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203, 1. September 1916. Redaktioneller Teil. nicht mehr vergönnt, seine Schöpfungen auszubauen, da ihn bereits im Jahre 1866, dem Gründungsjahre der Buch handlung, der Tod ereilte. Seine Witwe führte das Geschäft in allen seinen Teilen getreulich den Plänen des zu früh verstorbenen Gatten mit Fleiß und Geschick fort. Am 6. Februar 1870 vermählte sie sich mit dem Buchhändler Georg Huber aus Neuburg an der Donau. Nunmehr setzte eine Zeit des weiteren Aufblühens der Firma Attenkofer ein. Die Räumlichkeiten sowie das Lager der Sortimentsbuchhandlung wur den bedeutend vergrößert und damit wuchs der Kundenkreis. 30 Jahre lang hat Herr Georg Huber in erfolgreicher Wirksamkeit und mit un ermüdlicher Schaffensfreude seiner Firma vorgcstanden; er war Buch händler mit Leib und Seele, der an feinem Berufe mit Liebe und Hin gebung hing. Welch hoher Achtung er sich bei seinen Mitbürgern er freute, beweist der Umstanb, daß er 18 Jahre lang Mitglied des Ge meindekollegiums in Straubing, hiervon 9 Jahre Vorstand desselben, war. Am 1. April 1900 übergab Herr Georg Huber die Firma Atten- kcfer seinem einzigen Sohne Georg, während er sich ins Privatleben zurückzog und seinen Wohnsitz in München nahm. Nach 4 Jahren des wohlverdienten Ruhestandes starb er am 23. Februar 1904 in München. Die reichen Erfahrungen, die der jetzige Besitzer Herr Georg Huber während seiner Lehr- und Volontärzeit in einer be deutenden Druckerei Münchens und einer angesehenen Buchhandlung Augsburgs, zuletzt in leitender Stellung im väterlichen Geschäfte, sam meln konnte, kamen in umfassendster Weise dem El. Attenkofer'schen Hause zugute. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit richtete der neue Be sitzer der Firma sein Hauptaugenmerk auf den technischen und redaktio nellen Ausbau des »Straubinger Tagblatts«. Weiter hat er die Buch druckerei vollständig neu und für Großbetrieb umbauen, sich dabei keinen Fortschritt der heutigen Technik entgehen lassen und mit großen Opfern die neuesten, bestkonstruierten Maschinen dem Betriebe einverleibt. Der Verlag wurde durch neue Verlagswerke bedeutend ausgebaut. Im Oktober 1909 veranstaltete die El. Attenkofer'sche Ver lagsbuchhandlung ein großes internationales Preisausschreiben für Ideen und Texte zu Kinderbilderbüchern, da sie sich diese Richtung zu ihrem S p e z i a l Verlage erkoren hatte. Dieses Preisausschreiben hatte einen durchschlagenden Erfolg, indem mehr als 650 Preisbewerbungen einliefen. Neben dieser Hauptrichtung werden auch andere literarische Gebiete gepflegt, es sei hier nur noch ein Werk erwähnt: I)r. Buckeley, Deutsches Juristenbrevier, das in der ganzen Juristenmelt Anerken nung und wegen seiner Eigenart rasch Absatz und Verbreitung fand. Aber auch die älteren Verlagsunternehmen wurden weiter gepflegt, so steht z.B. der »Straubinger Kalender« im laufenden Jahre in seinem 319. Jahrgang. Auch der »Bayerische Postkalender« (Fachkalender der unteren nnd mittleren Postbeamten) sowie das offizielle Fachblatt »Der Schul- anzciger für Niederbayern« seien erwähnt. Durch die große, vielseitige Ausdehnung der Gesamtfirma (Zeitungsverlag, Buch- und Kunstdruckerei, Verlagsbuchhandlung) war cs Herrn Georg Huber nicht mehr möglich, dem Sortimentsbctrieb die nötige Aufmerk samkeit zu schenken, weshalb er am 15. August 1908 die El. Attenkofer- sche Sortiments bnchhandlung an Herrn Wilhelm Pielsticker aus Paderborn verkaufte, der es