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/sk 184, 10, August 1905. Mchtamtlicher Teil. 7025 Schuld für die Pandora um Aufschub bittet, und dann fortfährt: «Natürlich nehmen die armen Teufel von Buch druckern, Papierhändlern u. s. w. ihre Zuflucht zu solchen Leuten, von denen sie prompte Zahlung gewohnt sind, Gott sey Dank, ich bin damit durch! Maule und Sie, und dann bin ich fertig. - Dennoch kamen Bertuch von allerlei guten Freunden Nachrichten zu Ohren, als ob Göschen zahlungsunfähig ge worden sei; Bertuch fragte daher bei seinem Verleger und Freunde an, ob etwas Wahres an dem Gerede sei. Göschen geriet ob dieser Vermutung in ziemliche Erregung und schrieb nach Weimar:') »Es ist doch hübsch, das der Mensch fallit sein kann, wenn er am besten im Schuß ist; aber unbegreiflich ist mirs denn doch, wie ein solch Gerücht nur aufkommen kann. Ich mache weniger Aufwand, als ich wohl könnte; ich unterhalte keine Lotterien; wenn ich einen Freund bey mir habe, geb ich ein Gericht; ich habe Bälle und kost spielige Dinge vermieden; meine Frau und ich wir gehen wie wohlhabende Handwerksleute. Ich habe bei meiner Ehre keine Rechnung unbezahlt, in Leipzig bin ich keinen Heller schuldig: alle hiesigen Buchhändler Hab ich be richtiget; und von den auswärtigen Buchhändlern Hab ich fast alle Saldos von der Michaelismesse zu fordern. Meine bürgerlichen Abgaben habe ich ein Jahr voraus bezahlt. Es ist unmöglich, von hier kann das Gerücht nicht ge kommen seyn. Noch mehr, ich habe von meinem Kapital an Körner, das einzige was ich habe, die Interessen so richtig abgetragen, daß schon einiges auf meinem Kapital abgeschriben ist. Noch mehr. Es hat kein Autor an mich einen Groschen zu fordern. Meine Schulden sind, Sie für die neue kanäors, 1789, Mauke, den ich künftige Woche berichtige, Bode für dieses und daß, welches er haben kann, so bald er will, das er aber jetzt nicht haben will. Wer sonst noch was fordert, den soll der Teufel holen. Ich habe Ihnen die Wahrheit bey meiner Ehre geschrieben. Und nun einmal für alle mal zu Ihrer Beruhigung. So wahr ich an einen Gott glaube, so wahr versichre ich Ihnen, daß ich es Ihnen schreiben werde, so bald ich mich schlecht finde, und daß ich nicht fähig bin durch ein solches Verheimlichen einen Mann, den ich Freund nenne auf den Mist zu führen. Nun aber helfen Sie mir auf die Quelle des Gerüchts zu kommen. Nicht um mich zu rächen, sondern nur um zu wissen, worin ich gefehlt habe. Denn irgend ein Fehler muß Ursach sein, daß ich den Neid so schrecklich gerecht habe. Um diesen nicht zu rechen, leb ich so eingezogen und halte mich so zurück. Ich gebe Hoffmanns") nichts, weil sie mich nicht bezahlen. Ist das etwa schuld? Ich dringe auf das, was ich von Gottes und rechts wegen zu fordern habe, ist das vielleicht die Quelle? Wenn hier irgend ein Buchhändler ist, der im Ganzen redlicher, prompter bezahlt hat als ich bis auf den heutigen Tag, so will ich ein Schurke seyn. Ich würde über diese Sache sehr kurz gewesen seyn, wenn Sie bloß mein Freund wären; da Sie aber auch als Kauf mann im Verhältnis stehen, so ist es meine Schuldigkeit weitläuftiger zu seyn. Von heute an ist es eine feste Regel mich in keine Compagnie Geschäfte wieder einzu lassen. Bin ich von allen Dingen einmal frei, worin ich mit andern verwickelt bin: dann mögen die Leute sagen, was sie wollen; cs soll mir eine Lust und eine herzliche Freude sein. Haben Sie Dank, daß Sie gerade von Herzen weg gesprochen haben, ich erkenne Sie darin als ehrlichen Freund. Halten Sie sich an meine Versicherung *, Göschens Leben. I. S. 257. ") Buchhändler in Weimar. Börsenblatt s«r den dentschen Buchhandel. 