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Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Nr. 36 <R. 18) Leipzig, Sonnabend den 11. Februar 1939 106. Jahrgang Diese Filme vormerken! Seit jeher bieten Filme, die nach einem Werk des Schrift tums gedreht sind, für die Werbung des Buchhändlers ein dank bares Arbeitsfeld. Der Buchhändler hat sich erfreulicherweise mehr und mehr von der Auffassung gelöst, daß der Film eine Konkurrenz für das Buch bedeute und aus diesem Grunde wenn nicht zu bekämpfen, so doch wenigstens unbeachtet zu lassen sei. Nein, der Film, auch wenn er noch nicht überall ein eigenes künstlerisches Gesicht trägt, nimmt mit Recht einen wichtigen Platz unter den Kulturzweigen ein. Warum ist es nun dem Buchhändler besonders zu raten, seine Werbung für einzelne Bücher auf den Film aufzubauen? Nun, die Zahl der Kino besucher ist so groß, daß man unter ihnen eine ganze Anzahl Interessenten für das Buch, nach dem ein Film gedreht worden ist, vermuten kann. Von der Größe der Zahl der Kinobesucher macht man sich am besten einen Begriff, wenn man erfährt, daß in Berlin — und im übrigen Reich ist es verhältnismäßig Wohl wenig anders gewesen — die Zahl der Kinobesucher von 48 774 093 im Jahre 1933 auf 67 120 329 im Jahre 1938 ge stiegen ist. Das bedeutet eine Zunahme von fast fünfzig Prozent. Um so viel größer ist aber auch überall der Kreis der Menschen geworden, die für eine Buchwerbung auf Grund des Films in Frage kommen. Und man darf annehmen, daß angesichts der steigenden Bedeutung des Films in kultureller Hinsicht auch mehr und mehr Menschen ins Kino gehen, die sonst vom Film nichts wissen wollten. Das heißt: die Buchwerbung vom Film her erfaßt in steigendem Maße auch d i e Menschen, die einem Buchkauf von vornherein nicht abgeneigt sind. Diese Tatsache muß besonders unterstrichen werden. Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, daß sowohl Ver lag wie Sortiment in den letzten Jahren diese Tatsache immer mehr erkannt haben. Die Verlage machen von sich aus darauf aufmerksam, wenn ihre Bücher verfilmt werden, und die Sorti menter sind immer wieder einmal dazu übergegangen, bei der Werbung für ein verfilmtes Buch die Parallelen zwischen Buch und Film deutlich Herausstellen. Die Auslagen st eige- rung, die einzelne Bücher durch die Verfilmung erlebt haben, spricht deutlicher als alles andere dafür, daß diese neue Richtung der Werbung für alle Teile Erfolg hatte. Immerhin muß dazu bemerkt werden, daß diese Buchwerbung meist bei Büchern er folgte, die an sich schon im Lichte der Öffentlichkeit standen. Das lag daran, daß es bei diesen Filmen hinlänglich bekannt war, daß sie nach einem literarischen Werk gedreht wurden, und da her nahmen auch die Sortimenter rechtzeitig und in genügen dem Umfang die Werbung auf. Diese Fälle, in denen der Film von sich aus schon mit besonderer Betonung auf sein Vorbild hinweist, sind freilich nicht allzu häufig. Im letzten Jahr waren das etwa »Heimat«, »Der Katzensteg«, »Jugend«, »Der Spieler und »Gewitter im Mai«. Im allgemeinen aber neigt man dazu, es schamhaft zu verschweigen oder nur ganz nebenbei anzugeben, daß ein literarisches Werk den Anstoß zu dem Film gab. Das erklärt sich daraus, daß sich mehr und mehr die Meinung ver breitet, daß die Verfilmung literarischer Werke am laufenden Band alles andere als erfreulich für die Entwicklung einer selbständigen Filmkunst ist. Erst in diesen Tagen ergriff der Reichsfilmdramaturg Ewald von Demandowsky das Wort, uni zu betonen, »daß ein Thema, das ausdrücklich für den Film