verstand, den Umsatz des Geschäfts ganz wesentlich zu erhöhen. So steht die alte Sortimentsfirma auch jetzt unter dein neuen tatkräftigen Besitzer beim Buchhandel in gutem Ansehen und erfreut sich eines sehr guten Rufes. Auf ein 50jähriges Bestehen können ferner die Firmen Franz Goerlich und Goerlich L Coch's Buch- und Kunsthandlung Inh. Fritz H c i n tz e, beide in Breslau, zurückblicken. Die befreundeten Buch händler Franz Goerlich und Carl Coch eröffneten am 1. Sep tember 1866 eine Bnchhandlung in Breslau, und es ist gerade heute von besonderem Interesse, daß sie ihr Eröffnungs-Rundschreiben mit den Worten begannen: »In der sicheren Erwartung, daß wir einem dauern den Frieden, der Handel und Verkehr, Wissenschaft nnd Kunst neu auf- blühen läßt, entgegengehcn, . . .« Coch trat krankheitshalber 1869 schon wieder aus und Franz Goerlich brachte als nunmehriger Allein inhaber trotz geringfügiger Mittel bas Geschäft bald durch seine große Tatkraft und Umsicht zu großem Ansehen nnd warb ihm zahlreiche Kunden ans den Kreisen der Geistlichkeit, der Universität nnd des Adels Schlesiens. 1871 wurde in Beuthcn i. O/S. eine Filiale errichtet, die später in andern Besitz überging und noch heute unter der Firma Oscar Waeldner besteht. Um sich seinem aufstrebenden Verlage ganz widmen zu können, verkaufte Goerlich am 15. Januar 1873 das Breslauer Sortiment an Ulrich Putze ans Licgnitz, der es unter der alten Firma Goerlich L Co. wcitcrführtc, während Goerlich für den Verlag mit seinem Namen zeichnete. Folgen wir nun zunächst der weiteren Entwicklung des Sortiments, so ist zu melden, daß Ulrich Putze dieses 13 Jahre lang mit gutem Erfolge geführt hat und cs 1887 an Gustav Wolfs aus Op peln verkaufte. Dieser hat sechs Jahre redlich geschasst, scheiirt aber dann in Schwierigkeiten geraten zu sein, denn er schied am 3. Februar 1893 aus, und das Geschäft kam am 1. November desselben Jahres an Robert Felder. Von diesem erwarb es 1905 Rudolf Sprick, der es 1913 an seinen früheren Geschäftsführer und Prokuristen Herrn Fritz Heintze, den jetzigen Inhaber, verkaufte. 1914 wurde dem Geschäft, das immer noch die ursprüngliche Firma Goerlich L Coch führt, unter Leitung des Antiquars W. Brandt ein Antiquariat an gegliedert, das durch günstigen Ankauf gediegener Bibliotheken (Uni- verfitütsprofessor 1)r. Renz, Kanonikus Or. Hcrbig u. a.) wie das Sortimentsgeschäft ebenfalls bald großen Aufschwung nahm. Wenden wir uns nun dem Verlage zu, so kann festgestellt werden, daß er sich unter der Leitung seines Gründers erfreulich und stetig entwickelt hat. Franz Goerlich zeichnete ein hervorragendes Ge schick aus, Autoren heranzuziehen, die seiner Firma Ehre machten und deren Werke im Laufe der Jahre hohe Auflagen erreichten. Es seien genannt: der Seminar-Oberlehrer Königliche Musikdirektor Bernhard Kothe (musiktheoretische Werke), der Seminarobcrlehrer L. Heinze und der Seminardirektor Max Hübner, die zusammen ausgezeichnete Rechen bücher Herausgaben. Hübner verfaßte außerdem eine Anzahl guter Jugendschriften, die viel Beifall und weite Verbreitung fanden, ferner Geschichtswerke, Sprachbücher, in Verbindung mit Seminaroberlchrer Richter auch Nealienbüchcr. Einen großen Beweis seines Verleger talents gab Goerlich durch die Gründung der »Katholischen Schulzei tung für Norddeutschland«. Es ist interessant, von welch schneller Ent schlußfähigkeit er war. In einer Breslauer Tageszeitung wurde eines Tages beklagt, daß die katholische Lehrerschaft