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Nr. 2V3. »jährlich ^rsi Geschäftsstelle od^ZS Marv ostü^orweisung ^ ^ '6.NM. statt 182M St^engesuche werden mft 10<pf. pro ^ r j?hrlich?Äach ^dew°«u»!and ^olgt ^efernag 2S s'-Ä M." für -Nicht" ^ über L^p^ig oder durchs Kreuzband, an -Nichtruit^lieder in N Mitglieder 40 -Pf.» 32 M., Idd^N. — -Beilagen werden UlAMuMLM^'stM^rÄiis'öerS^Usch^nB'ü3iNMr)^'Vkps^ Leipzig, Freilag den 1. September 1916. 83. Jahrgang. Redaktion Der Buchhandel in Serbien. Wohl kaum ein zweiter Beruf in den heule von den öster- reich.-ungarischen Truppen besetzten Gebieten Serbiens hat eine derart starke und verschiedenartige Beeinflussung durch die Kriegscreignisse erfahren wie gerade der Buchhandel. Solange das Land im Frieden lebte, und diese Zeit liegt vor l9I2, dem Beginne des ersten Krieges auf dem Balkan, an dem Serbien be- teiligt war, konnte die Lage der damaligen Buchhandlungen als günstig bezeichnet werden. Der grötzte Teil der Bevölkerung, besonders der im Innern des Landes lebende, kam zwar nicht oder nur ganz vereinzelt als Bücherkäufer in Betracht, aber in den Städten, vor allem in der Landeshauptstadt Belgrad, gab es genügend Intelligenz, die sich Privatbibliotheken anlegte; ebenso existierten verschiedene Bildungsinstitute, die ein verhält nismäßig hoher Jahresbudget für Bücher und Zeitschriften hatten. Dazu kam noch die ganze, in den Städten aufwachsende Jugend männlichen und weiblichen Geschlechts, die in ihrer, allen slavischen Nationen eigenen Sucht nach Bildung als gute Bllcher- käufcr angesprochcu werden konnte. Den Verhältnissen entspre chend war der Betrieb bei den größeren Firmen in sprachlicher Beziehung sehr ausgedehnt. Neben Büchern in der Landessprache wurden hauptsächlich Erzeugnisse in französischer Sprache (Staats- und Rechtswissenschaften und Belletristik) und in deutscher Sprache (technische Wissenschaften und Medizin) ver kauft. Auch das Verlagsgeschäst mutz recht bedeutend gewesen sein, wie sich aus einem vor mir liegenden Verlagskatalog einer Belgrader Firma aus dem Jahre 1914 schließen läßt, der nicht weniger als 400 Nummern umfaßt. Das Antiquariatsgeschäft wurde Wohl nicht ernstlich betrieben, wenn auch eine Belgrader Firma nach ihren Angaben jährlich eine große Anzahl von Slavica in serbischer Sprache (zyrillischem Druck) nach dem Aus lande exportierte. Schon der erste und der zweite Balkankrieg, von denen Bel grad selbst nicht berührt wurde, brachten dem Buchhandel, nach einer ganz kurzen Stagnation zu Kriegsbeginn, glänzende Ge schäfte, deren Ertrag sich weit über den Durchschnitt normaler Jahre erhob. Nach den kurzen Friedensmonaten von 1913 bis 1914 begann der Weltkrieg. Diesmal lag aber Belgrad im Brennpunkt der Ereignisse, und wie die Stadt selbst, so wurden auch ihre Einwohner und das Geschäftsleben diesmal direkt vom Kriege betroffen. Wieder zeigte sich, wie in den vorhergegangenen Kriegen, bei Beginn ein Stillstand des Handels und Wandels, der jedoch schon in der nächsten Zeit einer erhöhten, regen Kauflust Platz machte. Unter der Beschießung und der kurzen Besetzung der Stadt Belgrad durch die Österreicher und Ungarn in den De zembertagen des Jahres 1914 hatten die Buchhandlungen nicht zu leiden, wenn auch der Geschäftsgang vollständig lahmgelegt war. Die darauffolgende Rückkehr der serbischen Armee brachte dann dem Buchhandel goldene Zeiten. Eine