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1849.) 759 MiScellen. Von dem für den Zustand Wien's im 16. Jahrhunderte an Details so reichen und interessanten localhistorischen Buche: „Ein Lobspruch der Hochlöblichen weitberümbten Khünigklichen Skat Wien rc. beschriben durch Wolffgang Schmellzl, Schul- maister zum Schotten, und Burger daselbst im 1548. Jar.," ist vor einigen Wochen eine neue Ausgabe, ganz im Geschmacke der damaligen Zeit gedruckt, fertig geworden. Dieselbe ist von dem um die alte vaterländische Literatur hochver dienten Anliquarbuchhändler M. Kuppitsch veranstaltet, sorgfältig durchgesehen, verbessert, und mit gewiß nicht geringen Opfern herge stellt; leider hat aber kurz vor Vollendung des Druckes den geachteten Herausgeber der Tod abgerufen. Die typographische Ausstattung die ses Buches, das aus der Sommer'schen Hofbuchdruckerei hervocgegan- gen, verdient alles Lob; als besonders gelungen jedoch müssen wir die Nachahmung der alterlhümlichen Manier in den auf dem Titel ange brachten Xylographien — das erzherzoglich-österreichische und das Wie ner Stadlwappen darstellend — hervorheben. Eine der letztem Nummern des „Lloyd" bringt die Nachricht von dem vor Kurzem, auf dem Gute eines seiner Verwandten in österr. Schlesien, erfolgten Tode des k. k. österr. Hofraths Clemens Freiherrn v. Hügel, — Bruder des durch sein Werk über Kaschmir bekannten Rei senden. Die literarische Wirksamkeit des Verstorbenen ist für den Buchhandel in so fern von besonderem Interesse, als gerade seine letzte Schrift: Ueber Denk-, Rede-, Schrift- und Preßfreiheit — (bei P. Rohrmann in Wien erschienen) dadurch das allgemeinste Auf sehen erregte, daß sie, kaum vor dem allerorts lautwerdenden Begehren nach Preßfreiheit publicict— den Anforderungen des Geistes der Neu zeit von dieser Seite eben am schroffsten entgegen trat, und ihr Ver fasser aus der Fesselung der Presse und der Verbannung des freien Wortes, ein Beglückungssystem der Völker aufzubauen trachtete, das aber, bevor es noch recht zur allgemeinen Kenntniß gekommen war, sammt seinen Trägern und Vertheidigern vor dem Märzsturm des Jahres 1848 in einer Nacht niederfiel. Einem wirklichen Bedürfnisse des Sortimentsbuchhandels ist durch den bei Weller in Leipzig erschienenen „Katalog der seit dem 17. Jahrhunderte bis auf die neueste Zeit unter falscher Firma erschienenen Schriften" (1849, 50 Seiten 8.) theilweise abgeholfen. Der Verfasser, zugleich Verleger, verdient allen Dank für diese müh same Zusammenstellung, und wollen wir hoffen, daß eine zweite Auflage durch Mitwirkung sämmtlicher Buchhandlungen, auch die manchen Lücken, die auszufüllen dem einzelnen Sammler geradezu unmöglich ist, und die der Verfasser selbst auszufüllen wünschte, in Weg fall kommen werden. Nur so kann und wird Vollkommenes werden. Unsere Vorfahren haben wirklich in vieler Beziehung Außeror dentliches geleistet. Von Kaspar Barth, dem gelehrten Kritiker zu Halle (gest. 1658), wird erzählt, daß er die große Anzahl seiner Schriften ohne Collectaneen, blos aus dem Gedächtniß geliefert, und in Dem, was er einmal zu Papier gebracht, nie Etwas geändert habe. Dabei besaß er eine solche Fertigkeit in der lateinischen Poesie, daß er Homer's „Ilias" innerhalb drei Tagen in mehr als 2000 lateinische Verse übersetzte. Kalidasas berühmtes Drama „Sakontala, oder der Eckenntniß- ring" ist, von B. Hirzel aus dem Sanskrit in's Deutsche übersetzt, in Zürich herausgekommen. Von Toskano del Banner kommt in Wien heraus: „Die deutsche Nationalliteratur der gesummten Länder der österreichischen Monarchie." In Berlin hat das erste Heft eines in sechs Heften sich voll endenden „Heldengedichts, aus des Großvaters Erzählungen (!)" welches dem „alten Ruhme und der neuen Ehr- des preußischen HeereS gewidmet ist" und den Titel „der siebenjährige Krieg" führt, die Presse verlassen. Von Paul de Kock ist ein neuer Roman herauSgekommen, der den Titel „äesn" trägt. Von Oulibicheff ist in Moskau eine Biographie Mozart'S In fran zösischer Sprache erschienen. Das Werk hat drei Bände. „Volerio sn äutobioxropliie" heißt eine nachgelassene Novelle desKapitain Marcyat in zwei Bänden, welche jetzt in London veröffent licht worden ist. Seiner vielen literarischen Notizen wegen bietet das 1847 erschie nene Werk: „Die Freiheitsbestrebungen der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, dargestellt in Zeugnissen ihrer Literatur von E. Weller" mannichfaches Interesse, indem es nicht allein eine verbindende Darstel lung politischer Citate gibt, sondern auch auf allgemein geehrte Schriftsteller der Vergangenheit aufmerksam macht, die zu ihrer Zeit schon für den Fortschritt thäligst wirkten. Unter der Presse ist ein neues Werk von Lady Lister Kaye „kritisb liomos snll loreign »snäerioxs." In London ist erschienen: „Striie anä keoco or Scenes in dlor- nach dem Schwedischen der Friederike Bremer. Von AinSworlh's „Crichton" hat eine 3. Auflage, illustrirt von Hablot K. Browne, die Presse verlassen. In Lissa ist „von einer hochgestellten Dame ein Roman unter dem Titel: „VVcroros. ?o>viesv polslca" erschienen. Bibliographisches. 1) Woher kommt das Wort Pam phlet? Man weiß es nicht. Die Anfangssylbe pam, verdorben aus pa», hat auf griechische Abstammung gedeutet; nur läßt sich keine dar- thun. Die bisher als älteste gekannte Erwähnung des Wortes findet sich im „Lbilobibloiieinem Buche aus dem 14. Jahrhunderte, des sen hochgelahcter und ehrwürdiger Verfasser versichert, daß er Bücher mehr schätze als Thalec, „libros non likras," und psnlletos" höher als „psll>iiiis." In England hieß unter der Regierung Heinrich's VI. ein Pamphlet „pamlleto," und zu Ende des 15. Jahrhunderts „plsun- llet." l)r. Johnson leitet das Wort aus dem Französischen ab: „par un lllet," von einem Faden gehalten, und nennt deshalb die Sache „ein kleines, wahrscheinlich ungebunden verkauftes Buch." Eine andere Sprachautorität, vr. Pegge, will den Ursprung in „palmo louillet^ finden, ein in der Hand zu haltendes Blatt. Woher also kommt Pamphlet? 2) Warum heißt Franzi-von Frankreich Beschützer und Beförderer derWissenschaften? Eins seiner ersten Edicte befahl bei Todesstrafe das Schließen aller Läden, wo Bücher verkauft wurden. Später milderte sich zwar diese Härte, doch durften die Buchhändler fortwährend bei eben mäßiger Strafe nur solche Bücher verkaufen, die in ihren Verzeichnissen standen, und eins der letztem mußte ausschließend von der Kirche gebil ligte Werke enthalten. Aber unter keiner Bedingung durften aus Län dern außerhalb des römischen Kirchspcengels, Bücher eingeführt werden, und Todesstrafe sollte auch Diejenigen treffen, die ohne ausdrückliche 114*