der östlichen Provinzen kein eigenes Organ habe, und der Wunsch nach einem solchen geäußert. Diesen Gedanken griff Goerlich, obwohl krank im Bett liegend, sofort auf, und schon die am nächsten Morgen erscheinende Nummer jener Zeitung konnte das bevorstehende Erscheinen der »Katholischen Schul zeitung für Norddeutschland« melden. Durch viele Schwierigkeiten hin durch hat er diese Zeitschrift geführt und hatte noch die Freude, ihr ^jäh riges Bestehen Anfang 1908 zu feiern. Jetzt steht sie im 33. Jahrgang und ist als Organ von fünf großen Lehrerverbänden eine der ange sehensten pädagogischen Zeitungen Deutschlands. Weiter ist zu nennen die jetzt im 25. Jahre erscheinende »Praxis der katholischen Volks schule«. In den 90cr Jahren begann auch der Ausbau des musikali schen Verlags, auf dem Gebiet der Kirchenmusik mit dem von Franz Dirschkc herausgegebenen »Breslauer Diözesan-Gesangbuch« als Mittel punkt und den Werken von Gloger, Kinüler, Nikel, Stein etc., auf dem Gebiete der weltlichen Musik mit mehreren Schulliedersammlungen, Franz Webers Volksliederbüchern und der neueren Sammlung leichter Chorgesänge. Erwähnt sei ferner, daß Franz Goerlich auch sein eigener Autor war und unter dem Pseudonym »Franz Weber« einen Volkskalen- der, »Christoph von Schunds Jugendschriften«, eine »Hausbibliothek« un serer hervorragendsten Klassiker und eine Reihe von Fach- und Volks- licderbüchcrn herausgegcben hat. Im Jahre 1904 konnte der Gründer der Firma, auf eine reich gesegnete, erfolgreiche Tätigkeit zurückblickend, sein 50jähriges Berufsjubiläum unter großer Teilnahme aus den Krei sen seiner Bcrufsgenossen, seiner Alltoren und Mitarbeiter, wie seiner Breslauer Mitbürger feiern. Trotz .seiner großen Verlagstätigkcit hatte er nämlich immer noch Zeit gefunden, als Mitglied des Stadt- verordnetenkollegiums, als Leiter bzw. Vorstandsmitglied großer Ver eine und als Kirchcnvorsteher seine Kräfte in den Dienst der Allgemein heit zu stellen. Zunehmende Kränklichkeit zwang ihn leider bald nach her, sich mehr und mehr vom Geschäft zurllckzuziehen und seit Juli 1905 die Leitung seinem Sohne Joseph zu überlassen, in dessen Besitz die Firma nach dem am 30. Januar 1908 erfolgten Tode des Gründers überging. Der Ausbau des Geschäfts in den altbewährten Richtungen wurde unverändert fortgesetzt, neue Verbindungen wurden zu den alten angeknüpft, und manche bedeutsame pädagogische Neuerscheinung ver ließ auch im letzten Jahrzehnt die Offizin des Verlags. Namentlich auf dem Jugendschriftengcbiet trat die Pflege der .Heimatliteratur in den Vordergrund. Der Weltkrieg mit seinen zunehmenden .Herstel lungsschwierigkeiten hat allerdings gegenwärtig die Verlagstätigkcit etwas eingedämmt, die sicher nach Frieöensschlnß wieder desto kräftiger aufleben wird. Ebenfalls ein 50j ähr i geS Bestehen kann im September die Firma Woerl's Neisebüchervcrlag in Leipzig feiern, die im September 1866 von Herrn Leo Woerl, dem Sohne des rühmlich bekannten Geographen Professor I4r. Edmund Woerl (Freiburg i. B.), errichtet wurde. Der Verlag nahm von Würzburg seinen Ausgang. Seinen wesentlichen Bestand bildeten neben großen anderen Werken schon damals die bekannten Reiseführer. Infolge der wachsenden Ausdehnung des Neiscbüchcrvcrlags wurde die Firma 1897 nach Leipzig verlegt. Im Laufe der Jahre sind mehr als 400 Führer er schienen, darunter manche in mehr als 20 Auflagen. Ganz besonders hervorzuheben sind auch die mehr als 35jährigen geschäftlichen und 1139