Menge den Krieg mit den »Schwabas« behandelnder Schriften erschien in serbischer und französischer Sprache, dazu gesellten sich noch Kriegskalender, Landkarten u. a. m. Auch der Stratzenverkauf (die Kolportage war und ist auch jetzt noch hier erlaubt) hatte glänzende Zeiten. Zeitungen und Zeitschriften, wie Witz- und Flugblätter, in ser- eller Teil. bischer und französischer Sprache fanden reißenden Absatz, in letzterer Sprache besonders seit französische Marine-Artillerie zur Verstärkung der Belgrader Festungsbesatzung ihren Einzug ge halten hatte. Wie aber der Haß gegen den Gegner auf serbischem Boden immer jedes Matz überstieg, so brachte auch diese Zeit mehrere Erscheinungen, deren Herausgabe besser unterblieben wäre. Zur Ehre des serbischen Buchhandels sei bemerkt, daß diese Art Lite ratur fast ausschließlich im Selbstverläge der Autoren und vor allem von Gesellschaften erschien, die sich den Kampf gegen die Monarchie zur Aufgabe gemacht hatten. Dann kam der Oktober 1915, da nach heftigen Kämpfen, die sich bis in das Weichbild der Stadt fortsetzten, die Einnahme von Belgrad durch die ver einigten österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen erfolgte. Die Bewohner der Stadt hatten schon während der mehrere Tage andauernden Beschießung der auf dem Kalemcgdan liegenden oberen und unteren Festung sowie der Stadtteile an den Ufern der Donau und der Save ihre Geschäfte und Woh nungen verlassen und waren in das Innere des Landes geflüchtet. Belgrad selbst war beim Einzuge der siegreichen Truppen der Zentralmächte ausgeslorben. . . Nur langsam ging die Rückkehr der Bevölkerung und die Wiedereröffnung der Geschäfte vor sich, besonders zeigten sich die Buchhandlungen zurückhaltend, da die inzwischen eingesetzten österreichisch-ungarischen Verwaltungsbehörden gerade diesen ge genüber ein gewisses Mißtrauen und erhöhte Vorsicht beobach teten. Heute sind alle Buchhandlungen in Belgrad wieder ge öffnet, und auch in einigen Städten im Innern des Landes, wie Krusevac, Nisch, Kraljevo, haben die früher dort ansässigen Fir men den unterbrochenen Betrieb wieder ausgenommen. Zu einer Neugründung ist es bisher noch nicht gekommen, obwohl eine solche von einer ungarischen Gesellschaft geplant ist. Der einheimische Buchhandel ist momentan in einer sehr schweren, sorgenvollen Lage. Die österreichisch-ungarische Verwaltung, das k. u. k. Militär - General - Gouvernement für Serbien, hat in den ihr unterstehenden Gebieten die Ausfuhr aller in zyrillischen Lettern gedruckten serbischen Publikationen verboten, während das bulgarische Okiu- pationskommando den Vertrieb aller in serbischer Sprache veröffentlichten Erscheinungen untersagt hat. Damit sind neun Zehntel der Lagerbestände der hiesigen Buchhändler zurzeit un verkäuflich geworden. Auch der Bestand der öffentlichen und privaten Bibliotheken hat durch den Krieg zu leiden gehabt. Glücklicherweise be finden sich im k. u. k. Militär-General-Gouvernement einige Herren, ckklen voran der Sektionschef Hauptmann Hörmann, Di rektor des bosnisch-herzegovinischen Landesmuseums in Sara jevo, die sich der Wiederherstellung dieser Bibliotheken und der Sammlung einzelner Bücher innerhalb des Landes widmen. Ihnen gebührt daher der Dank, wenn die Schätze, die sonst ver loren gegangen wären, wieder von den jetzigen und kommenden Geschlechtern benutzt werden können. Josef A. Benes ch. >137