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^7 13, 17. Januar. Nichtamtlicher Theil. 227 berühmte Namen auch später noch hinzukamen, Johann Friedrich Cotta war es, der alle späteren Erfolge erst möglich gemacht hat. Die Grundlage des wohlerworbenen unerschütterlichen Ruhmes von Johann Friedrich Cotta bleiben aber doch vor allem einer seits die Verbindung mit Schiller und Goethe und andrer seits die Gründung der ersten größeren politischen Zeitschrift in Deutschland. Die erste Gesammtausgabe, welche Goethe nach seiner italienischen Reise unternahm, ist 1806 im Cotta'schen Verlag erschie nen, 1627 begann Johann Friedrich Cotta den Druck der voll ständigen Ausgabe letzter Hand. 1826 gingen durch Vertrag mit Schiller's Erben (für 70,000 Reichsthaler) auch Schiller's Werke in den bleibenden Besitz der Cotta'schen Buchhandlung über. Eine große und verantwortungsvolle Stellung übernahm Johann Friedrich Cotta, indem er die Vermittlung zwischen dem von den größten Geistern der Nation aufgehäuften Schatze und dieser selbst übernahm. Seinen und seines Hauses Namen hat er damit unsterb lich gemacht in der Geschichte deutschen Geisteslebens. Viel schwieriger als in der Gegenwart war das Verhältniß des Verlegers zu seinem Autor in der Zeit, als Johann Friedrich Cotta den Ruhm seiner Firma gründete. Er selbst klagt, daß der stets drohende und oft genug wirklich ausgeführte Nachdruck es ihm unmöglich mache, den Autoren bessere Bedingungen zu bewilligen. Aber auch mit anderen Buchhändlern stand er auf schlechtem Fuße, und unangenehme Reibereien verbitterten ihm oft die Leipziger Meßzeit. Er, der hochgebildete Mann, stand seinen Berufs genossen fremd gegenüber. „Meine Denkungsart ist so ent fernt von diesen, daß ich freilich mich nicht darein finden kann" (an Schiller, 1. Juni 1804). Doch waren diese Schwierigkeiten, welche den Verleger selbständiger Werke ärgern konnten, nicht zu vergleichen mit denjenigen, welche der Gründung eines politischen Journals im Wege standen. So wenig wir den Auf schwung des Cotta'schen Geschäfts unter Johann Friedrich Cotta's Leitung ins Einzelne verfolgen konnten, ebensowenig kann hier von dem höchst interessanten Versuche die Rede sein, eine geschichtliche Darstellung der Gründung und Ausbreitung, Kämpfe und Erstar kung der „Allgemeinen Zeitung" zu geben. Eine Zusammenstellung der Urkunden „zur Geschichte der Entstehung und Entwicklung der „Allgemeinen Zeitung von 1798—1803" hat Wilhelm Vollmcr's sorgsame Hand im Anhänge zum Briefwechsel zwischen Schiller und Cotta gegeben. Die „Europäische Zeitung", dies war der ursprünglich geplante Titel, ist recht aus Johann Friedrich Cotta's eigenster Initiative hervorgegangen. Nach Cotta's ursprünglichem Plane sollte Schiller die Redaction der zu gründenden politischen Zeitung übernehmen, und in der That hat Schiller erst nach längerem Erwägen abgelehnt (14. Juni 1794). Den Bemühungen Cotta's gelang es dann, vr. E. L. Posselt zur Herausgabe der Monatsschrift „Europäische Annalen" zu gewinnen (1795). Es war aber Cotta, der hiemit noch nicht zufrieden war. Er wollte ein täglich erscheinendes Blatt, als welches Ende October 1797 die „Neueste Weltkunde" angekündigt wurde. „Ein politisches Tagblatt, das wie ein treuer Spiegel die wahre und ganze Gestalt unserer Zeit zurückstrahle, so vollständig, als ob es der ganzen Menschheit angehörte, so untergeordnet den großen Grundsätzen der Moral und bürgerlichen Ordnung, als ob es ganz auf das Be- dürfniß einer Welt voll Gährungsstoff berechnet wäre; so edel in Sprache und so unparteiisch in Darstellung, als ob es auf die Nach welt fortdauern sollte." Hatte Schiller fürs erste auch alle Theil- nahme abgelehnt, diese Ankündigung zeigt, daß Cotta selbst doch Schiller'sche Grundsätze angenommen hatte. Anfangs schien alles einen guten Fortgang zu nehmen. Der Landesherr gewährte trotz der Bedenken seiner