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Redaktioneller Teil. ^ 203, 1. September 1916. ttabenl 8U3 kala — aulores. (Zum 70. Geburtstage vou Prof. I) r. I o h. Loserth, 1. September 1916.) Ihrem Wuusche, mich auläßlich meiner 70jährigeu Geburtstagsfeier über meine Beziehungen zum deutschen Berlagsbuchhandel zu äußern, komme ich um so lieber nach, als ich mit kurzen Worten sagen darf, daß sie stets die angenehmsten waren. Ich bin hierbei nicht genötigt, aus Einzelheiten meiner literarischen Tätigkeit, über die unsere Kon- versations- und andern Lexika Auskunft geben, einzugehen. Nicht einen Druckbogen, nur wenige Worte will ich hier niederschreiben: Es mag als symptomatisch erscheinen, daß die Zeit meiner höheren wissen schaftlichen Ausbildung und meiner literarischen Wirksamkeit durch zwei schwere Kriegsjahre 1866 — 1916 begrenzt wird. So ist mein Leben und Wirken einem stetigen Kampf zwischen scharfen Extremen ausgcsetzt und dem, was mir Angenehmes und Förderliches wider fuhr, stets ein starker Tropfen Gift beigesctzt gewesen. War es mehr ein Zufall, daß ich iu eine gelehrte Laufbahn gelangte, so blieben mir die schweren Kämpfe, das Ziel zu erreichen, nicht erspart. Ich hatte das Glück, meine Ausbildung an der ersten Universität des Reiches zu erhalten, leider waren meine maßgebenden Lehrer alte Herren, sehr ehrenvolle Männer, aber von den neuen Methoden unserer Wissen schaft noch unberührt, die nicht maßgebenden, von denen ich mein Wissen einheimste, einander spinnefeind, und ich — das Körnlein zwischen zwei Mühlsteinen. Ich hatte das Glück, frühzeitig Extraordinarius und Ordi narius zu werden, aber das Mißgeschick, wie der alte Ovid, aber nicht wie dieser die letzten, sondern die besten — ganze 17 — Jahre in Tomi, d. h. in dem heute so viel genannten Buchenland sitzen zu müssen, bevor mich ein Nus in die grüne Steiermark schob. Ich hatte das Glück, in der älteren böhmischen Geschichte einige Aufsehen er- regende Entdeckungen zu machen, sie trugen mir den — ich darf wohl sagen — fanatischen Haß der tschechischen Gelehrtenwelt ein, der sich erst im Laufe eines ganzen Menschenalters gelegt hat. Ich glaube nicht, daß eine einzige tschechische Zeitschrift von meinem Buche Hus und Wiclis (Prag 1884, Verlag von F. Tempsky) Notiz genommen hat. Ich hatte das Glück, den Herren Engländern den größeren Teil der gelehrten Arbeit für ihren einzigen großen Reformator Johannes von Wiclis abzunehmcn, zu der sie sich während eines halben Jahrtausends keine Zeit genommen — von der Anerkennung, die ich hierfür ge funden, will ich nur sagen: der Rest ist schweigen. Wenn dieses Volk von einem so beispiellosen Undank gegen seine eigenen Landsleute be herrscht ist, was darf man von ihrem Verhalten Fremden gegenüber erwarten, noch dazu, wenn diese nur — Deutsche sind. Leider sind damit meine Antithesen noch nicht abgeschlossen. Ich hatte das Glück, in der schönen Steiermark einen fast noch jungfräulichen Arbeitsboden zu finden, und vermochte, um nur eins herauszuheben, die Geschichte der großen kirchlichen Bewegung des 16. und 17. Jahrhunderts da selbst auf gesichertere Grundlagen zu stellen, wie dies mein Buch: Die Reformation und Gegenreformation in den innerösterreichischen Ländern (Verlag von I. G. Cottasche Buchh. Nachf., Stuttgart 1898) erwies, dem sich ein ergänzendes Werk über