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Redaktioneller Teil. 241. 16. Oktober 1914. Umlauf unter den Mitgliedern des Vorstandes eine schriftliche Äußerung derselben herbeigeführt, ob und welches Eingreifen des Verbandes etwa in Frage kommen könnte. Bis auf einige kleine Wünsche, die dabei geäußert wurden, waren auch die Vor standsmitglieder der Ansicht, daß zu besonderen Maßnahmen zu- nächst kein Anlaß vorliege. Ich habe dann, um auch einmal die Meinung einer Anzahl von Mitgliedern zu hören, in einer Ver sammlung der »Freien Vereinigung Hallescher Buchhändler« alle die Maßnahmen zur Erörterung gebracht, die andere Vereine er griffen hatten oder deren Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit mir gegeben erschienen. Aber auch diese ziemlich ausgedehnte Ver sammlung ist zu der Anschauung gelangt, daß vorläufig nichts zu unternehmen sei und daß manche von anderen Vereinen durch geführten Maßnahmen als nicht wünschenswert für unsere Ver hältnisse zu bezeichnen seien. So konnte man sich insbesondere nicht für ein Plakat mit der Aufforderung des Bar kaufes erwärmen, da man befürchtete, dadurch das die Buch handlung ohnehin jetzt sehr spärlich besuchende Publikum abzu schrecken. Auch ein Anschreiben des Verbandes an die Kundschaft mit dem Ersuchen um baldige Begleichung der Rechnung wurde nicht als zweckmäßig angesehen, da man glaubte, mit persönlichen Anschreiben von Fall zu Fall mehr erreichen zu können. Dagegen wurde vorgeschlagen, den Kurator der Universität Halle darum zu bitten, er möge die Universitäts-Quästur anwei sen, auf Wunsch die Heimat-Adressen der ins Feld gezogenen Studierenden anzugeben, damit man im stande sei, noch unbezahlte Rechnungen den Eltern mit der Bitte um Begleichung einzusenden. Diese Eingabe hat vollen Erfolg gehabt, und ein gleiches Vorgehen dürfte sich auch für andere Uni versitätsstädte empfehlen. Die bei Kriegsausbruch überstürzten Maßnahmen einer Anzahl von Verlegern wurden getadelt, wenn man auch andererseits gerechter Weise hervorhob, daß eine große Verwirrung durch den Beschluß der Leip ziger Kommissionäre, keine Barsendungen mehr einzu lösen, entstanden war. Bezüglich der für den Herbst bei den Verlegern aufgegebenen Bestellungen war man der Meinung, daß ein Übereinkommen von Fall zu Fall zu treffen sein werde. In vielen Fällen könne auch dem Verleger nicht daran gelegen sein, ein Werk in einer solchen Zeit verminderten Absatzes herauszubringen, von dem er sich später viel mehr versprechen könnte. Die Arbeitszeit in den Ladengeschäften ist im allgemeinen nicht eingeschränkt worden; der von einer Anzahl von Ladengeschäften verschiedener Zweige ursprünglich gefaßte Beschluß auf Schließung der Geschäfte in der Mittagszeit von 1 bis 3 Uhr ist wieder rückgängig gemacht worden. Leider wurde die Anregung des gemeinschaftlichen Versandes eines Weihnachtskatalogs als undurchführbar befun den, wenn auch jedes Sortiment gern daran denken wird, wie sich in diesem Jahre die Vertriebskosten verringern lassen, ohne daß das stark gefährdete Weihnachtsgeschäft darunter leidet. In folge der Stellungnahme der hauptsächlichen Tageszeitungen Halles, die trotz aller Bemühungen den Kartenvertrieb schwung haft durchgesührt und damit das Sortiment schwer beeinträchtigt haben, wurde beschlossen, von gemeinschaftlichen An zeigen in den Tageszeitungen in diesem Jahre abzu sehen. Von der Versendung eines Anschreibens an die jenigen Kunden, die Zeitschriften abbestellt haben, versprach man sich nichts. Bestimmte Arten von Zeit schriften haben eine nennenswerte Einbuße nicht erlitten, andere eher zugenommen, und die Fälle, in denen das Publiftnn lediglich der Ersparnis halber die Zeitschriften abbestellt hat, scheinen immerhin nicht allzu häufig zu sein. Angesichts des Versagens der Feldpost und der Tatsache, daß unsere Truppen in außeror dentlicher Weise angestrengt sind, glaubte man auch nicht auf einen Erfolg eines Plakats betr. die Versendung von Büchern ins Feld rechnen zu können. Da das Kriegs- kartengeschäft nunmehr so gut wie völlig zu Ende ist, aber von den einzelnen Ausgaben noch größere Vorräte in den Ge schäften lagern, beschloß man, zur Vermeidung von Ladenhütern sich gegenseitig nach Möglichkeit auszuhelfen. Die Mitglieder der Vereinigung waren sich darüber einig,! 