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// Rr. 254. : ^des^Deu^LheNb Keschcs^ -Ni^lmUgUeder^ii^ ^ Aeile berechast. — 2ll dem illustriert^i Teil: für DUtgUeder ^ j?drUch/ÜI--ch ^dem «uelQed Erfolg« Li-f--m^ !; «aumlspI^^s'z^roW^^^Äa^^'sÄM^IürMcht- »! UMMmö^?§örstMerÄÄ'öLrSMWW^NnWrM Leipzig, Montag den 1. November 1915, 82. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Zur Lage des Provinzbuchhandels. »Nicht Nachlassen« dürfen sowohl unsere siegreich im Osten vordringenden, als auch die im Westen auf treuer Wacht stehenden Truppen, »Nicht Nachlassen« sollen aber auch wir Sor timenter, wenn es sich darum handelt, Mißstände unseres Berufs zu besprechen, um dadurch den Stein ins Rollen zu bringen und dringend nötige Reformen anzustreben. Das sind wir nicht allein uns selbst und unserer Familie schuldig, sondern auch dem uns lieb gewordenen Beruf, den wir auf eine höhere soziale Stellung gehoben sehen möchten, als er sich heute leider Gottes vielfach befindet. Endlich scheint sich in weiteren Kreisen die Erkenntnis Bahn zu brechen, daß die Verfassung des Buchhandels reformbedürftig ist. Lange hat cs gedauert, bis man ihre Mängel erkannt hat. Vielleicht deshalb, weil der Buchhandel bereits eine verhältnis mäßig gute Organisation hatte, als die meisten anderen Berufe noch gar nicht daran dachten. Aber wie es so oft geht, ruhte der Buchhandel auf seinen Erfolgen aus und ging nicht mit der Zeit mit. So haben uns inzwischen andere Berufe längst überholt und unsere Organisation in den Schatten gestellt. Der Zweck jeder Berufsorganisation ist der, die Interessen des eigenen Berufes zu fördern, ihre Mitglieder zu schützen gegen über den Ansprüchen entgegenstehender Berufe, Das Mittel dazu ist der möglichst lückenlose Zusammenschluß aller Berufsangehörigen, Ist dieser Zweck nun bei unserer Verfassung erreicht? Sowohl im Börsenverein wie in den ein zelnen Verbänden sind Verleger und Sortimenter vereinigt, um die gemeins amen Interessen zu vertreten. Da nun aber nicht zu bestreiten ist, daß auch entgegengesetzte Inter essen vorhanden sind, so muß jede Partei auch für sich eine Or ganisation haben. Während nun der wirtschaftlich stärkere Teil, die Verleger, ihren vom Börsenverein anerkannten Verlegerver ein längst besitzen, warten die Sortimenter immer noch auf einen vom Börsenverein anerkannten Sortimenterverein, Wenn wir aber den gleichen Beitrag zum Börsenverein zahlen, so muß uns auch das gleiche Recht zustehen, uns als Sortimenter zu organi sieren. Heute beherrscht der Organisationsgedanke die ganze zivilisierte Welt, Aus diesem gewaltigen Völkerringen wird der Staat siegreich hervorgehen, der sich die vollkommenste militärische und wirtschaftliche Organisation ge schaffen hat. In der Arbeiterfrage ist die Stummsche Bebor- mundungspolitik längst zum alten Eisen geworfen, denn sowohl die Arbeitgeber als Arbeitnehmer stehen sich als geschlossene Organisationen gegenüber. Das den wirtschaftlichen und so zialen Frieden fördernde Tarifwesen würde nicht ohne gegen seitige Anerkennung der betreffenden Organisationen denkbar sein, und so kann heute die eine Partei nur mit der geschlossenen Organisation der andern Partei verhandeln. Während also der ungebildetste Arbeiter nicht allein den Zweck, sondern auch das Wesen einer Standesvertretung längst erkannt hat, ist das Verständnis für diese Dinge bisher nicht all zutief in den Buchhandel eingedrungen. Denn sonst müßte als Ge genstück zum