das Erziehungswesen in jener Zeit demnächst (Verlag Weidmann, Berlin) anschlicßen wird. Was das erstere betrifft — du lieber Gott! Sieht man von jenen Kreisen bei uns zu Lande ab, in denen man die Sache zu beurteilen vermag (Georg Loesche in Wien), so hatte ich das Mißgeschick, fast überall anzustoßen, und war genötigt, um besseren Glauben zu finden, ein halbes Dutzend Bände mit Akten und Korrespondenzen aus jenen Zeiten folgen zu lassen. Die einen, wie die Ultramontanen, hielten derlei Arbeiten überhaupt für überflüssig, anderen erschienen sie in protestantischer Färbung, den dritten zu wenig künstlerisch ausge staltet. Die zweite Gruppe hätte die Worte Rankes bedenken müssen: Man kann sich einer Begebenheit von so intensivem geistigen Inhalt nicht nähern, ohne von ihr ergriffen und festgehalten zu werden, die dritte, daß bei derartigem Stoff der Künstler stets hinter dem Ge lehrten zurückstehen muß. Haben sich heute die ersten, wie die zweiten und dritten beruhigt, so konute doch der Tropfeu Gift nicht fördernd ans meine Arbeiten einwirken. War diesen, wie der Geschichte des späteren Mittelalters (München 1903, Oldenbourg) oder meinen' genea logischen Arbeiten auch eine bessere Aufnahme gewährt, so ergibt sich doch ans alledem, daß man hier abwändclnö sägen darf: Uadent sua kats — autores. » Graz, 26. August 1916. I. Loserth.. Kleine Mitteilungen. Jubiläen. — Am 1. September kann wieder eine Anzahl Firmen ans ei» längeres Bestehen ihrer Unternehmungen zurückblickcn. Das 75jährigc Jubiläum begeht die Verlagsbuchhandlung Konrad W. Mecklenburg, vormals Nichter ' scher Vcr - 1138 lag in Berlin. Ihr Ursprung führt auf Frau Maria Theresia Richter zurück, die am 1. September 1841 das erste Buchhandlungsgeschäft in Hamburg-St. Pauli unter der Firma »Hamburg-Altonaer Volksbuch handlung« eröffnete und sich auch zugleich dem Verlage widmete. Der erste Verlagsartikel waren von Wurzbach angefertigte lithographische Ansichten von Hamburg, die unter dem Titel »Die Rose von Hamburg« erschienen. Bald darauf folgten verschiedene andere volkstümliche Schriften. Als im Mai 1842 durch den großen Brand in Hamburg die in der Stadt befindlichen Buchhandlungen teils vom Feuer gänz lich zerstört, teils in ihrer Tätigkeit brachgelegt waren, nahm der Nichtersche Verlag einen ungemeinen Aufschwung. Im Jahre 1851 ging das Sortimentsgeschäft iu anderen Besitz (Ed. Heller) über, während der Verlag von I. F. Richter angekauft wurde, der ihm die Firma seines Namens gab. Unter dieser Firma hat sich das Geschäft kräftig entwickelt und sich immer großen Ansehens im Buchhandel erfreut. I. F. Richter war außerordentlich tätig, baute den Verlag nach verschiedenen Richtungen aus und gliederte ihm eine Druckerei au. Die Verlagsartikel, die sich zuerst mehr auf dem Gebiete der Gelcgen- hcitsschriften gehalten hatten, wurden 'bald durch Ankauf des Koberschen Verlags iu Prag vermehrt, der Werke von Friedrich v. Sollet, Holtet, Chamisso u. a. enthielt. Auch ein kleines Buch von Robert Hamer- ling befand sich darunter, und dieses wurde Veranlassung zur Über nahme der sämtlichen Werke dieses Schriftstellers, die z. T. in kostbaren Prachtausgaben (u. a. Ahasver in Nom, Der König v. Sion) herausge bracht wurden. Schon im Jahre 1848 hatte Richter die demokratische Zei tung »Reform« gegründet, die lauge Jahre hindurch eine bedeutende Tageszeitung Hamburgs war. Um sich ihr ganz widmen zu können, überließ Richter am 1. August 1863 seinen gesamten übrigen Verlag seinem Sohn Jean Paul Friedrich Eugen Richter, der ihn unter der Firma seines Namens weiterbetrieb und ein Kommissionsgeschäft an gliederte. 