7L Jahrgang. bis Sie oder ein anderer mich nur eines einzigen schlechten Streichs zeihen kann.» Wenige Wochen später legte Göschen dem Freunde eine detaillierte Abrechnung über die Pandora vor und bewies ihm, daß das Unternehmen für drei Personen nicht genug abwerfe und er sich davon zurllckziehen müsse. Dagegen wollte er den buchhändlerischen Vertrieb für Rechnung der Herausgeber fernerhin gern übernehmen ohne Entschädigung. Die »Dame« war, wie er sich ausdrückte, sehr kostspielig ge wesen, hatte viel von seinem Kapital aufgezehrt; nament lich Ausstattung und Einband hatten viel verschlungen. Bertuch und Kraus schienen aber auch keine Seide dabei ge sponnen zu haben, und entschlossen sich, das Unternehmen ganz eingehen zu lassen. Tatsächlich war die Lage Göschens zu Ende 1788 und noch im Laufe des nächsten Jahres eine ziemlich verzweifelte; der Zusammenbruch schien ungeachtet seiner glänzenden Unter nehmungen unvermeidlich. Nach der Ostermesse, wo Göschen wieder vergebens Zahlungen erwartet hatte, mußte er an Bertuch unterm 13. Juni 1789 schreiben und ihm Mitteilen, daß er ihm und Kraus die Forderung für die Pandora noch nicht bezahlen könne und sie bäte, die Summe zurückbehalten und verzinsen zu dürfen; zwei Drittel der Summe, 1500 Taler, wolle er zu Michaelis, den Rest zu Neujahr bezahlen. «Es war eine harte Messe für mich und alle meine hiesigen Kollegen», schrieb er unter anderm. »Fast die ganze Michaelismesse ist zurückgegeben worden, vermuthlich weil die Werke des Königs die Leetüren des Winters ge wesen sind. Ich glaubte, es läge an meinen Büchern; da es aber Weidmann's Erben, Crusius und Dyck nicht besser gegangen ist, so tröste ich mich.« Bertuch ging auf Göschens Vorschlag ein; als aber die Michaelismcsse kam, konnte Göschen wieder nicht zahlen, und es kam zu den größten Unannehmlichkeiten zwischen ihm und seinen beiden Weimarer Gläubigern. Die erhofften Einnahmen, etwa 3000 Taler, waren zum größten Teil ausgeblieben, ein von einem befreundeten Bankier vorge strecktes Darlehn war zur Zahlung für Drucker und Autoren verwandt, und Wieland waren auf die geplante Heraus gabe seiner Werke 500 Taler vorgeschossen worden. So fehlte das für Bertuch und Kraus bestimmte Geld. Schweren Herzens schrieb Göschen an Bertuch, sandte ihm einen Wechsel, um ihn »nicht in Gefahr kommen zu lassen», legte ihm die Sachlage klar und versprach, sein Geschäft einzuschränken, um Gelder flüssig machen zu können. Der Brief wurde mit unverhohlenem Mißfallen in Weimar ausgenommen; Bertuch und Kraus scheinen sehr er regt geschrieben zu haben, wie man aus der Antwort Göschens vom 24. November 1789 entnehmen kann. An Bertuch schreibt er unter anderm:*) »Ihren Brief Hab ich noch nicht gelesen; ich kann ihn auch nicht eher lesen, wenn ich nicht noch eine andre Ge walt über mich bekomme, bis ich Ihnen das Geld ge- sand habe, wozu ich hoffentlich in acht Tagen im Stande seyn werde. »Der Anfang von Krause's Billet... hat mich beynahe verwirrt gemacht. Ich habe es nicht weiter gelesen als zwei Zeilen. Hätt ich nicht mehr an der Pandora ver- lohren als ich glaubte; hätt ich nicht von allen Commissionären, so nicht Buchhändler sind, ... von Ostern bis jetzt zurückbekommen, so könnt ich Ihnen 1000 Rthaler längst geschickt haben. Denn das ist mein Verlust. Dieses würden Sie nie erfahren haben, wenn mir andere Menschen Wort gehalten hätten. Mills Gott, soll auch dies überstanden werden und dann will ich gegen *) Ebendaselbst. 931