1538 daß man in diesem Jahre auf die Veranstaltung eines gemein schaftlichen Mahles auf Kosten der Kasse verzichten und den da durch ersparten Betrag zu Unterstützungszwecken ver wenden wolle. Auch der Vorstand des Sächsisch-Thüringischen Buchhändler-Verbandes hat beschlossen, den durch Nichtabhaltung seiner Hauptversammlung ersparten Betrag dem Unterstützungs- Verein zugute kommen zu lassen. Es wurde sestgeslellt, daß auf eine Aufforderung des Vaterländischen Frauenvereins hin die StiftungenanLesestofffürdie Lazarette einen so großen Umfang angenommen haben, daß weitere Gaben zurzeit gar nicht mehr angenommen werden können. Auch der Buchhandel hat sich an diesen Stiftungen rege beteiligt. Es wurde den Mitgliedern ferner empfohlen, an ihre Bekannten und Geschäftsfreunde im neutralen Auslande zur Aufklärung desselben Zei tungen, Sonderdrucke aus solchen und Broschüren zu versenden, die sich mit der militärischen und wirtschaftlichen Lage des Deut schen Reiches beschäftigen und dadurch ein Gegengewicht gegen die ungeheuerlichen Lügen unserer Feinde bilden. In bezug auf eine Nutzbarmachung der K r i e g s kr e d i t ka ss e n für den Buchhandel gab man sich keinerlei Hoffnung hin, während man im Anschluß an die vom Deutschen Haudelstage in dieser Beziehung angekündigten Maßnahmen die Zuversicht noch nicht ganz auf gibt, einen Teil der Außenstände auch im feindlichen Auslande in späterer Zeit wieder hereinzubekommen. Mit Interesse sieht man dem Erfolge der Bemühungen einer Anzahl von Verlegern entgegen, auch den Abonnenten auf Zeitschrif ten und Liefemngswerke im feindlichen Auslande auf dem Wege über neutrale Länder die Fortsetzungen zu zusenden. Es wurde schließlich der Wunsch geäußert, daß der Verband von Fall zu Fall Eingaben an diejenigen B e - Hörden machen solle, die den neuen Etat für Bücher zu beschnei den beabsichtigen. Halle a. S., 14. Oktober 1914. Walther Jäh, Vorsitzender des Sächsisch-Thüringischen Buchhändler-Verbandes. E. V. XVI. Württembergischcr Buchhändler-Verein. Der Württembergische Buchhändler-Verein hat seinen Mit gliedern das nachstehende Rundschreiben zur Verfügung gestellt mit der Bitte an die Kundschaft, die Rechnungen baldmöglichst begleichen zu wollen. Von diesem Angebot wurde lebhafter Ge brauch gemacht. Euer Hochwohlgcboren! Die Folgen des Kriegszustandes in Deutschland machen sich am empfindlichsten fühlbar in Geschäften, die nicht mit Gcbrauchs- gegenständen handeln. Die Einnahmen sind plötzlich verschwindend klein, die Verbindlichkeiten müssen »ach wie vor eingelöst werden, und jeder gute Deutsche wird sein möglichstes tun, uni seine Ange stellten nicht entlassen zu müssen, damit die allgemeine Not nicht noch gröber wird. Daß die Buchhändler in erster Linie betroffen sind, bedarf wohl keines Wortes, und wenn sie die oben genannten Aufgaben erfül len sollen, die ja im Interesse des ganzen Landes liegen, so sind sie auf die Unterstützung des Publikums angewiesen. Jeder kann durch schnelle Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zur Ausrcchterhaltung geordneter wirtschastlicher Verhältnisse beitragen. Ich erlaube mir daher, Ihnen über mein Guthaben einen Rechnungsauszug vorzulegcn mit der höflichen Bitte, den Betrag möglichst bald zu begleichen oder gegebenen Kalles gestatten zu wollen, ihn gegen Quittung oder Nachnahme erheben zn dürfen. Diese Bitte erfolgt von fast allen württembergische» Buchhandlungen auf Grnnd eines Beschlusses des Stuttgarter Buchhändlervereins. In der angenehmen Hoffnung, keine Fehlbitte getan zu haben, empfehle ich mich mit vorzüglicher Hochachtung Klagen wegen des Verkaufs von Kriegskarten durch Zeitungen sind bei uns verschiedentlich eingelaufen und konnten meist durch Entgegenkommen der betreffenden Zeitungen erledigt werden in dem sie teils den Verkauf einstellten, teils den Buchhandel mit dem ! Verkauf beauftragten.