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Nr. 11. k Ocutjchen Nciche zahlen für jedes Lxemp^r ZO^Mark bez.U? des Dörfenvereins die viergefpaltene "pctitzeile ode,^deren !36 Mark jährlich. Nach dein Ausland erfolgt Lieferung N Daum 15<pf..'/«6.13.50M..'/»S.26Nl..'/, S. 50M.: für Nicht-»z ;über Leipzig oder dur^ Kreuzband, an Nichtmitgliedcr in Mitglieder 40 'Pf-, 32 M..60^11.. 1<X) M. — Deilagen werden !! Ä Leipzig, Sonnabend den iS. Januar 1916. 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Bekanntmachung. Wir bitten, alle Änderungen der Firmenverhältnisse, ins besondere auch der Adressen, Telegrammadressen, sowie der Nummern der Postscheckkonten uns gef. umgehend mitzutetlen, damit sie alsbald in den Nachträgen zum Adreßbuch des Deutschen Buchhandels berücksichtigt werden können. Leipzig, den 15. Januar 1916. Gkschäftskrlle des Lörskuoerrius der lieutschru öiichhäudlcr zu Leipzig. De. Orth, Syndikus. Schweizerischer Buchhändler-Verein. In unseren Verein wurde ausgenommen: Herr B. Carlfon in Locarno. Bern u. St. Gallen, 5. Januar 1916. Vorstand des Schweizer. Buchhändler-Vereins, vr. A. Francke. Otto Fehr. Der Waschzettel. Ein Vorschlag. Feinde beneiden Deutschland um sein organisatorisches Ta lent, seine unvergleichliche Arbeitsteilung, das ungestörte Jn- cinandergreifen der Tausende von Rädern des inneren Betriebes; sie lernen von ihm und ahmen es nach. An diesem Erfolge ist auch der deutsche Verlagsbuchhandel beteiligt. Der deutsche Ver leger faßt selbst und durchdenkt einen Plan, aber nachdem er die passenden Kräfte gewählt, die ihn aussühren sollen, beschränkt er sich auf die technische Seite des Werkes; schon den Prospekt arbei tet er nicht mehr aus und waltet seines Amtes ganz wie ein Re gisseur hinter den Kutisscn, mit dem Unterschiede, daß dieser ein von einem Fremden, er das von ihm selbst erdachte Spiel aus- führcn hilft. Wir gehen nicht ein auf diese technische Seite der Vorberei tung, die Kontrakte, die doch auch auf gutem Willen des einen Kontrahenten beruhen, da keinerlei Pönale ihn zur Jnnchaltung des Termins zwingt usw.; wir greifen nur ein Moment aus der Propaganda für ein Buch heraus. Dazu gehört nicht nur das Verschicken der Rezensions und Ansichtsexemplare; dazu gehört auch die dem Buch auf den Weg mitgegebene oder ihm vorauseilendc Selbstanzcige des Ver fassers, der sog. Waschzettel. Wie wenig Wert ihm beigclegt wird, erhellt schon daraus, daß er nie ins Buch selbst Eingang findet, daß er nur auf dem Schmutzblatt vegetiert <mit Recht läßt da her die Königl. Bibliothek in Berlin das Schmutzblatt mit ein- binden, früher war dies nicht der Fall), daß er höchstens am Ende in einen Anzeigenteil sich verkriechen darf. Ganz zu Unrecht. Niemals ersetzt ihn die Vorrede des Ver fassers. Diese enthält oft ganz Gleichgültiges, Anlaß und Art der Entstehung, Danksagung an die, die dem Verfasser Korrek turen gelesen oder Materialien beigestcuert haben. Sind Rezen sent lind Leser im Besitz eines gebundenen Exemplars (ohne Schmutztitel), so müssen sie erst aus demWcrke selbst überStellung,! Absicht, Mittel der Darstellung sich unterrichten, wobei es nicht an Jrrtümern zu fehlen braucht. Und doch ist der Verfasser der Berufenste, Rede und Antwort über sein Buch zu stehen, gerade in dem Augenblick, wo er den Waschzettel niederschreibt. Beim Verfassen des Buches, bei der Drucklegung ist man von Einzelheiten lman berichtigt ja oft noch in der Korrektur Zitate) ganz in Anspruch genommen, man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Beim Niederschrciben des Waschzettels, das oft mit der Abschickung des letzten Korrekturbogens zusammenfällt, ist man schon in eine gewisse Entfernung gerückt von der Arbeit und hat doch noch nicht den lebhaftesten Kontakt mit ihr ver loren: niemals ist sich der Verfasser der Tragweite seiner Aus führungen so bewußt, sie steigen ihm oft in diesen letzten Momen ten so recht vor die Augen, nun erst Übersicht er alles klar und deut lich. Einmal enthielt mein Waschzettel förmlich die Schlußpointe meiner Schrift, brachte sie in einen weiteren Zusammenhang; ein anderes Mal, als ich die letzten Seiten des Werkes nach Art eines Waschzettels niedergeschricben und die Zensur in Warschau mir diese Seiten schmählich zusammcngestrichen hatte, ist es mir nie wieder gelungen (beim gleichzeitigen Verlust des Manuskripts), mich in die gehobene Stimmung hineinzufinden und den gleichen beredten Ausdruck für sic zu treffen. In Rußland fügt jeder Verfasser einem Werke oder einer Ab handlung auf ein oder mehreren Seiten die »Vyvody« (Resul tate) bei. Böse Zungen behaupten zwar, dies geschehe aus Rück sicht auf die Rezensenten, die zu faul wären, das Werk selbst zu lesen, und doch darüber etwas Positives Mitteilen möchten. Ich halte diesen Brauch für einen äußerst zweckdienlichen und würde ohne weiteres Vorschlägen, ihm zu folgen, den Waschzetteln also eine Stelle im Buche selbst zu schaffen, und sollte darüber die Vorrede geopfert werden. Niemand weiß so gut wie der Verfasser selbst, was er ge wollt und wie er gearbeitet hat; Sache des Rezensenten als des ackvocatus ckmboli bleibt, festzustellcn, ob der Verfasser das Ge wollte auf einem richtigen Wege erreicht hat, ob seiner Leistung Dauerndes abzugewinnen ist, ob sie Neues oder Altes in neuer Form bringt. Aber es bleibt das gute Recht des Verfassers, ohne jede übel angebrachte Scheu, als wenn er sich und sein Buch an preisen wollte, ohne jede noch übler angebrachte Großtuerei, seine Leistung selbst in das richtige Licht zu rücken: das Verdunkeln wird schon die Kritik besorgen. Bei einer idealen Besprechung eines Buches müßte unter den Waschzettel die Ansicht des Rezen senten gesetzt werden: nur so würde Licht und Schatten richtig verteilt. Der Waschzettel müßte somit an Umfang und Gehalt, an Würde und Haltung gewinnen, um seinen Zweck ganz zu er füllen. Ich habe schon öfters Waschzettel gelesen, die ich geradezu als ideal bezeichnen würde, so genau und sorglich war die Arbeit im Vergleich zu allen Vorgängern charakterisiert, aber noch öfter las ich Waschzettel, bei denen ich mir sagte: das ist in der Er- Wartung geschrieben, daß dies doch niemand lesen werde. Ich würde ihn geradezu an die Stelle der Vorrede im Buche selbst ein- setzcn, wo dann in einem Schlußpassus zu dem bereits auf dem Schmutztitel Gedruckten nur noch ein eventueller Zusatz, persön liche Bemerkungen, Danksagungen usw. hinzuzufügen wären. Da durch würde der Jnhaltlostgkeit so mancher Vorrede gesteuert 49