gegenwärtig in München veranstalteten Ausstellung von Handschriften, Miniaturen und Bucheinbänden aus dem islamischen Kulturkreis (siehe Börsenblatt Nr. 150) bereits dargetan wurde, war die Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. Wiedergabe der menschlichen Gestalt im Islam verpönt, und es blieb vor allem der Koran srei von jeder bildlichen Dar stellung — selbst bei den Persern, die sich im übrigen um das Bilderverbot wenig kümmerten. Die Folge war, daß die islamische Kunst die Darstellung der menschlichen Gestalt vernachlässigte und ihr Interesse vorwiegend der Flächenkunst, dem Ornament, vor allem aber der Schrift zuwandte, die wir, wenn wir in groben Zügen das Wesen der mohammedanischen Kunst umschreiben wollen, als ihren vornehmsten Bestandteil ansehen müssen. Die höchste Befriedigung fand der Künstler in dem Suchen nach der Schönheit der eleganten Schriftkurve. Die arabische Schrift wurde schließlich ein ornamentales Motiv, gleich der Arabeske, in der Weise, daß die einzelnen Lettern aus dem Wortzusammenhange gelöst und, unabhängig von ihrer Be deutung als Schriftzeichen, ornamental verwertet wurden, wofür namentlich innerhalb der Metallkunst und Keramik zahlreiche Beispiele vorhanden sind. Im engsten Anschluß an die Kalligraphie und den ornamentalen Schmuck ent wickelte sich die Miniaturmalerei, die wie alle anderen Kunstzweige im sechzehnten Jahrhundert unter den Safawiden (in Persien) und den Timuriden (in Indien) zur höchsten Vollendung gedieh. Die Münchener Ausstellung bietet reichlich Gelegenheit, die Produktion auf diesen Kunstgebieten in ihrer ganzen Reichhaltigkeit und Pracht kennen zu lernen. Außer den beiden großen Sammlungen von vr. Martin aus Stock holm und vr. von Gulobew aus Paris find wunder volle Arbeiten fast aller Meister Persiens aus verschiedenen öffentlichen umd privaten Sammlungen Europas zur Stelle, und es find im besonderen die beiden größten Künstler Persiens, Bhezad und Mirek, mit hervorragenden Arbeiten vertreten. Durch den Nächstliegenden Eingang gegenüber dem Ver waltungsgebäude an der Schmalseite der Halle III gelangt man links zu den Räumen 6, 7 und 8, wo die umfang reichen Kollektionen persischer Handschriften, Miniaturen und Bucheinbände vom fünzehnten bis siebzehnten Jahr hundert ausgestellt sind. Im Kabinett 6 gewahrt man an der Nordwand zunächst eine Anzahl fein getönter Zeichnungen aus dem Skizzenbuch des Malers Riza Abbasi, die in ihrer Innerlichkeit und manchmal auch im Stoff entfernt an Schwind denken lassen. Von köstlichem Reiz ist beispiels weise der Hirte in der Felsenlandschaft und zeichnerisch interessant das Bild des Sitzenden rechts unten. In einer weiteren Gruppe sind eine Reihe von Illustrationen zu den Gedichten des Hafts vereinigt, des großen, heiteren Dichters, dessen leicht hinfließende Lieder auch heute noch manchen Leser ergötzen. Unter diesen Blättern, die nach orien talischer Weise die seltsamsten Bezüge aufweisen: Berg und Wüste, Felsen und Ebene, Bäume, Kräuter, Blumen, Fluß und Meer und da? oielgestirnte Firmament, ragt im besonderen eine Darstellung hervor, die ein vom Winde 1118