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Ist das Zitieren noch eine schwere Kunst? Eine Erwiderung von Dr. Werner Rust In der Tat, vr. Hans Knudsen hat Recht, wenn er in seinem Aussatz »A. a. O., oder die schwere Kunst des Zitierens- (Börsen blatt für den Deutschen Buchhandel. 1837. Nr 6. S. 19) gegen die Verfasser zu Felde zieht, die in ihren Veröffentlichungen die literarischen Belege für ihre Behauptungen in unsinniger und ost unverständlicher Art abgekürzt angeben und sich dabei eine unnatürliche Ordnungsweise aussuchen, sowie gegen die Verleger, die solche Manuskripte unverändert ln Druck geben. Wenn der wissenschaftliche Mbliothekar vr. Knudsen in seinem Kampf gegen diese Unsitten die Hand zum Bündnis ent gegenstreckt, so tut er das nicht etwa, um einen neuen krankhaften Ordnungsdrang zu befriedigen. Der Laie kennt den Bibliothekar nur als Bücherordner und hält es für leicht möglich, daß dieser als besonders dienstbeflissener Beamter schließlich einer Ordnungs sucht verfällt. So traurig steht es um den Bibliothekar denn doch nicht! Er handelt im Kampf gegen die willkürliche Zitierweise nicht nur als Beamter, sondern zunächst als wissenschaftlicher Leser und Verfasser von Literaturberichten. Als Beamter hört er aber dieselben Klagen im Lesesaale, an den Katalogen und in der Leih stelle aus dem Munde der Bibliotheksbenutzer: «Was soll ich denn nur im Katalog nachschlagen? In diesem Zeitschristenaufsatz zitiert ein Verfasser RR. 3. S. 15 ohne Titel und Erscheinungsjahr. Da es sich um einen geschichtsphilosophischen Stoff handelt, kann die Itevus cko la ronaissanee, die ,Russische Revue" oder kieercks religiöse gemeint sein.- Hier ist guter Rat teuer.Man sucht für den unglücklichen Leser eine etwa vorhandene Personalbibliographie des Verfassers dieses mysteriösen Aussatzes zu ermitteln, meistens vergeblich. Dann geht es an die geschichtswissenschaftlichen Fach bibliographien, die man nach dem Namen des Verfassers durch spürt. Ist der gesuchte Aufsatz dem Bibliographen nicht gerade wichtig erschienen und vielleicht auch noch uralt, so wird unsere Mühe ost umsonst sein. Wer kommt darauf, daß AE heißen soll: Archiv für Ethnologie? Kann nicht sehr wohl ein Aufsatz aus AI ebensowohl im Lmoriean 3ournal ok kkiloloA^ wie im Lrvliaoolo- gieal 3ournal stehen und haben die Schriftleiter, die das Abkürzen von Zeitschristentiteln nach dieser verwirrenden Siglemethode dulden, noch nie bemerkt, daß BI bedeuten kann: Bremisches Jahrbuch, Bonner Jahrbücher und Byzantinisch-neugriechische Jahr bücher? Diese Formen sind nicht etwa in persönlicher Kampflaune konstruiert, nein, wissenschaftlichen Büchern und Zeitschriften sind sie entnommen und zur Begründung des Angriffes gegen die Verfasser solcher Rätselzeichen und gegen die Verleger und Schrift leiter, die sie in Manuskripten dulden, bereits 1927 in Stärke von 4600 Stück vor der Öffentlichkeit aufmarschiert. (W. Rust: Ver zeichnis unklarer Titelkürzungen von deutschen und ausländischen Zeitschriften. Leipzig: Harrassowitz.) Dieses Verzeichnis erschien just zur rechten Zeit, um die Bereitwilligkeit des Vereins Deutscher Bibliothekare zur Mit arbeit an dem 1927 begründeten Fachnormenausschuß für Biblio- theks-, Buch- und Zeitschristenwesen zum Ausdruck zu bringen. Hinter die Auflösung der nur wenigen eingelesenen Fachleuten bekannten Siglekürzungen ist eine Vorschlagsform gesetzt, die fast völlig nach dem System gebildet ist, das die englische naturwissen schaftlich-technische Vkorlck List vk seientikie xeriockicals (Oxkorck llniversitx kross 1925—27) ihrer Zusammenstellung zugrunde gelegt hat. Dasselbe Verfahren stellten die Verleger, Drucker, Zeit- schriftenherausgober aller Disziplinen und Bibliothekare in Regeln dar, die von 1928—1930 in angestrengter Gemeinschafts arbeit des Arbeitsausschusses für Zeitschriftengestaltung im Deut schen Normenausschuß beraten waren, um dann der Internatio nalen Kommission für geistige Zusammenarbeit zur Annahme und Verbreitung in allen Kulturländern vorgelegt zu werden. Dieser Ausschuß des Völkerbundes, dem damals Deutschland noch ange hörte, erkannte die Regeln international an und übernahm die Übersetzung in die englische und französische Sprache. Um die Ver breitung bemühte er sich kaum und überließ sie in Deutschland nur zu gerne dem Fachnormenausschuß für Bibliotheks-, Buch- und Zeitschristenwesen, der sich zu diesem Zweck des Normblattes Din 1502 lZeitschriftenkurztitel, Juni 1931) nebst Beiblatt be diente. sBeuth-Verlag G. m. b. H-, Berlin, S. 14.) Das Haupt blatt enthält die »Internationalen Regeln für die Kürzung der Zeitschriftentitel- und das Beiblatt die »häufig vorkommenden Wörter und ihre Abkürzungen-. <Z. — Zeitschrift, Beitr. — Bei träge, Mschr. — Monatsschrift.) Die oben als Beispiel für falsches Zitieren gewählten Zeitschristen würden nun abgekürzt: kov. konaiss., Rufs. Rov., kio. rolig., Arch. Ethnol., Liner. 