Räthe die erwünschte Censursreiheit. Aber Zustände, wie sie dann noch verschlimmert die Bundesherrschast im neunzehnten Jahrhundert bringen sollte, traten schon damals ein. Bald von Oesterreich, bald von Rußland wurden Beschwerden über einzelne Artikel der „Neuesten Weltkunde" erhoben. Cotta selbst hatte indessen die Gunst des strengen schwäbischen Selbstherrschers verloren; die Censursreiheit wurde zurückgenommen. Ein unmittel bares Eingreifen des Reichshofraths zu Wien machte im August 1798 der „Neuesten Weltkunde" ein plötzliches Ende. Aber schon im September trat an ihrer Stelle die „Allgemeine Zeitung" her vor, die nun nicht, wie ihre Vorgängerin, in Tübingen, sondern in Stuttgart selbst gedruckt wurde. Aber bald entstanden neue Reibungen und Belästigungen. Am 13. October 1803 wurde die „Allgemeine Zeitung" von Kur fürst Friedrich in seinen Landen verboten. Vergewaltigt, aber nicht entmnthigt, suchte Cotta nun beim Reichshofrathe selbst Schutz gegen die Willkür des Landesherrn. Am 17. November 1803 erschien die „Allgemeine Zeitung" unter kaiserlichem und kurpfalz bayerischem Privilegium zu Ulm. Der Kampf um die Existenz war damit zu Ende geführt, fester Boden gewonnen. Die Schicksale der „Allgemeinen Zeitung" hängen aber mit persönlichen Erlebnissen Cotta's zusammen. In Württemberg bestand die alte landständische Verfassung noch in Recht und Kraft; in hartem Kampfe gegen despotische Will kür hatte sie sich nicht ohne Unterstützung des kaiserlichen Hofes behauptet. Des fruchtlosen, stets unglücklichen Kampfes gegen die republikanischen Heere übersatt, setzten die Landstände einen Separatfrieden Württembergs mit der französischen Republik durch. Widerwillig hatteHerzogFriedrich sich dazu herbeigelassen, bald aber schloß er sich aufs neue an Oesterreich an und begann zugleich auch Feindseligkeiten gegen seine eigenen Stände. Die Landesversamm lung wurde auseinandergejagt, der Herzog selbst aber machte sich zur Flucht vor den anrückenden Franzosen bereit. Diese aber hatten gedroht, den Friedens- und Bundesbruch durch allgemeine Plünderung zu rächen. Das ganze Land hatte das Aergste zu erwarten. In dieser Angst und Noth beschloß der engere land ständische Ausschuß eigenmächtig, mit der französischen Regierung in Unterhandlung zu treten. Die Uebernahme dieser Mission war weder unmittelbar gefahrlos, noch hinsichtlich der Verantwortung und späteren Folgen dem Landesherrn gegenüber unbedenklich. Cotta, vom landständischen Ausschüsse aufgefordert, übernahm cs trotzdem, die Sendung auszuführen; allerdings hatte er manche Verbindungen in Paris, welche die Durchführung seiner Auf gabe erleichtern mußten, doch aber bedurfte es auch für ihn des opferfreudigsten Patriotismus, um sich allen drohenden Gefahren und Unannehmlichkeiten auszusetzen. Cotta's Bemühungen in Paris selbst waren erfolglos, da dort inzwischen ein Regierungs wechsel eingetreten war. Der Kurfürst schien zwar anfangs Cotta zur Strafe ziehen zu wollen, mußte aber doch das Gerechtfertigte in Cotta's Vertheidigung anerkennen. Als Anhänger der alten landständischcn Verfassung gerieth Cotta aber später in Württem berg in immer mißlichere Lage. „Mein Kurfürst", schreibt er am 11. November 1803 an Schiller, „kann nur durch Entgegen setzung von Kraft gebändigt werden, mein persönlicher Feind ist er ohnedies, und also will ich, muß ich einen Kampf bestehen." Obwohl von den verschiedensten Seiten Versuche gemacht wurden, Cotta und seine „Allgemeine Zeitung" von Anfang an in andere Territorien zu ziehen, so wollte Cotta in seinem uner schrockenen Freimuthe doch sein gutes Recht in Württemberg selbst so lange als möglich wahren. Aber Kurfürst Friedrich schritt ans dem einmal eingeschlagenen Wege der Tyrannei unaufhaltsam weiter. Mit Gewalt unterdrückte und beraubte er die Landstände und ließ den neuen Consulenten derselben, den Schiller und Cotta 33*