Verlegerverein der Sortimenterverein sich schon eines ebenso langen Lebens erfreuen wie jener. Um so mehr ist es nun zu begrüßen, daß — von Berlin ausgehend — jetzt ! endlich Ernst gemacht werden soll mit der Gründung einer das ganze Sortiment umfassenden Standesorgani sation, Möchte die Absicht bald verwirklicht werden! Inzwischen sollen einige Mißstände und Ungerech tigkeiten in unserem Berufe zur Sprache gebracht werden, ^ obwohl wir mit einer gewissen Resignation gestehen j müssen, daß vorläufig eine Besserung nicht zu erwarten ist, ! Zunächst ein Fall zur Frage der L i efe run g s p fl i ch t des ! Verlegers, In den ersten Jahren meiner Selbständigkeit — es ^ mögen schon zehn Jahre darüber vergangen sein — schickte mir . ein Verleger zwei Bücher unverlangt zur Ansicht, Als ich ! sie ihm zu Kantate wieder zurücksenden wollte, war die Remit- : tendenrubrik gesperrt mit dem Bemerken, daß die Bücher durch i Inserat im Börsenblatt zurückverlangt worden wären und daher ' nicht mehr zurückgesandt werden dürften, Ta ich damals als junger Anfänger aus falschem Spartrieb weder Mitglied des ! Börsenvereins noch Leser des Börsenblattes war, konnte ! ich davon keine Kenntnis haben und sandte deshalb idie Bücher trotzdem zurück. Umgehend erhielt ich sie > wieder mit der Aufforderung zur Bezahlung, Nach meiner Weigerung erhob der Verleger den Betrag durch Barfaktur, mußte : ihn aber wieder zurückzahlen, nachdem ich meinem Kommissionär die Sachlage dargestellt hatte. Und nun erfolgte die kurze Mit teilung: »Sie erhalten aus meinem Verlage nichts mehr ge liefert«. Nach Jahren wurden an hiesigen Schulen einige Schul bücher des betreffenden Verlages eingeführt. Ich glaubte in meiner Harmlosigkeit, daß der Verlag den Fall längst vergessen hätte. Aber es sollte anders kommen. Ich erhielt weder Bücher noch Antwort und versuchte daher, die Bücher durch meinen Kommissionär und später durch eine befreundete Handlung einer Nachbarstadt zu erhalten. Auch das schlug fehl. Jetzt endlich habe ich den Weg gefunden, um in den Besitz der Bücher zu ge langen, Ich lache daher heute über die Rachsucht des Ver legers, der mich anscheinend bis zum Tode verfol gen will. Denn er merkt in seiner Verbissenheit gar nicht, daß der Hauptleidtragende er selbst ist, da ich jetzt natürlich außer seinen Schulbüchern auch nicht ein einziges Buch aus seinem Verlage verkaufen werde, (Man hat nämlich in dieser Beziehung mehr Einfluß auf die Kundschaft, als manche Ver leger ahnen,) Aber zugeben will ich, daß mich dieses Verhalten eines sogenannten Kollegen und Verbandsbruders manchmal weidlich geärgert hat. Auch folgender »Fall« hat manche Anforderung an meine Nerven gestellt: Zur Osterzeit erhielt ich einen Posten nachbe- ftellter Schulbücher nicht. Auch ein Bescheid blieb aus. Da die Schüler sich die Bücher natürlich inzwischen anderweitig ver schafft hatten, betrachtete ich die Sache als erledigt. Da kommen die Bücher vierzehn Tage später an. Nun bitte ich um Rück nahme und Einlösungsauftrag, Jedoch muß ich dreimal schrei ben, ehe meine Bitte überhaupt beachtet wird und ich einer Antwort gewürdigt werde, die natürlich abschläglich lautet. Ich setzte nochmals die Sachlage eingehend auseinander, und da wieder kein Bescheid erfolgte, sandte ich das Paket gegen Nach nahme an meinen Kommissionär, Dieser teilte mir bald darauf mit, daß die Annahme verweigert worden sei. Wieder muß ich mehrmals schreiben, und zwar durch die Börse und direkt 1445