3. klulol., Lrodaeol. 3., Brem. Jb., Bonner Jb., Byz.-neugriech. Jb. Am Schluß der geschichtlichen Einleitung des Normblattes 1502 wird angekündigt, daß man mit den einzelnen wissenschaftlichen Fach gruppen Sonderverzeichnisse von Zeitschriften hcrausgeben werde, um die einheitliche Anwendung der Regeln zu sichern. Außerdem sollten die Zeitschristenherausgeber veranlaßt werden, auf dem Heftumschlag eine Ordnungsleiste mit dem Kurztitel der Zeit schrift anzubringen. Die Vorschriften über die Ordnungsleiste aus der ersten Umschlagseite enthält das Normblatt Din 1501. Dadurch ist einmal dem Zeitschriftenverwalter in Verlag und Bibliothek das Ordnen und Hecaussuchen der einzelnen Hefte erleichtert, es wird aber gleichzeitig die Zitierform des Zeitschristentitels, die der Lesesaalbesucher schon aus dem Hestumschlag erblickt, als Gewohn heitsbild sicherer eingebürgert. Der Wissenschaftler wird in Vor trägen oft mit dem Zitat abgespeist: »Im neuesten Heft unserer Vereinsschrist finden Sie auf Seite ...- Fortan genügt bei wich tigeren Zeitschriften, die jede größere Universitätsbibliothek aus legt, diese mangelhafte Angabe. In der Fußleiste der »Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde- sieht künftig der Historiker, der den Zeitschriftenlesesaal der Univer sitätsbibliothek Leipzig besucht, alles Wissenswerte angegeben: Z. Ver. thür. Gesch. / N. F. 32 , H. 1. S. 1—288 / Jena 1936. Leider haben bisher nicht alle deutschen Herausgeber und Verleger von Zeitschriften diese gemeinnützigen Vorschriften in ihren Blättern angewendet. Es ist um so mehr zu begrüßen, daß jetzt die Fachschaft Verlag in der Gruppe Buchhandel der Reichs schrifttumskammer ihre positive Mitarbeit zugesagt hat. Allein durch ihre dauernde Einwirkung auf die Fachschaftsmilglieder kann die praktische Ordnung im wissenschaftlichen und schöngeisti gen deutschen Schrifttum endlich hergestellt werden, die neben dem erfahrenen Schriftleiter der »Bühne- und der »Deutschen Theater zeitung-, vr. Hans Knudsen, noch Hunderte von gar nicht klein lichen Männern der Kunst, Wissenschaft und Technik als eine logisch gegebene Vereinfachung des literarischen Verkehrs betrachten und daher bislang bei vielen angesehenen Büchern und Zeitschriften desto schmerzlicher vermissen. Wieviel weniger Anfragen hätte der Zeitschriftenverleger zu beantworten, wenn er das vom Arbeits ausschuß für Zeitschriftengestaltung 1931 ausgegebene Normblatt Din 1503 lWissenschastliche Zeitschriften, Richtlinien für die Ge staltung) genügend berücksichtigte. An diesem Blatt hat ein Ver treter des Verbandes der Zeitschriftenverleger zu Nutz und From men des Ganzen mitgearbeitet. Fast alle Angaben, die nach den Vorschriften des Reichsverbandes der deutschen Zeitschristen-Ver- leger und nach dem Reichspressegesetz jedes Zeitschriftenheft ent halten muß, sind schon in diesem Normblatt 1503 gefordert, nicht um Verleger und Schriftleiter unter Aufsicht zu stellen, sondern um die Abwicklung des geschäftlichen Verkehrs und die Darstellung des Blattes in den Bibliographien zu erleichtern. Bibliographien sind die trockensten, doch häufigst benutzten Geschichtsquellen des Buch- und Zeitschriftenhandels. Sie sind aber auch ein stummer Vertreter der Verlagsfirmen. Die Forderung, daß alle Verfasser wissenschaftlicher Arbeiten — auch Koryphäen! — sich in durch praktische Vernunft verlangter Selbstdisziplin schon in ihren Manuskripten an das einheitliche Zitiersystem halten müssen, wird von vr. Knudsen mit vollem Recht erhoben, und es mögen alle Schriftsteller so energisch wie er den Verfassern die Arbeit zurückreichen, bis dieser Forderung ge nügt ist. Die Schriftleiter sollten den Mitarbeitern ihrer Zeitschrift Nr. 148 Dienstag, den 29. Juni 1937 55»