gestaltet wurde, mehr herzugeben vermag als eine Dramen oder Romanvoclage, und zwar deshalb, weil diese beliebten Vorlagen zwar weniger Arbeit verursachen, aber doch gerade die Mängel einer Kunstform aufweisen, die im Grunde ihres Wesens völlig unsilmisch ist». Dieser Meinung wird jeder beipflichten, der die Ansicht vertritt, daß nur eine klare Abgrenzung der Formen, seien es nun Schrifttum, Film oder auch Hörspiel, zur Weiterentwick lung einer neuen Gattung, wie es der Film nun einmal ist, bei tragen kann. Solange aber der Film noch zu einem erheblichen Prozentsatz Werke des Schrifttums als Vorlagen verwendet, wird der Buchhandel sich auch mit den Werken beschäftigen, die nicht von vornherein !m Brennpunkt der öffentlichen Aufmerk samkeit stehen, und von hier aus eine Werbung cinleiten. Glaubte man zu Beginn der Filmspielzeit im Sommer 1938 ein erfreu liches Herabgehen in der Verwendung literarischer Stoffe fest- stellcn zu können, so sieht die Lage heute anders aus, und wie in den vorhergehenden Jahren läßt sich erkennen, daß rund die Hälfte aller herauskommenden Filme in An lehnung an ein literarisches Werk entsteht. Zwar brachte der erste Teil der Spielzeit nur etwa fünfzehn derartige Films, aber das Hauptaufgebot der verfilmten Literatur ist für die nächsten Monate noch zu erwarten, und zwar bis in den Somnier hinein. So ergibt sich in einer Zeit, die der Buch- Werbung nicht allzuviele Ansatzpunkte bietet, eine neue Möglich keit. Gerade jetzt ist daher der Zeitpunkt gekommen, die Filme zu nennen, mit denen der Buchhandel rechnen kann und muß, wenn er sich die Möglichkeit einer Geschäftsbelebung nicht ent gehen lassen will. Bei der Auswahl dieser Filme wurden auch diejenigen noch berücksichtigt, die bereits im Laufe des letzten Monats unausgeführt wurden, denn sie werden in kleineren Orten und selbst in dieser oder jener Großstadt erst in den näch sten Wochen und Monaten zu sehen sein. Der Sortimenter, der von sich aus an eine solche Werbung gehen will, wird sich zunächst mit dem Verleger in Verbindung setzen, um festzustellen, ob dieser bereits Unterlagen dafür vor bereitet hat. Das wird in einigen Fällen der Fall sein, in ande ren ist der Sortimenter auf seine eigene Geschicklichkeit und auf die Werbeabteilungen der Filmverleihfirmen ange wiesen. Deren Anschriften seien daher hier wiedergegeben: Ufa, Berlin SW 88, Krausenstratze 38/39 Tobis-Kilmkunst, Berlin NW 7, Kriedrichstratze lüg Terra Filmkunst, Berlin W 8, Mauerstraße 83/84 Bavaria, München, Sonnenstraste 15 Märkische Film GmbH., Berlin SW 88, Zlmmerstraße 79/80 Siegel-Monopol-Film, Berlin SW 88, Kriedrichstratze 19 Adler-Film, Berlin SW 88, Kriedrichstratze 225. Und nun die Filme, die nach literarischen Werken entstan den. An erster Stelle sind wieder die Romane zu nennen: R. Arden: Sergeant Berry und der Zusall. Tobis (Filmtitel: Sergeant Berrys Kr. F. Braun: War es der im dritten Stock? Ufa Brunngraber: Radium. Terra de Costcr: Die Hochzeitsreise. Ufa Curt Reinhard Dietz: Heimkehr ins Leben. Adler (Roman eines Arztes) Hans Fallada: Altes Herz geht auf die Reise. Ufa — Wolf unter Wölfen. Tobis (Der weite Wegs. Theodor Fontäne: Essie Briest. Terra (Schritt vom Weges Ludwig Ganghoser: Der Edclweitzkönig. Ufa Robert Gelm: Der Vierte kommt nicht. Tobis Sacha Guitry: Straße der Liebe. Adler G. H. Ihering: Nanu, Sie kennen Holm noch nicht? Terra (Nanu, Sie kennen Korss noch nicht?) Selma Lagerlöf: Gösta Berling. Terra Hellmuth Lange: Steputat u. Co. Terra Guy de Maupassant: Bel ami. Tobis Nr. 38 Sonnabend, den 11. Februar 1838 117