1868 erlosch jedoch die Firma Jean Paul Friedrich Eugen Richter wieder, und der Verlag kam in den Besitz I. F. Richters zurück, der 1875 nach einem langen, erfolgreichen Leben starb, nachdem er seinen Schwiegersohn Or. E. B. Banks zum Verwalter seines Geschäfts eingesetzt hatte. Unter der Leitung vr. Banks' erfolgte die Vereini gung mit den Firmen Karl Grädener Verlags-Conto und Karl Grä- dener L I. F. Richter in Hamburg. Letztere war 1880 gegründet worden, um der Sammlung ^.slrer's OoUeetion ok bmglisü ^utüors verbunden mit ^8Ü«r's Oontinenkal lübrarz? eine möglichst große Ver breitung zu geben. Als vr. Banks 1883 aus dem Leben schied, hinter ließ er seinem Kompagnon Or. S. A. Bclmonte einen hochangesehenen Verlag und eine große graphische Anstalt. Belmonte erwarb dann noch den rechtswissenschaftlichcn Verlag von Carl Habel in Berlin mit der »Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher? Vorträge« und den »Zeit- und Streitfragen« hinzu. Im April 1888 wurde das Geschäft in eine Aktiengesellschaft unter der Firma »Ver lagsanstalt nnd Druckerei A.-G. (vormals I. F. Richter) in Hamburg« umgewandelt, die es zu einem großen Betriebe ausbautc. Der Ver lag erfuhr beträchtliche Erweiterung, teils durch eigene Unterneh mungen, teils durch Erwerbung des Verlags von Nndolf Seelig in Hamburg, sowie eines großen Teils des Verlags von Nestler L Melle in Hamburg und von A. Hofmann L Co. in Berlin. Am 5. Mas 1905 trat die Verlagsanstalt auf Beschluß der Generalversammlung in Liquidation und im März 1906 ging der Verlag zum größern Teil an Herrn Konrad W. Mecklenburg über, wurde von ihm nach Berlin verlegt und dort unter der Firma Konrad W. Mecklenburg, vormals Nichter'scher Verlag, weitergeführt, während die Druckerei unter der Firma Druckerei-Gesellschaft Hartung L Co. m. b. H. in Hamburg verblieb und mit allen Hilfsmitteln einer modernen Druckerei arbeitet. Der Verlag wurde bis zu dem am 1. November 1912 erfolgten Tod des Herrn Mecklenburg von diesem geleitet und ging am 1. Oktober 1913 an den jetzigen Inhaber Herrn Otto Streit über, der zu den alten Spezialgebieten der Firma noch eine besondere Abteilung über Eisenbahn-Fachliteratur anfügte und den Verlag anch sonst durch Ankauf größerer Gruppen von Spezial schriften und durch Veröffentlichung neuer Werke bedeutend erweiterte. Das 50jährige Jubiläum feiern die Firmen Ci. Akten - kofer'sche Buch- und K u n st d r u ck e r e i, Verlagsbuch handlung, und C l. A t t c n k o f e r' s ch e Sortiments-Buch handlung, Inhaber Wilhelm P i e l st i ck e r, beide in Straubin g. Am 1. September 1866 eröffnete Clemens Attenkofer, seit 1. Mai 1860 Besitzer der im Jahre 1558 gegründeten Cl. Atten- kofer'schen Buchdruckerei, nebeu dieser unter gleichem Namen eine Buchhandlung (Sortiment und Verlag). Das neue Unternehmen war von gutem Erfolg begleitet und blühte unter dem rührige» Besitzer- rasch auf. Ein beredtes Zeugnis für seine Energie nnd seinen Unternehmungsgeist ist die am 29. September 1860 erfolgte Gründung des »Straubinger Tagblatts«. Leider war cs Cl. Attenkofer